Wenn deutsche Muttersprachler Menschen begegnen, die (noch) nicht perfekt die deutsche Sprache beherrschen, wie z. B. Ausländer, Kinder oder Behinderte, kommt es sehr oft vor, dass sie ihre Sprech- und Ausdrucksweise stark verändern, um der Person, mit der sie kommunizieren, die Verständigung zu erleichtern.
In dieser Arbeit möchte ich mich mit dem Deutsch, das deutsche Muttersprachler gegenüber Ausländern, die nicht einwandfrei ihre Sprache sprechen, verwenden, befassen. Dieses Deutsch wird in der Linguistik Foreigner Talk, Ausländerregister oder auch Xenolekt genannt.
Gegenstand dieser Arbeit soll sein, wie man den Begriff „Foreigner talk“ überhaupt definieren kann, ob es im Foreigner talk eine Variation gibt und wovon diese abhängig ist.
Zuletzt werde ich einige Dialoge vorstellen, die in der Dortmunder Innenstadt entstanden sind und zwischen deutschen Muttersprachlern und jungen Ausländern geführt wurden. Hierbei wollte ich selber herausfinden, ob verschiedene Varianten des Foreigner talk benutzt werden, um mit Nicht-Muttersprachlern zu kommunizieren. Untersucht habe ich hauptsächlich, ob es Unterschiede des Foreigner talk bei Männern und Frauen und bei verschiedenen Altersgruppen gibt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Foreigner talk
2.1 Definition „Foreigner talk“
2.2 Variation im Foreigner talk
3. Untersuchung zur Variation im Foreigner talk
3.1 Dialoge mit junger Marokkanerin (Aw)
3.2 Dialoge mit jungem Nigerianer (Am)
3.3 Auswertung der Dialoge
4. Zusammenfassung der Ergebnisse
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Wenn deutsche Muttersprachler Menschen begegnen, die (noch) nicht perfekt die deutsche Sprache beherrschen, wie z. B. Ausländer, Kinder oder Behinderte, kommt es sehr oft vor, dass sie ihre Sprech- und Ausdrucksweise stark verändern, um der Person, mit der sie kommunizieren, die Verständigung zu erleichtern.
In dieser Arbeit möchte ich mich mit dem Deutsch, das deutsche Muttersprachler gegenüber Ausländern, die nicht einwandfrei ihre Sprache sprechen, verwenden, befassen. Dieses Deutsch wird in der Linguistik Foreigner Talk, Ausländerregister oder auch Xenolekt genannt.
Gegenstand dieser Arbeit soll sein, wie man den Begriff „Foreigner talk“ überhaupt definieren kann, ob es im Foreigner talk eine Variation gibt und wovon diese abhängig ist.
Zuletzt werde ich einige Dialoge vorstellen, die in der Dortmunder Innenstadt entstanden sind und zwischen deutschen Muttersprachlern und jungen Ausländern geführt wurden. Hierbei wollte ich selber herausfinden, ob verschiedene Varianten des Foreigner talk benutzt werden, um mit Nicht-Muttersprachlern zu kommunizieren. Untersucht habe ich hauptsächlich, ob es Unterschiede des Foreigner talk bei Männern und Frauen und bei verschiedenen Altersgruppen gibt.
2. Der Foreigner talk
2.1 Definition Foreigner talk
Hat ein deutscher Muttersprachler sprachlichen Kontakt zu einem Ausländer, muss währenddessen eine Sprachbarriere überwunden werden. Diese Sprachbarriere entsteht durch die unterschiedlichen Muttersprachen und kann auf verschiedene Weisen verhindert werden, um eine Verständigung sichern zu können.
Eine dieser Möglichkeiten ist der Foreigner talk, auch Xenolekt oder Ausländerregister genannt. Dieser tritt immer dann auf, wenn ein Muttersprachler mit einem Nicht-Muttersprachler kommuniziert. Um die Sprachbarriere zwischen beiden zu überwinden, wird hierbei das „normale“ Sprechverhalten so sehr verändert, dass eine Verständigung möglich ist. Nach Roche lässt sich der deutsche Foreigner talk in den Abweichungen zu standardsprachlichen Normen beschreiben, wobei die Reduktion vorgegebener Normen besonders auffällig ist (Roche 1989:3-4):
- Auslassungen, insbesondere von Kopula, Artikeln und anderen grammatikalischen Kategorien.
- „Verkürzungen“ der Syntax, das heißt vor allem die Vermeidung von Nebensätzen, aber auch von komplexen Hauptsätzen.
- Morphologische Generalisierungen, besonders durch Ausfall der Flexion.
- Reduktion des Lexikons auf ein relativ beschränktes, aber überextensiv verwendetes Inventar.
- Phonetische Hyperkorrekturen wie die Verwendung von – en Endungen in der deutschen Umgangssprache oder im Dialekt.
- Höhere Frequenz von Paraphrasen und Erklärungen.
- Höhere Frequenz von Verständnissicherungen (verstehn?, ja?, ne?, gell?, oder? und ähnliche).
- Markierung der niedrigen sozialen Stellung des Adressaten, beispielsweise durch die Verwendung der Anrede Du.
- Höhere Frequenz bestimmter Äußerungstypen (Imperative, Fragen).
- Beschränkung auf das Hier und Jetzt.
2.2 Variation im Foreigner talk
Es ist mehrfach untersucht und erwiesen worden, dass der Foreigner talk nicht als einheitliches Register bezeichnet werden kann, sondern verschiedene Variationen desselben auftreten. Jakovidou bezeichnet den Foreigner talk als „ein Varietätenkontinuum, an dessen einem Ende die Normalsprache steht und an dessen anderem Ende ein Pidgin steht“ (Jakovidou 1993:19). Wie viele Stufen es zwischen diesen beiden Polen gibt, wird von ihr allerdings nicht erörtert.
Doch wie kommt es zu diesen Variationen des Foreigner talk? Wodurch werden sie ausgelöst? Jakovidou unterscheidet hierbei zwischen der Variation in Abhängigkeit von aktuellen Auslösern des Foreigner-Talk und der Variation in Abhängigkeit von Verständlichkeitsvariablen (Jakovidou 1993:19-20). Die aktuellen Auslöser werden von ihr folgendermaßen unterteilt:
1) die physische Erscheinung des NMSS;
2) die höhere soziale Position des MSS (Herabsprechen);
3) die begrenzte Erfahrung des MSS mit Ausländern;
4) Merkmale der Interlanguage (Lernersprache) des NMSS;
5) der niedrige Kenntnisstand des NMSS in der Zielsprache;
6) das sprachliche Verständnis des MSS von der Sprache des NMSS […]
7) die Einschätzung des MSS darüber, wie viel der NMSS versteht.
Es scheint also sehr viel davon abzuhängen, wie der Muttersprachler die sprachlichen Kenntnisse des Nicht-Muttersprachlers interpretiert und wie oft er bereits Erfahrungen mit Nicht-Muttersprachlern hatte.
Die Verständlichkeitsvariablen werden vierfach unterteilt (Jakovidou 1993:21):
1) Vertrautheit mit dem Gesprächsthema,
2) Vertrautheit mit NMSS unterschiedlicher Ausgangssprachen, Muttersprachen (d.h. Vertrautheit mit NMSS generell),
3) Vertrautheit mit NMSS derselben Ausgangssprache,
4) Vertrautheit mit einem individuellen NMSS (Einzelperson).
Auch Roche hat das Phänomen Variation im Foreigner talk untersucht und unterscheidet zwischen dem Einfluss des Adressaten auf die Variation, der subjektiven Sprachstandsbewertung, der adressatengerichteten Variation am Beispiel der Auskunftsdaten und der Variation der Sprechgeschwindigkeit.
Beim Einfluss des Adressaten auf die Variation bringt ein Sprecher durch zuvor erlebte Situationen, die ähnlich waren, „ein idiosynkratisches „Grundkapital“ von Veränderungsstrategien mit“ (Roche 1989:139). Der Sprecher wird also abhängig von der Situation, in der er sich gerade befindet, diejenige Strategie auswählen, die ihm gegenüber des Adressaten am angemessensten erscheint. Bei der subjektiven Sprachstandsbewertung urteilt der Sprecher über den aktuellen Sprachstand des Adressaten. Er beeinflusst danach seine eigene Sprache und verändert sie dementsprechend. Ob es dabei einzelne strukturelle Merkmale gibt, auf die der Sprecher achtet, ist allerdings noch offen. Mit der adressatengerichteten Variation am Beispiel der Auskunftsdaten ist gemeint, dass sich bei Sprechern, die z. B. bei einem Verkaufsgespräch Informationen weitergeben müssen, sehr deutlich „Veränderungen gegenüber bezugssprachlichen Normen“ zeigen. Diese variieren bezüglich der Auskünfte, die zu machen sind. Die Variation der Sprechgeschwindigkeit fällt in allen Veränderungsstufen deutlich auf und ist sehr ausgeprägt. Untersuchungen haben ergeben, dass Sprecher bei Erklärungen oder Hervorhebungen am langsamsten sprechen und ihre Sprechgeschwindigkeit bei Wiederholungen eigener Äußerungen oder Äußerungen des Adressaten am meisten beschleunigen. Zurückführen kann man diese Variation, die jeweils auf den Adressaten abgestimmt ist, auf textpragmatische Umstände (Roche 1989:139-156).
Roche unterscheidet zudem noch vier verschiedene Äußerungstypen mit zunehmendem Abweichungsgrad von der Bezugssprache, die nicht konsequent auftauchen, sondern sich meistens während des Gesprächs abwechseln (Roche 1989: 37-38):
a-Äußerungen. Das sind Äußerungen ohne jegliche Veränderungen, das heißt, der individuellen Norm entsprechende dialektale oder umgangssprachliche, also bezugssprachliche Äußerungen.
b-Äußerungen. Das sind Äußerungen mit phonetischen Varianten des Dialektes oder phonetischen Annäherungen an das, was der Informant als Normen der hochdeutschen Standardsprache internalisiert hat. […] Dabei handelt es sich, gemessen an bezugssprachlichen Normen, um völlig korrekte, wenn auch für den bestimmten Sprecher ungewöhnliche Äußerungen.
c-Äußerungen. Das sind Äußerungen mit leichten Veränderungen beziehungsweise „Reduktionen“ gegenüber den Normen der Bezugssprache, und dabei vor allem Nicht-Realisierungen einzelner Elemente in einer Äußerung, verschiedene morphologische Generalisierungen und lexikalisch-semantische Simplifizierungen. […]
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- Quote paper
- Isabel Lungmuss (Author), 2005, Variation im Foreigner talk, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79249
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