Die Entwicklung der Reichsexekutionsordnung lässt sich nicht allein auf der Basis des Augsburger Reichstags von 1555 betrachten. Da es jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde auf sämtliche Entwicklungslinien zur praktischen Handhabung des Landfriedens einzugehen, musste ein zeitlicher Schnittpunkt für den Beginn der Betrachtungen gewählt werden. Dieser bietet sich mit dem Reichstag zu Worms im Jahr 1495 geradezu an. So soll das folgende Kapitel die Entwicklungen zur Handhabung des Landfriedens in den historischen Kontext stellen unter Berücksichtigung der äußeren Umstände und Personen, die zu ihrer endgültigen Ausformung beitrugen. Dabei wird vor allem die Kreisentwicklung, insbesondere des Schwäbischen Kreises, zu beachten sein sowie die Person des Herzogs Christoph von Württemberg, der vielfach als Initiator der Exekutionsordnung und der Kreisverfassungen bezeichnet wird. Daher sollen hier die Schwäbischen Kreistage des Jahres 1554 vor dem Hintergrund der Landfriedensbrüche durch Markgraf Albrecht Alkibiades einer näheren Betrachtung unterzogen werden sowie die sich anschließenden Kreistage von Worms und Frankfurt, die die Verhandlungsbasis zur Regelung der Handhabung des Landfriedens für den Reichstag zu Augsburg schufen. Als Quellenbasis dient vor allem die von Viktor Ernst bearbeitete Briefsammlung des bereits erwähnten Herzogs Christoph von Württemberg, als auch die Quellenbeilagen des Aufsatzes von Ernst zur Entstehungsgeschichte der Reichsexekutionsordnung.
Erst nach diesen Betrachtungen zur Vorgeschichte der Ordnung wird sich die Arbeit dann mit den Augsburger Verhandlungen selbst und deren Ergebnis beschäftigen, wobei die Gespräche zum Religionsfrieden fast gänzlich außen vor gelassen werden müssen. Die verwendete Quellengrundlage hierfür wird sowohl durch das Reichstagsprotokoll des Kaiserlichen Kommissars Felix von Hornung, als auch durch die Sammlung der Reichsabschiede von Senckenberg aus dem Jahr 1747 gebildet, da eine neuere Edition zum Augsburger Reichstag im Rahmen des Projekts der Deutschen Reichstagsakten noch auf sich warten lässt. Darüber hinaus liefert die besagte Briefsammlung auch für diesen Abschnitt wichtige Hinweise. Auf die Betrachtung der tatsächlichen Umsetzung und Wirksamkeit der in Augsburg aufgerichteten Ordnung soll jedoch verzichtet werden.
Inhaltsverzeichnis
II. Einleitung
III. Die Entwicklung der Exekutionsordnung
III.I Der interzirkulare Kreistag von Worms im Juli 1554 und der allgemeine Kreistag zu Frankfurt im Oktober 1554
III.II Der Reichstag zu Augsburg 1555
III.II.I Die Verhandlungsgänge
III.II.II Die Bestimmungen der Reichsexekutionsordnung
IV. Schlusswort
V. Abkürzungsverzeichnis
VI. Literaturverzeichnis
VI.I Quellen
VI.II Sekundärliteratur
II. Einleitung
Das Thema dieser Hauptseminarsarbeit, die Reichsexekutionsordnung von 1555, stellt sich als überaus komplex dar und es geht ihr eine lange Entwicklungszeit voraus. Denn erst „nach mehreren Anläufen stellte die Reichskammergerichtsordnung von 1555 in Verbindung mit der Exekutionsordnung eine praktische Lösung des Justizproblems auf Reichsebene dar.“[1] Daher lässt sich die Entwicklung der Exekutionsordnung nicht allein auf der Basis des Augsburger Reichstags von 1555 betrachten. Da es jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde auf sämtliche Entwicklungslinien zur praktischen Handhabung des Landfriedens einzugehen, musste ein zeitlicher Schnittpunkt für den Beginn der Betrachtungen gewählt werden. Dieser bietet sich mit dem Reichstag zu Worms im Jahr 1495 geradezu an. So soll das folgende Kapitel die Entwicklungen zur Handhabung des Landfriedens in den historischen Kontext stellen unter Berücksichtigung der äußeren Umstände und Personen, die zu ihrer endgültigen Ausformung beitrugen. Dabei wird vor allem die Kreisentwicklung, insbesondere des Schwäbischen Kreises, zu beachten sein sowie die Person des Herzogs Christoph von Württemberg, der vielfach als Initiator der Exekutionsordnung und der Kreisverfassungen bezeichnet wird. Daher sollen hier die Schwäbischen Kreistage des Jahres 1554 vor dem Hintergrund der Landfriedensbrüche durch Markgraf Albrecht Alkibiades einer näheren Betrachtung unterzogen werden sowie die sich anschließenden Kreistage von Worms und Frankfurt, die die Verhandlungsbasis zur Regelung der Handhabung des Landfriedens für den Reichstag zu Augsburg schufen. Als Quellenbasis dient vor allem die von Viktor Ernst bearbeitete Briefsammlung des bereits erwähnten Herzogs Christoph von Württemberg, als auch die Quellenbeilagen des Aufsatzes von Ernst zur Entstehungsgeschichte der Reichsexekutionsordnung.
Erst nach diesen Betrachtungen zur Vorgeschichte der Ordnung wird sich die Arbeit dann mit den Augsburger Verhandlungen selbst und deren Ergebnis beschäftigen, wobei die Gespräche zum Religionsfrieden fast gänzlich außen vor gelassen werden müssen. Die verwendete Quellengrundlage hierfür wird sowohl durch das Reichstagsprotokoll des Kaiserlichen Kommissars Felix von Hornung, als auch durch die Sammlung der Reichsabschiede von Senckenberg aus dem Jahr 1747 gebildet, da eine neuere Edition zum Augsburger Reichstag im Rahmen des Projekts der Deutschen Reichstagsakten noch auf sich warten lässt. Darüber hinaus liefert die besagte Briefsammlung auch für diesen Abschnitt wichtige Hinweise. Auf die Betrachtung der tatsächlichen Umsetzung und Wirksamkeit der in Augsburg aufgerichteten Ordnung soll jedoch verzichtet werden.
III. Die Entwicklung der Exekutionsordnung
„Das späte Mittelalter und das 16. Jahrhundert waren die Jahrhunderte der frühen Staatsentstehung auch bei uns.“[2] So Peter Moraw in einem Beitrag zum Wormser Reichstag von 1495. Denn gerade jener Reichstag fällt in eine Zeit des Umbruches auf rechtlichem und verfassungspolitischem Sektor. Mit dem Reichtag zu Worms befinden wir uns in der Hauptphase der so genannten „Reichsreform“[3]. Auf einen Einstieg in die Diskussion um diesen Begriff soll hier verzichtet werden.[4] Schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatte es Bestrebungen und Entwürfe gegeben die Reichsstruktur zu verändern, diese blieben jedoch zumeist auf dem Papier und waren mit den Ergebnissen des Wormser Tags kaum vergleichbar. Laut Hermann Wiesflecker orientierten sich die Bestrebungen Maximilians I. für eine Reform an Vorgängermodellen, wie der Concordantia Catholica des Nikolaus von Kues (1433) oder der Reformatio Sigismundi (1439). Sein Ziel war die Schaffung einer gemäßigten Monarchie in Kooperation mit den Ständen, um dadurch die monarchische Regierungsgewalt zu sichern und das Reich wieder regierbar zu machen.[5] Die Durchsetzung dieses hochgesteckten Zieles erwies sich jedoch als schwierig. Die Partikularisierung im Reich war bereits weit vorangeschritten; von einem fest gefügten Reichsverband konnte keineswegs die Rede sein. Es handelte sich eher um die Ansammlung einzelner Territorien, die sich teilweise in Einungen oder Landfriedensbünden zusammengeschlossen hatten. Viele dieser Territorien waren für die königliche Regierungsmacht nur schwer erreichbar und trieben vor allem ihre Eigeninteressen voran. Das mittelalterliche Prinzip, Königsmacht sei dort, wo sich der königliche Hof befinde, herrschte ungebrochen vor. Hinzu kam ein extremer Mangel an innerer und äußerer Sicherheit. Zur Herstellung des Friedens im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation konnte Maximilian den Ruf der Stände nach Mitwirkung an der Reichsregierung und der Friedenssicherung also nicht mehr überhören. Vor allem die innere Friedenssicherung war eine der Voraussetzungen für eine Konsolidierung des Reiches gegen äußere Bedrohungen. Diese bestanden zur Zeit Maximilians I. vor allem in Reichsitalien und Burgund, die durch Übergriffe Frankreichs gefährdet waren sowie in der Expansion des osmanischen Reiches und der ungesicherten Position Maximilians in Ungarn. Es gab jedoch keine Institutionen zur Friedenssicherung im Reich, nicht einmal ein stehendes Reichsheer. Somit war der Herrscher auch bei der Verteidigung auf die Hilfe der Reichsstände angewiesen, die zu „Rat und Hilfe“ verpflichtet waren. Damit waren die Ziele Maximilians für seinen ersten Reichstag in Worms vorgegeben: Die von ihm geforderte Hilfe im Vorgehen gegen Frankreich in Italien und gegen die wachsende Türkengefahr war nur über eine Berücksichtigung der reichsständischen Forderungen nach stärkerer Regierungsbeteiligung im Bereich der Friedenssicherung und Gerichtsbarkeit zu erreichen. Die Ergebnisse des Reichstages wiesen daher den Charakter einer Kompromisslösung auf, gleichwohl es sich bei ihnen um die Basis der weiteren Entwicklungen handelte. Es kam zu einer Aufsprengung der monarchischen Zentralgewalt im Bereich Frieden und Recht. Als wichtigster Beschluss gilt bis heute der Ewige Landfriede[6], der das Fehderecht endgültig abschaffte und es durch ein rechtliches Verfahren, institutionalisiert im Reichskammergericht, ersetzte. Mit dem Kammergericht, dessen Zuständigkeit und Verfahrensweisen in der Reichskammergerichtsordnung[7] festgelegt wurden, löste sich die Jurisdiktion vom König und dessen Hof. Seine Neugründung bildet das beste Beispiel für die Einschränkung der kaiserlichen Gerichtsgewalt und Rechtsprechung, da es die erste von der Person des Kaisers gelöste Reichsbehörde darstellte. Die Finanzierung der Richter und Beisitzer sollte durch eine allgemeine Steuer, den Gemeinen Pfennig[8], gewährleistet werden. Zentrales „Verfassungsorgan“ wurde der Reichstag, anstelle des ständischen Entwurfs für ein Reichsregiment. Gerade in diesem Ergebnis zeigt sich der Kompromisscharakter der Wormser Beschlüsse. Während die Stände den Herrscher von der praktischen Ausübung der Reichsregierung möglichst fernzuhalten suchten, war Maximilian I. daran gelegen so viel wie möglich von der monarchischen Regierungsgewalt zu bewahren. Dieser Dualismus zwischen den Reichsständen und dem Kaiser sollte noch des Öfteren hervortreten. In der „Handhabung von Frieden und Recht“[9] wurde schließlich die Position des Reichstags, der von nun an jährlich tagen sollte, gesichert und die Exekution der Kammergerichtsurteile in seine Hand gelegt. Anhand dieser Regelungen sollte der Reichsfrieden auf Dauer gesichert werden.
Auch nach den oben bereits erwähnten Neuregelungen, die in Worms im Namen des Kaisers unter maßgeblicher Mitwirkung der Reichsstände verabschiedet worden waren, beruhigte sich die Situation innerhalb des Heiligen Römischen Reiches jedoch nicht. Theoretisch hatte der neue Landfriede zwar Bestand, die Umsetzung in die Praxis erwies sich aber als überaus problematisch. Das neue Konzept eines Friedens durch Recht und Gerechtigkeit brauchte Zeit.[10] Weder die Stände, noch der Kaiser schienen sich der neuen Ordnung gemäß verhalten zu wollen. Landfriedensbrüche und Fehden nahmen im Reich weiterhin zu. Da man in Worms auf die Schaffung eigenständiger Exekutivorgane zur Vollstreckung von Kammergerichtsurteilen, sowie auf die Aufstellung eines Reichsheeres verzichtet hatte, konnte den zahlreichen Landfriedensbrüchen in der Folgezeit kaum Einhalt geboten werden.
Eben dieses Fehlen einer Exekutivgewalt im Reich sollte sich in der Folgezeit als virulente Lücke in der Reichsverfassung erweisen, die eine Verteidigung des Landfriedens auf lange Sicht unmöglich machte. Es kam zu unterschiedlichen Versuchen sie durch Institutionen der verschiedensten Art auszufüllen. Nachdem die Etablierung eines reichsständischen Regiments bereits nach zwei Jahren 1502 gescheitert war und es auch nach seiner Neuerrichtung unter Karl V., auf dem Reichstag zu Worms im Jahr 1521, schon bald darauf wieder seine Handlungsunfähigkeit bewies, kam es zu einem letzten monarchisch geprägten Reformvorhaben, dem Bundesplan Karls V.
Zuvor sei jedoch noch auf die Entstehung der Reichskreise hingewiesen[11]. Eine Einteilung des Reiches in Kreise wurde bereits bei der Schaffung des ersten Reichsregiments im Jahr 1500 vorgenommen. Es wurden sechs Kreise geschaffen, sie dienten zunächst nur zur Festlegung von geographischen Einheiten einzelner Wahlkörper[12] und fungierten als Wahlbezirke für das Reichsregiment, seit 1507 auch für die Beisitzer des Kammergerichts. Die hiermit begonnene Schaffung einer administrativen Infrastruktur im Reich, die über die Territorialgrenzen einzelner Herrschaften hinausging, sollte sich als zukunftsweisend herausstellen. Der Reichstag zu Köln übertrug 1512 den Kreisen die Handhabung des internen Landfriedens. Hierfür erhielten sie Unterhauptleute und Zugeordnete, die von den Kreisständen bestellt werden sollten, nicht vom König oder Kaiser. Zu ihren Aufgaben zählte auch der Vollzug von Reichskammergerichtsurteilen gegen Friedensbrecher. Ihre Zahl wurde von sechs auf zehn Kreise erweitert. Viele der Beschlüsse von 1512 wurden jedoch gar nicht erst umgesetzt. Als das Kammergericht seine Arbeit einstellen musste, verloren die Reichskreise ihre Koppelung an die zentralen Reichsinstanzen und die neu geschaffene Exekutionsordnung von 1512 blieb ebenfalls wirkungslos. Eine Restitution der Kreisorganisation fand erst bei der Wiedereinrichtung des Reichsregiments 1521 statt, das 1522 eine neue Exekutionsordnung[13] erließ. Binnen zweier Monate sollte jeder Kreis einen Hauptmann und vier zugeordnete Räte wählen. Die Kreisexekution trat jetzt nur ein, wenn die Territorialherren einer Vollstreckung nicht gewachsen waren. Reichsregiment und Kammergericht konnten die Nachbarkreise zu Hilfsleistungen hinzuziehen oder den Reichshilfefall ausrufen[14]. Aber weiterhin „[…] fehlten praktikable Bestimmungen über vorbeugende Maßnahmen zur Friedenssicherung.“[15] Darüber hinaus verlor das Regiment in der Folgezeit mehr und mehr an Autorität; die Kreisexekution mit Hilfe des Reichstags war aufgrund von stark differierenden Partikularinteressen der Reichsstände ein langwieriger und komplizierter Prozess. Die Errichtung eines Bundesprinzips erschien Karl V. als Alternative zur Wiedergewinnung des Einflusses auf die Landfriedenssicherung, den das römisch-deutsche Kaisertum 1512 verloren hatte. Damit sollte eine Form der Friedenssicherung geschaffen werden, die eine „[…] überständische Finanz- und Militärorganisation[…]“[16] unter der Leitung des Kaisers vorsah, welche unabhängig vom Reichstag sein sollte. Die Verfassung des Schwäbischen Bundes von 1522[17] diente als Vorbild. Schon aufgrund des starken kaiserlichen Einflusses auf eine solche Bundesorganisation bevorzugte Karl V. den Bundesplan vor einem Ausbau der Kreisverfassung. Es erwies sich allerdings, dass seine Pläne für einen Reichsbund, wie auch die Vorschläge Ferdinands I. zur Gründung mehrerer Regionalbünde undurchführbar waren.[18] Die Regierung Karls V. hatte sich während des Fürstenkriegs von 1552 als militärisch und organisatorisch handlungsunfähig gezeigt. Daraus resultierte, wie Albrecht Luttenberger betont, ein „[…] Schwund an Vertrauen in die friedenspolitische Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft Karls[…]“ und ein weiterer „[…]Verlust an zentraler Führungsautorität[…]“.[19] Hinzu kamen die Befürchtungen der Stände, dass ein monarchisch geprägter Bund Karl zur Fortsetzung seiner ungeliebten spanischen Sukzessionspolitik dienen könnte und die bisher erreichte ständische Libertät Gefahr lief unterzugehen.
Dennoch wurde die Notwendigkeit zur Lösung des Landfriedensproblems, vor dem Hintergrund der Friedbrüche des Markgrafen Albrecht Alkibiades, zunehmend dringlicher. Dieser hatte den Regelungen des Passauer Vertrags[20] zur Beendigung des Fürstenaufstands nicht zugestimmt und setzte seine blutigen Raubzüge im Land fort. Im Dezember 1553 verhängte das Reichskammergericht daher die Acht gegen Albrecht und forderte den Schwäbischen Kreis, mit Unterstützung des Oberrheinischen, Kurrheinischen und Fränkischen Kreises, zur Achtexekution gegen den Friedensbrecher auf. Doch wie sollte nun verfahren werden? Die Führungsrolle in Exekutionsangelegenheiten hatte, laut der Exekutionsordnung von 1522[21], der Kaiser. Nach dem Ende des Reichsregiments behielt diese ihre Gültigkeit, womit die in ihr festgelegten Kompetenzen dem Kaiser zufielen.[22] Die Haltung Karls V. zu Albrecht war jedoch unklar. Bereits vor dem Achturteil, am 4. April 1553, war ein gemeinschaftlicher Brief der Kurfürsten von Mainz, Trier, Pfalz und Sachsen, sowie der Herzöge von Bayern, Jülich und Württemberg an den Kaiser geschickt worden, mit der Bitte Position zu beziehen.[23] Dieser hatte den Markgrafen, vor seiner viermonatigen Belagerung von Metz, in seine Dienste genommen und ihm Amnestie für seine Verbrechen gewährt. Nach der Rückkehr aus Frankreich setzte Albrecht seine Raubzüge fort und wurde erst im Juni 1553 in der Schlacht von Sievershausen geschlagen. Doch blieb auch nach der Urteilsverkündung eine explizite kaiserliche Distanzierung aus, so dass den mandierten Kreisen eine Bestätigung der Reichsunterstützung für die Exekution fehlte. Währenddessen versuchte König Ferdinand, den Heidelberger Bund[24] zur Exekution zu drängen und die Verantwortung auf ihn abzuwälzen.[25] Bei diesem Bund handelte es sich allerdings nur um einen regionalen, kreisunabhängigen Landfriedensbund, dessen Kompetenzen sich auf die „[…] Wahrnehmung des territorialen Sicherheitsinteresses der Beteiligten[…]“ beschränkte.[26] Die Meinungen der Verbündeten differierten in Bezug auf die Kompetenz des Bundes relativ stark. Die Exekution wurde nicht als Bundessache, sondern vor allem als Kreissache aufgefasst. Bevor jedoch der Kaiser nicht Position bezog, gäbe es auch für die mandierten Kreise keinen Anlass zur Achtexekution zu schreiten, so die Auffassung Christophs von Württemberg.[27] Die Risiken einer Achtexekution ohne Rückendeckung durch die Reichs-spitze schienen vor dem Hintergrund eines ausgeprägten territorialen Sicherheitsinteresses einfach zu groß[28]. „Daher wurde jetzt, als die Stände sich zur Vollstreckung der Acht gegen den Markgrafen Albrecht anschicken sollten, überall der Ruf laut, dass eine gemeinsame Ordnung zum gegenseitigen Schutz geschaffen werden müsse.“[29] Beschlüsse zu kreisübergreifenden Maßnahmen waren zu dieser Zeit jedoch so gut wie unmöglich zu erlassen, da das bisherige Modell die Entscheidungs- und Führungsgewalt des Kaisers erforderte, auf die zur Zeit kein Verlass war. Die allgemeine Stagnation der Exekutionsverhandlungen lockerte sich erst im Juni 1554 wieder als Karl V. den Kreisen die Exekution der Acht befahl.[30] Daraufhin beriefen die mandierten Kreise Kreistage für Juni und Juli 1554 ein. Es fassten aber nur der Bayerische und der Fränkische Kreis Kontributionsbeschlüsse zugunsten der Fränkischen Einung.[31] Vor allem der Schwäbische Kreis beschäftigte sich auf einem Kreistag in Ulm mit einer generellen Verbesserung des Kreissystems, um dem Landfriedensproblem Herr zu werden, während er andererseits eine Achtexekution weiterhin ablehnte.[32] Die Instruktion Christophs von Württemberg an seinen Gesandten auf dem Ulmer Kreistag bildete mit seinen Vorschlägen einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der Exekutionsordnung. Es wurde ein zwölfköpfiger Ausschuss bestimmt, der über das Projekt beraten und einen Entwurf vorlegen sollte. Ausgehend vom Landfrieden benutzte man die Verfassung des Schwäbischen Bundes[33] als Vorlage. Die wichtigsten, durchzusetzenden Punkte waren, dass jeder Kreis einen Obersten aus den Kreisständen wählen sollte, dem eine Anzahl von Räten beizuordnen waren.[34] Hierbei wurde die Dreiteilung der Stände nach dem Beispiel des Schwäbischen Bundes beibehalten, die die Wahl von drei Hauptmännern vorsah.[35] Somit gab es jeweils für die Kurfürsten und Fürsten, die Prälaten, Grafen, Freien, Ritter und Knechte als auch für die Gruppe der Reichsstädte eigene Räte. Das Gremium war bei Entscheidungen dem Mehrheitsprinzip verpflichtet und blieb auch im Falle des Fernbleibens von Mitgliedern beschlussfähig. Im Falle eines Landfriedensbruches konnten sich die Kreisobersten an den kreisausschreibenden Fürsten wenden und eine allgemeine Kreisversammlung zur Unterstützung der Beratungen einberufen.[36] Eine Besoldung der Gewählten sollte nur im Falle einer Exekution erfolgen. Darüber hinaus schlug der Herzog die Schaffung eines Vorrats vor, dessen Höhe vom Obersten und seinen Räten festzulegen war.[37] Bei den Planungen in der Instruktion des Herzogs ist zu beachten, dass diese nicht nur zur Umstrukturierung der einzelnen Kreise gedacht waren, sondern auf dem interzirkularen Kreistag aller mandierten Kreise in Worms, zur Abstimmung gebracht werden sollten.[38] Das Ziel war, eine Schutzvereinigung der Kreise zu erreichen, die nicht durch ein „sonderes pündtnus“, sondern eine „auffrechte, guthertzige, vertrewliche correspondentz, execution und handthabung des religions- und landfridens“ zu erreichen war. Der Entwurf enthielt zwar starke Anleihen aus der Verfassung des Schwäbischen Bundes, aber auch starke Unterschiede, so in der Finanzierung, die auf das Reichssteuerwesen Bezug nahm. Die Vorschläge wurden angenommen und im „Ulmer Bedenken“ sogar noch erweitert.[39] So sollten Oberste und Räte nicht nur im Akutfall in Beratungen treten, sondern schon im Verdachtsfall Maßnahmen ergreifen können.[40] Darüber hinaus wurde verboten, Landfriedensbrechern Unterschlupf und Unterstützung zu gewähren.[41] Es soll hier noch einmal festgehalten werden, dass die Beschlüsse von Ulm zunächst nur für den Schwäbischen Kreis Gültigkeit besaßen. Im Ulmer Bedenken wurde bereits das Ziel formuliert, die Ergebnisse auf dem Kreistag von Worms vorzubringen, um einhellige Exekutionsbestimmungen in möglichst vielen Kreisen zu schaffen.[42]
Die Entscheidung über den Erfolg des schwäbischen Projekts und seine Ausdehnung war somit zunächst einmal auf den Kreistag aller mandierten Kreise in Worms verschoben.
[...]
[1] Heil, Maximilian I., S. 98.
[2] Moraw, Reichstag, S. 25.
[3] Zum Überblick über die Entwicklung des Reformgedankens vgl.: Angermeier, Reichsreform, S. 51 – 164.
[4] Zur Begriffskritik vgl.: Moraw, Maximilian I., S. 17 – 31.
[5] Wiesflecker, Maximilian I., S. 255 -257.
[6] Text in: RTA, Mittlere, Bd. 5, Worms 1495, Bd. 1, Teil 1, Nr. 334, S. 359 – 373.
[7] Ebenda, Nr. 342, S. 380 – 428.
[8] Ebenda, Nr. 448, S. 537 – 562.
[9] Ebenda, Nr. 356, S. 447 – 465.
[10] Wadle, Landfriede, S. 77.
[11] Vgl. zur Geschichte der Reichskreise: Dotzauer, Reichskreise, Darmstadt 1989.
[12] Ebenda, S. 10 – 11.
[13] Exekutionsordnung 1522, Reichsabschiede, S. 230-241.
[14] Dotzauer, Reichskreise, S. 14.
[15] Luttenberger, Landfriedensbund, Erster Teil, S. 1.
[16] Schulin, Karl V., S. 121.
[17] Schwäbische Bundesverfassung nachweisbar in: Datt, Volumen, S. 405-427.
[18] Laubach, Ferdinand I., S. 104.
[19] Luttenberger, Landfriedensbund, Erster Teil, S. 12.
[20] Zum Passauer Vertrag vgl.: Becker, Passauer Vertrag, insbesondere den Beitrag von Volker Henning Drecoll.
[21] Exekutionsordnung 1522, §§ 7 und 23, S. 233 und 238.
[22] Roll, Reichsregiment, S. 144-145.
[23] Ernst, Briefwechsel 2, S. 102 – 104, Nr. 103.
[24] Zum Heidelberger Bund vgl.: Komatsu, Landfriedensbünde, S. 167 – 184.
[25] Druffel, Beiträge 4, S. 393 – 394, Nr. 391.
[26] Luttenberger, Landfriedensbund, Erster Teil, S. 24.
[27] Ernst, Briefwechsel 2, S. 424, Nr. 521.
[28] Diese Meinung sei beispielhaft herausgegriffen, die Haltung aller mandierten Kreise bis zu den Exekutionsmandaten des Kaisers ist nachgewiesen bei: Hartung, Fränkischer Kreis, S. 216, Anm. 2.
[29] Hartung, Karl V., S. 137.
[30] Vgl. Laufs, Der Schwäbische Kreis, S. 241. Der Eingang der Mandate ist nachgewiesen bei: Ernst, Briefwechsel 2, S. 539-540 u. S. 551-552, Nr. 653 u. 669.
[31] Zur Fränkischen Einung vgl.: Komatsu, Landfriedensbünde, S. 160 – 166.
[32] Kohler, Sicherung, S. 143-144, insbesondere S. 143. Kohlers Angaben sind verwirrend. Die angegebenen Artikel stammen nicht aus der Instruktion des Herzogs Christoph, sondern aus dem Bedenken des Ulmer Kreistags, siehe Anm. 33. Die vollständige Instruktion findet sich bei: Ernst, Briefwechsel 2, S. 605 – 611.
[33] Siehe Anm. 17.
[34] Ernst, Briefwechsel 2, S. 607, Nr. 735.
[35] Datt, Volumen, Art. 46, S. 415.
[36] Ernst, Briefwechsel 2, S. 607, Nr. 735.
[37] Ebenda.
[38] Ebenda, S. 606, Nr. 735.
[39] Ernst, Exekutionsordnung, S. 61 – 67 (Beilage IV).
[40] Ernst, Exekutionsordnung, S. 64 – 65, Art. 9.
[41] Ebenda, S. 66, Art. 13.
[42] Ebenda, S. 66 – 67, Art. 15 und 16.
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