Das deutsche und finnische Schulsystem im Vergleich

Unter besonderer Berücksichtigung des Ganztagsschulgedankens in Rheinland-Pfalz


Examensarbeit, 2007

124 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das deutsche Schulsystem
2.1 Entstehung und Entwicklung
2.2 Allgemeiner Aufbau
2.3 Organisation und Struktur der einzelnen Schulformen

3. Das finnische Schulsystem
3.1 Entstehung und Entwicklung.
3.2 Allgemeiner Aufbau.
3.3 Organisation und Struktur der einzelnen Schulformen.
3.3.1 Vorschulunterricht
3.3.2 Gesamtschule
3.3.3 Gymnasiale Oberstufe..
3.3.4 Berufliche Grundausbildung.
3.3.5 Höhere Bildung.
3.3.5.1 Universitäten.
3.3.5.2 Fachhochschulen.

4. Die Ganztagsschule in Rheinland-Pfalz.
4.1 Gründe für die Entwicklung eines Ganztagsschulangebotes.
4.2 Ziele des Ganztagsschulangebotes
4.3 Die Geschichte der Ganztagsschule.
4.4 Die Entstehung und Verbreitung des Ganztagsschulgedankens in RLP.
4.5 Organisatorische Aspekte.
4.5.1 Finanzierung.
4.5.2 Vorbereitung der Schulen auf die Aufnahme in das Ganztagsschulpro- gramm.
4.5.3 Antragsstellung.
4.5.4 Mögliche Formen und Modelle
4.5.5 Die vier Säulen.
4.6 Rahmenaspekte.
4.6.1 Das Personal.
4.6.2 Das Mittagessen
4.6.3 Die Hausaufgaben.

5. Deutsche Ganztagsschule versus finnische Gesamtschule.

5.1 Vor-und Nachteile des Ganztagsschulprogramms in Deutschland.
5.1.1 Vorteile.
5.1.2 Nachteile.
5.2 Bisherige Auswirkungen der deutschen Ganztagsschule anhand der POLIS- Ergebnisse.
5.3 Aufgaben und Ziele des finnischen Schulsystems.
5.4 Das finnische Selbstverständnis - Einstellungen und Mentalitäten der Finnen
5.5 Das MUKAVA-Programm.
5.6 Resümee: Hinkt der Vergleich?

6. Vergleichende Aspekte und Schlussbemerkungen.
6.1 Ein Vergleich der deutschen und der finnischen Bildungspolitik
6.2 Erklärungen für den Schulerfolg Finnlands.
6.3 Konsequenzen für das deutsche Schulsystem .
6.4 Die Ganztagsschule zum Ausgleich aller Defizite der Halbtagsschule.

7. Gesamtbewertung und AusblickS

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das deutsche Schulsystem.

Abbildung 2: Das finnische Ausbildungssystem.

Abbildung 3: Mögliche Modelle der Ganztagsschulorganisation in RLP.

Abbildung 4: Tagesablauf an finnischen Schulen.

Abbildung 5: Unterschiede zwischen Halb- und Ganztagsschulen.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Spätestens seit der Veröffentlichung der PISA-, IGLU- und TIMSS-Ergebnisse ist es kein Geheimnis mehr, dass finnische Schüler1 international, also sowohl europa- als auch weltweit, sehr gute Schulerfolge erzielen. So lag Finnland bei der ersten PISA- Studie im Jahr 2000 im Bereich „Lesen“ mit 546 Punkten weit über dem OECD- Durchschnitt (500 Punkte) und somit an erster Stelle der Rangliste. Ein dritter Rang mit 538 Punkten im Bereich „Naturwissenschaftliche Kompetenz“ und ein vierter Rang mit 536 Punkten in „Mathematik“ vervollständigten das vorbildliche Ergebnis. Auch die Ergebnisse der PISA-Studie von 2003 konnten das gute Abschneiden Finnlands nur bestätigen. Im Gegensatz dazu lag Deutschland in allen drei Bereichen mit durchschnittlich 484 Punkten nicht nur weit hinter Finnland, sondern auch unter dem internationalen Durchschnitt.2

So kommt es, dass man besonders in Deutschland viel stärker als in Finnland selbst sehr erstaunt und aufmerksam auf das finnische Schulsystem geworden ist. Jeder, der hier nur annähernd etwas mit Schule zu tun hat, weiß, dass das Leistungsniveau der jungen Finnen im schulischen Bereich als gut bis hervorragend einzustufen ist. Die Finnen selbst brechen nicht in Jubel aus, sie sehen ihren Schulerfolg als Belohnung für die mühsamen Schulreformen in den 70er Jahren an.3

Dass an dem deutschen Schulsystem etwas verändert bzw. weiterentwickelt werden muss, war also unübersehbar. Es wurden pädagogische und bildungspolitische Änderungen diskutiert. Hierzu gehörten neben einer Lehrerausbildungsreform4, der besseren Zusammenarbeit von Elementar- und Primarbereich sowie der Möglichkeit der Einführung eines Gesamtschulsystems v.a. der Ausbau des Ganztagsschulangebotes. In Deutschland beabsichtigte man mit letzterem eine veränderte Lehr- und Lernkultur, die es möglich macht, alle Schüler, insbesondere aber die bildungsbenachteiligten, individuell zu fördern. Mit diesem Ausbau des Ganztagsschulsystems waren und sind immer noch zwei große Ziele verbunden:5

1.) Die Durchsetzung der Chancengleichheit und ein besseres Nachmittagsbe- treuungsangebot sowie
2.) die Überwindung der Bildungsmisere, die uns von PISA oder TIMSS aufge- zeigt wurde.

In Deutschland orientiert man sich an Ländern mit beispielhaften Schulsystemen, die große Bildungserfolge erzielen. Hierzu gehört unabstreitbar das finnische Schulsys- tem, auch wenn dieses lange Zeit kein Ganztagsschulsystem darstellte. Fakt ist je- doch, dass in den meisten anderen europäischen Ländern die GTS längst zur Nor- malität gehört und gar nicht erst diskutiert werden muss. Aber kann die Bildungs- misere in Deutschland durch die flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen überwunden werden? Ist dies der richtige Weg, um sich den scheinbar „traumhaften“ finnischen Verhältnissen anzunähern?

Diese Fragen sollen am Ende der Arbeit beantwortet werden, nachdem ein Vergleich des deutschen und des finnischen Schulsystems stattgefunden hat und nachdem darüber hinaus auch der deutsche Ganztagsschulgedanke am Beispiel von RheinlandPfalz als ein möglicher Weg aus der Bildungsmisere beleuchtet wurde.

Die folgenden drei Kapitel dienen als Grundlagenkapitel. So werden in Kapitel 2 und 3 zunächst das deutsche und das finnische Schulsystem in ihrer Entwicklung, in ihrem Aufbau sowie in ihrer Organisation und Struktur beschrieben. Die Erläuterung des deutschen Schulsystems in Kapitel 2 ist dabei bewusst kürzer gehalten als die des finnischen, weil der Schwerpunkt dieser Arbeit auf eben dem finnischem Schulwesen und der deutschen Ganztagsschule liegen soll.

Die Beschreibung des finnischen Schulsystems in Kapitel 3 enthält auch schon die Erläuterung einiger markanter Unterschiede zum deutschen Schulsystem, ein tiefer gehender Vergleich erfolgt allerdings erst in Kapitel 6, in welchem u.a. Erklärungen für den Schulerfolg Finnlands gegeben werden.

Zunächst handelt es sich aber bei Kapitel 4 mit einer ausführlichen Beschreibung der GTS in RLP noch um ein weiteres Grundlagenkapitel dieser Arbeit. Es geht hier so- wohl um die Entstehung, die Gründe und die Ziele des Ganztagsschulgedankens als auch um die Organisation und die Verwirklichung des „Vorhabens“ in RLP.

Aufbauend auf den drei genannten Grundlagenkapiteln werden dann im fünften Ka- pitel die deutsche GTS und die finnische Gesamtschule gegenübergestellt. Hierbei geht es zunächst darum, ob die bisherigen Auswirkungen, welche der Ausbau von GTS mit sich gebracht hat, mit den Zielen und Mentalitäten der Finnen zu verglei- chen sind und ob die deutsche GTS überhaupt mit der finnischen Gesamtschule zu vergleichen ist.

Kapitel 6 behandelt im Wesentlichen die Frage „Was kann Deutschland von Finnland lernen?“. Hierfür ist es zunächst notwendig, die Bildungspolitik der beiden Länder zu vergleichen, um dann, auch rückblickend auf Kapitel 3, den Schulerfolg Finnlands erklären zu können. Hieraus lassen sich letztendlich Konsequenzen für das deutsche Schulsystem ableiten.

Im Schlusskapitel soll schließlich bewertet werden, ob wir uns allein durch die Einführung und den verstärkten Ausbau von GTS finnischen Standards annähern können. Bevor ein Ausblick über die Verbesserung deutscher Bildungserfolge gegeben werden kann, muss sich durch diese Arbeit herausgestellt haben, ob das Ganztagsschulprogramm bzgl. des erhofften Bildungserfolges und den damit einhergehenden guten PISA-Ergebnissen ein Schritt in die richtige Richtung ist.

2. Das deutsche Schulsystem

2.1 Entstehung und Entwicklung

In Deutschland wurden die ersten Schulen, die Kloster-, Dom- und Stiftsschulen, schon im achten Jahrhundert gegründet. Da in diesen Schulen Kleriker, die der Ober- schicht angehörten, ausgebildet wurden, sind die Klosterschulen mit den späteren Gymnasien vergleichbar. Vorläufer der späteren Volksschule waren die deutschen Schreib- und Rechenschulen, welche v.a. vom 13. bis 18. Jahrhundert gegründet wurden, weil für einen Großteil der Bevölkerung das Lesen, Schreiben und Rechnen nun unerlässlich geworden war.6

„Mit dem verstärkten Aufkommen des Bürgertums vom Ende des 18. Jahrhunderts an entstand die Realschule.“7 Diese Schulform wurde für diejenigen Schüler konzi- piert, die einerseits nicht studieren wollten oder konnten und deshalb kein Gymnasi- um besuchen mussten und die andererseits jedoch nicht mit der Unterschicht, die die Volksschule besuchte, gleichgesetzt werden wollten. Hierin deutete sich schon die Etablierung eines dreigliedrigen Schulsystems8 während des 19. Jahrhunderts an, denn das Leben in Deutschland war in dieser Zeit im sozialen Sinne von einer Drei- Klassen-Gesellschaft geprägt. Jedoch gab es zu diesem Zeitpunkt weder einheitliche Regeln, die das deutsche Schulsystem strukturierten, noch eine allgemein gültige Schulpflicht.9 Verbindliche Regelungen wurden erst 1920 mit dem Reichsgrund- schulgesetz eingeführt, denn von nun an gab es eine Grundschule, in welcher die Kinder die ersten vier Schuljahre unterrichtet wurden. Weiterhin trat die Regel der Schulpflicht in der Weimarer Republik durch die Weimarer Reichsverfassung in Kraft.10

Während nach dem Ende des Nationalsozialismus, also ab 1945, in der Sowjetischen Besatzungszone durch die Einführung der Einheitsschule11 die Schulstruktur geän- dert wurde, entsprach jene in den westlichen Besatzungszonen immer noch der Schulstruktur von vor 1933. Auch einige Jahrzehnte später ließen sich noch große Unterschiede feststellen. So bestand in der BRD die Dreigliederung in Hauptschu- le12, Realschule und Gymnasium, während in der DDR alle Schüler gemeinsam zehn Schuljahre lang eine allgemein bildende technische Oberschule besuchten.13 Dieser Unterschied liegt in den differierenden Gesellschaftssystemen und in den unter- schiedlichen Zielvorstellungen der Besatzungszonen begründet.14 Aus Angst vor einer drohenden Bildungskatastrophe wurden die Schultypen und auch das Hochschulwesen der BRD in den 60er Jahren reformiert. So wurde 1964 die Volksschule von der Grund- und Hauptschule abgelöst. Außerdem wurden einige Schularten wie z.B. die Gesamtschule, die Fachoberschule oder auch die Fachhoch- schule neu eingeführt. Dieses Schulsystem sollte darüber hinaus den Vorteil mit sich bringen, dass nun für die Mehrheit der Schüler, relativ unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, eine weiterführende Bildung möglich war. Dieses reformierte Bildungs- system gilt auch heute noch, d.h. die Reformen der 60er Jahren bildeten die Grundla- ge unseres heutigen Schulsystems.

Das Bildungssystem der DDR konnte sich nach der Wiedervereinigung Deutschlands nicht durchsetzen. Zwar hatte man ursprünglich angedacht, die beiden Bildungssyste- me zusammenzuführen, der Einigungsvertrag zwischen DDR und BRD sah dann allerdings die Anpassung der neuen Länder an das dreigliedrige Schulsystem der BRD vor. So mussten in den fünf neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung erhebliche Umstrukturierungen und Neuorganisierungen im Schulsystem stattfin- den.15 Hierzu gehörte u.a. die Änderung von Rahmenrichtlinien, Prüfungsordnungen oder Hochschulzugangsberechtigungen. Trotzdem bestehen auch heute noch einige Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern. In letzteren gehen die Schüler bis zum Abitur nur zwölf Jahre zur Schule, während in den alten Bundes- länder bis zum Abitur in der Regel 13 Schuljahre16 absolviert werden müssen.17

Im Nachhinein, gerade nachdem die Ergebnisse von TIMSS und PISA veröffentlicht wurden, kam nun „die Frage auf, ob trotz aller beachtenswerten Leistungen im Zuge der deutschen Wiedervereinigung nicht zugleich reale Chancen für eine durchgängige Modernisierung des deutschen Bildungswesens weitgehend ungenutzt blieben.“18 Dieses bis zum jetzigen Zeitpunkt immer noch nicht modernisierte Schulsystem wird nun im Folgenden beschrieben.

2.2 Allgemeiner Aufbau

Zunächst ist zu sagen, dass das Schulsystem in Deutschland vertikal durchlässig ist. Dies bedeutet, dass die Schüler die Möglichkeit haben, von einer Schulform zur an- deren zu wechseln. Die Versetzung von einer Klasse in die nächst höhere ist aller- dings ab dem dritten Schuljahr von den Noten abhängig.19 Das deutsche Schulsys- tem ist nicht einheitlich, denn jedes Bundesland hat sein eigenes Schulgesetz. Die KMK spricht jedoch bundesweit Empfehlungen aus, die für alle Bundesländer gelten. So kann nun der Aufbau des deutschen Schulsystems beschrieben werden, denn durch die erwähnten KMK-Empfehlungen bestehen hier auch einige grund- legende Gemeinsamkeiten.20

In Deutschland untersteht jeder Schüler der neunjährigen Schulpflicht.21 Das hiesige Schulsystem nennt man „teilintegriert“, weil sowohl der Elementar- als auch der Primarbereich einheitlich konzipiert sind. Danach findet man dann jedoch die sehr vielfältigen Sekundarbereiche I und II vor.

Zunächst muss erwähnt werden, dass der Elementarbereich meist die Kindergärten für drei- bis sechsjährige Kinder meint. Darüber hinaus gibt es des Öfteren auch Kindertagesstätten oder ähnliche Betreuungseinrichtungen, die immer stärker auch schon von Unterdreijährigen besucht werden dürfen.

Der sich anschließende Primarbereich des deutschen Bildungswesens besteht aus der in der Regel vierjährigen Grundschule.22 Die Einschulung erfolgt meist, nachdem das Kind sechs Jahre alt geworden ist. In Ausnahmefällen ist auf Wunsch der Eltern und nach einem Einschulungstest auch eine frühere Einschulung möglich.

Nach der Grundschule treten die Schüler in die Sekundarstufe I ein. Diese umfasst die fünfte bis zehnte Klasse und zeichnet sich besonders durch ihre Typenvielfalt aus. Denn hier haben die Schüler bzw. ihre Eltern die Möglichkeit, zwischen ver- schiedenen Schultypen zu wählen. Der Begriff „dreigliedriges Schulsystem“ meint diesbezüglich die Aufteilung in Haupt- und Realschule sowie Gymnasium. Seit den 60er Jahren gibt es daneben aber auch die Gesamtschulen. Für letztere gibt es aller- dings in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Bezeichnungen und auch die Abschlüsse, die man in der jeweiligen Gesamtschule oder einem vergleichbaren Schultyp erlangen kann, variieren von Bundesland zu Bundesland. Den Haupt- und den Realschulabschluss kann man beispielsweise in Hessen in der Mittelschule, in Thüringen in der Regelschule und in RLP in einer Regionalen Schule erwerben.

Zu erwähnen sind nun noch die Privatschulen, die von fünf bis sechs Prozent aller Schüler besucht werden, sowie die Sonderschulen, welche sowohl den Vorschul- und Primarbereich als auch die Sekundarstufe I abdecken.23

An all den genannten Schulformen bilden das fünfte und das sechste Schuljahr gemeinsam die Orientierungsstufe.24 Hier sollen die Schüler besonders gefördert und beobachtet werden. Zudem sollen sie sich orientieren, damit danach entschieden werden kann, welche Schulform die richtige für das Kind ist. Gauggel stellt jedoch in Frage, ob die Chancen hierbei gerecht verteilt sind. Für einen Schüler, der die Orientierungsstufe in einer Hauptschule besucht hat, sei es möglicherweise schwieriger, ab der siebten Klasse das Gymnasium zu besuchen, als für einen Schüler, der schon in der fünften und sechsten Klasse auf dem Gymnasium war.25

Der Hauptschulabschluss bildet die minimale Voraussetzung für den Beginn einer Berufsausbildung oder für den Besuch einer weiterführenden beruflichen Schule, z.B. der Berufsfachschule oder der Berufsaufbauschule. Schafft ein Schüler diesen niedrigsten Abschluss nicht bzw. bricht er die Schule ab, so kann er ihn durch das so genannte Berufs-Grundschul-Jahr erlangen.26 Dieses bereitet ebenfalls auf eine Aus- bildung oder eine Lehre vor. Den Realschulabschluss, auch Mittlere Reife genannt, erwirbt man nach dem erfolgreichen Beenden der zehnten Klasse. Er ist Voraus- setzung für den Besuch einer Gymnasialen Oberstufe, einem Fachgymnasium oder einer Fachoberschule. Des Weiteren wird die Mittlere Reife oft bei einer Ausbildung in einem qualifizierenden Beruf vorausgesetzt.27 All die in diesem Abschnitt erwähn- ten Schultypen gehören zur Sekundarstufe II und werden im folgenden Kapitel noch genauer beschrieben.

Wie man in Abbildung 128 erkennen kann, befähigen sowohl das Abitur an einer Gymnasialen Oberstufe als auch jenes an einem Fachgymnasium zum Studium an einer Universität oder an einer Fachhochschule. An einer Fachoberschule kann man lediglich die Fachhochschulreife erlangen. Diese ist die Zugangsvoraussetzung für das Studium an einer Fachhochschule, zu einem Universitätsstudium befähigt sie in der Regel allerdings nicht.

Genau wie die schon erwähnten Instanzen Universität und Fachhochschule gehören auch die Bildungseinrichtungen des zweiten Bildungsweges zum Tertiären Bereich des deutschen Ausbildungssystems. Dieser zweite Bildungsweg ist sehr vielfältig und kann erst dann beschritten werden, wenn man nach dem letzten Schulabschluss zwischenzeitlich Berufserfahrung gesammelt hat. Denkbar sind hier sowohl der Un- terricht an einer Fachschule, an einem Kolleg oder an einer Abendschule sowie die betriebliche Weiterbildung.29

Nachdem nun anhand von Abbildung 1 der Aufbau des deutschen Schulsystems er- klärt wurde, werden im nächsten Kapitel die einzelnen Schultypen, die hier jeweils nur kurz erwähnt wurden, etwas eingehender in ihrer Organisation sowie in ihrer Struktur beleuchtet. Allerdings werde ich dabei den hier zuletzt beschriebenen Tertiären Bereich mit Universitäten, Fachhochschulen und zweitem Bildungsweg nicht mehr genauer beschreiben, weil er nach meiner Meinung für den Vergleich mit dem finnischen Schulsystem und v.a. bzgl. dessen Erfolges keine neuen Erkenntnisse mehr bringt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das deutsche Schulsystem30

2.3 Organisation und Struktur der einzelnen Schulformen

Der Elementarbereich, der in Abbildung 1 Vorschulbereich genannt wird, erfasst alle noch nicht schulpflichtigen Kinder. Diese sind in der Regel drei bis sechs Jahre alt. Neben Kindergärten und Kindertagesstätten gehören auch andere Betreuungseinrich- tungen, die zum Teil auch schon von Unterdreijährigen besucht werden können, 31 zum Vorschulbereich. All diese Einrichtungen gehören in Deutschland nicht zum Schulsystem, sondern sind Teil der Kinder- und Jugendhilfe. So kommt es, dass sie meist nicht staatlich sind, sondern von kommunalen bzw. kirchlichen oder von priva- ten Trägern angeboten werden. Dies bedeutet für die Eltern, dass sie Gebühren zah- len müssen. Der monatlich zu zahlende Betrag variiert in seiner Höhe je nach Träger der Einrichtung.

Anders als oben beschrieben, gehören die Vorschulen in einigen Ländern schon zum Ausbildungssystem. In Deutschland werden in den Vorschulen die Kinder unterrich- tet, die das sechste Lebensjahr schon vollendet haben, also schon schulpflichtig sind, die aber von ihrer Entwicklung noch nicht schulreif sind. 32 Aus diesem Grund wird nur ein geringer Prozentsatz aller Schüler in Vorschulen unterrichtet. 33 Sowohl der Besuch von Kindergärten und Kindertagesstätten als auch der Besuch anderer Betreuungseinrichtungen sind freiwillig. Theoretisch hat jedes Kind zwi- schen drei und sechs Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Prak- tisch sieht dies jedoch anders aus, denn aufgrund mangelnder Kapazitäten können gelegentlich nicht alle Kinder einer Gemeinde den zugehörigen Kindergarten besu- chen. 34

Der Primarbereich umfasst ausschließlich die Grundschule. 35 Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern, in denen die Schüler oft bis zu neun Jahren gemein- sam unterrichtet werden, beträgt die gemeinsame Grundschulzeit in Deutschland in der Regel nur vier Jahre. 36 Ausnahmen bilden hier Berlin und Brandenburg, wo die Grundschule auch heute noch sechs Schuljahre umfasst. Also sind Grundschulkinder normalerweise zwischen sechs und zehn bzw. zwischen sechs und zwölf Jahren alt. Die erste Fremdsprache wird seit Mitte der 90er Jahre in der Grundschule erlernt. Meist wird sie integrativ ab der ersten oder spätestens ab der dritten Klasse unterrich-tet. Für gewöhnlich handelt es sich bei der ersten Fremdsprache um Englisch, doch in Baden-Württemberg, im Saarland und gelegentlich auch in RLP 37 wird mit Französisch begonnen.

Am Ende ihrer Grundschulzeit erhalten die Schüler eine Empfehlung für die Sekun- darstufe I. Hierbei schlägt der Lehrer einen der drei Schultypen Hauptschule, Real- schule oder Gymnasium für die weitere Schullaufbahn des Kindes vor. Die Eltern müssen sich allerdings nicht an diese Empfehlung halten, denn sie ist nicht verbind- lich. 38 Allerdings wird die Entscheidung für einen Schultyp in einigen Bundesländern eingeschränkt, weil stellenweise für den Besuch eines Gymnasiums ein bestimmter Notendurchschnitt oder eine Aufnahmeprüfung vorausgesetzt werden. 39

An der Handhabung der Empfehlung des Klassenlehrers und an dem Übergang vom Primar- zum Sekundarbereich I gibt es große Kritik. So könne „bei einem zehnjährigen Kind in der Regel kaum eine sichere Prognose über die künftige Bildungskarriere gegeben werden…“ 40

Die Frage nach einer mehrjährigen gemeinsamen Förderung aller Schüler, wie sie in vielen anderen Ländern üblich ist, hat auch in Deutschland bzgl. des Sekundarbe- reichs I eine große Diskussion in Gang gebracht. Die Sekundarstufe I ist hier nämlich durch die Aufteilung in Haupt- und Realschule sowie in Gymnasium dreigliedrig. Zurzeit werden diese drei Schultypen durch die Gesamtschule ergänzt. Es wird aber diskutiert, ob letztere die Dreigliederung komplett ersetzen soll, weil sich gezeigt hat, dass Länder mit einem Gesamtschulsystem bei PISA besser abschneiden. 41 Dies gilt insbesondere für Finnland.

Bevor nun Haupt-, Real- und Gesamtschule sowie das Gymnasium genauer beschrie- ben werden, muss im Hinblick auf die Fremdsprachen noch erwähnt werden, dass die erste Pflichtfremdsprache in allen Schulformen ab Klassenstufe 5 unterrichtet wird. Hierbei handelt es sich meist um Englisch 42, gelegentlich auch um Französisch, Spa- nisch, Italienisch, Russisch oder Latein. Das Erlernen einer zweiten Fremdsprache ist nur am Gymnasium von Klassenstufe 7 bis 10 verpflichtend. In Real- und Gesamt- schule wird eine zweite Fremdsprache oft als Wahlfach angeboten, wohingegen das Fremdsprachenangebot an Hauptschulen meist auf Englisch begrenzt ist. Eine dritte Fremdsprache kann man nur am Gymnasium ab der neunten Klasse freiwillig erler- nen. 43

Die Hauptschule endet in der Regel nach der neunten Klasse. 14 Prozent aller Haupt- schüler schaffen es, danach noch den Realschulabschluss abzulegen. Allerdings müs- sen auch die zehn bis zwölf Prozent der Jugendlichen, die die Hauptschule nicht ab- schließen, sondern abbrechen, erwähnt werden. 44 Für sie besteht die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss in einem Berufs-Grundschul-Jahr 45 nachzuholen, um sich danach für einen Ausbildungsplatz bewerben zu können. Denn generell kann man sagen, dass Schüler, die nach der neunten oder zehnten Klasse die Schule verlassen, bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres berufsschulpflichtig sind. Dieser Schul- pflicht kann durch das Berufs-Grundschul-Jahr Rechnung getragen werden. 46

Bis in die 70er Jahre hinein war die Hauptschule die meist frequentierte Schulform der Sekundarstufe I. Dies änderte sich ein Jahrzehnt später, denn seit den 80er Jahren sinken die Schülerzahlen der Hauptschule stetig. Dies führte dazu, dass letztere heute zu einer Art „Restschule“ geworden ist. 47 ]

Ähnlich wie die Hauptschule ist auch die Realschule durch das Fach Arbeitslehre und durch verpflichtende Betriebspraktika stark berufsorientiert. So finden wir hier sowohl Schüler, die nach dem Realschulabschluss an einem Ausbildungsplatz inte- ressiert sind, als auch solche, die eine weiterführende Schule besuchen möchten. Die Realschule umfasst zehn Schuljahre und endet mit der Mittleren Reife. Danach sind die Schüler berechtigt, in eine Gymnasiale Oberstufe, in ein Fachgymnasium oder in eine Fachoberschule einzutreten, um dort das Abitur bzw. das Fachabitur abzulegen. Diese Möglichkeit der Weiterbildung nehmen ein Drittel aller Realschulabsolventen wahr. Der größte Teil der Schulabgänger beginnt jedoch mit einer Ausbildung. 48

Die einzige Schulform, bei der Sekundarstufe I und II nicht institutionell getrennt sind, ist das Gymnasium. 49 Es umfasst normalerweise die Klassenstufen 5 bis 13 und endet mit dem Abitur, nur in den neuen Bundesländern legen die Jugendlichen das Abitur schon nach der zwölften Klasse ab. Zurzeit wird in Deutschland die Verkürzung der Schulzeit diskutiert. So kommt es, dass u.a. in RLP das Abitur zum jetzigen Zeitpunkt schon nach zwölfeinhalb Jahren erlangt wird.

Neben den klassischen Gymnasien gibt es auch einige Fachgymnasien wie beispiels- weise alt- und neusprachliche, mathematisch-naturwissenschaftliche oder musische Gymnasien.

Im Gegensatz zur Hauptschule stiegen die Schülerzahlen an den Gymnasien in den letzten Jahrzehnten konstant an. Dies liegt wahrscheinlich darin begründet, dass man durch das Abitur die bestmögliche Qualifikation für den Ausbildungs- und Arbeits- markt hat. Niedrigere Bildungsabschlüsse werden heutzutage oft abgewertet. Da mo- mentan ca. 35 Prozent eines Jahrgangs auf das Gymnasium gehen, ist es nicht ver- wunderlich, dass diese Schulform als nicht mehr ganz so elitär wie früher einge- schätzt wird. 50 ]

Die Gymnasiale Oberstufe dauert in der Regel drei Schuljahre 51 und bereitet auf ein Hochschulstudium vor. Die Oberstufenschüler müssen Leistungs- und Grundkurse wählen. Sie können sich nach ihren individuellen Fähigkeiten und Interessen richten. Allerdings ist die Wahl teilweise eingeschränkt, da jedes Bundesland in einem festen Rahmen vorgibt, welche Fächerkombinationen möglich sind und welche nicht. Auch ob zwei oder drei Leistungskurse, also vertiefende Kurse, die mehrere Wochenstun- den umfassen, gewählt werden müssen, ist in den einzelnen Bundesländern unter- schiedlich. Weiterhin wählen die Schüler in einigen Bundesländern schon ab Klasse 11 Leistungs- und Grundkurse, in anderen erst ab der zwölften Klasse. 52 In RLP wird die Oberstufe Mainzer Studienstufe, kurz MSS, genannt. Hier werden drei Leistungskurse ab der elften Klasse gewählt.49 Hier könnten auch die Gesamtschultypen, an denen die Schüler auch die Oberstufe und somit das Abitur absolvieren können, genannt werden. Bei diesen Gesamtschulen sind Sekundarstufe I und II ebenfalls unter einem Dach.

Die Abiturprüfung besteht aus mehreren schriftlichen und einer oder mehreren mündlichen Prüfungen. In der Regel laufen diese schulintern ab, d.h. die Lehrer stel- len die Prüfungsaufgaben selbst. Nur in einigen Bundesländern 53 gibt es wie auch in Finnland ein Zentralabitur. 54 Das erfolgreiche Ablegen des Abiturs ist die Voraus- setzung für ein Hochschulstudium. Das Studium an einer Fachhochschule kann auch begonnen werden, wenn man nur das Fachabitur erlangt hat. In manchen Bundes- ländern erwerben die Jugendlichen, beispielsweise an Fachgymnasien, ein fachge- bundenes Abitur. Mit diesem können sie auch an Universitäten studieren, allerdings ist hier die Studienfachauswahl begrenzt. Für einige Studienfächer gilt ein NC oder es muss eine Eignungsprüfung abgelegt werden oder aber es wird hochschulintern ein bestimmter Mindestnotendurchschnitt vorausgesetzt. Letzteres ist immer dann der Fall, wenn es mehr Bewerber als Studienplätze gibt. 55

Wegen Zweifeln an dem gegliederten Schulsystem und dem Erfolg anderer Länder mit einem Gesamtschulsystem, wurde die Gesamtschule auch in Deutschland durch die Reformen der 60er Jahre eingeführt. Indem man alle drei Schulformen unter einem Dach anbietet, will man Chancengleichheit für alle Schüler verwirklichen und so den Erfolg des deutschen Schulsystems verbessern. 56 Ich glaube, so lange neben der Gesamtschule aber auch weiterhin Haupt- und Realschule sowie Gymnasium be- stehen, wird man dieses Ziel nicht erreichen können. Darüber hinaus erachte ich es generell als fragwürdig, ob die Einführung einer Gesamtschule allein Bildungserfolg versprechen kann.

Grundsätzlich gibt es zwei Formen von Gesamtschulen: 57

1.) Die kooperative oder additive Gesamtschule: Hierbei sind Haupt- und Real- schule sowie Gymnasium institutionell getrennt, befinden sich aber in einem Gebäude.
2.) Die integrierte Gesamtschule: Die drei oben genannten Schulformen sind hier nicht institutionell getrennt, sondern es findet je nach Unterrichtsfach eine Leistungsdifferenzierung statt. So haben die Schüler hier in einigen Fächern mit allen gemeinsam Kernunterricht, in anderen Fächern findet Kursunterricht, der in verschiedene Leistungsniveaus aufgeteilt ist, statt.

In einigen Bundesländern gibt es auch Schulformen, bei denen sich nur Haupt- und Realschule unter einem Dach befinden. Hierzu gehört u.a. die Regionale Schule in RLP. 58

In Sonderschulen werden behinderte Kinder gefördert. Es werden vier Prozent der Sechs- bis Fünfzehnjährigen hier unterrichtet. Wie schon öfter erwähnt wurde, umfasst die Sonderschule sowohl den Vorschul- und Primarbereich als auch die Se- kundarstufe I. Insgesamt gibt es zehn verschiedene Sonderschultypen. Sie reichen von der Schule für geistigbehinderte Kinder über die Schule für sprachbehinderte Schüler bis hin zur Schule für lernbehinderte Kinder. Letztere wird am meisten fre- quentiert. In den vergangenen Jahren hat man immer öfter versucht, behinderte Kin- der in Regelschulen zu integrieren. Da sich diese Integration angeblich aber nicht für alle Schüler eignet, müssen die Sonderschulen weiterhin bestehen bleiben. 59 Meiner Meinung nach müsste man den Unterricht in den Regelschulen ändern, damit eine solche Integration bei allen gelingen kann.

Neben der Gymnasialen Oberstufen, dem Fachgymnasien und teilweise auch der Gesamtschule, die schon beschrieben wurden, gehören auch die Schultypen, die nun noch erläutert werden, zum Sekundarbereich II.

Hier ist zunächst die Fachoberschule zu nennen. Voraussetzung für die Aufnahme ist der erfolgreiche Abschluss der Mittleren Reife. Nach zwei Schuljahren - das erste be- steht aus einer fachpraktischen Ausbildung, das zweite aus theoretischem Unterricht erlangen die Schüler das Fachabitur. Die Fachoberschulen werden für bestimmte Bereiche angeboten, hierzu gehören u.a. die Sektoren Technik, Wirtschaft und So-zialwesen. Die Fachabiturienten können nun einen Studiengang aus ihrem Fachbereich an einer Fachhochschule studieren. 60

Nach dem Hauptschulabschluss können die Jugendlichen eine der Berufsbildenden Schulen besuchen. Diese bilden einen selbstständigen Teil des deutschen Bildungs- systems, formal gehören sie aber zum Sekundarbereich II. Häufig wählen ehemalige Hauptschüler das „duale System“ der Berufsausbildung. Hierbei wird die meist drei- jährige praktische Ausbildung in einem Betrieb mit dem Berufsschulunterricht, der zweimal pro Woche oder blockweise stattfindet, verknüpft. Im Berufsschulunterricht werden sowohl allgemeinbildende als auch berufstheoretische Fächer unterrichtet. Um berufsbezogene Fähigkeiten geht es auch in der Berufsfachschule. Diese beruf- liche Vollzeitschule wird meist von privaten Trägern angeboten und dauert ca. ein bis drei Jahre. 61

Weiterhin haben die Berufsschüler durch die einjährige Berufsaufbauschule die Möglichkeit, nach ihrer Ausbildung den bereits erlernten Berufsschulstoff zu vertie- fen und ihre Allgemeinbildung zu erweitern. Wer sich für diesen Weg entscheidet, legt nach einem Jahr die Fachschulreife ab und kann damit anschließend in „seinem“ Bereich studieren. 62

Dieses Kapitel hat einen Überblick über das deutsche Schulsystem gegeben. Im fol- genden Kapitel wird nun das finnische Schulsystem eingehend beleuchtet, so dass unmittelbar Vergleiche vollzogen und so Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwi- schen dem deutschen und dem finnischen Schul- und Ausbildungswesen aufgezeigt werden können.

3. Das finnische Schulsystem

3.1 Entstehung und Entwicklung

Wahrscheinlich gab es in Turku bereits im 13. Jahrhundert eine Kathedralschule, in der Priester ausgebildet wurden. Der Unterricht fand in lateinischer Sprache statt. Dadurch, dass die Kirche zu Beginn des 16. Jahrhundert durch die protestantische Reformation erheblich an Macht einbüßen musste, hatten auch die Schulen in den nächsten Jahrhunderten mit einigen Problemen zu kämpfen. Im 17. Jahrhundert wurden dann die Pfarrer damit beauftragt, die Bibelkenntnisse des Volkes zu überprüfen. Land- und Stadtschulen wurden jedoch erst 100 Jahre später, im 18. Jahrhundert, in geringer Anzahl gegründet. Derweil gehörte es eigentlich noch zu den Aufgaben der Eltern, ihre Kinder lesen und schreiben zu lernen. Nur, wenn ihnen das nicht gelang, sollten die Kinder eine Dorfschule besuchen. 63 Zu dieser Zeit war Finnland noch ein Teil des Königreichs Schweden. 64

In den folgenden Jahren, nachdem Finnland „1809 zu einem autonomen Großfürsten- tum unter russischer Herrschaft“ 65 geworden war, gab es einige entscheidende Neu- erungen. So galt Finnisch nun als Bildungssprache, das Schulsystem wurde von der Kirche abgetrennt und auch eine Lehrerausbildung wurde eingeführt. Außerdem wa- ren die einzelnen Gemeinden jetzt für die Bildung ihrer Einwohner verantwortlich. 66 Die neu entstandene finnische Volksschule, die kansakoulu, 67 war an dem Schu- lsystem der Schweiz orientiert. 68 Im Jahr 1866 wurde die erste Grundschule Finn- lands gegründet und ein Jahr später das erste Gymnasium, doch die Ausbreitung des Grundschulsystems hat mehrere Jahre gedauert. 69 Das Problem, dass auch jetzt im Vergleich zu anderen Ländern nur ein geringer Bevölkerungsanteil 70 die Schule be- suchte, wurde im Jahre 1898 dadurch gelöst, „dass es eine Pflicht jeder Gemeinde wurde, Schulen da zu gründen, wo 30 Schüler sich zur Schule meldeten.“ 71 Hiermit wurden die Wurzeln für die Ausbreitung der finnischen Volksschule und für die allgemeine Schulpflicht gelegt. Letztere wurde erst 1921, vier Jahre nachdem Finnland 1917 selbstständige Republik geworden war, eingeführt.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden das Oberstufensystem und eine Mädchen- schule geschaffen. Das nun entstandene Schulsystem mit der fünfjährigen Mittel- schule, der keskikoulu, und der achtjährigen Oberstufe, der oppikoulu, hielt sich bis in die 70er Jahre. 72 Dies zeigt uns, dass es auch in Finnland lange Zeit ein geglieder- tes Schulsystem gab. 73

Das heutige neunjährige Grundschulsystem mit der Grundlage der neunjährigen Lernpflicht kam durch die Grundschulreform im Jahre 1968 zustande. Diese Reform wurde nötig, weil der verbesserte Lebensstandard der Bevölkerung nach dem zweiten Weltkrieg auch bessere Ausbildungsmöglichkeiten forderte. Im Gegensatz zu den Jahren davor sollten die Schüler auf den Dörfern nun die gleichen Ausbildungsbe- dingungen wie die Schüler in den Städten antreffen. So wie dies heute auch weitest- gehend der Fall ist, hat man es sich damals zum Ziel gesetzt, dass jeder finnische Schüler „eine gleiche Chance haben (sollte), sich bis zum Hochschulabschluss auszu- bilden …, egal ob er in der Stadt oder auf dem Lande wohnte, ob er aus einer armen oder einer reichen Familie kam.“ 74 Aus diesem Grunde hat man ein einheitliches Schulsystem bevorzugt. Weiterhin ist ein neues ganztägiges Schulsystem notwendig geworden, weil die Halbtagsschule der gegenwärtigen Familiensituation, in der meist beide Elternteile den ganzen Tag arbeiten, nicht mehr gerecht sein konnte. Denn nicht jedes Kind hatte die Möglichkeit, am Nachmittag ein Betreuungsprogramm in Anspruch zu nehmen. Diesem Problem konnte erst ab 2004 durch ein neues ganztä- giges Schulsystem Abhilfe geschaffen werden. 75

Das in den 70er Jahren neu gegründete finnische Schulsystem soll nun in den nächsten Kapiteln ausführlich beschrieben werden.

3.2 Allgemeiner Aufbau

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Das finnische Ausbildungssystem76

Das finnische Schulsystem stellt ein integrierendes Schulsystem dar, dessen Kern- stück die neunjährige Gesamtschule bildet. Wie man in Abbildung 2 erkennen kann, besuchen die meisten sechs- bis siebenjährigen finnischen Kinder aber zuvor die ein- jährige Vorschule. In der danach folgenden Gesamtschule wird der neunjährigen Lernpflicht77, die in Finnland gültig ist, durch den dort stattfindenden Grundunterricht Rechnung getragen. Es besteht zudem die Möglichkeit, nach diesem Grundunterricht ein freiwilliges zehntes Schuljahr, welches auf die weiterführenden Schulen vorbereitet, zu absolvieren. Die Schüler sind also 16 oder 17 Jahre alt, wenn sie aus der Gesamtschule entlassen werden.

„Nach der Gesamtschule stehen die Jugendlichen vor einer wichtigen Wahl: Fortset- zung der allgemeinbildenden Ausbildung an der gymnasialen Oberstufe oder Bewer- bung um einen Platz an einer berufsbildenden Schule.“ 78 Letztere Möglichkeit be- deutet, dass man eine Berufliche Grundausbildung absolviert, bei der man entweder an einer berufsbildenden Schule oder in einem Betrieb, in dem man einen Lehrver- trag unterschrieben hat, tätig ist. 79 Diese dreijährige Berufliche Grundausbildung kann auch noch nach dem Abitur an der Gymnasialen Oberstufe begonnen werden. Weiterhin können die Schüler der Beruflichen Grundausbildung auch Kurse des Gymnasiums belegen und umgekehrt. 80 D.h. hier ist - von beiden Seiten aus betrach- tet - eine horizontale Durchlässigkeit gegeben. 81

Darüber hinaus gibt es auch einige wenige Jugendliche, die nach der Gesamtschule weder das Gymnasium noch die Berufsschule besuchen: Sie steigen direkt ins Ar- beitsleben ein und sind sofort in einem Betrieb tätig. Anders als in Deutschland ist es aber auch für diese jungen Finnen durch die Demonstrationsprüfung möglich gewor- den, trotzdem einen Berufsabschluss zu erlangen. 82 Steigt man aber erst nach der Be- ruflichen Grundausbildung in das Arbeitsleben ein, kann man, wenn man genügend Arbeitserfahrung gesammelt hat, so genannte „spezielle“ Berufsabschlüsse erreichen. In Finnland befähigen sowohl das Abitur an der Gymnasialen Oberstufe als auch eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Studium an einer Universität oder an einer Fachhochschule. In Deutschland hingegen ist das Studium an einer Universität nur mit dem Abitur möglich. Hat ein deutscher Schüler nur das Fachabitur erlangt, so kann er nur bestimmte Universitätsstudiengänge oder an einer Fachhochschule studieren. Seit einigen Jahren ist es für die Fachhochschulstudenten in Finnland möglich, ein FH-Aufbaustudium zu beginnen. Dieses wird für solche Bereiche angeboten, in denen großer Bedarf an Arbeitskräften besteht. Allerdings muss man hierfür schon genügend Arbeitserfahrung gesammelt haben. 83

Ich denke, dieser kurze Überblick hat schon die wichtigsten Merkmale des finni- schen Schulsystems deutlich hervorgehoben und auch einige Unterschiede zum deut- schen Schulsystem aufgezeigt. All dies soll in den nächsten Kapiteln, in denen die einzelnen Schulformen eingehend beschrieben werden, noch deutlicher werden.

3.3 Organisation und Struktur der einzelnen Schulformen

3.3.1 Vorschulunterricht

Die Vorschule, deren Unterricht meist in Schulen oder Kindertagesstätten stattfindet, wird in Finnland esikoulu genannt. 84 Hier sollen die sechsjährigen Kinder ein Jahr vor Beginn des regulären Schulunterrichts in spielerischer Weise neue Fähig- und Fertigkeiten erwerben, um so ihre Lernvoraussetzungen zu verbessern und um schon einmal auf die Arbeitsweisen der Schule vorbereitet zu werden. Genau wie in Deutschland ist auch in Finnland der Vorschulunterricht freiwillig und nicht ver- pflichtend. Allerdings nehmen die meisten finnischen Kinder im Gegensatz zu den deutschen am Vorschulunterricht teil. Für deutsche Schüler wäre es geradezu eine Schande, die Vorschule besuchen zu müssen. „Nach dem Gesetz haben die Kommu- nen für alle sechs-jährigen Kinder kostenlosen Vorschulunterricht zu organisieren.“ 85 Hinzu kommt, dass für jedes Kind innerhalb von zwei Wochen ein Platz zur Verfügung stehen muss. 86 Dies ist deshalb notwendig, weil in Finnland sehr häufig beide Elternteile arbeiten gehen. 87 So besteht eine wichtige Aufgabe des Vorschul-unterrichts darin, „die elterliche Erziehungsarbeit zu unterstützen.“ 88 Außerdem soll jedes Kind in der Vorschule eine eigene Persönlichkeit entwickeln können. Hierzu ist es notwendig, dass die Erzieher ein jedes Kind ganz genau beobachten. 89 In dem Film „Spitze! - Schulen am Wendekreis der Pädagogik“ von Reinhard Kahl wird in eindrucksvoller Weise gezeigt, dass es sich bei der finnischen Vorschule um einen anregenden Ort handelt, an dem die Kinder nicht sich selbst überlassen sind, sondern an dem es viele Angebote gibt, welche Interesse und Fragen der angehenden Schüler herausfordern. Meist sind in einer Vorschulklasse ungefähr 15 Kinder, die von einer Lehrerin und meist auch einer zusätzlichen Assistentin betreut oder viel- mehr „unterrichtet“ werden. Ein großer Unterschied zu deutschen Kindergärten be- steht darin, dass finnische Vorschullehrerinnen studiert haben müssen. 90 Schließlich bleibt noch zu sagen, dass finnische Kinder schon vor Schulbeginn durch die esikoulu optimal auf die bald beginnende Schulzeit vorbereitet werden, indem nicht nur fachliche Fähigkeiten - wie Grundlagen des Lesens, Schreibens und Rech- nens - gelegt und Selbsteinschätzung sowie Selbstüberprüfung frühzeitig eingeübt werden, 91 sondern auch indem die Erzieherinnen versuchen, die Kinder zu ausgegli- chenen Persönlichkeiten zu erziehen. 92

3.3.2 Gesamtschule

In dem Jahr, in dem ein Kind sein siebtes Lebensjahr vollendet, wird es in die finnische Gesamtschule, in die peruskoulu 93, eingeschult. Im Gegensatz zu Deutsch- land ist es hier nicht möglich, früher eingeschult zu werden. In Finnland dauert die Schulzeit in der Regel neun Jahre und endet, wenn das Lernpensum der Gesamt- schule erreicht ist. 94 Mit dem Abschluss der Gesamtschule nach diesen regulären neun Jahren sind die Schüler dann zum Besuch einer weiterführenden Schule befä- higt. Einige Jugendliche absolvieren, wie bereits in Kapitel 3.2 erwähnt wurde, frei-willig ein Zusatzjahr, eine zehnte Klasse, welche den Übergang zu den weiterführenden Schulen erleichtern soll.

Allgemein geht es in der Gesamtschule neben dem Erwerb des theoretischen Wissens auch darum, dass die Schüler praktische Fähigkeiten erlangen, die im Leben unerlässlich sind, 95 und dass sie gesellschaftliche, ethische und ästhetische Werte kennen und schätzen lernen. 96

Der Hauptunterschied im Vergleich zum deutschen Schulsystem besteht darin, dass das finnische Ausbildungssystem einheitlich ist, während das deutsche, zumindest in der Sekundarstufe, dreigliedrig ist.

Im Folgenden sollen nun Organisation und Ablauf der peruskoulu beschrieben werden: 97

In Finnland gab es im Jahr 2002 ungefähr 4.000 Gesamtschulen mit insgesamt etwa 580.000 Schülern. Daraus lässt sich folgern, dass finnische Gesamtschulen jeweils weniger Schüler haben als deutsche weiterführende Schulen. Während in Deutsch- land durchschnittlich 600 Schüler eine Schule besuchen, haben in Finnland nur drei Prozent aller Schulen mehr als 600 Schüler. Der Durchschnitt liegt hier bei 253 Schülern pro Schule. Weiterhin lässt sich sagen, dass eine Klassenstärke von 22 bis 28 Kindern oder Jugendlichen als normal gilt, aber auch in Finnland ist es trotzdem keine Seltenheit, dass 30 bis 40 Schüler in einem Raum gemeinsam unterrichtet werden. Dieser Wert liegt sehr weit über dem deutschen Durchschnittswert von 24,1 Schülern pro Klasse. Wahrscheinlich ist die Tatsache, dass auch heute noch in finnischen Schulen zum Großteil frontal unterrichtet wird, 98 auf den Umstand der hohen Schülerzahlen in den einzelnen Klassen zurückzuführen.

Jeden Herbst werden ungefähr 60.000 Kinder neu in die Gesamtschule eingeschult.

Die ca. 450 Gemeinden, die es in Finnland gibt, sind für die Organisation der Ge- samtschulen verantwortlich. Dies impliziert, dass die Gemeinden dafür zu sorgen ha- ben, dass

- alle Kinder aus der Gemeinde kostenlosen Unterricht bekommen können und dass
- ein kostenloser Transport zur Schule organisiert wird, falls diese mehr als fünf Kilometer von der Wohnung der Schüler entfernt liegt.

Das Schuljahr beginnt im August und endet im Mai oder im Juni mit der für den letz- ten Schultag üblichen Frühjahrsfeier. Zieht man die Herbst-, die Weihnachts- und die einwöchigen Winterferien ab, so bleiben insgesamt 190 Schultage pro Schuljahr.99

Mindestens bis zum Jahre 2004 begann der Unterricht einer finnischen Gesamtschule in der Regel morgens um neun Uhr und endete um 14 Uhr nach dem verpflichtenden, aber kostenlosen Mittagessen. Deshalb spricht man in Bezug auf die finnische Gesamtschule von einer „Dreiviertelschule“100. Im Vergleich dazu endet der Unterricht in Deutschland in den ersten beiden Schuljahren meist um zwölf Uhr, ab der dritten Klasse um ein Uhr, sofern die Schule keine GTS ist.

Bis zur sechsten Klasse haben finnische Schüler 28 Stunden Unterricht zu je 40 Mi- nuten in der Woche, von der siebten bis zur neunten Klasse liegt dieser Wert bei 36 Wochenstunden.101 Das deutsche Pendant beträgt ca. 20 Wochenstunden zu je 50 Mi- nuten in der Grundschule und ca. 30-35 wöchentliche Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten in den weiterführenden Schulen. So kann man sagen, dass die Unterrichts- zeit in Deutschland geringer ist als in Finnland, allerdings müssen deutsche Schüler im Gegensatz zu den finnischen einen großen Teil ihrer Freizeit mit schulischen Aktivitäten verbringen.102

Das Personal in finnischen Gesamtschulen berät sich regelmäßig gemeinsam über alle, aber insbesondere über lernschwache oder problematische Schüler. Es ist größer und vielfältiger als dies in deutschen Grund- und weiterführenden Schulen der Fall ist. So arbeiten an einer peruskoulu neben Klassen- und Fachlehrern auch mindestens eine Krankenschwester, ein Schulpsychologe103, ein Kurator104, ein Schullaufbahnbe- rater, ein Gesundheitsfürsorger, ein Sonderpädagoge, ein Speziallehrer und ein As- sistenzlehrer. An größeren Schulen sind gelegentlich sogar Sprachtherapeuten oder Ärzte eingesetzt. Im Vergleich dazu erscheint es nicht verwunderlich, dass eine Leh- rerin in Deutschland oftmals nicht auf die Bedürfnisse aller Schüler eingehen kann, denn sie muss bzw. sollte die Aufgaben der oben beschriebenen Berufsfelder fast alle alleine bewerkstelligen. Deshalb kommt der eigentliche fachliche Unterricht in Deutschland oft zu kurz.

Die Aufgabenfelder von Assistenz- und Speziallehrer sollen an dieser Stelle kurz er- läutert werden, da sie u.a. erheblich zum Erfolg des finnischen Bildungssystem bei- tragen. Der Assistenzlehrer ist zusätzlich zum Klassenlehrer in einer Klasse105 und kann sich um einzelne Kinder kümmern. So erkennt der Assistenzlehrer oft als erster, dass ein Schüler Probleme damit hat, dem Unterricht zu folgen. Ein solcher Schüler wird dann zum Förderunterricht bei dem Speziallehrer, der meist auch eine sonder- pädagogische Ausbildung absolviert hat, geschickt. Lernschwache Schüler werden von ihm gefördert, indem sie so lange Einzelunterricht bekommen, wie dies nötig ist. Der Speziallehrer hat hierfür einen eigenen Raum in der Schule. 17 Prozent der fin- nischen Schülerschaft werden im Laufe ihrer Schulzeit über einen kürzeren oder längeren Zeitraum vom Speziallehrer gefördert. Im Vergleich dazu gehen in Deutschland nur etwa vier Prozent aller Schüler auf eine Sonderschule, die in etwa mit diesem Fördersystem, welches in Finnland jedoch in die Gesamtschule integriert ist, vergleichbar ist.106 Die Kinder und Jugendlichen gehen gerne zum Speziallehrer, denn „es ist keine Schande, Probleme zu haben.“107 Dieser Förderunterricht findet allerdings ausschließlich während des Schultages statt. So kommt es, dass in Finn- land kein Nachhilfeunterricht, der in Deutschland immer mehr zunimmt, nötig ist. Zudem darf ein Kind, das auf diese Weise gefördert wird, in der eigenen Klasse kei- nen Unterrichtsstoff in den Hauptfächern versäumen, damit keine weiteren Lücken entstehen.108

Die ersten sechs Jahre der Gesamtschule, die Unterstufe, werden in Finnland Ala aste genannt. Hier unterrichtet ein Klassenlehrer alle oder zumindest die meisten Fächer selbst. In den folgenden drei Jahren, der Ylä aste, erhalten die Schüler jedoch Unter- richt von auf einzelne Fächer spezialisierten Fachlehrern. Ala aste und Ylä aste „sind normalerweise institutionell getrennt. Beide unter einem Dach gibt es nur in Bal- lungsregionen und auch dort so selten, dass sie statistisch nicht ausgewiesen wer- den.“109

Folgende Fächer werden in der Gesamtschule unterrichtet:

Muttersprache110, Zweite Landessprache111, Fremdsprachen, Mathematik, Physik, Chemie, Geschichte, Sozialkunde, Sport, Musik, Kunst, Handarbeit, Hauswirtschaft, Religion, Werte und Normen, Biologie, Geographie und Umweltkunde. Hinzu kommen darüber hinaus noch freiwillige Fächer, welche die Schüler je nach ihren eigenen Interessen wählen können.112

Die in der obigen Fächerliste erwähnten Fremdsprachen sollen nicht unkommentiert bleiben: Dass neben den Landessprachen Finnisch und Schwedisch noch weitere Fremdsprachen erlernt werden müssen, ist für die Finnen unerlässlich, da ihnen bewusst ist, dass man weder Finnisch noch Schwedisch sonst irgendwo in Europa spricht.

[...]


1 In der folgenden Arbeit wird nicht zwischen weiblichem und männlichem Geschlecht unterschieden, d.h. ganz gleich, welche Endung verwendet wird, es sind immer Personen sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechts gemeint.

2 Vgl. Internet 1.

3 Vgl. PIRI, Riitta und DOMISCH, Rainer (2002), S.43.

4 Lehrer sollen mehr diagnostische und methodische Kompetenz erwerben. (Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.110).

5 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.110f.

6 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.92.

7 Ebenda.

8 Die Sonderschule wird bei diesem Terminus nicht berücksichtigt, obwohl es diese Schulform zu dieser Zeit auch schon gab. (Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.14).

9 Nur in Preußen bestand teilweise seit 1717 eine Schulpflicht, die aber auch nicht immer eingehalten wurde.

10 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.92f.

11 Eine achtjährige gemeinsame Grundschule.

12 Wenn sich Grund- und Hauptschule unter einem Dach befanden, sprach man allerdings auch jetzt noch von der Volksschule, obwohl dieser Begriff bis dahin nur die Grundschule meinte. (Vgl. Internet 12).

13 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.93.

14 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.14.

15 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.93f.

16 In RLP sind es allerdings seit einigen Jahren nur zwölfeinhalb Jahre bis zum Abitur.

17 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.15f.

18 DÖBERT, Hans (2002), S.94.

19 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.16.

20 Vgl. ebenda, S.13.

21 In Berlin, Brandenburg, Bremen und in NRW dauert die Schulpflicht sogar zehn Jahre.

22 Nur in Berlin und Brandenburg gehen die Schüler sechs Jahre lang zur Grundschule.

23 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.95f.

24 Auch diese wird in einigen Bundesländern anders bezeichnet. „Förderstufe“ oder „Beobachtungsstufe“ sind beispielsweise andere gängige Begriffe für die Orientierungsstufe.

25 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.20.

26 In einigen Bundesländern ist das Absolvieren des Berufsgrundschuljahres sogar für diejenigen Schüler, die unter 18 Jahre sind, Pflicht. In anderen Bundesländern ist das Berufs-Grundschul-Jahr lediglich ein freiwilliges berufsvorbereitendes Jahr. (Vgl. Internet 7).

27 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.100.

28 Siehe S.14.

29 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.96.

30 Ebenda, S.114.

31 In der Politik läuft derzeit eine Diskussion über den Ausbau des Betreuungsbereichs für die Unterdreijährigen.

32 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.102.

33 Hierin liegt ein großer Unterschied zu den finnischen Vorschulen, die von fast allen Kindern besucht werden. Siehe Kapitel 3.3.1.

34 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.17.

35 Abgesehen von der Sonderschule, die, wie schon erwähnt, vom Elementar- bis zum Sekundarbereich I parallel läuft.

36 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.19.

37 Also in den Grenzgebieten.

38 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.102.

39 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.19.

40 DÖBERT, Hans (2002), S.103.

41 Vgl. ebenda, S.104.

42 Obwohl Englisch schon in der Grundschule unterrichtet wurde, wird in der Sekundarstufe I noch einmal neu damit begonnen.

43 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.110f.

44 Vgl. ebenda, S.105.

45 Für nähere Informationen siehe Kapitel 2.2, S.12f.

46 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.17.

47 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.105.

48 Vgl. ebenda.

49 Hier könnten auch die Gesamtschultypen, an denen die Schüler auch die Oberstufe und somit das Abitur absolvieren können, genannt werden. Bei diesen Gesamtschulen sind Sekundarstufe I und II ebenfalls unter einem Dach.

50 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.105.

51 In einigen Bundesländern auch zwei oder zweieinhalb. Siehe oben.

52 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.21.

53 Hierzu gehören u.a. Bayern und Baden-Württemberg.

54 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.18.

55 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.100f.

56 Vgl. ebenda, S.106.

57 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.20.

58 Siehe Kapitel 2.2, S.12.

59 Vgl. DÖBERT, Hans (2002), S.107.

60 Vgl. ebenda, S.108.

61 Vgl. ebenda, S.107.

62 Vgl. GAUGGEL, Hansi (1997), S.22.

63 Vgl. Internet 9.

64 Vgl. KANSANEN, Pertti (2002), S.142.

65 Ebenda.

66 Allerdings war das Niveau, unter dem die Schüler in den einzelnen Gemeinden unterrichtet wurden, sehr unterschiedlich.

67 Diese bestand aus der unteren und der höheren Volksschule. Erstere war für sechs- bis zehnjährige Kinder gedacht, letztere für Zehn- bis Sechzehnjährige.

68 Vgl. Internet 9.

69 Vgl. SCHMOLL, Heike (2002), S.5.

70 Nämlich zweieinhalb Prozent.

71 Internet 9.

72 Genau wie heute bildeten auch damals die Fremdsprachen einen großen Teil des Stundenplans.

73 Vgl. Internet 9.

74 Ebenda.

75 Vgl. PULKKINEN, Lea und PIRTTIMAA, Raija (2005), S.81f.

76 OJANEN, Juha (2002), S.11.

77 In Finnland gibt es keine Schulpflicht, so wie dies in Deutschland der Fall ist, sondern eine Lern- pflicht. Dies bedeutet, dass die finnischen Schüler nicht unbedingt die Schule besuchen müssen, son- dern dass sie sich die Fähigkeiten, die laut Lehrplan erforderlich sind, auch anders aneignen können.

78 OJANEN, Juha (2002), S.4.

79 Für weitere Informationen hierzu siehe Kapitel 3.3.4.

80 Vgl. OJANEN, Juha (2002), S.5.

81 Vgl. SUSENBURGER, Paul und STREB, Barbara (1997), S.103.

82 Wie dies funktioniert und was der Begriff „Demonstrationsprüfung“ bedeutet, wird in Kapitel 3.3.4 beschrieben

83 Vgl. OJANEN, Juha (2002), S.4ff.

84 Im Folgenden wird sich jedoch zeigen, dass der finnische Vorschulunterricht nicht mit der deutschen Vorschule, welche für die Förderung lernschwacher Schüler vor deren Schulbeginn verantwortlich ist, zu vergleichen ist.

85 OJANEN, Juha (2002), S.3.

86 Vgl. ebenda.

87 Auch wenn der Sohn oder die Tochter die Vorschule noch nicht besucht, steht für diese jüngeren Kinder ein Tagespflegeplatz zur Verfügung.

26

88 SUSENBURGER, Paul und STREB, Barbara (1997), S.99.

89 Vgl. KANSANEN, Pertti (2002), S.146.

90 Dies entspricht dem finnischen Motto „Auf den Anfang kommt es an!“, welches Reinhard Kahl auch in dem erwähnten Film besonders betont. Außerdem ist auch schon ein Video mit dem Titel „Auf den Anfang kommt es an“ von Kahl erschienen. Dieses Motto wird in Kapitel 5.4 noch einmal ausführlich erläutert werden.

91 Vgl. KAHL, Reinhard (2002).

92 Vgl. SUSENBURGER, Paul und STREB, Barbara (1997), S.99.

93 Wörtlich übersetzt heißt dies „Grundschule“, aber im deutschen Sprachgebrauch wird die peruskoulu meist „Gesamtschule“ genannt. In dieser Arbeit werden beide Ausdrücke verwendet.

94 Nach diesen neun Jahren wäre also die Lernpflicht abgedeckt. Vgl. Fußnote 77, S.25.

95 Vgl. OJANEN, Juha (2002), S.3f.

96 Vgl. SUSENBURGER, Paul und STREB, Barbara (1997), S.99.

97 Neben der schon genannten Quelle OJANEN, Juha (2002), S.3 wurden hier noch folgende Literaturangaben verwendet: PIRI, Riitta und DOMISCH, Rainer (2002), S.43f; VON FREYMANN, Thelma (2002), S.29ff; Derselbe (2002a), S.1.

98 Dies bedeutet, dass die Unterrichtsform, die bei uns in Deutschland mittlerweile geradezu verpönt ist, in Finnland zu einem gelungenen Bildungssystem dazugehört.

99 Vgl. VON FREYMANN, Thelma (2002), S.30f. Die Anzahl der Schultage gleicht meines Erachtens ungefähr dem deutschen Wert.

100 Wie sich in Kapitel 5.5 noch zeigen wird, wurde diese Dreiviertelschule im Jahr 2004 auch in Finnland von einer Art GTS abgelöst.

101 Vgl. COELEN, Thomas (2005), S.204f.

102 Vgl. Kapitel 6.2.

103 Dieser ist für die gesamte Entwicklung eines jeden Schülers verantwortlich. Er unterliegt zwar der Schweigepflicht, dennoch finden regelmäßig Gespräche zwischen dem Psychologen, den Eltern und dem restlichen Personal statt. (Siehe SUSENBURGER, Paul und STREB, Barbara (1997), S.100).

104 Hierbei handelt es sich meist um einen Sozialarbeiter, der sich um die Lösung sozialer Probleme kümmert, die Einfluss auf den Schulbesuch haben. Dies können Probleme sein, welche die Kinder beispielsweise zu Hause oder mit Freunden haben. So sorgt der Kurator für die soziale Entwicklung der Schulgemeinschaft. (Siehe SUSENBURGER, Paul und STREB, Barbara (1997), S.100).

105 Teamteaching von mindestens zwei Lehrkräften gilt in finnischen Gesamtschulen als Normalität.

106 Vgl. VON FREYMANN, Thelma (2002), S.30f.

107 KAHL, Reinhard (2002).

108 Vgl. VON FREYMANN, Thelma (2002), S.31.

109 Derselbe (2002a), S.1.

110 Finnisch oder Schwedisch.

111 Finnland hat zwei Landessprachen: Finnisch und Schwedisch. Ist die Muttersprache des Kindes Finnisch, wird als zweite Landessprache Schwedisch unterrichtet und umgekehrt.

112 Vgl. OJANEN, Juha (2002), S.4.

Ende der Leseprobe aus 124 Seiten

Details

Titel
Das deutsche und finnische Schulsystem im Vergleich
Untertitel
Unter besonderer Berücksichtigung des Ganztagsschulgedankens in Rheinland-Pfalz
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
124
Katalognummer
V79093
ISBN (eBook)
9783638798761
ISBN (Buch)
9783638799270
Dateigröße
3209 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
57 Angaben im Literaturverzeichnis, davon 17 Internetquellen
Schlagworte
Vergleich, Schulsystems, Berücksichtigung, Ganztagsschulgedankens, Beispiel, Rheinland-Pfalz
Arbeit zitieren
Cynthia Cullmann (Autor:in), 2007, Das deutsche und finnische Schulsystem im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79093

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