Bibliographie 17
Die Mutterstädte der meisten Kolonien , die während der "Großen Kolonisation" von 750-550 v.Chr. gegründet wurden, sind der Forschung bekannt. Dieses Wissen ist größtenteils nicht auf archäologische Funde zurückzuführen, sondern auf die Tatsache, dass Herodot , Thukydides und andere griechische Schriftsteller der Antike in ihren Werken bei Nennung einer Kolonie häufig die dazugehörige Mutterstadt und eventuell weitere Ableger der Kolonie selbst aufzählen. Für die Leser der damaligen Zeit transportierten solche Hintergrund-Informationen eine Vielzahl von Botschaften über Bündniskonstellationen, Machtpositionen und Heeresstärke.
Diese versteckten Informationen können wir heute nicht mehr nachvollziehen, aber die Nennung von Metropolis und Apoikie als einer Einheit bei antiken Schriftstellern hilft der Forschung, Verbindungen herzustellen, Ansatzpunkte für gezielte Grabungen zu finden und genaue historische Aussagen treffen zu können.
Metropolis und Apoikie werden von antiken griechischen Schriftstellern in einer Einheit genannt. Diese immer wieder betonte Verknüpfung von Kolonie und Mutterstadt legt nahe, dass zwischen der kolonisierenden Stadt und der Kolonie Verbindungen auch über den Vorgang der Koloniegründung hinaus bestanden haben, und zwar in Form eines Mutter-Kind-Verhältnisses. Welcherart diese Beziehungen waren, soll im Folgenden geklärt werden.
Um die Beziehungen untersuchen zu können, ist es zunächst nötig, sich über den Zweck und die Beweggründe einer Koloniegründung bewusst zu werden.
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Inhaltsverzeichnis
I) Gründe für das Entsenden eines Kolonistenzuges
II) Die Entfernung zwischen Metropolis und Apoikie als entscheidender Faktor für das Verhältnis der beiden Städte
III) Das Beziehungen zwischen Metropolis und Apoikie
Fazit
Bibliographie
Die Mutterstädte der meisten Kolonien[1], die während der „Großen Kolonisation“[2] von 750-550 v.Chr. gegründet wurden, sind der Forschung bekannt. Dieses Wissen ist größtenteils nicht auf archäologische Funde[3] zurückzuführen, sondern auf die Tatsache, dass Herodot[4], Thukydides[5] und andere griechische Schriftsteller der Antike in ihren Werken bei Nennung einer Kolonie häufig die dazugehörige Mutterstadt und eventuell weitere Ableger der Kolonie selbst aufzählen. Für die Leser der damaligen Zeit transportierten solche Hintergrund-Informationen eine Vielzahl von Botschaften über Bündniskonstellationen, Machtpositionen und Heeresstärke.[6]
Diese versteckten Informationen können wir heute nicht mehr nachvollziehen, aber die Nennung von Metropolis und Apoikie als einer Einheit bei antiken Schriftstellern hilft der Forschung, Verbindungen herzustellen, Ansatzpunkte für gezielte Grabungen zu finden und genaue historische Aussagen treffen zu können.
Metropolis und Apoikie werden von antiken griechischen Schriftstellern in einer Einheit genannt. Diese immer wieder betonte Verknüpfung von Kolonie und Mutterstadt legt nahe, dass zwischen der kolonisierenden Stadt und der Kolonie Verbindungen auch über den Vorgang der Koloniegründung hinaus bestanden haben, und zwar in Form eines Mutter-Kind-Verhältnisses. Welcherart diese Beziehungen waren, soll im Folgenden geklärt werden.
Um die Beziehungen untersuchen zu können, ist es zunächst nötig, sich über den Zweck und die Beweggründe einer Koloniegründung bewusst zu werden.
I) Gründe für das Entsenden eines Kolonistenzuges
1) Politische/Soziale Konflikte
Unzufriedenheit mit den politischen und sozialen Verhältnissen oder innere Konflikte führten zur in der Regel von der Mutterstadt (Metropolis) organisierten Auswanderung eines Teils der Bevölkerung der Polis und zur Neugründung einer Kolonie-Stadt (Apoikie) vorzugsweise küstennah im Mittelmeerraum. Etwaiger Störenfriede oder Konkurrenten für den Herrscher/die herrschende Schicht konnte man sich mit dem Entsenden in eine Kolonie elegant entledigen (mit der Verbannung blieben jedoch familiäre Verbindungen zu der Metropole bestehen, so dass kein Anlass zur Blutrache gegeben war).
2) Überbevölkerung
Im 9. bis 7. Jahrhundert führten friedliche Verhältnisse und die Abkehr von der Tötung besiegter Gegner zugunsten ihrer Versklavung zu einer starken Bevölkerungszunahme in Griechenland. Die Großgrundbesitzer konnten mit Hilfe der Sklavenwirtschaft eine Überproduktion erzielen, so dass sie im Handel mehr Erzeugnisse veräußern und ihren Besitz weiter mehren konnten. Der Druck auf die Kleinbauern wuchs, die in Konkurrenz zu den Großgrundbesitzern nicht bestehen konnten.
Durch den starken Bevölkerungsanstieg entstand Nahrungsmittelknappheit (u.a. langjährige Missernten), der Aufschwung von Handel und Industrie, Landknappheit und andere Bedingungen führten zu Konflikten. Durch den geografisch bedingten Landmangel und den stark gestiegenen Reichtum der Adligen entstanden Spannungen.
In den Kolonien fanden die Kleinbauern eine neue Existenz, so dass durch die Gründung einer Apoikie zum Einen das Problem der Landknappheit in der Heimat zumindest temporär entschärft und zum Anderen der Überbevölkerung entgegen gewirkt werden konnte. In vielen Fällen, in denen der Kolonistenzug nicht auf private Initiative zurückging, sondern von der Gesamtgemeinde als solcher in Angriff genommen wurde, musste die Auswanderung geradezu erzwungen und mussten die Teilnehmer an dem Unternehmen bestimmt werden. Versuche von Teilnehmern des Kolonistenzuges, in die alte Heimat zurückzukehren, wurden oft hart bestraft.
3) Die Oberschicht als „Motor“ der Kolonisationsbewegung
Die Adligen in Griechenland konkurrierten um Landbesitz. Dieser Konflikt führt viele von ihnen übers Meer, um neues Land zu erschließen aus Gründen der Sicherung der gewohnten adligen Existenz. Für die Oberschicht hatte die Kolonisationsbewegung Vorteile. So konnten die jungen Adligen bei den Seefahrten ihre Klugheit, Mut und Entschlossenheit beweisen. Die Führung eines Kolonisationszuges bedeutete Ruhm und Ehre über den Tod hinaus (z.B. als Führer eines Kolonistenzuges: Oikistes[7] ) Darüber hinaus konkurrierte der Adel mit dem jeweiligen König/Herrscher um Macht und Einfluss. Das Aussenden und Durchführen eines Kolonistenzuges wurde meist vorangetrieben von reichen Adligen, die auf diese Weise dem König/Herrscher ein wichtiges Stück seiner Prärogative entrissen und auch in Adelskreisen höhere Machtpositionen besetzen konnten (manchmal entsandten auch mehrere Städte zusammen einen Kolonistenzug). Allerdings hatten die griechischen Stämme kein imperiales Machtstreben bei der Kolonisation im Sinn.
4) Handelspolitische Ambitionen
Auf der materiellen Seite machte sich die Unternehmen ebenfalls bezahlt, bedeutete doch die Gründung einer Kolonie die Eröffnung neuer Absatzmärkte und den Erwerb von Rohstoffen und neuer Sklaven. Die Aristokraten waren aufgrund ihres Reichtums auch diejenigen, die die geeigneten Schiffe und anderen Mittel für die Reise in das Schwarze Meer besaßen.
Allerdings trieb die Kolonie nicht immer nur Handel mit der Metropolis. Bisweilen bestanden keinerlei handelspolitische Beziehungen zwischen Metropolis und Apoikie. Große Handelszentren dieser Zeit befanden sich z.B. auf den Mittelmeerinseln als natürlichen Brückenköpfen (Zypern, Kreta, Sizilien,...) an der Küste des Libanon, am Nildelta und an wenigen Orten der nordafrikanischen Küste (Kyrene, Naukratis), an der französischen Riviera (z.B. Massilia), in Italien (Tarent), im Schwarzen Meer und natürlich an mehreren Orten des griechischen Festlandes.[8]
II) Die Entfernung zwischen Metropolis und Apoikie als entscheidender Faktor für das Verhältnis der beiden Städte
Um 600 v. Chr. entstand die ionische Kolonie Massilia (Marseille) an der südfranzösischen Küste. Als Mutterstadt der Siedler gilt die griechische Stadt Phokaia. Für damalige Verhältnisse befand sich diese Apoikie in sehr großer Entfernung zur Mutterstadt. Zwangsläufig wurde so der Kontakt zwischen den beiden Städten erschwert (zwischen Phokaia und Massilia erschöpfte sich der Kontakt auch bald, vor allem da die griechische Stadt Phokaia von den Persern erobert wurde).
Es stellt sich die Frage, warum eine Kolonie so weit entfernt gegründet wurde, wenn selbst große griechische Städte wie Athen trotz ihres Machtpotentials nur in der näheren Umgebung kolonisierten (wodurch Athen allerdings ihre Apoikien stärker kontrollieren konnte, vor allem nachdem die Stadt durch den Sieg in den Perserkriegen zur militärisch einflussreichsten Macht avanciert war und auf gewisse Art als politische Führung Griechenlands auftrat):
1) Handelspolitische Ambitionen müssen ein Grund für das Entstehen von weit entfernten Apoikien gewesen sein, da in der Fremde neue und begehrte Ware erschlossen wurde und nach Griechenland importiert werden konnte (so wurden z.B. über Massilia Metalle aus dem nördlichen Frankreich und eventuell sogar aus England gehandelt)
Darüber hinaus lief die antike Koloniegründung nicht nach festen Plänen ab, sondern erfolgte häufig gemäß Orakelsprüchen und wurde bestimmt von Kriterien wie örtlicher Begebenheit, Fruchtbarkeit des Landes, Anzahl der Feinde, Existenz eines natürlichen Hafens und günstige Meeresverhältnisse, Handelsmöglichkeiten, Wetter, Sklaven, Viehwirtschaft,...
2) Folglich war die große Entfernung zwischen Metropolis und Apoikie meist ein Produkt des Zufalls. Allerdings kannten die griechischen Stämme viele Küstengebiete schon. Bevor um 750 v.Chr. die expansive Kolonisationstätigkeit einsetzte, hatten griechische Händler und Seeräuber das Mittelmeer erkundet und erschlossen. Häufig legten diese Seefahrer ihre Erfahrungen und Erkenntnisse in einem „periplus“[9] dar. Vermutlich lieferten diese Erzählungen damals für die Aussendenden eines Kolonistenzuges wichtige Informationen, auf welche Gegend man sich bei der Suche nach dem geeigneten Platz für die Gründung einer Apoikie konzentrieren könnte.
Insofern stimmt die heutige Forschung überein, dass der großen griechischen Kolonisation ein gewisses steuerndes Element zugrunde liegt.
[...]
[1] Kolonie: der Begriff „Kolonie“ ist in diesem Zusammenhang historisch ungenau. Wird im Folgenden das Wort „Kolonie“ verwendet, ist es im Sinne von „Apoikie“ zu verstehen
[2] Große Kolonisation: Fachbegriff der Historie. Bezeichnet die Zeit von 750-550 v.Chr. im griechischen Kulturraum. In diese Zeit fällt die Hochphase der griechischen Kolonisationstätigkeit im Mittelmeergebiet
[3] Die historische Forschung stützt sich bei der wissenschaftlichen Untersuchung der „Großen Kolonisation“ vor allem auf Quellen des Überrests (Archäologische Funde), und auf die wenigen Quellen der Tradition (Thukydides, Herodot,...), die aus unterschiedlichen Gründen kritisch betrachtet werden müssen (zeitlicher Abstand vom aufgezeichneten Geschehen, Sympathielage/Interessenlage des Autors, Ziel/Intention des Autors). Die Siedlungstätigkeit der Griechen im Mittelmeerraum ist aber kein einheitlicher, immer gleich strukturierter Prozess. Jede Koloniegründung muss eigenständig betrachtet werden. Es finden sich folglich viele verschiedene archäologische Überreste der gr. Siedlungstätigkeit im Mittelmeerraum, die sich kaum auf einen Nenner bringen lassen, sondern vielmehr die Unterschiede der einzelnen Koloniegründungen belegen. Aus diesem Grund werden Quellen im Sinne des Überrests in dieser Arbeit kaum als Beleg für historische Zusammenhänge herangezogen, da es den Rahmen der Arbeit sprengen würde, die vielen unterschiedlichen Funde in ihrer Bedeutung gebührend zu untersuchen, ohne zu verallgemeinern.
[4] z.B. Herodot: Historien 3,19.2 und 1,174,2
[5] z.B. Thukydides: Der Große Krieg 1,26,2 und 4,88,2
[6] sinngemäß nach: Miller, Theresa: Die griechische Kolonisation im Spiegel literarischer Zeugnisse (Classica Monacensia), Band 14, Tübingen 1997, S. 280
[7] Oikistes -> Ktistes (Gründer): neben Ktistes die Bezeichnung für den wirklichen oder mythischen Gründer einer Stadt, einer Kolonie oder dgl... (Roloff, K.-H.: Ktistes, in: Lexikon der Alten Welt (Hrsg: Andresen u.a.), Band II, Augsburg 1994, Sp. 1633-1634)
[8] Die Informationen zu dem Kapitel „Gründe für das Entsenden eines Kolonistenzuges“ sind im Wesentlichen folgenden Werken entnommen:
- Bengtson, Hermann: Griechische Geschichte – Von den Anfängen bis in die Römische Kaiserzeit, München 1986, S.65-78
- Schäfer, Hans: Eigenart und Wesenszüge der griechischen Kolonisation, in: Probleme der Alten Geschichte, Gesammelte Abhandlungen und Vorträge, Göttingen 1963, S. 374-379
- Kinder, H.; W. Hilgemann: dtv-Atlas zur Weltgeschichte, Karten und chronologischer Abriss, Band 1, München 1990, S.51
[9] Periplus: (wörtlich: Umschiffung), üblicher Buchtitel der Küstenbeschreibungen, die am Anfang der griech. Geografie standen. (...) Von da aus entwickelt sich der P. (...) zum praktischen Schifferbuch mit bes. Rücksicht auf Entfernungs- und Richtungsangaben. Die für einzelne Meere von den Reisenden selbst verfertigten Beschreibungen (...) wurden von den Geographen eifrig verwertet... (Lasserre, F.: Periplus, in: Lexikon der Alten Welt, Band II, Sp. 2259)
- Arbeit zitieren
- Benjamin Körner (Autor:in), 2002, Metropolis und Apoikie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7891
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