Der Tod als Wesensmerkmal des Lebens ist für den Menschen eine gleichermaßen faszinierende wie furchterregende Erfahrung, eine Macht, die von außerhalb auf uns einwirkt und doch untrennbar mit uns verbunden ist, mit uns geschieht. Der Tod holt den Menschen, in Gestalt des Sensenmannes etwa; im Tod endet ein Zustand, die Seele ‚geht fort‘. Sterben-Müssen ist grausame Gewißheit, als Übergang in ein anderes Sein gedacht mitunter noch grausamere Ungewißheit, vielleicht aber auch glückselige Verheißung, für andere Erlösung, Sterben-Wollen. Nicht nur als psychische und physische Erfahrung des Einzelnen ist der Tod durch Ambivalenz gekennzeichnet, ebenso der gesellschaftliche Umgang damit. Tod und Sterben werden tabuisiert, müssen aber als außeralltägliche, unergründliche Erfahrung mit Sinn verbunden und – v.a. was die Angehörigen anbelangt, die den ‚fremden‘ Tod erleben – bewältigt werden. Sie sind Gegenstand religiöser und sozialer Normen und gesellschaftlicher Institutionen, von Sterbebegleitung und Bestattungsunternehmen über Begräbnisrituale und Friedhofsordnungen bis hin zum Erbrecht etwa.
Immer ist der Tod mit einem Spektrum von Vorstellungen und Bräuchen verbunden. Auf diese Vorstellungen und Bräuche speziell im antiken Griechenland möchte die vorliegende Arbeit einen Blick werfen. Welche religiösen Sitten und Rituale regelten den Umgang mit dem Tod, welche Mythen rankten sich um ihn, was für Ideen machte man sich vom Wesen des Todes und davon, was mit dem Menschen im Tod geschah? Welche Anschauungen knüpften sich ans Jenseits, wie war es illustriert und wie stellte man sich die Beziehung von Jenseits und Diesseits vor? Welche Rolle spielte der ethische Wandel eines Menschen für seine aufs Jenseits gerichteten Erwartungen? Und wie veränderte sich all dies im Gang der Zeit?
Nun ist Griechenland auch als eine Wiege analytischen, empirischen und skeptizistischen Denkens bekannt, weshalb hier weiter die Frage beleuchtet werden soll, wie man sich dort seitens der Wissenschaft, genauer der Philosophie und der Medizin, in ihren Anfängen zum Tod hielt, zum Leben und zum Leben nach dem Tod.
Im Bereich jener Anschauungswelten wird sich diese Arbeit bewegen und das Bild, das sich die Lebenden jener Zeit von Tod und Jenseits machten, nachzuzeichnen versuchen, soweit es die Quellen ermöglichen und die Zwecke dieses Aufsatzes gebieten.
Inhaltsverzeichnis:
I. Einleitung
II. Der Tod in der griechischen Antike
II. 1. Der physische Tod
II. 2. Der Tod in der Mythologie
II. 3. Der Tod in Religion, Ritual und Volksglaube
II. 4. Die Philosophie und der Tod
III. Jenseitsvorstellungen
III. 1. Die dumpfe Unterwelt der archaischen Zeit (8. - 7. Jh. v. Chr.)
III. 2. Jenseitserwartung und Jenseitsgericht – der Wandel seit dem 6. Jh. v. Chr
III. 3. Ethik und Eschatologie im 4. Jh. v. Chr
III. 4. Ausblick
IV. Menschenbild und Seelenwandel
V. Die antike Medizin und der Tod
VI. Schlußüberlegungen
VII. Abkürzungsverzeichnis
VIII. Literaturverzeichnis
VIII. 1. Quellen
VIII. 2. Sekundärliteratur
I. Einleitung
Der Tod als Wesensmerkmal des Lebens ist für den Menschen eine gleichermaßen faszinierende wie furchterregende Erfahrung[1], eine Macht, die von außerhalb auf uns einwirkt und doch untrennbar mit uns verbunden ist, mit uns geschieht. Der Tod holt den Menschen, in Gestalt des Sensenmannes etwa; im Tod endet ein Zustand, die Seele ‚geht fort‘. Sterben-Müssen ist grausame Gewißheit, als Übergang in ein anderes Sein gedacht mitunter noch grausamere Ungewißheit, vielleicht aber auch glückselige Verheißung, für andere Erlösung, Sterben-Wollen. Nicht nur als psychische und physische Erfahrung des Einzelnen ist der Tod durch Ambivalenz gekennzeichnet, ebenso der gesellschaftliche Umgang damit. Tod und Sterben werden tabuisiert, müssen aber als außeralltägliche, unergründliche Erfahrung mit Sinn verbunden und – v.a. was die Angehörigen anbelangt, die den ‚fremden‘ Tod erleben – bewältigt werden. Sie sind Gegenstand religiöser und sozialer Normen und gesellschaftlicher Institutionen, von Sterbebegleitung und Bestattungsunternehmen über Begräbnisrituale und Friedhofsordnungen bis hin zum Erbrecht etwa.
Immer ist der Tod mit einem Spektrum von Vorstellungen und Bräuchen verbunden. Auf diese Vorstellungen und Bräuche speziell im antiken Griechenland möchte die vorliegende Arbeit einen Blick werfen. Welche religiösen Sitten und Rituale regelten den Umgang mit dem Tod, welche Mythen rankten sich um ihn, was für Ideen machte man sich vom Wesen des Todes und davon, was mit dem Menschen im Tod geschah? Welche Anschauungen knüpften sich ans Jenseits, wie war es illustriert und wie stellte man sich die Beziehung von Jenseits und Diesseits vor? Welche Rolle spielte der ethische Wandel eines Menschen für seine aufs Jenseits gerichteten Erwartungen? Und wie veränderte sich all dies im Gang der Zeit?
Nun ist Griechenland auch als eine Wiege analytischen, empirischen und skeptizistischen Denkens bekannt, weshalb hier weiter die Frage beleuchtet werden soll, wie man sich dort seitens der Wissenschaft, genauer der Philosophie und der Medizin, in ihren Anfängen zum Tod hielt, zum Leben und zum Leben nach dem Tod.
Im Bereich jener Anschauungswelten wird sich diese Arbeit bewegen und das Bild, das sich die Lebenden jener Zeit von Tod und Jenseits machten, nachzuzeichnen versuchen, soweit es die Quellen[2] ermöglichen und die Zwecke dieses Aufsatzes gebieten.
II. Der Tod in der griechischen Antike
Der Tod (griech. θάνατος/ thanatos) als Ende des irdischen Lebens war in der Antike in erster Linie nicht Erlösung oder Strafe[3] sondern schlicht notwendiger Bestandteil des menschlichen Wesens, notwendiges Übel. Teils wurde er als absolutes Ende betrachtet, meist als Übergang in eine verschieden ausgemalte postmortale Existenzformen. Der Sterblichkeit des Menschen stand immer die Unsterblichkeit der ewigen und ewig jungen Götter gegenüber[4]. Der bekannte Ausspruch des Orakels von Delphi γνῶθι σαυτόν – erkenne dich selbst – forderte in diesem Sinne die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit und die Anerkennung der aus ihr resultierenden Begrenzung des Menschen. Der Tod bzw. das Sterben galt der griechischen Kultur lange als Greuel, furchtbar und unbezwingbar[5], und sie setzte dem Bejahung des Diesseits, antike Lebenslust entgegen. Gleichzeitig war der Tod in der Antike gegenwärtiger als heute, man begegnete ihm öfter, war das Leben Einzelner weniger wert in blutigen Zeiten[6]. Die vielfältigen, sich wandelnden Auffassungen vom Wesen und der Bedeutung des Todes in der griechischen Antike sollen im Folgenden aus verschiedenen Perspektiven kurz beleuchtet werden.
II. 1. Der physische Tod
Schon in früher Zeit sah man ganz allgemein den Herzstillstand als Ursache des Todes an, allerdings wurde dies in den medizinischen und naturkundlichen Schriften und in der Philosophie immer wieder kontrovers diskutiert. Als u.U. letal galten auch Krankheiten und Verletzungen an Gehirn, Leber, Zwerchfell, Rückgrat, Magen und Hauptarterien, doch blieb unklar, ob das Versagen anderer Organe direkt zum Tode führte oder seinerseits den Herzstillstand provozierte. Der Hirntod etwa war der Antike unbekannt, allerdings wurden bereits Zustände wie Koma und Scheintod registriert[7]. Bedeutung maß man auch dem letzten Atemzug bei, dem Augenblick des Todes, bei dem Homer zufolge der Lebenshauch (griech. psyche, später pneuma) den Körper durch den Mund verließ. Der Lebensodem konnte indes auch durch eine offene Wunde austreten und wurde dann mit dem Blut assoziiert[8]. Als Zeichen des eingetretenen Todes betrachtete man die Leichenkälte, Leichenflecken wurden hingegen für den natürlichen Tod nicht erwähnt[9]. Den den Tod vorauskündenden Zeichen schenkte man mehr Aufmerksamkeit. Indikator war das sogenannte ‚hippokratische Gesicht‘, ein Merkmalskatalog, mit dessen Hilfe am Antlitz des Betreffenden der nahe Tod abzulesen war: spitze Nase, hohle Augen, eingefallene Schläfen, harte Gesichtshaut und blasse oder schwärzliche Gesichtsfarbe[10]. Daß speziell die Ärzte sich auf die Prognostik konzentrierten, hatte zwei Gründe: zum einen, um gegen Schuldvorwürfe gewappnet zu sein, wenn ein Patient verstarb, zum anderen, weil sie zur Feststellung des Todes einfach nicht gebraucht wurden[11]. Jedermann mit etwas Lebenserfahrung kannte den Tod und hatte Sterbefälle miterlebt. Zur Feststellung des Todes wurden im Normalfall – anders als heute – keine Spezialisten benötigt.
II. 2. Der Tod in der Mythologie
In der griechischen Mythologie wurde der Tod durch den Gott Thanatos verkörpert, den vaterlosen Sohn der Nacht (Nyx) und Zwillingsbruder des Schlafes (Hypnos)[12]. Er nimmt die Toten mit sich fort, spielt sonst aber eine geringe Rolle und muß eher als eine Personifikation gesehen werden, denn als Gottheit mit religiösem Kult. In seiner Funktion ist er sogar mit anderen Unterweltsgestalten austauschbar (Hermes, Charon u.a.)[13]. Als Mörder oder Agent in eigener Mission wurde Thanatos nie charakterisiert, ebensowenig als Verbündeter des Hades, dem Herrscher der Unterwelt. Er verbildlichte das Abstrakte, Unvermeidliche, das erbarmungslose Prinzip. Darstellungen der bildenden Kunst zeigen ihn als schönen, geflügelten Jüngling, doch kann er auch bedrohlich mit gierigen Zähnen und wirrem Haar ausgestaltet werden[14].
Krankheit und Sterblichkeit war den Menschen im Mythos von allem Anfang an auferlegt, seit ihrer Erschaffung durch Prometheus. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang noch die Sage von der Pandora, die aus ihrer Büchse allerlei Übel in die Welt entweichen ließ und so Krankheit und Tod unter den Menschen vermehrte[15].
II. 3. Der Tod in Religion, Ritual und Volksglaube
Wie in jeder Religion waren auch in der griechischen Vorstellungen und Rituale entwickelt, um den Tod behandelnd und erklärend in das Leben zu integrieren. Zunächst sollen hier die komplexen Bräuche und Bestattungsrituale interessieren, die den Umgang mit Tod, Toten und den auftretenden Emotionen regelten. Zum einen war der Tod – wie gesagt – stärker sichtbar im öffentlichen Bewußtsein der Antike, gleichzeitig aber war er stark tabuisiert[16], was in einem „hohen Maß an kultureller Arbeit“ resultierte[17], welches diverse Riten und Bestattungspraktiken leisteten. Bemerkenswert ist, daß Ritual und Brauch fast ausschließlich mit dem Tod der anderen zu tun hatten, den eigenen Tod jedoch nicht thematisierten. Grundsätzlich spiegelten die religiösen Riten die Vorstellung vom Tod als Wandel und Übergang in eine andere Existenz wider und sollten eine Vermischung von Diesseits und Jenseits verhindern[18].
Im antiken Griechenland oblag die Verantwortung für die Bestattung und Einhaltung der Totenehrung den direkten Familienangehörigen. Seit homerischer Zeit (8. Jh. v. Chr.) stellte sich das Bestattungsritual gewöhnlich wie folgt dar[19]: Von den Frauen der Familie wurde der Leichnam zunächst möglichst bald nach dem Tod für die Bestattung hergerichtet, dabei gewaschen, gesalbt, geschmückt und bekleidet[20] und schließlich im Haus des Verstorbenen öffentlich aufgebahrt (sogenannte Prothesis). Angehörige erwiesen dem Toten die letzte Ehre und hatten Gelegenheit zur gemeinschaftlichen Totenklage. Hierbei stießen die Frauen laute, schrille Schreie von sich, um ihre Ohnmacht und ihren Schmerz zum Ausdruck zu bringen[21]. Außerdem zerkratzten sie sich die Wangen und schlugen sich auf die Brust. Auch die männlichen Angehörigen stellten ihre Trauer und die ‚Befleckung‘, die durch den Tod eingetreten war, augenfällig zur Schau: man schnitt sich die Haare, streute sich Asche aufs Haupt, trug zerrissene Kleider und wusch sich nicht mehr. Am dritten Tag nach dem Versterben wurde der Tote auf einem Leichenwagen in einer Prozession samt Gefolge und Totenklage zum Grab hinaus getragen (Ekphora). Die Gräberbezirke (Nekropoleis) lagen außerhalb der Siedlungen, meist entlang der Hauptausfallstraßen der Städte. Hier erfolgte die eigentliche Beisetzung in Urnen oder Särgen, wobei Brand- und Erdbestattung nahezu gleichwertig nebeneinander existierten[22]. Verschiedene Zeremonien direkt am Grabhügel bzw. der Gruft schlossen sich an. So erhielt der Tote Beigaben, etwa Tongefäße mit Speisen und Getränken, Waffen, Schmuck, Berufsgerät und – seit Erfindung der Münzprägung – das Fährgeld für Charon, das dem Leichnam in den Mund gelegt wurde, damit er sicher ins Totenreich übergesetzt werde. Neben den Beigaben stand ein sogenanntes Vernichtungsopfer, durch das die Hinterbliebenen ohnmächtige Wut über den Verlust artikulierten, indem sie Waffen, Gefäße und allerlei Gerät zerbrachen und beispielsweise Hunde oder Pferde töteten. Hinzu kam das Schlachten von Opfertieren und das Ausgießen von Libationen wie Öl, Honig, Wein etc. über dem Grab[23]. Den Abschluß bildete ein gemeinsames Totenmahl (das Perideipnon), das in älterer Zeit direkt am Grab zubereitet und eingenommen wurde, später wohl nachträglich zu Hause. Die Grabhügel wurden mit einem Grabstein (Stele) markiert, der in homerischer Zeit meist noch roh war, seit der klassischen Periode aber zunehmend mit Inschriften, Versepigrammen, Reliefs und Bemalung versehen wurde[24]. Für die Angehörigen wurde das Ende der Trauer nach einiger Zeit[25] zeremoniell besiegelt, doch wurde die Totenehrung durch fortdauernde Grabpflege und an jährlich wiederkehrenden allgemeinen Trauerfesten weiter beachtet. Man schmückte die Gräber[26], brachte Opfergaben von Milch, Wein und Tierblut dar und betete zu den Verstorbenen.
Während der Trauer haftete den Angehörigen und dem Haus des Toten Befleckung (griech. miasma) an[27]. Feuer und Wasser im Haus des Toten wurden unrein und mußten von außerhalb geholt werden. Vor dem Eingang stand ein Gefäß mit Wasser, worin man sich beim Verlassen des Hauses reinigte. Nach Ablauf der Trauer badete man und wurde das Haus mit Meerwasser besprengt, mit Erde eingerieben und geputzt; auf dem Herd durfte wieder geopfert werden. Mittels (ritueller) Reinigung wurde die Störung des alltäglichen Lebens durch den Tod gewissermaßen abgewaschen und die Hinterbliebenen schließlich wieder der Normalität zugeführt[28].
Im Volk herrschte offenbar der Glaube vor, daß die Weiterexistenz des Verstorbenen und ihre Qualität irgendwie vom Verhalten der Angehörigen magisch abhing. Die Vorstellungen hierbei waren indessen oft vage, mannigfaltig und widersprüchlich. Tendenziell glaubte man wohl, daß die Toten das Geschehen im Diesseits auf irgendeine Weise registrieren konnten, man verspürte diffus ihre Präsenz, wollte sich ihrer Gunst versichern und fürchtete ihre Mißgunst. Die wiederkehrenden Totenmahle samt Darbringung von Speis und Trank am Grab verweisen jedenfalls auf die Vorstellung, daß die Toten weiter versorgt und besänftigt werden mußten. Insofern war man auf peinliche Einhaltung der Bräuche bedacht. Der Tote, dem nicht die letzte Ehre erwiesen wurde, schaffte den Übergang ins Jenseits nicht und fand keine Ruhe[29]. Unbestattete Tote, Mordopfer und ‚vor der Zeit‘ Verstorbene wurden als potentielle Wiedergänger gefürchtet[30]. Verbreitet war scheinbar auch der Glaube an ‚Seelentiere‘, Insekten etwa, die sich auf die Leiche setzten, oder Schlangen, die aus dem Grab krochen[31]. Selbstverständlich hatten auch Spukerfahrungen, Totenbeschwörungen[32], ja Okkultismus und Nekromantie ihren Platz im volkstümlichen wie auch im gebildeten Gedankengut. Die archaische Magie dieses Glaubens und der Totenkult blieben ungebrochen bis in die Spätantike erhalten.
[...]
[1] Verwiesen sei hier auf Rudolf Ottos Begriff des ‚Heiligen‘ (R. Otto, Das Heilige, München 1963).
[2] Neben den literarischen Quellen wie den Epen, den Dichtern und Philosophen, auf die hier hauptsächlich Bezug genommen wird, sind des weiteren archäologische Zeugnisse, Grabfunde, Darstellungen der bildenden Kunst, Vasenmalerei, Mosaike und Grabinschriften für das Thema aussagekräftig.
[3] Zur Entwicklung andersartiger Anschauungen und deren Bedeutung im gesellschaftlichen Kontext siehe unten Kap. III und IV.
[4] Spätere, skeptizistische Epochen, etwa zu Beginn der römischen Kaiserzeit, sahen tragische Momente in der göttlichen Ewigkeit: Der Mensch hatte den Göttern voraus, daß er sich immerhin selbst das Leben nehmen konnte (Plin. nat. 2, 27).
[5] Belege aus literarischen Quellen bei Carrick (2001) 56f.
[6] Zu denken ist auch an Sklaverei, Gladiatorenspiele der römischen Zeit, weit verbreitete Kindesaussetzungen u.ä; analog liegt auch der Fokus v.a. der literarischen Quellen, die den Tod thematisieren auf dem gewaltsamen Tod, dem Heldentod, während Tod durch Alterung und Krankheit selten zur Sprache kommt (vgl. Walde [2002] 645).
[7] Vgl. Hooff (2005) 868ff.
[8] Hom. Il. 14, 518 (vgl. Anm.73). 16, 505. 22, 325; hier und im weiteren wird der Einfachheit halber ‚Homer‘ genannt, doch ist sich die Forschung einig, daß die ihm zugeschriebenen Schriften bzw. Gesänge mehrere (unbekannte) Verfasser gehabt haben müssen.
[9] Sie galten als Beweis einer Vergiftung (Hooff [2001] 93 mit Anm.36).
[10] Hippokr. progn. 2, 114; erst Galen schrieb im 2. Jh. n. Chr. dem Puls Bedeutung zu bei der Prognose des Todes (Hooff [2001] 97).
[11] Siehe zu diesen Punkten auch unten Kap. V.
[12] Hom. Il. 16, 454. 16, 672. Hes. theog. 211f.; der Schlaf ist dem Tod am nächsten gleichend – Hom. Od. 13, 79f.
[13] Vgl. v. Geisau (1979) 648f.
[14] Cancik (2005) 429.
[15] Der Mythos der Pandora, in die Prometheus-Sage eingebettet, im einzelnen bei Rose (91997) 53f. – Viele Deutungen lassen sich hier anstellen: Zeus entsandte die Pandora, um sich dafür zu rächen, daß Prometheus den Menschen das Feuer gebracht hat, mit dem sie erst zu fähigen Wesen wurden, die begannen, die Erde zu bestellen. Vergleichbar dem biblischen Sündenfall wird (verbotene und erschlichene) Erkenntnis/Fähigkeit mit Sterblichkeit und Mühsal vergolten. Höchst interessant, ja aufregend ist die Interpretation des Pandora-Mythos durch Baudy (1980, 4ff): Pandora deutet er als Derivat einer Vegetationgöttin, die für Segen und Mühsal des Ackerbaus steht. Das Öffnen des Erdschoßes (reflektiert im Öffnen der Büchse) bringt einerseits Leben in Form von Nahrung und zeugt andererseits den Tod mit, angelehnt an das periodische Werden und Vergehen in der Natur mit seiner Relevanz für die Landwirtschaft. Insgesamt ist das Werk Baudys eine fruchtbare, großartige Synthese von Altertumswissenschaft und Ethnologie, für die Zwecke dieser Arbeit jedoch zu ausufernd.
[16] Z.B. das Zurschaustellen des ‚häßlichen‘ Todes im Zuge von Krankheit (Walde [2002] 643).
[17] Ebd. 642.
[18] Burkert (1977, 293f) liefert interessante Überlegungen zur psychologischen Motivation der Trauer und Totenehrung sowie zur sozialen Funktion (Bestätigung der Tradition über Generationswechsel hinweg – „aus der Rückwendung zu den Toten wächst der Wille zum Fortbestand“ [ebd., 300]); Nilsson (Bd.1, 31967, 40) erklärt den Ursprung von Toten- und Ahnenkult psychologisch über Pietät vor dem Leichnam, da „die Assoziationen, die an dem Lebenden haften, von seinem toten Körper [unmöglich] abzutrennen [sind]“.
[19] Für das Folgende vgl. Kurtz/Boardman (1985) 169-187 und Burkert (1977) 293-300.
[20] Um ein unschönes Aufklappen der Kinnladen zu vermeiden, wurden Kopf und Unterkiefer zuweilen mit Kinnriemen versehen.
[21] Für heutiges Verständnis besonders delikat: die Totenklage konnte auch erzwungen oder erkauft werden, professionelle Klageweiber boten sie als Dienstleistung an (siehe u.a. Burkert [1977] 295f.).
[22] Im Fall einer Einäscherung wurde ein Scheiterhaufen nahe dem Grab errichtet. Pflicht v.a. des Sohnes war es, die Gebeine anschließend aus der Asche zu sammeln.
[23] Spezielle Libations-Gefäße ohne Boden standen auf den Gräbern, so daß die Spenden im Boden versickern konnten; spätestens seit dem 6. Jh. v. Chr. wurde der Aufwand der Begräbnisse und Pomp auf den Grabstätten gesetzgeberisch eingeschränkt – wohl Maßnahmen gegen Verschwendung, vermutlich auch Reflex der jungen Stadtstaaten gegen die demonstrative Selbstdarstellung oligarchischer, aristokratischer Kreise (vgl. Burkert [1977] 299).
[24] Grabinschriften generell sind eine wichtige Quelle für die Althistorie. So zeugen sie z.B. in römischer Zeit für die aufgekommene Skepsis gegenüber dem Glauben an das Jenseits und von bedingungsloser Lebensbejahung: „Ich war nichts, ich bin nichts: Und du, der du lebst, iß, trinke, scherze, komm!“ (zit. nach Geist [1969] 165 Nr.435). Dabei waren diese Epigramme offenbar so geläufig, daß sie formelhaft abgekürzt werden konnten und in allen möglichen Variationen vorkamen (vgl. Hooff [2001] 89).
[25] Die Länge der Trauerzeit war nicht ausdrücklich geregelt; anders Burkert (1977, 298): in sich erweiternden Abständen fanden weitere Totenopfer statt, bis die Trauerzeit nach 30 Tagen mit einem weiteren Totenmahl endete.
[26] Ganz ähnlich wie heute mit Blumen; außerdem wusch man die Stelen, salbte sie und wand Binden darum (Plut. Aristid. 21).
[27] Nilsson Bd.1 (31967) 96f.: Auf der Insel Delos, die ein bekanntes Heiligtum beherbergte, ging man so weit, alte Gräber im Umkreis des Tempels auszuheben und die Überreste auf eine benachbarte Insel zu überführen. Hochschwangeren und Sterbenden wurde der Aufenthalt auf der Insel verboten; in einem anderen, illustrativen Beispiel fand sich einst auf einem heiligen Feld der Demeter ein Toter, woraufhin das Feld durch Opfern eines Ferkels gereinigt werden mußte.
[28] Burkert (1977) 135f.
[29] Hom. Il. 23, 71-74: Achilleus kann sich nach dem Tod des Freundes Patroklos nicht von dessen Leiche verabschieden, bis ihm seine Seele (psyche) im Traum erscheint und flehentlich um die letzte Ehre bittet, vgl. Hom. Od. 11, 72-80; Sisyphos hat – nachdem er sich mit Schläue schon einmal gegen das Sterben gewehrt hatte, indem er Thanatos überlistete und fesselte – seiner Gattin aufgetragen, die Bestattungsriten zu unterlassen und wird deshalb ‚auf Urlaub‘ zurück an die Oberwelt geschickt, um seine Frau zurechtzuweisen, was er tunlichst unterließ. Dem Tod war er so ein zweites Mal wenigstens für einige Zeit entronnen (vgl. Rose [91997] 289f.).
[30] Aus Angst vor Rückkehr wurden diverse Vorkehrungen getroffen. So wurden etwa Gruft oder Urne hermetisch verschlossen und den Leichen im Grab schwere Steine auf die Brust gelegt. Auch kam es vor, daß Leichname gefesselt wurden. Vereinzelt zerstückelten Mörder ihre Opfer und banden ihnen die Gliedmaßen um den Hals aus Furcht vor einer rächenden Wiederkehr (vgl. Fauth [1979] 874 und Habermehl [1994] 259f.).
[31] Nilsson Bd.1 (31967) 41; gelehrte Spekulation dachte sich, das Rückenmark der Leiche verwandle sich in eine Schlage (Plut. Kleomen. 39).
[32] Man glaubte also auch, magisch Einfluß auf die Toten nehmen und eine Verbindung zum Jenseits herstellen zu können; u.a. deponierte man Fluchtafeln in Gräbern, damit die Verstorben den Fluch vollstreckten.
- Arbeit zitieren
- Mathias Pfeiffer (Autor:in), 2007, Tod und Jenseitsvorstellungen in der griechischen Antike, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77870
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