Der Schweizerische Bundesrat verfasst vor Volksabstimmungen das sog. Bundesbüchlein, eine Broschüre, die an alle Stimmberechtigten verteilt wird und neben Erläuterungen zu den Vorlagen die Meinung des Bundesrats sowie die Argumente der Opposition enthält. Dieses Büchlein ist Teil der behördlichen Kommunikationstätigkeit und hat als solcher die zentrale Funktion einer freien und unverfälschten Meinungsbildung zu erfüllen.
Die Arbeit untersucht, ob die Broschüre diesem Anspruch gerecht wird. Dabei stützt sie sich einerseits auf Kriterien, die von einer behördlichen Arbeitsgruppe zur Erreichung dieses Ziels formuliert wurden, und orientiert sich andererseits an den Kriterien, die die Kommunikationswissenschaft für den Forschungszweig Informationsqualität definiert hat. Anhand einer qualitativen Inhaltsanalyse wird die Informationsvermittlung zu 11 Abstimmungen nach Vollständigkeit, Sachlichkeit und Transparenz der Aussageträger untersucht. Diese Vorgehensweise drängte sich auf, weil die Kriterien mitunter schwer zu quantifizieren sind und ihre Anwendbarkeit auf einen bisher unerforschten Gegenstand eher ein exploratives Vorgehen implizierte.
Die Analyseergebnisse weisen teilweise massive Mängel bei der Umsetzung der Kriterien nach, womit die zentrale Funktion nur lückenhaft erfüllt wird. Entsprechend müssen Qualität und Funktionalität des Büchleins als nicht genügend beurteilt werden. Des Weiteren liefert das Textmaterial Hinweise, dass die Informationsvermittlung z.T. tendenziös und zu Gunsten der Behörden erfolgt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretischer Teil
- Das Bundesbüchlein als Medium staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
- Das Bundesbüchlein: Geschichte, Inhalt und Bedeutung
- Die Funktion des Bundesbüchleins als Mittel verstärkter staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
- Der Anspruch auf freie und unverfälschte Meinungsbildung
- Grundsätze und deren Folgen für die behördliche PR im Vorfeld von Abstimmungen
- Die Kriterien der AG KID und deren Reichweite
- Qualitätskriterien im Informationsjournalismus
- Massenmedien und Demokratie
- Herleitung der Kriterien für Informationsqualität
- Von demokratietheoretischen Überlegungen zu rechtlichen Vorgaben
- Das Objektivitätspostulat und die Unparteilichkeitsforderung
- Die zentralen Kriterien für freie und unverfälschte Meinungsbildung
- Quellentransparenz bzw. Transparenz der Aussageträger
- Sachlichkeit bzw. Trennung von Nachricht und Kommentar
- Vielfalt bzw. Vollständigkeit
- Ausgewogenheit bzw. Fairness
- Die diskutierten Qualitätskriterien und ihre Bedeutung für das Bundesbüchlein
- Ausgewogenheit bzw. Fairness
- Das Bundesbüchlein als Medium staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
- EMPIRISCHER TEIL: EXPLORATIVE FALLSTUDIE
- Untersuchungsgegenstand: Das Bundesbüchlein
- Inhaltliche und formale Charakteristika des Bundesbüchleins
- Bestimmung des Samples und die Definition von Einheiten
- Thematische Präsentation der Auswahleinheiten
- Methodik/ Vorgehen
- Die Exploration
- Die qualitative Inhaltsanalyse
- Das allgemeine Ablaufmodell der Analyse
- Das konkrete Vorgehen bei der strukturierenden Inhaltsanalyse
- Operationalisierung der Untersuchungskriterien
- Vielfalt bzw. Vollständigkeit
- Quellentransparenz bzw. Transparenz der Aussageträger
- Sachlichkeit bzw. Trennung von Information und bundesrätlichem Kommentar
- Ergebnisse der Untersuchung
- Vollständigkeit
- Allgemeine Bemerkungen
- Die Einschränkung der gegnerischen Argumentevielfalt
- Die Selektionstätigkeit des Bundesrates
- Die Folgen der Selektionstätigkeit für die Argumentevielfalt
- Selektion als Resultat formaler Charakteristika
- Die Einschränkung der bundesrätlichen Argumentevielfalt
- Wiederholungen und Detaillierungen
- Ergänzungen und Erweiterungen der Argumentekomplexe
- Einschätzung der Umsetzung Vollständigkeitsforderung
- Transparenz der Aussageträger
- Allgemeine Bemerkungen
- Formen transparenter Vermittlung von Argumenten/ Argumentekomplexen
- Einleitende Bemerkungen
- Untertitel und Randnotiz
- Intransparent vermittelte Argumentepositionen
- Intransparenz auf Seiten der Gegnerschaft
- Intransparenz auf Seiten des Bundesrates
- Vollständigkeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Lizentiatsarbeit untersucht die Qualität und Funktionalität des Bundesbüchleins im Hinblick auf seine Rolle als Medium zur freien und unverfälschten Meinungsbildung im Abstimmungskampf. Sie analysiert, inwiefern das Bundesbüchlein dem Anspruch gerecht wird, den es laut der Konferenz der Informationsdienste verfolgt.
- Die Rolle des Bundesbüchleins als Instrument der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit
- Der Anspruch auf freie und unverfälschte Meinungsbildung im Abstimmungskampf
- Qualitätskriterien im Informationsjournalismus
- Empirische Untersuchung der Vollständigkeit und Transparenz des Bundesbüchleins
- Die Analyse der Selektionstätigkeit des Bundesrates im Bundesbüchlein
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und erläutert den Hintergrund des Themas. Im theoretischen Teil wird das Bundesbüchlein als Medium der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit behandelt, und es werden die relevanten Qualitätskriterien im Informationsjournalismus dargestellt. Der empirische Teil widmet sich einer explorativen Fallstudie, die die Vollständigkeit und Transparenz des Bundesbüchleins anhand konkreter Beispiele untersucht. Die Ergebnisse dieser Analyse werden in einem eigenen Kapitel zusammengefasst und diskutiert.
Schlüsselwörter
Bundesbüchlein, staatliche Öffentlichkeitsarbeit, freie Meinungsbildung, Abstimmungskampf, Informationsqualität, Vollständigkeit, Transparenz, Selektionstätigkeit, Bundesrat.
- Untersuchungsgegenstand: Das Bundesbüchlein
- Arbeit zitieren
- lic. rer. soc. Andreas Christen (Autor:in), 2005, Qualität und Funktionalität des Bundesbüchleins als Mittel zur freien und unverfälschten Meinungsbildung im Abstimmungskampf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77652