Im Blickfeld der Erziehungswissenschaft wird Problemorientiertes Lernen als eine eigenständige didaktische Disziplin angesehen, die vor allem im Schulwesen als alternative Lernmethode verwendet wird und der gezielten, Erfahrungswert-orientierten Erarbeitung von Wissensinhalten dient. Seit einiger Zeit spielt sie auch in der Erwachsenenbildung eine große Rolle. Die eigenständige Erarbeitung von Informationen mit anschließender gemeinsamer Auseinandersetzung zu verschiedenen Themen und Streitpunkten soll zu einem dauerhafteren Einprägen der Inhalte führen und die Teilnehmer dazu befähigen, diese Art von Wissensakquisition als eine Form des Lebenslangen Lernens selbständig fortsetzen zu können.
Problemorientiertes Lernen ist meiner Ansicht nach jedoch viel mehr als nur das. In meinem ergänzenden Studium der „Interkulturellen Wirtschaftskommunikation“ liegt der Fokus besonders auf dem Lösen von betrieblichen und personellen Schwierigkeiten, die auf kulturellen Missverständnissen und fehlender Kommunikation beruhen. Dabei konnte ich viele prägnante Parallelen zu der in der Erwachsenenbildung geforderten Stärkung von Lebenslangem Lernen, insbesondere dem Problemorientierten Lernen finden.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung
2. Die Stellung des Problemorientierten Lernens im Kontext der Erwachsenenbildung und des Lebenslanges Lernens
2.1. Lebenslanges Lernen - wozu überhaupt?
2.2. Prinzipien und Arbeitsformen der Erwachsenenbildung
3. Diskussionen, Ideen und Vorschläge zur Umsetzung von Problemorientiertem Lernen im primären und sekundären Bildungsbereich
3.1. Problemorientiertes Lernen im Physikunterricht
3.2. Problemorientiertes Lernen im Geschichtsunterricht
3.3. Problemorientiertes Lernen im Religionsunterricht
4. Problemorientiertes Lernen im Medizinstudium
5. Die Fallstudie „Jena Powders Thailand“
5.1. Die problematische Lage der „Jena Powders Thai“
5.2. Was ist ein Consultant?
5.3. Der Prozess der Problemlösung
5.3.1. Problemsammlung, -definition und -auswahl
5.3.2. Problemeinfluss- Faktoren
5.3.3. Lösungsalternativen und Grobplanung
5.3.4. Gemeinsame Zusammenführung
5.4. Fazit
6. Literaturverzeichnis
Anlage
„Die Veränderung der Unternehmenskultur ist eine besonders schwierige Gratwanderung. Sie soll ja gerade die grundlegenden und damit besonders dauerhaften Werte und Ziele repräsentieren und nicht kurzfristigen Modetrends folgen, sondern der Kompass sein, mit dessen Hilfe das Unternehmen in unruhigen Gewässern sicher navigiert. Umgekehrt darf die Unternehmenskultur aber auch nicht zum fortschrittshemmenden Korsett und Dogma werden.
Ideal ist eine „Lernkultur“, bei der wenige herausragende Grundinhalte über die Zeit möglichst konstant bleiben, die aber andererseits so offen ist, dass in den Details ständig hinzugelernt und angepasst wird.“1
1. Einleitung
Im Blickfeld der Erziehungswissenschaft wird Problemorientiertes Lernen als eine eigenständige didaktische Disziplin angesehen, die vor allem im Schulwesen als alternative Lernmethode verwendet wird und der gezielten, Erfahrungswert-orientierten Erarbeitung von Wissensinhalten dient. Seit einiger Zeit spielt sie auch in der Erwachsenenbildung eine große Rolle. Diese Methode wird bisher meist in einer Kombination von Kleingruppenarbeit unter der Anleitung eines Dozenten und Phasen des Selbststudiums umgesetzt. Die eigenständige Erarbeitung von Informationen mit anschließender gemeinsamer Auseinandersetzung zu verschiedenen Themen und Streitpunkten soll zu einem dauerhafteren Einprägen der Inhalte führen und die Teilnehmer dazu befähigen, diese Art von Wissensakquisition als eine Form des Lebenslangen Lernens selbständig fortsetzen zu können.
Problemorientiertes Lernen ist meiner Ansicht nach jedoch viel mehr als nur das. In meinem Studium der „Interkulturellen Wirtschaftskommunikation“ liegt der Fokus besonders auf dem Lösen von betrieblichen und personellen Schwierigkeiten, die auf kulturellen Missverständnissen und fehlender Kommunikation beruhen. Dabei konnte ich viele prägnante Parallelen zu der in der Erwachsenenbildung geforderten Stärkung von Lebenslangem Lernen, insbesondere dem Problemorientierten Lernen finden. Im Studium der IWK wird dabei, entsprechend den Vorstellungen der Erziehungswissenschaft, diese Methode in Form eines festen, in Gruppen eingeteilten Unterrichts vermittelt. Darüber hinaus wurde jedoch sehr deutlich, wie sehr sich Problemorientiertes Handeln im Verlauf des betrieblichen Alltags individuell entwickelt, je nach vorhandenen Erfahrungswerten und der Wahrnehmung zu dem Konflikt. Probleme werden meist als solche empfunden, wenn der Betroffene aufgrund fehlender Kenntnisse einer fremden, für ihn nicht interpretierbaren Situation gegenübersteht. Bei einer berufstätigen Person handelt es sich um einen erwachsenen Lerner, welcher bereits seine ganz persönlichen Erkenntnisse je nach Biographie gesammelt hat und diese auch nutzt, da sie bei Herausforderungen bisher zum erwünschten Ziel verholfen haben. Somit ist es für ihn, in Abhängigkeit vom Fortschritt seines Lebensweges, fortgehend schwieriger, zur Lösung eines Problems einfach umzudenken und sich der neuen Situation anzupassen.
Da sich die Erwachsenenbildung sehr für eine bessere Anpassung der Lernmethoden an die heutigen Anforderungen des alltäglichen und beruflichen Lebens einsetzt, sollte nicht nur die erziehungswissenschaftliche, schulbildnerische Sicht eine tragende Rolle spielen und an deren Diskussionen angeknüpft werden. Wie bei vielen anderen didaktischen Methoden sollte auch beim Problemorientierten Lernen beachtet werden, dass es sich dabei um eine Zielgruppe handelt, die durch Vorerfahrungen und bereits gesammeltes Wissen geprägt ist. Faktoren wie Motivation, Selbstbestimmung, Eigeninitiative etc. finden somit in völlig anderen Dimensionen statt als in der Schulbildung. Aufmerksame Beobachter des wirtschaftlichen Lebens ohne jegliche pädagogische Ausbildung haben hierbei bereits eine Marktlücke erkannt und Institutionen gegründet, die durch Erfahrungswerte Firmen in Krisensituationen beratend zur Seite stehen. Daher sollte in der Erwachsenenbildung auch der Beobachtung und Interpretation von bereits geschehenden Vorgängen eine größere Bedeutung zukommen, um damit die längst entwickelten Systeme auszubauen. Um letztendlich das Bemühen um ein Zusammenspiel von Methoden und deren erfolgreiche Umsetzung zu stärken, soll meine Ausarbeitung der Zusammenführung theoretischer erziehungswissenschaftlicher Auffassung und praktischen Erfahrungen des Wirtschaftlebens dienen. Da der erwachsene Lerner im Laufe seiner Biographie immer persönlichere Vorstellungen und Ansprüche entwickelt und sich dabei ständig mit anderen Individuen auseinandersetzen muss, möchte ich schließlich aufzeigen, dass die Entwicklung von Lernkonzepten und ihren didaktischen Elementen besonders bei der Ausbildung von problemlösenden Kompetenzen nicht nur aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnislage her definierbar ist, sondern gleichermaßen situationsbezogen vom „learning by doing“ und den daraus entstehenden neuen Erfahrungswerten abhängt.
2. Die Stellung des Problemorientierten Lernens im Kontext der Erwachsenenbildung und des Lebenslanges Lernens
2.1. Lebenslanges Lernen - wozu überhaupt?
Lernen über den ganzen Lebenslauf ist wichtig, um sich die Kenntnisse und Kompetenzen anzueignen, die es den Menschen ermöglichen, sich in ihrer Lebens-, Arbeits- und Medienumwelt besser zu orientieren, selbständiger zu behaupten und verantwortungsbewusster zu positionieren. Im Fortschritt der Zeit hat dieser Aspekt mehr und mehr an Priorität gewonnen, da sich die Lernanforderungen zunehmend beschleunigen. Ständige Umstrukturierungen in Unternehmen, immer schneller werdende Veränderungen der Arbeitsrhythmen und -orte sowie fortschreitende Globalisierung, Digitalisierung und ein weltweit verschärfter Wettbewerb fordern ständig wieder zum Lernen, Umlernen und Weiterlernen auf.
Die Umwelt und die daraus resultierenden Lernanforderungen in der heutigen Zeit verändern sich qualitativ und quantitativ mit zunehmender Beschleunigung, so dass grundlegendes, gesammeltes fachsystematisches Wissen nicht mehr ausreicht, um sich dauerhaft ohne persönliche Weiterentwicklungen zurecht zu finden. Formalisiertes Lernen hat zu einer „entfremdenden“ Wissensaufnahme geführt, das die eigene Neugier des Lernenden überlagern und unterdrücken kann. Darüber hinaus reicht das vielfach veraltete, unflexibel gestaltete formale Lernen nicht mehr aus, den laufenden Veränderungen des Arbeitsmarktes und der zunehmenden Flexibilisierung von Arbeitsrhythmen und -orten standzuhalten. „Manche vertraute Ordnung, Sicherheit, Gewohnheit zerbricht in einem unsteten Wechsel der Verhältnisse. Personale, soziale und Arbeitsverankerungen sind bedroht durch die geforderte, ständige Offenheit und Flexibilität. Viele Menschen sehen kein verlässliches `Zuhause` und keine klare stetige Ordnung mehr, in der sie eindeutig wissen, was sie zu tun und zu lernen und was sie zu erwarten haben“2. Im Bereich der Erwachsenenbildung sollen Menschen, die bereits mit beiden Beinen fest im Berufsleben stehen, befähigt werden, eigene Lernformen zu entwickeln, die es ihnen ermöglichen, den sich stetig verändernden Gegebenheiten standzuhalten. Gerade in den neuen Bundesländern besteht eine große Kluft zwischen der jüngeren Generation, welche mit der Anforderung an Flexibilität aufgewachsen ist und vielen älteren, die ihre Zukunft mit der Aussicht auf einen ganz bestimmten festen Lebensweg jung festgelegt haben. Sie sind stärker als früher darauf angewiesen, sich immer wieder durch Lernen um Klarheit, Verständnis, Orientierung und eine vernünftige Urteilsbildung zu bemühen. So entsteht der Bedarf einer „neuen“ Kompetenz - der Entwicklung eines Gespürs für Abläufe, Zusammenhänge und Störungen in der jeweils eigenen persönlichen Erfahrungsumwelt. Das erfordert die Bereitschaft zu einem lebenslangen, offenen, jeweils situations- und problembezogenen kreativen Lernen. Im heutigen schnelllebigen Wirtschaftsalltag, in dem sich Arbeitsabläufe ständig durch technologische Neuentwicklungen verändern und bestimmte erlernte Handgriffe mit einer Automatisierung konkurrieren, werden immer mehr einstmals angeeignete Fertigkeiten entweder zur allgemeinen Selbstverständlichkeit oder einfach überflüssig.
2.2. Prinzipien und Arbeitsformen der Erwachsenenbildung
Erwachsenenbildung hat sich mittlerweile zu einem eigenständigen Feld der Erziehungswissenschaft entwickelt und sich als quartärer Bildungsbereich etabliert3. Damit steht sie in erster Linie für die Wiederaufnahme des Lernens nach dem ersten, bereits abgeschlossenen Bildungsweg. Eine Abgrenzung, die eine Zielgruppe der Erwachsenenbildung definiert, ist jedoch kaum möglich. Die Unterscheidungen von Kriterien wie Alter, Bildungsstufe oder erlernter Beruf verändern sich stetig, sodass je nach persönlicher Biographie geeignete Lerngruppen gefunden und Institution, Erwachsenenbildner, Lernsituation sowie didaktische Mittel jeweils aufeinander abgestimmt werden müssen. Daher sollten wenigstens die verschiedenen Arbeitsformen der Erwachsenenbildung abgrenzbar und definierbar sein, um einen Überblick über die Möglichkeiten dieses Gebietes zu haben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
So gibt es zu verschiedenen Methoden der Wissensübermittlung in der Erwachsenenbildung bestimmte Theorien und Modelle, die in ihrer Kombination einen spezifischen Charakter haben. Jedes Konzept beinhaltet Schwerpunkte mit Vor- und Nachteilen, so dass sich der Teilnehmer je nach seinen Bedürfnissen und Vorstellungen für einen passenden Weg entscheiden kann. Die oben aufgestellte Einteilung gibt hierbei nur einen Auszug der Theorien, Methodik und Qualitätssicherung wieder. Die aufgezeigten Beispiele lassen sich nicht deutlich voneinander abgrenzen, da jede Methode in ihren Inhalten und Zielen bestimmte Schwerpunkte hat, die zum Teil auch in andere übergehen. Somit könnten auch bestimmte Methoden miteinander kombiniert oder nur teilweise genutzt werden, um letztendlich eine optimale Lernqualität zu schaffen. Ein generelles Erfolgsrezept zu erstellen, ist aufgrund der unterschiedlichsten Lebenswege und -welten der Teilnehmer jedoch nicht möglich.
Daher spielt gerade in der Erwachsenenbildung die Didaktik eine herausragende Rolle. Da der erwachsene Rezipient im Gegensatz zum heranwachsenden Schüler bereits eine bestimmte Lern- und Lebenserfahrung mit sich bringt, welche sich in seinen Interessen und seiner Alltagsorientierung widerspiegelt, ist es besonders wichtig, die Vermittlung der Sachinhalte an die Lern- und Motivationsstrukturen des Adressaten anzupassen. Der Teilnehmer ist ein aktiver, konstruktiver Lerner, der in der Lage ist, seinen Prozess der Weiterentwicklung selbst zu steuern und sich Wissen eigenständig anzueignen. Deshalb sollte der „Lehrer“ nicht mehr als Wissensvermittler gesehen werden, sondern eher als eine Person, die unterstützend und motivierend den Lernweg begleitet. Daher erachte ich es für äußerst sinnvoll, solche Maßnahmen parallel zum alltäglichen Umfeld des Lerners durchzuführen, anstatt ausschließlich räumlich und inhaltlich fest abgegrenzte, seminarähnliche Zusammenkünfte zu inszenieren. Durch den Bezug zu einer konkreten Situation und unmittelbare Umsetzung neuer Erkenntnisse kann sich das Erlernte besser festigen und eine sofortige Reaktion auf Fehler oder Missverständnisse ist möglich. So kann man die Vermittlung von relevanten Informationen Stück für Stück im passenden Moment durchführen und individuell verschiedenes Vorwissen direkt einbeziehen. Durch eine zu starke Trennung von theoretischer Vermittlung und praktischer Ausübung tendiert der erwachsene Lerner schnell zum Ausweichen auf bereits bekannte und gewohnte Handlungsmuster, wodurch die Einbeziehung der neuen Informationen als störend oder anstrengend angesehen werden könnte und somit eher zur Belastung wird. Zudem bekommt man in einer Sitzung sehr viele Informationen mit einem Mal mitgeteilt, die je nach Vorwissen als unterschiedlich relevant betrachtet werden und dann durch den fehlenden Bezug zum Teil einfach untergehen können. Meiner Meinung nach gleicht die Auseinandersetzung mit dem Problemorientierten Lernen im Bereich der Erwachsenenbildung das Problemorientierte Lernen sehr stark dem Fokus über die Anpassung der Lehrmethoden in der Schulbildung, wobei jedoch entscheidende Faktoren vernachlässigt werden.
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1 Simon, H.: Herausforderung Unternehmenskultur; Stuttgart 1990; Seite 9.
2 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Das Informelle Lernen. Die internationale Erschließung einer bisher vernachlässigten Grundform menschlichen Lernens für das lebenslange Lernen aller; Bonn 2001; Seite 15.
3 Als weitere Bildungsbereiche gelten: Grundschule (primär); Hauptschule, Mittelstufe, Gymnasium, Berufsschule und Lehre (sekundär) sowie Fachhochschule oder Universität (tertiär).
- Arbeit zitieren
- Anita Weißflog (Autor:in), 2005, Problemorientiertes Lernen als „neue Kompetenz“ - Die wachsende Bedeutsamkeit des situationsbedingten Lernens in einer Zeit stetigen Wandels , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78590
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