Der Begriff „Emotionale Intelligenz“ wurde erst durch den 1995 erschienenen gleichnamigen Bestseller von Daniel Goleman einer breiten Öffentlichkeit bekannt, entwickelte sich aber rasant zu einem eigenständigen Themenbereich innerhalb der angewandten Persönlichkeitspsychologie und löste eine in der breiten Öffentlichkeit geführte Diskussion über die grundlegende Bedeutung von Gefühlen im Leben und die sich daraus ergebende Modifikation des Intelligenzbegriffs aus.
Im Rahmen dieser Arbeit soll deshalb der Versuch unternommen werden, Erkenntnisse und Methoden aus dem Bereich der „Emotionalen Intelligenz“ auf das Fachgebiet Musik zu übertragen und anzuwenden. Die beiden Teile der Arbeit beleuchten dabei den Begriff „Emotionale Intelligenz“ aus unterschiedlichen Blickrichtungen und fokussieren jeweils andere Teilbereiche. Der erste Teil ist anwendungs- und praxisbezogen konzipiert und stellt das eigene Musizieren sowie den Instrumentalunterricht in den Mittelpunkt. Der zweite Teil hingegen richtet die inhaltliche Aufmerksamkeit auf den Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen, untersucht im Besonderen die theoretischen Grundlagen und versucht die thematisch relevanten Sinnzusammenhänge anhand exemplarischer Einblicke in entsprechende Forschungsergebnisse zu verdeutlichen.
Die Art und Weise wie sich Gefühle steuernd auswirken, wie sie die Motivation beeinflussen, welche Auswirkungen sie auf den Lernprozess haben, wie sich durch sie individuelle Wertprofile und somit auch der Musikgeschmack herausbilden und ganz grundsätzlich, welche Bedeutung Gefühle im Leben haben, bleibt in der Regel unbewusst und wird als nebensächlich betrachtet. Dieser permanent ablaufende, von vielen Faktoren beeinflusste komplexe Wechselwirkungsprozess ist keine neuzeitliche Erfindung, sondern prägt seit je her das menschliche Leben. Der zweite Teil dieser Arbeit versucht deshalb den Bezug zu den Wurzeln der Vergangenheit herzustellen, diese mit den aktuellsten Forschungsergebnissen zu verknüpfen und schließlich auf den Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen überblickartig und exemplarisch anzuwenden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
Teil I: Emotionale Intelligenz – Problembewältigung im Instrumentalunterricht
2 Was ist emotionale Intelligenz? – Wie kann man sie verbessern?
2.1 Entwicklung der Intelligenzdefinitionen
2.2 EQ – Emotionale Intelligenz
2.3 Über die Funktion von Emotionen
2.4 Wie kann man emotionale Intelligenz Verbessern?
2.5 Über die Bedeutung von Emotionen in der Musik
3 Emotional intelligentes Üben
3.1 Umgang mit Angststellen
3.1.1 Wie kommt es überhaupt zu Angststellen?
3.1.2 Vielfältige Ursachen von Angststellen
3.2 Was kann man dagegen tun? – Ein Trainingsprogramm
3.2.1 Stufe I – Wahrnehmungsverbesserung
3.2.2 Stufe II – Selbstbeherrschung lernen
3.2.3 Stufe III – Installation von Gedanken
3.3 Trennung von technisch-motorischen und musikalischen Emotionen
3.3.1 Wie können die Ursachen von Gefühlen und Gedanken weiter differenziert werden?
3.3.2 Die Bedeutung von Technik und Musikalität
3.3.3 Emotionale Prozesse beim Üben
3.3.4 Wie kann man diesen Prozess steuern?
3.3.5 Was soll mit den negativen Tendenzen auf der technischen Ebene geschehen?
3.4 Technisch schwierige Stellen emotional absichern
3.4.1 Wie funktioniert nun die positive Umdeutung auf der technischen Ebene?
3.4.2 Was sind Gefühlsanker?
3.4.3 Flow als Gegenstück zum Teufelskreislauf
3.4.4 Wie kann man das Üben auf der technischen Ebene verbessern?
3.5 Musikalische Aussagekraft trainieren
3.5.1 Musikalischer Ausdruck mit negativem Gefühlsgehalt
3.5.2 Eine möglichst günstige Gefühlsintensität finden
3.5.3 Den roten Faden der Gefühle arrangieren
3.5.4 Das Ausleben von Gefühlen beim Musizieren
3.5.5 Aus der emotionalen Perspektive des Zuhörers
3.6 Umgang mit Nervosität
4 Auswirkungen von emotionaler Intelligenz auf den Instrumentalunterricht
4.1 Einschätzung des Schülers
4.1.1 Grundsätzliches zur Schülereinschätzung
4.1.2 Altersbedingte Besonderheiten
4.1.3 Charakterliche Unterschiede
4.1.4 Unterschiedliche Motivationslagen
4.2 Ziele setzen
4.2.1 Selbstwahrnehmung
4.2.2 Selbstakzeptanz
4.2.3 Selbstsicherheit
4.2.4 Zügelung der Impulse
4.2.5 Persönliche Verantwortung
4.2.6 Empathie
4.3 Ziele besser erreichen
4.3.1 Lernatmosphäre
4.3.2 Lernumgebung
4.3.3 Video- und Tonaufnahmen
4.3.4 Der innere Dialog
4.3.5 Körperhaltung und Atmung
4.4 Abschließende Gedanken
Teil II: Emotionale Intelligenz und Musiklernen in der allgemeinbildenden Schule
5 Emotionen – Begriffsdefinition, Emotionstheorien und Funktionen
5.1 Begriffsdefinition und Abgrenzung – Was sind Emotionen?
5.2 Drei Emotionstheorien
5.3 Welche Funktionen haben Emotionen?
6 Emotionen im Zusammenhang mit Intelligenz, Lernen und Musik
6.1 Emotionen und Intelligenz – Emotionale Intelligenz
6.2 Emotionen und Lernen
6.3 Emotionen und Musik
7 Emotionen in der Schule – Stand der Forschung
7.1 Einflüsse von Emotionen auf Lernen und Schulleistung
7.1.1 Emotionen und Schulleistung
7.1.2 Emotionen in Leistungssituationen – leistungsrelevante Emotionen
7.1.3 Auswirkungen von Emotionen auf Lernen und Leistung
7.1.4 Entwicklung von leistungsbezogenen Emotionen
7.2 Umgang mit Emotionen in der Schule
7.2.1 Auswirkungen gezielt induzierter Gefühle
7.2.2 Emotionen als Indikator für Motivationsqualitäten
7.2.3 Strategien zur Emotionsregulation
7.3 Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse
7.3.1 Gesamtzusammenhang innerhalb der Motivationsforschung
7.3.2 Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit
7.3.3 Anwendungsgebiet allgemeinbildende Schule
8 Auswirkungen von Emotionen im Musikunterricht
8.1 Positives Unterrichtsklima
8.1.1 Auswirkungen und Bedeutung
8.1.2 Voraussetzungen und Entstehung
8.1.3 Kennzeichen und Wirkungsweise
8.1.4 Besonderheiten im Musikunterricht
8.2 Stress – Die größte Bedrohung im Unterricht
8.2.1 Bedeutung und Auswirkungen von Stress
8.2.2 Bewältigungsstrategien innerhalb der psychologischen Stressreaktion
8.2.3 Stress aus der Perspektive der Schüler
8.2.4 Stress aus der Perspektive des Lehrers
8.3 Flow – Ein Idealfall
8.3.1 Grundlagen zum Flow-Erlebnis
8.3.2 Ist das Flow-Erlebnis im Musikunterricht möglich?
8.3.3 Zusammenfassende Bewertung
9 Emotionale Intelligenz in der Praxis des Musikunterrichts
9.1 Musikgeschmack und Bewertung von Musik
9.1.1 Ausmaß und Bedeutung von Gefühlen im Musikunterricht
9.1.2 Die emotionale Vielschichtigkeit des Musikgeschmacks
9.1.3 Musikgeschmack als Ausdruck der Persönlichkeit
9.1.4 Emotionale Grundvoraussetzungen bei den Schülern schaffen
9.1.5 Trennung von subjektiver Wertung und Gefühlsgehalt der Musik
9.1.6 Grundlegende emotionale Voraussetzungen des Lehrers
9.1.7 Gedankenansätze für möglichen Strategien des Lehrers
9.2 Weitere Anwendungsbereiche innerhalb des Musikunterrichts
10 Fazit
11 Literatur
1 Einleitung
Der Begriff „Emotionale Intelligenz“ wurde erst durch den 1995 erschienenen gleichnamigen Bestseller[1] von Daniel Goleman einer breiten Öffentlichkeit bekannt, entwickelte sich aber rasant zu einem eigenständigen Themenbereich innerhalb der angewandten Persönlichkeitspsychologie und löste eine in der breiten Öffentlichkeit geführte Diskussion über die grundlegende Bedeutung von Gefühlen im Leben und die sich daraus ergebende Modifikation des Intelligenzbegriffs aus. Allerdings zielte die große Fülle von Folgepublikationen diverser Autoren zumeist auf den Bereich der praxisorientierten Selbsthilfeliteratur ab, schreckte somit wissenschaftliche Fachkreise zunächst ab und ließ unter ihnen gewissermaßen als Schutz vor öffentlichkeitswirksamen Simplifikationen eine konzeptionelle Vorsicht gegenüber dem Begriff „Emotionale Intelligenz“ walten. Trotz der vorherrschenden Skepsis wurde diesem Themenkomplex von allen Seiten grundsätzlich ein enormes Entwicklungspotential zugesprochen. Im Rahmen dieser Arbeit soll deshalb der Versuch unternommen werden, Erkenntnisse und Methoden aus dem Bereich der „Emotionalen Intelligenz“ auf das Fachgebiet Musik zu übertragen und anzuwenden. Die beiden Teile der Arbeit beleuchten dabei den Begriff „Emotionale Intelligenz“ aus unterschiedlichen Blickrichtungen und fokussieren jeweils andere Teilbereiche. Der erste Teil ist anwendungs- und praxisbezogen konzipiert und stellt das eigene Musizieren sowie den Instrumentalunterricht in den Mittelpunkt. Der zweite Teil hingegen richtet die inhaltliche Aufmerksamkeit auf den Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen, untersucht im Besonderen die theoretischen Grundlagen und versucht die thematisch relevanten Sinnzusammenhänge anhand exemplarischer Einblicke in entsprechende Forschungsergebnisse zu verdeutlichen.
Der Themenkomplex wird im ersten Teil der vorliegenden Arbeit aus der Perspektive eines Cellisten und Instrumentalpädagogen dargestellt. Dabei wurde die Problematik von sogenannten „Angststellen“ in Verbindung zu dem psychologischen Konzept der emotionalen Intelligenz gesetzt. „Angststellen“ bezeichnen in diesem Zusammenhang Passagen, die trotz des gesteigerten Aufwandes beim Üben, des Einsatzes vielfältiger methodischer Raffinessen sowie engagierter Anregungen des Lehrers nicht in der gewünschten Art und Weise gelingen, wobei inzwischen andere Stücke mit viel schwierigeren Stellen mühelos und sicher bewältigt werden.
Ursachen solcher „Angststellen“ sind oft negative Gefühle, Körperempfindungen und Ängste, die in der Regel unbewusst bleiben und sich somit, gut getarnt, mit jedem weiteren Üben einprägen und verfestigen. Der Übeprozess und die Auseinandersetzung mit den „Angststellen“ führen nur durch auf diesen Erkenntnissen begründeten modifizierten emotionalen Strategien zu deutlichen Verbesserungen. Deshalb besteht die Notwendigkeit, die bereits vorliegenden Erkenntnisse innerhalb des Themenbereichs emotionale Intelligenz zu recherchieren und auf die konkrete Situation des eigenen Musizierens sowie des Instrumentalunterrichts zu übertragen. Als Zielsetzung sollen mögliche Konsequenzen und Probleme aufgezeigt werden, diese im Hinblick auf deren Relevanz eingeordnet werden und darüber hinaus eigene Ideen und Tipps zusammengestellt werden.
Im zweiten Kapitel wird zunächst grundlegend erläutert, was unter „Emotionaler Intelligenz“ zu verstehen ist und wie man diese verbessern kann. Dazu wird ein kurzer Überblick über die Bedeutungen der Begriffe Intelligenz und Emotion und deren allgemeiner Zusammenhang zur Musik skizziert. Weiterhin soll gezeigt werden, dass dieses Thema nicht nur für Menschen mit offensichtlichen psychischen Störungen relevant ist, sondern jeden beliebigen Menschen betrifft.
Das dritte Kapitel soll den Kern des ersten Teils darstellen. Es wird mit der oben schon angesprochenen Problematik der „Angststellen“ begonnen, da hierin für viele Musiker die Hauptmotivation liegt, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen. Ferner soll es dann um Präventionsmaßnahmen gehen, so dass möglichst nicht erst falsch bzw. ungünstig mit Emotionen umgegangen wird. Wie bereits erwähnt, beschränkte sich die explosionsartig wachsende Literatur zum Thema „Emotionale Intelligenz“ anfangs vor allem auf allgemeinverständliche Selbsthilfebücher. Eine der ersten Veröffentlichungen mit einem konzeptionellen Trainingsprogramm für emotional intelligentes Verhalten, welches sowohl für eine Übertragung auf den Bereich Musikpraxis und -pädagogik geeignet erscheint, als auch ein relativ hohes Maß an Wissenschaftlichkeit aufweist, erschien 1999 unter dem Titel „EQ Training“ von Peter Schmidt.[2] Von dieser Grundlage ausgehend wird ein eigenes Trainingsprogramm vorgestellt, wodurch einerseits bestehende „Angststellen“ abgebaut werden können und welches andererseits ein präventives Vorgehen zum Schutz vor emotionalen Fehlhaltungen zu geben versucht. Weiterhin soll die Bedeutung der Trennung von technisch-motorischem und musikalischem Üben hervorgehoben werden, woraus sich neue Übetechniken ableiten lassen. Ziel soll es dabei sein, durch gesteigerte musikalische Aussagekraft auch beim Zuhörer die gewünschten Emotionen zu erzeugen. Darüber hinaus werden der Umgang mit Nervosität und der Zusammenhang zur Motivation thematisiert.
Erst im vierten Kapitel werden die Folgen für den Instrumentalunterricht beschrieben. Dies mag auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen, da der Titel der Arbeit den Schwerpunkt „Instrumentalunterricht“ erwarten ließe. Aus dem Kontext der Ausführungen wird allerdings klar, dass letztlich nur der Instrumentallehrer, der beim eigenen Üben genügend Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt hat, diese dann erst auf den Instrumentalunterricht übertragen kann. Die eigene Erkenntnis der grundlegenden Funktionsweisen von Gefühlen und deren Bedeutung führt in der Regel unweigerlich dazu, dass diese im Instrumentalunterricht den Schülern gegenüber vermittelt werden. Somit ist das dritte Kapitel nicht nur zur Verbesserung des eigenen Übens zu verstehen, sondern gleichzeitig auch notwendige Grundlage für die Unterrichtstätigkeit. Aus diesem Grund wird im vierten Kapitel besonders auf die zusätzlichen Fähigkeiten und Anforderungen, die sich aus der Zweierbeziehung zwischen Lehrer und Schüler ergeben, eingegangen. Dabei sollen möglichst kreativ viele Ideen und Anregungen zusammengestellt werden. Hierbei liegt der Schwerpunkt nicht nur auf theoretischen Überlegungen, sondern auch auf einer möglichst hohen Praxisrelevanz. Dieser Teil der Arbeit kann deshalb in keinem Bereich den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. In einigen Situationsbeschreibungen wurde bewusst aus der instrumentenspezifischen Perspektive eines Cellisten argumentiert. Die sich daraus ergebenden Einblicke und Erkenntnisse sollen den Leser aber durchaus dazu anregen, diese auf andere Instrumente zu übertragen.
Nachdem der erste Teil der Arbeit die Praxisrelevanz verdeutlicht hat, versucht der zweite Teil sich dem Thema ausgehend von den theoretischen Grundlagen und wissenschaftlichen Forschungsergebnissen anzunähern, betrachtet den Themenbereich emotionale Intelligenz nun aus dem Blickwinkel der allgemeinbildenden Schule und versucht dabei sowohl die Lehrer- als auch die Schülerperspektive zu berücksichtigen. Obwohl es sich dabei um ein relativ neues Fachgebiet innerhalb der pädagogischen Psychologie handelt, reichen vielfältige geistige Wurzeln weit zurück in die Menschheitsgeschichte. So gab König Salomo, der als einer der weisesten Menschen der Geschichte gilt, nachdem er vielfältige Lebenserfahrungen gesammelt hatte, den heranwachsenden Jünglingen einige väterliche Mahnungen mit auf ihren beginnenden Lebensweg. Welche Rolle dabei die Gefühle im Leben einnehmen sollen, zeigt der folgende Vers aus den Sprüchen Salomos: „Was ich dir jetzt rate, ist wichtiger als alles andere: Achte auf deine Gedanken und Gefühle, denn sie beeinflussen dein ganzes Leben!“[3] Trotz dieser jahrtausende alten Weisheit, welche bereits vor den Gefahren einer Dysbalance von Denken und Fühlen zu warnen scheint, ist auch heute noch zu beobachten, dass die modernen westlichen Gesellschaften vorherrschend vom Denken und Handeln bestimmt sind, während der Art und Weise wie sich Menschen fühlen und dementsprechend auch der aktiven Auseinandersetzung mit diesen Gefühlen in der Regel unbewusst eine Nebenrolle zugewiesen wird. Erst bei dem Versuch der Vorstellung eines Lebens ohne Gefühle kann zunehmend bewusst werden, wie allgegenwärtig und vielschichtig die Gefühlswelt menschliches Leben begleitet und beeinflusst.
Da gewisse Gefühle als lästig und störend empfunden werden, wenn z.B. Angst das Erklimmen eines hohen Berggipfels erschwert, wird häufig versucht, diese bewusst zu verdrängen. Positive Gefühle hingegen, wie z.B. die Freude über ein leckeres Essen, werden gerne in Kauf genommen, wobei ein zumeist unbewusstes Bestreben besteht, die positiven Gefühle derart zu vermehren, dass diese möglichst vielfältig, intensiv und langanhaltend erlebt werden können. Ebenso wird von vielen Menschen die Frage nach dem Sinn des Lebens häufig indirekt mit dem Erleben von möglichst vielen positiven Gefühlen beantwortet. Dabei ist die Ursachenzuschreibung in der Regel rein materiell. Wer würde schon, um im vorgenannten Beispiel zu bleiben, anstatt zu sagen „Ich freue mich auf meine Pizza!“ im vollen Bewusstsein feststellen „Ich möchte durch die Pizza ein Gefühl von Freude erleben!“?
Die Art und Weise wie sich Gefühle steuernd auswirken, wie sie die Motivation beeinflussen, welche Auswirkungen sie auf den Lernprozess haben, wie sich durch sie individuelle Wertprofile und somit auch der Musikgeschmack herausbilden und ganz grundsätzlich, welche Bedeutung Gefühle im Leben haben, bleibt in der Regel unbewusst und wird als nebensächlich betrachtet. Dieser permanent ablaufende, von vielen Faktoren beeinflusste komplexe Wechselwirkungsprozess ist keine neuzeitliche Erfindung, sondern prägt seit je her das menschliche Leben. Der zweite Teil dieser Arbeit versucht deshalb den Bezug zu den Wurzeln der Vergangenheit herzustellen, diese mit den aktuellsten Forschungsergebnissen zu verknüpfen und schließlich auf den Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen überblickartig und exemplarisch anzuwenden.
Das fünfte Kapitel untersucht zunächst den thematisch zentralen Begriff Emotion. Umgangssprachlich synonym verwendete Begriffe werden durch genauere Begriffsdefinitionen abgegrenzt, drei klassische Emotionstheorien, die auf unterschiedliche Art und Weise die Emotionsentstehung zu erklären versuchen, werden anhand ihrer Kernaussagen kurz dargestellt und die Frage nach den Funktionen von Emotionen wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
Im sechsten Kapitel werden die drei thematisch ebenso essentiellen Begriffe Intelligenz, Lernen und Musik in Zusammenhang mit dem Emotionsbegriff und dessen Wirkmechanismen und Sinnzusammenhängen gestellt. Es werden vorrangig Überschneidungsfelder der jeweiligen Begriffspaare betrachtet, um deren wichtigste Wechselwirkungen und Abhängigkeiten sowie gegenseitige Beeinflussungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Kern des zweiten Teils der Arbeit ist das siebte Kapitel, in dem das in den vorangegangenen Kapiteln erschlossene und weit verknüpfte Themengebiet Emotionen im Kontext der allgemeinbildenden Schule und aus dem Blickwinkel von aktuellen Forschungsarbeiten dargestellt wird. Die Vielzahl der vorliegenden aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichungen bezieht sich in der Regel auf einen eng eingegrenzten Detailaspekt innerhalb der sich immer weiter ausdifferenzierenden Forschungsrichtungen. Aussagen über den Gesamtzusammenhang bzw. eine entsprechende Einordnung und Bewertung der Detailergebnisse wird häufig nicht vorgenommen, eine umfassende Gesamtdarstellung der vielfältigen Einzelforschungen fehlt bisher gänzlich. Durch eine exemplarische Auswahl anwendungsrelevanter Forschungsergebnisse, deren überblickartige Darstellung sowie durch angedeutete Übertragungsmöglichkeiten auf die pädagogische Praxis wird innerhalb des siebten Kapitels dieser Arbeit versucht, diesem Mangel an Ganzheitlichkeit abzuhelfen. Lernen und Schulleistung stellen insgesamt eine der wichtigsten Aufgabenfelder der Schule dar. Dementsprechend werden zunächst die Auswirkungen und Einflüsse von Emotionen auf Lernen und Schulleistung erörtert. Darüber hinaus treten Emotionen in den unterschiedlichsten Situationen in der Schule auf und beeinflussen die Motivation bzw. die Handlungsbereitschaft. Für Lehrer und Schüler eröffnen sich durch bestimmte Strategien zur Emotionsregulation neue Möglichkeiten, jedoch auch Gefahren. Einen weiteren Schwerpunkt stellt abschließend das Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse dar.
Im achten Kapitel werden die Auswirkungen von Emotionen auf den Unterricht aus dem besonderen Blickwinkel des Musikunterrichts thematisiert. Aufgrund der permanenten Wirksamkeit werden dabei zunächst das Unterrichtsklima und dessen Folgen untersucht. Nachfolgend werden Stress und Flow, als zwei extrem gegensätzlich wirkende Erlebniszustände innerhalb des Musikunterrichts hinsichtlich ihrer negativen und positiven Konsequenzen vorgestellt, um eine möglichst große Bandbreite an Ausprägungsformen von unterschiedlichen emotionalen Zuständen aufzuzeigen.
Im neunten Kapitel findet schließlich die Übertragung auf die pädagogische Praxis des Musikunterrichts an allgemeinbildenden Schulen statt. Obwohl sich geradezu die im Kapitel 9.2 angedeutete unendlich große Anzahl an Themengebieten für eine Anwendung anbietet, soll bewusst nur ein Themenbereich, nämlich Musikgeschmack und Bewertung von Musik ausführlich erörtert werden. Nicht oberflächliche Vielfalt, sondern eine thematisch möglichst umfassende und tiefgehende Argumentation soll hier exemplarisch vorgestellt werden, wobei neben der Einbeziehung der in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Forschungsergebnisse auch vielfältige eigene Ideen und Konsequenzen erläutert werden.
Insgesamt scheint bei der formalen Gliederung der Arbeit verwunderlich zu sein, dass der anwendungsspezifischere und praktische erste Teil dem theoriedominierten zweiten Teil vorangeht. Da aber das Thema emotionale Intelligenz rein kognitiv schwer zugänglich ist und der Verstehensprozess immer nur in Wechselwirkung mit sinnlichem Erleben und praktischen Erfahrungen zu fördern ist, wurde diese Konzeption bewusst gewählt. Genauso wie ein Instrumentalschüler beispielsweise in seiner ersten Unterrichtsstunde nichts mit theoretischen Erkenntnissen zu motorischen Abläufen zur Verbesserung des Vibratos anfangen kann, weil er noch über keinerlei praktische Grundfertigkeiten und Erfahrungen verfügt, so ist die wechselseitige Beeinflussung von Theorie und Praxis unbedingt erforderlich, um sinnvolle Verständnisprozesse zu fördern. Praktische Erfahrungen und ein reflektierter Umgang mit diesen Erfahrungen liefern dabei erst eine gute Voraussetzung, um stärker theoretisch orientierte Sinnzusammenhänge wirklich verstehen zu können. Theorie und Praxis sollten dabei immer im Gleichgewicht bleiben, wobei praktische Erfahrungen häufig vorausgehen und die nötige Motivation auslösen, um sich auch mit rein theoretischen Zusammenhängen auseinander zu setzen und diese dann verstehen zu können. Verstehen bedeutet dementsprechend innerhalb der Thematik von Emotionen immer sowohl praktisches als auch theoretisches Verstehen und bedingt sich somit gegenseitig. Aus diesen Gründen stellt, in ähnlicher Weise wie das dritte Kapitel das vierte vorbereitet, der erste Teil der Arbeit eine Art Voraussetzung für den zweiten Teil dar und muss demnach auch an den Anfang gestellt werden. Diese Reihenfolge spiegelt sich im Übrigen auch in der Beschaffenheit der in den letzten Jahren erschienenen Literatur wieder. Nachdem über einige Jahre hinweg praxisorientierte Sekundärliteratur dominierte, nehmen nun immer stärker theoriebetonte wissenschaftliche Veröffentlichungen zu.
Abschließend soll eine grundsätzliche Anmerkung zum Stil der Arbeit vorangestellt werden: Der Begriff „Schüler“ steht innerhalb dieser Arbeit immer für Schülerinnen und Schüler, ebenso der Begriff „Lehrer“ für Lehrerinnen und Lehrer. Diese vereinfachte Schreibweise wurde bewusst gewählt, um einen besseren Lesefluss und erleichterte Verständlichkeit zu erreichen, beinhaltet darüber hinaus aber keine diskriminierende oder in irgendeiner Weise wertende Absicht. Textpassagen, die entweder die weibliche oder die männliche Form überwiegend oder ausschließlich ansprechen, sind explizit und eindeutig gekennzeichnet.
Teil I: Emotionale Intelligenz – Problembewältigung im Instrumentalunterricht
2 Was ist emotionale Intelligenz? – Wie kann man sie verbessern?
2.1 Entwicklung der Intelligenzdefinitionen
Um der Frage nach emotionaler Intelligenz nachzugehen, muss zunächst einmal geklärt werden, was Intelligenz ist und wie man sie definieren kann.
Intelligenz kann man allgemein als „besondere geistige Fähigkeit und Klugheit“[4] definieren. Die genaue Definition von Intelligenz hat sich allerdings im letzten Jahrhundert entscheidend gewandelt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts definierte man sie als „allgemeine geistige Fähigkeit“[5]. Gegen Ende dieses Jahrhunderts verstand man Intelligenz dann allerdings schon als Summe von unabhängigen und spezifischen Fähigkeiten. Die momentan aktuellste Definition stammt von H. Gardner[6]. Er hat den Begriff Intelligenz noch weiter differenziert und spricht von sieben Intelligenzsäulen:
1) Mathematisch-logische Intelligenz
2) Musikalische Intelligenz
3) Motorische Intelligenz
4) Räumliche Intelligenz
5) Sprachliche Intelligenz
6) Intrapersonale Intelligenz (beschreibt den Umgang mit sich selber)
7) Interpersonelle Intelligenz (beschreibt den Umgang mit anderen)
Gardner hat angemerkt, dass diese Einteilung nicht als Endergebnis zu verstehen ist. Eine weitere Differenzierung oder eine etwas andere Zusammenfassung der Bereiche ist durchaus möglich. In seinem neusten Buch fügt er diesem Model sogar noch eine 8.Säule hinzu: die praktische Intelligenz. „Das Erfassen der natürlichen Welt, wie es bei Jägern und Botanikern zum Ausdruck kommt“[7], stellt für ihn eine weitere eindeutig abzugrenzende Form von Intelligenz dar. Für die Praxis bedeutet das in jedem Fall, dass man nicht mehr nur von intelligent und weniger intelligent sprechen kann, sondern differenzieren muss. Die Intelligenz einer Person ist als Summe der einzelnen Bereiche der Intelligenz zu verstehen, die allerdings sehr unterschiedlich gewichtet sein können. Es gibt z.B. Menschen, die in einem Bereich extrem intelligent sind, aber in anderen Bereichen starke Defizite aufweisen. Deshalb ist bei der Beschreibung der Intelligenz eines Menschen nicht nur die Summe entscheidend, sondern auch die Verteilung der Fähigkeiten. Mit Intelligenztests hat man den Versuch unternommen, die Intelligenz mit Hilfe des sich daraus ergebenden Intelligenzquotienten (IQ) zu messen. Der IQ ist ein Vergleichsmaß. Der Wert der zu testenden Person wird zum Durchschnittswert einer vergleichbaren Gruppe[8] ins Verhältnis gesetzt. Diese klassischen Intelligenztests sind aber nur begrenzt aussagekräftig, da sie oft bloß wenige Teilbereiche der Intelligenz beinhalten. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Regel auf der logischen Intelligenz.
2.2 EQ – Emotionale Intelligenz
Für die intrapersonale und die interpersonelle Intelligenz führt D. Goleman den Begriff der emotionalen Intelligenz ein. „Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit, unsere eigenen Gefühle und die anderer zu erkennen, uns selbst zu motivieren und gut mit Emotionen in uns selbst und in unseren Beziehungen umzugehen“[9].
Nicht die objektiven Fähigkeiten stehen hierbei im Vordergrund, sondern die Art und Weise, wie wir uns selber und unsere Umgebung bewerten. Emotional intelligent sind diejenigen, die es schaffen positiv mit ihren eigenen Gefühlen und denen anderer umzugehen, so dass positive Lebenserfahrungen überwiegen und negative verringert werden können.
Der IQ, der in Gardners Modell die ersten fünf Säulen beinhaltet, trägt nur zu höchstens 20% zu den Faktoren bei, die den Lebenserfolg ausmachen.[10] Bei genauerem Hinsehen deckt sich diese Erkenntnis mit den Erfahrungen in der Praxis. Es gibt eine Reihe von hochintelligenten Menschen, die zwar auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet genial begabt sind, aber trotzdem mit ihrem Leben völlig unzufrieden sind, weil sie von negativen Gefühlen beherrscht werden und keinen Ausweg sehen, wie sie zu Zufriedenheit und einem positiven Lebenssinn gelangen. Ebenso kann man auch das Gegenteil beobachten. Menschen mit geringen geistigen Fähigkeiten, die unter sehr schlechten Lebensumständen leben, können oft ein großes Maß an emotionalen Fähigkeiten haben. Man spricht dann von emotionaler Kompetenz. Die Abkürzung EQ ist in Anlehnung an den Begriff IQ eingeführt worden. Ursprünglich bedeutete EQ emotionale Qualität. Inzwischen gilt EQ als Abkürzung für emotionale Intelligenz. Während sich der IQ also auf die denkenden, rationalen Fähigkeiten bezieht, beschreibt der EQ die fühlenden Fähigkeiten. Goleman spricht sogar von zwei Seelen, die wir in uns tragen. Eine emotionale, fühlende und eine rationale, denkende Seele.
Entstehungsgeschichtlich sind unsere emotionalen Fähigkeiten deutlich älter, als die sich erst relativ spät herausgebildeten kognitiven Fähigkeiten. Emotionen sind, wie man das auch gut bei Tieren beobachten kann, entscheidend für das Überleben und spielen eine zentrale Rolle bei lebenswichtigen Entscheidungen. Bei der Entstehung und dem Heranwachsen eines neuen Menschen spiegelt sich diese Tatsache in der Entwicklung des Gehirns wieder. Das limbische System, welches für die Emotionen verantwortlich ist, entwickelt sich schneller als der Neokortex, der unser denkendes Gehirn beschreibt. Da die emotionalen Bereiche frühzeitiger entstehen, bilden sich, von diesen ausgehend, unzählige Verbindungen zum „neueren“ Neokortex. Die emotionalen Zentren haben deshalb enorme Macht, die höheren Zentren zu beeinflussen. Jeder Mensch verfügt über ein angeborenes überlebenswichtiges Repertoire[11] von Emotionen und einen daran gekoppelten Handlungsimpuls. Unsere emotionale Verarbeitung ist außerdem viel schneller, als der kognitive Prozess, d.h. bei der Konfrontation mit einer neuen Situation kommt es fast augenblicklich zu einer emotionalen Bewertung, noch lange bevor wir uns die Situation durch unseren Verstand bewusst gemacht haben. Wenn wir z.B. einen neuen Menschen kennenlernen, haben wir sofort einen ersten (wertenden) Eindruck, ohne diesen verstandesmäßig begründen oder erklären zu können.
In der heutigen modernen Welt ändern sich die äußeren Bedingungen und damit auch die Notwendigkeit, sein Verhalten an diese Bedingungen anzupassen, rasend schnell. Unser Gehirn kann dieses Tempo nur bedingt mitgehen. Unsere emotionalen Reaktionen stammen also noch aus einer längst vergangenen Zeit. Wenn wir uns z.B. auf dem Podium befinden und die Zuhörer mit Musik verzaubern wollen, reagiert unser Körper mit einer Fluchtreaktion, die darauf abgestimmt ist, vor einer drohenden Gefahr, z.B. einem angreifenden Löwen, davonzulaufen und das Überleben zu sichern. Es kommt also darauf an, mit Hilfe unseres Verstandes unsere Emotionen besser kennenzulernen, um diese dann auch besser kontrollieren zu können. Es ist somit von entscheidender Bedeutung sich klarzumachen, wie unser emotionales System funktioniert. Schon das Beobachten unserer Gefühle und das Verstehen der Zusammenhänge bewirkt bei uns Veränderungen. Goleman verweist hier, wie ich finde sehr treffend, auf eine Ähnlichkeit mit der Quantenphysik[12]. In diesem physikalischen Versuch verändert allein die Tatsache, dass beobachtet wird, das Ergebnis.
2.3 Über die Funktion von Emotionen
Gefühle und der Umgang mit ihnen spielen bei emotional intelligentem Verhalten die entscheidende Rolle. Sie sind innere Phänomene besonderer Art. Es ist sehr wichtig, sie deutlich von Wahrnehmungen, Empfindungen, Vorstellungen und Gedanken zu unterscheiden. Gefühle sind zum überwiegenden Teil nonverbal und unterbewusst. Allerdings ist es möglich, sich seine Gefühle bewusst zu machen. Das sprachliche Ausformulieren der Gefühle hilft dabei, sie stärker aus dem unterbewussten Zustand, den sie größtenteils annehmen, ins Bewusstsein zu verlagern. Starke und grobe Gefühle nennt man Emotionen oder Affekte. Dies sind z.B. Wut, Ärger, Hass oder Leidenschaft. Schwächere, subtilere Gefühle, die weitaus stärker unterbewusst sind, nennt man Stimmungen (z.B. heiter, nervös, freundlich). Diese prägen unser Befinden wie eine durchscheinende Färbung. Emotionen sind zwar sehr stark, wirken aber meist nur über eine kurze Zeitspanne auf unser Verhalten, während Stimmungen über sehr lange Zeit anhalten können. Das wesentlichste Charakteristikum der Gefühle ist ihr Angenehm- bzw. Unangenehmsein[13]. Jedes Gefühl lässt sich eindeutig zu einer dieser Eigenschaften zuordnen. Es gibt zwar große graduelle Unterschiede, was die Intensität des Angenehm- oder Unangenehmseins angeht, aber trotzdem ist die Zuordnung immer sofort möglich. Hierin liegt auch der Unterschied zu allen anderen Formen der Wahrnehmung, wie Empfindungen und Gedanken. Gefühle beinhalten immer eine Wertung, währenddessen z.B. eine Wahrnehmung an sich völlig wertneutral ist.
Kennzeichen der Gefühle ist, dass sie diese Wahrnehmungen begleiten können. Diese Verbindung von Gefühl und Wahrnehmung besteht aber nicht notwendigerweise, d.h. man kann das Gefühl auch von der Wahrnehmung oder dem Gedanken abkoppeln. Methoden zur mentalen Beeinflussung setzen genau hier an diesem Punkt an. Gefühle, die Wahrnehmungen begleiten, wirken additiv, je nachdem, ob sie positiv oder negativ sind. D.h., wenn man viele Wahrnehmungen mit negativen Gefühlen erlebt, verstärken sich die negativen Gefühlsauszeichnungen gegenseitig. Das gleiche gilt auch für positive Gefühle. Unser Verhalten wird somit von den Gefühlen über die Werte gesteuert. Indem sich Gefühle an Wahrnehmungen oder Gedanken anheften, begründen sie, und zwar ausschließlich durch ihr Angenehm- oder Unangenehmsein, Werterfahrungen(Gefühlswert). Alle anderen Werte die wir haben sind vermittelte Werte(Werturteil), welche wiederum auf Gefühlswerten basieren.
Es gibt kein Leben ohne Gefühle, sie umgeben uns immer. Ihnen kommt deshalb in unserem Leben eine primäre Rolle zu. Die Frage nach dem Sinn des Lebens kann man mit Hilfe dieser Einsichten aus einem anderen Licht betrachten. Das Vorherrschen von positiven Gefühlen erscheint nun als wichtigster Faktor. Im Alltag gibt es aber leider oft einen folgenschweren Fehler. Als Menschen sind wir von Natur aus und durch gesellschaftliche Prägung naturalistisch bzw. objektivistisch orientiert, d.h. wir glauben, Glück hängt überwiegend von objektiven Faktoren ab. Hierbei wird aber das Glück selbst mit den Dingen und Sachverhalten, die eigentlich nur Mittel zu unserem Glück darstellen, verwechselt. Positive Gefühle erscheinen uns nur als Nebeneffekt, obwohl sie der eigentliche Sinn sind.
2.4 Wie kann man emotionale Intelligenz Verbessern?
Unser Leiden entsteht nicht durch den sachlichen Zusammenhang, sondern durch das negative Gefühlsmoment, welches sich an den sachlichen Zusammenhang heftet. Die mentalen Probleme zeigen sich auf der Gefühls- und der Gedankenebene und liegen immer im Bereich der Werterfahrungen bzw. Werturteile. Die Gefühle motivieren uns unterschiedlich, je nach dem, ob sie positiv oder negativ sind. Dadurch wird unser Handeln und Denken bestimmt. Ein Großteil dieser Gefühle ist unbewusst. Man spricht hier von unbewusster Motivation. Ziel von Methoden zur Verbesserung der emotionalen Fähigkeiten ist es nun, diese unbewussten Gefühle nach und nach stärker ins Bewusstsein zu holen, da erst hier eine positive Beeinflussung möglich ist.
Es gibt eine Reihe von Büchern zu diesem Thema, die unterschiedliche Methoden vorstellen. Die Unterschiede sind aber meist nur marginal und bestehen darin, dass verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden. Oft werden auch schon existierende Techniken aus anderen Gebieten oder Kulturkreisen mit einbezogen. Ich möchte versuchen, die wesentlichen Übereinstimmungen und allgemeinen Funktionsweisen solcher Trainingsmethoden zu umreißen.
In einem ersten Schritt wird die Fähigkeit, die eigenen Gefühle bewusster wahrzunehmen, trainiert. Die verbesserte Wahrnehmung ist nicht nur die Grundlage, um bestehende Probleme zu erkennen und verändern zu können, sondern bietet auch präventiven Schutz vor neuen Problemen. Wenn man negative Gefühle schneller und genauer erkennt, kann man angemessener darauf reagieren. Aus diesem Grund ist das Thema emotionale Intelligenz auch nicht nur etwas für Menschen die Probleme haben, sondern geht jeden an. Auf diesem Gebiet, wo es um die Grundstrukturen menschlichen Existierens geht, haben alle Menschen „Probleme“.
In einem zweiten Schritt geht es dann darum, die bewusstgemachten Gefühle von den daran gekoppelten sachlichen Zusammenhängen zu trennen und neu zu bewerten. Die moderne Verhaltenstherapie, die versucht, emotionale Fehleinschätzungen (Ängste) zu korrigieren und die kognitive Therapie, die falsche Ansichten, unbewusste Schlüsse und unklare Meinungen zu korrigieren versucht, dienen Methoden zur Verbesserung der emotionalen Intelligenz als Grundlage. Das Umlernen unerwünschter Emotionen stützt sich auf Methoden des Desensibilisierungstrainings.
In einem letzten Schritt soll unser Verhalten, durch eine Analyse unserer Werterfahrungen und das Erkennen von emotionalen Zusammenhängen, dauerhaft positiv ausgerichtet werden. Das Installieren von neuen, besseren Gedanken beeinflusst hierbei willentlich steuerbar unsere Gefühle. Die Grundlage solcher Methoden liefert das in den 70er Jahren entstandene Neurolinguistische Programmieren (NLP)[14]. Techniken wie z.B. „Anker setzen“, „Pacing und Leading“ und die „Einstreutechnik“ bewirken durch intelligentes Ausnutzen sprachlicher Möglichkeiten eine mentale Umprogrammierung. Es bilden sich somit neue Strategien für den Umgang mit Emotionen heraus.
Voraussetzung, um überhaupt eine Beeinflussung zu ermöglichen, ist ein Zustand relativer Ruhe und Entspannung. Es geht schließlich darum, in immer feinere Bereiche des Fühlens vorzustoßen und bis an die Grenze der Wahrnehmung zu kommen. In einem Zustand, wo starke Emotionen vorherrschen, ist keine Beeinflussung möglich. Wichtige Voraussetzung ist also das Erlernen einer Entspannungstechnik. Es gibt eine große Vielzahl von sehr unterschiedlichen Entspannungstechniken. Hierin liegt auch der wesentliche Unterschied der Methoden zur Verbesserung der emotionalen Intelligenz. Viele Entspannungstechniken bzw. Meditationsformen kommen aus Fernost (z.B. Yoga, Transzendentale Meditation) und haben oft einen religiösen oder esoterischen Hintergrund. Es gibt aber auch meditative Techniken, die zwar einen religiösen Ursprung haben, aber mit Hilfe von Begriffen der westlichen Psychologie beleuchtet und auf den psychologisch wirksamen Kern reduziert wurden, um weltanschaulich neutral eingesetzt werden zu können (z.B. Mantrameditation[15]). Die für westlich geprägte Menschen am schnellsten zu erlernenden Techniken sind wohl die progressive Muskelentspannung nach Jakobsen und das Autogene Training. Jeder sollte die ihm am angenehmsten erscheinende Methode wählen, um nicht durch negative Gefühle der Technik gegenüber, z.B. durch unbewusste Vorbehalte gegenüber religiösen Zusammenhängen, den Erfolg zu schmälern.
Das wichtigste Ziel des emotionalen Intelligenztrainings ist die Selbstbeherrschung. Die eigenen Impulse zu kennen (Selbstwahrnehmung), handhaben und kontrollieren zu können, ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Umgang mit Emotionen in der Praxis. Durch einen besseren Umgang mit seinen eigenen Emotionen ist es möglich, die Selbstsicherheit zu erhöhen und das Vorherrschen von positiven Gefühlen im Leben zu ermöglichen. Wer mit seinen eigenen Gefühlen besser umgehen kann, kann dann auch lernen, mit den Gefühlen von anderen besser umzugehen. Die Steigerung der emphatischen Fähigkeiten ist ein weiteres wichtiges Ziel. In der Praxis spiegelt sich dies in einer verbesserten Menschenkenntnis wieder. Daraus ergibt sich dann die Kunst, mit den Emotionen anderer umzugehen. Ein verbesserter Umgang in den Beziehungen (z.B. Partnerschaft, Freunde) ist letztlich Ziel von emotional intelligentem Verhalten, da menschliches Leben auf Kommunikation und den Beziehungen zu anderen aufgebaut ist. Durch intensivere, längerandauernde und tiefergehende Beziehungen bekommt das Leben eine ganz andere Qualität.
2.5 Über die Bedeutung von Emotionen in der Musik
Musik ist eine Sprache, die keine Ländergrenzen kennt.[16] Wenn zwei Menschen verschiedene Sprachen sprechen, können sie trotzdem miteinander Musik machen. Musik ist international, sie wird von allen Menschen verstanden. Mit etwas Einfühlungsvermögen kann man auch Musik aus völlig anderen Kulturkreisen bis zu einem gewissen Grad verstehen. Wie kann das funktionieren?
Es gibt eine naheliegende Erklärung: Musik ist die Sprache der Emotionen. So lässt sich das Phänomen der Internationalität erklären. Die wichtigsten Emotionen wie Zorn, Trauer, Furcht, Freude, Liebe, Überraschung, Ekel und Scham führen bei allen Menschen zu grundsätzlich gleichen emotionalen Verhaltensmustern. Paul Ekman[17] fand heraus, dass es bestimmte Basisemotionen gibt, die von allen Menschen nur aufgrund des jeweils unterschiedlichen Gesichtsausdruckes eindeutig erkannt werden. Er ging zunächst von den vier Basisemotionen Furcht, Zorn, Trauer und Glück aus. In seinen neusten Ausführungen geht er allerdings sogar von insgesamt sieben Basisemotionen, nämlich Fröhlichkeit, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung, aus.[18]
Musik ohne Emotionen ist völlig undenkbar. Meiner Meinung nach sollte sich deshalb jeder Musiker im Besonderen mit dem Thema „emotionale Intelligenz“ auseinandersetzen. Schließlich sollte das Ziel des musikalischen Vortrages sein, beim Hörer die gewünschten Gefühle zu erzielen. Um dies zu können, muss man zunächst seine eigenen Gefühle kennen und wissen, wie man damit umgeht. Ebenso ist es beim Unterrichten wichtig, dass der Lehrer gut mit den Gefühlen des Schülers umgehen kann. Fachliche Kompetenz ist daher zwar Grundlage für den Unterricht, entscheidet aber nicht über deren Erfolg oder Misserfolg.
3 Emotional intelligentes Üben
3.1 Umgang mit Angststellen
Wie in der Einleitung schon erwähnt, war für mich persönlich der Umgang mit sogenannten Angststellen der entscheidende Ansatzpunkt, um mich mit dem Thema emotionale Intelligenz näher zu befassen. Ich glaube nicht, dass dieser Bereich nur zufällig Ausgangspunkt für die weitere Auseinandersetzung war. Bei Angststellen ist der Leidensdruck am größten. Man hat schließlich viel Zeit und Energie darauf verwendet, die Stelle gut zu üben, und man will vielleicht auch einem relativ hohen Erwartungsdruck gerecht werden. Deshalb ist bei solchen Stellen automatisch die Motivation, etwas zu ändern und neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen zu sein, am größten. Wenn hierbei dann Fortschritte erzielt werden, wird sich auch in anderen Bereichen die Einsicht zur Veränderung durchsetzen. Aus diesem Grund möchte ich die Problematik der Angststellen an den Anfang meiner eigenen Ausführungen stellen.
3.1.1 Wie kommt es überhaupt zu Angststellen?
Oft gibt es die ersten Anzeichen dafür schon, bevor ein Stück das aller erste Mal geübt wird. Jeder fängt ein neues Stück mit einer bestimmten Erwartungshaltung an. Zu hoher Respekt kann schon erste Gefühle der Angst auslösen, insbesondere wenn dies noch einhergeht mit einem geringen Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Die Einstellung: „Das Stück ist so schwer, ich werde es nie können“ ist äußerst kontraproduktiv und kann leicht zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Unrealistische Ziele können ebenso negative Gefühle auslösen. „Ich muss die Stelle unbedingt perfekt spielen können“, ist sicherlich ein sehr schlecht gewähltes Ziel. Weiterhin kann eine ungünstige Körperhaltung am Instrument sehr starke und dauerhaft negative Gefühle bewirken. Insbesondere der Gesichtsausdruck beeinflusst den Gefühlshaushalt sehr stark. Ein griesgrämiges oder ängstlich verspanntes Gesicht löst automatisch stark negative Gefühle aus. Diese negativen Gefühle wiederum ändern den Spannungszustand in den Muskeln und sorgen so dafür, dass die Stelle noch schlechter funktioniert. Alle diese negativen Gefühle werden bei dem vielen Üben der Stelle oft unbewusst mit eingeübt. Deshalb findet man jetzt auch keine wirkliche Erklärung für das Versagen. Mal geht die Stelle besser, ein anderes mal wieder überhaupt nicht. Man ist zum Spielball seiner Gefühle geworden, ohne sich dessen bewusst zu sein. Es ist ein sich aufschaukelnder Teufelskreis entstanden, der deswegen immer stärker wird, weil Gefühle additiv wirken. Wenn man also die Stelle auf die gleiche Art und Weise noch zwei Stunden übt, übt man unbewusst die negativen Gefühle, die inzwischen schon fest mit der Stelle verankert sind, mit ein. Für negative Gefühle hat der Mensch (leider) ein hervorragendes Gedächtnis. Verbunden mit diesen negativen Gefühlen sind dann in der Regel auch negative Gedanken, oft auch aus anderen Lebenssituationen. Wenn in solcher Lage dann ein Vorspiel zu absolvieren ist, ist der Ausgang unschwer abzusehen. Bei Vorspielen oder Konzerten handelt es sich um Extremsituationen. Der ganze Körper ist stark aktiviert und leistungsfähig. Das gilt ebenso für das emotionale Gedächtnis. Ein Misserfolg, mit allen seinen sehr schlechten Gefühlen, bleibt also sehr intensiv und lange im Gedächtnis haften. Daraus kann sogar ein regelrechtes Trauma entstehen, welches stark mit dem jeweiligen Stück, der Angststelle oder mit Vorspielsituationen im Allgemeinen in Verbindung steht.
3.1.2 Vielfältige Ursachen von Angststellen
Darüber hinaus gibt es noch weitere Ursachen für das Entstehen von Angststellen. Es gibt Tage, an denen Nichts klappt. Anstatt sich mal auszuruhen und neue Kraft zu schöpfen, wird man jetzt vom schlechten Gewissen zu verbissenem Üben angetrieben. Schließlich funktioniert die Stelle noch längst nicht und der nächste Vorspieltermin ist eventuell schon beängstigend nah. Wenn mit dieser körperlichen Grundeinstellung eine Stelle sehr lange geübt wird, kann man sich damit unbewusst Missempfindungen mit einprägen. Starke negative Gefühle setzen die Sensibilität herab. Diese benötigt man allerdings, um sich ein klares Bild der eigenen Situation zu machen. Ein besonnenes Suchen nach passenden Lösungen für das Problem ist in diesem Zustand nicht mehr möglich. Es herrscht jetzt die Devise: „Augen zu und durch ...“.[19]
Mängel am Instrument können ebenso Auslöser für negative Gefühle sein. Hierbei ist der Umgang mit dem Mangel entscheidend. Wenn man diesen irgendwie beheben kann, sollte man es, ohne zu zögern, sofort tun. Das ist der einfachste Weg seine Gefühle wieder positiv auszurichten. Wenn dies aus irgendwelchen Gründen nicht geht, muss man lernen, wie man mit Hilfe von Gedanken seine negativen Empfindungen zumindest abschwächen kann. Völlig sinnlos ist es hingegen, sich deswegen emotional aufzuschaukeln. Wenn ein Streicher z.B. mit der Qualität seines Instrumentes nicht zufrieden ist, so ist es äußerst unsinnvoll, sich beim Üben ständig emotional an den Mängeln aufzuladen[20]. Diese werden dadurch subjektiv immer schlimmer, weil sie stärker ins Bewusstsein verlagert werden, wodurch auch das zu übende Stück Schaden nimmt.
Musikalische Gestaltung ist ein sehr wichtiger Punkt. Fehlt an einer Stelle jegliche musikalische Vorstellung, so ist diese Stelle besonders anfällig für sich ansammelnde Missempfindungen. Bei technisch schwierigen Passagen ist das oft der Fall. Musikalische Vorstellung beinhaltet konkrete und relativ starke Gefühle. Wenn diese nicht vorhanden sind, können selbst geringe Missempfindungen, welche unausweichlich von Zeit zu Zeit entstehen, die Oberhand gewinnen. Musikalische Vorstellung kann bis zu einem gewissen Grad technisch schwierige Stellen erleichtern. Es gibt aber auch Stellen, bei denen ein problematischer musikalischer Ausdruck Auslöser für manuelle Probleme und damit verbundene negative Gefühle ist. Wenn der musikalische Ausdruck höchste Leidenschaft und Intensität fordert, fällt eine technisch anspruchsvolle Stelle viel schwerer, als eine vergleichbar anspruchsvolle Stelle, die mit einem musikalischen Ausdruck von entspannter Fröhlichkeit gepaart ist.
3.2 Was kann man dagegen tun? – Ein Trainingsprogramm.
Ein erster wichtiger Schritt ist einzusehen, welche Bedeutung den Gefühlen beim Musikmachen zukommt. Nicht selten ist die volle Aufmerksamkeit nur auf motorisches Üben und die Entwicklung von manuellen Fähigkeiten ausgerichtet. Ebenso ist das theoretische Verstehen von Musik zwar für die musikalische Ausbildung sehr wichtig, hilft aber bei der Bewältigung der emotionalen Anforderungen nicht weiter. Gefühle spielen in allen Lebensbereichen eine primäre Rolle. Deshalb sollte diese Tatsache auch beim Üben besondere Beachtung finden.
Im zweiten Schritt gilt es, sich ein möglichst umfassendes Wissen über Gefühle und das emotionale System anzueignen. Die theoretischen Kenntnisse sollten dabei nicht im Vordergrund stehen. Ein praktisch nachvollziehbares Verstehen ist anzustreben. Die Funktionsweise von Emotionen zu verstehen ist kein Selbstzweck, sondern impliziert schon die ersten Veränderungen. Wenn man sich darum bemüht, seine Gefühle und deren vielschichtige Wechselwirkungen in der Praxis nachzuvollziehen, ändert das automatisch den Umgang mit Gefühlen, da jeder Mensch von Natur aus das Negative meidet und zum Positiven strebt.[21]
Um zu einem besseren Umgang mit Gefühlen zu kommen, habe ich im Folgenden versucht, ein Trainingsprogramm zu erstellen. Ich habe es, mit einigen Abänderungen, an das „EQ-Training“ von Peter Schmidt angelehnt. Dieses schien mir als Vorbild besonders gut zum Übertragen auf den Musikbereich geeignet, da es nicht religiös eingefärbt ist, weltanschaulich neutral bleibt und der Autor die Übertragung in andere Lebensbereiche nahe legt. Ausschlaggebend war aber auch die Überlegung, dass sich nur eine Methode in Verbindung mit dem Üben bringen lässt, die einerseits nicht völlig konzentrativ ist, da ansonsten keine Aufmerksamkeit mehr für die eigentliche Übetätigkeit vorhanden wäre. Andererseits steht eine total nicht-konzentrative Methode im Widerspruch zu der stark konzentrativen Tätigkeit des Übens. Eine nur schwach konzentrative Methode wäre also ideal. Dies ist beim „EQ-Training“ der Fall.
Die Verknüpfung mit dem Üben hat den praktischen Vorteil, dass man dies wohl besser und länger durchhalten kann, als eine separat durchzuführende und zeitaufwendige Meditation.[22] Zur besseren Übersicht habe ich eine Einteilung in drei Stufen vorgenommen. Diese sollen nicht einmalig durchschritten werden, sondern bauen permanent aufeinander auf, um nach und nach zu einem festen Bestandteil beim Üben zu werden. Da dieser Weg nach Innen anfangs etwas Mut und die Fähigkeit entspannt loslassen zu können beinhaltet, erscheint es mir wichtig, für das Üben der ersten Schritte eine geeignete Übeumgebung auszuwählen. Ein Ort relativer Ruhe und Abgeschlossenheit, an dem man sich nicht beobachtet fühlt, erscheint mir als ideal.
3.2.1 Stufe I – Wahrnehmungsverbesserung
Das Zulassen[23] von Gefühlen soll hier die Grundhaltung sein. Jegliche Gefühle, egal ob positiv oder negativ, sollen zulassend wahrgenommen werden, ohne dass man ihnen dabei einen Wert beimisst. Zulassen ist zwar als eine zielgerichtete Aktivität zu verstehen, jedoch soll dabei versucht werden, die Absicht auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Leichtigkeit und Natürlichkeit kennzeichnen die Haupteinstellung.
Um mit dem Wahrnehmen von Gefühlen beim Üben erst einmal vertraut zu werden und erste Erfahrungen zu sammeln, sollte man nicht gleich mit den schlimmsten Angststellen beginnen. Es wäre daher gut, sich ein kurzes Stück oder eine überschaubare Stelle aus einem Stück vorzunehmen, welches man lange und intensiv geübt hat und mit dem man auch schon vielfältige Erfahrungen, wie z.B. Vorspiele, gesammelt hat. Damit ist gewährleistet, dass im Unterbewusstsein viele emotionale Erlebnisse mit dem Stück eng verknüpft sind. Diese aufzudecken und bewusst zu machen, ist erklärtes Ziel. Wenn man jetzt mit dem Üben beginnt, sollte man eigentlich gar nicht viel anders machen, als beim „normalen Üben“ dieser Stelle. Ein einigermaßen klares und begrenztes Ziel beim Üben hilft, um nicht irgendwie durcheinander zu üben. Beispielsweise könnte man sich vornehmen, die Intonation der Stelle zu verbessern, oder die Stelle auf rhythmische Genauigkeit und gleichmäßige Geläufigkeit der Finger durchzuschauen. Jeder kann das Übekriterium auswählen, welches ihm am vordringlichsten erscheint. Nur sollte man nicht versuchen, zu emotional zu üben und zu stark am Ausdruck zu feilen, da ansonsten zu starke Gefühle mit im Spiel sind, die die Wahrnehmung der feineren Gefühle beeinträchtigen könnten.
Der Schweregrad der gestellten Aufgabe sollte daher eher im mittleren Bereich liegen und das gestellte Ziel des Übens eindeutig so, dass es auch in der zur Verfügung stehenden Zeit zu erfüllen ist. Eine zu schwere Aufgabe würde die gesamte Konzentration in Anspruch nehmen, so dass keine Aufmerksamkeit mehr zur Verfügung stünde, um Gefühle wahrzunehmen. Beim Üben soll die Hauptaufmerksamkeit jetzt eindeutig auf der gestellten Aufgabe liegen. Mit dem verbleibenden Rest an Aufmerksamkeit soll nun versucht werden wahrzunehmen, welche Gefühle sich allmählich einstellen und wie sie sich ggf. verändern. Sie sollen nicht deutlich gedacht, sondern eher wie aus den Augenwinkeln heraus betrachtet werden. Das dabei eine gewisse Unschärfe in der Wahrnehmung übrig bleibt, ist unvermeidbar. Die Klarheit der Wahrnehmung zu verbessern, benötigt einige Zeit und viele Wiederholungen. Bei der Wahrnehmung der Gefühle ist es völlig gleichgültig, um welche Art von Gefühlen es sich dabei handelt. Wichtig ist, dass man den jetzt bewusstwerdenden Gefühlen keinerlei Wert beimisst. Es ist dabei hilfreich, diesen Gefühlen innerlich möglichst entspannt und fast gleichgültig entgegenzutreten. Es geht darum, die wahrgenommenen Gefühle ins Bewusstsein zu holen und sich diese dort zu merken. Die beste Methode dafür ist, zu versuchen, die Gefühle mit Worten auszudrücken. Verbalisierte Gefühle können viel besser im Bewusstsein gehalten werden. Es ist deshalb sinnvoll, sich diese wenigstens stichpunktartig aufzuschreiben, um sie nicht zu vergessen. Dieses allgemeine Zulassen kann man dann weiter differenzieren, indem man jetzt nacheinander mehrere Teilbereiche näher beobachtet. Welche Gefühle löst beispielsweise die Beobachtung der rechten Hand oder des Gesichtes aus? Alle Körperregionen können auf diese Art und Weise durchgegangen werden. Es wird sehr interessant sein festzustellen, dass jede Region zu sehr unterschiedlichen Gefühlswahrnehmungen führen kann. Ebenso kann man beim wiederholten Üben in dieser Stufe die gestellte Aufgabe in ihrer Art variieren und kommt höchstwahrscheinlich ebenfalls zu unterschiedlichen Gefühlsmustern. Beispielsweise könnte das Üben auf Intonationssicherheit viel stärker zu negativen Gefühlen führen als das Üben von guter Bogeneinteilung (bei Streichern) oder das Üben im Zeitlupentempo. Die Unterschiede können individuell sehr verschiedenartig sein.
Anfangs wird es sicher schwer fallen, längere Zeit beim Üben in dieser ersten Stufe zu verweilen. Es kann durchaus passieren, dass sich schon nach fünf Minuten des Übens mit begleitender Gefühlswahrnehmung die Gewohnheit des normalen Übens wieder durchsetzt. Dies ist insbesondere deswegen fast unvermeidbar, weil der Zustand des mitbewussten[24] Wahrnehmens schwer aufrecht zu erhalten ist.[25] Deshalb ist es wichtig, sich möglichst oft und immer wieder neu den Impuls zu diesem Üben zu geben, damit das Wahrnehmen von immer feiner werdenden Gefühlen ein fester Bestandteil des zur Verfügung stehenden Repertoires an Übemöglichkeiten werden kann.
Die stärkste Form des Zulassens ist das Körperfühlen[26]. Hierbei sucht die Aufmerksamkeit jetzt vor allem starke negative Gefühle auf, um diese in entspannter Haltung auszufühlen. Es werden nun vornehmlich Angststellen unter die Lupe genommen. Man sollte beim Üben dieser Stellen nicht versuchen den starken negativen Gefühlen auszuweichen, sondern diese eher bewusst aufsuchen und ohne eine Wertung wahrzunehmen. Negative Gefühle kann man hierbei als Indikatoren von Problemen und Schwierigkeiten ansehen. Wenn die Stelle jetzt schlecht klingt, unsauber wird, oder man sich verspielt, ist das überhaupt nicht schlimm. Schlimm wäre es nur, wenn man sich dadurch zu negativen Gefühlen hinreißen ließe. Es kann durchaus sein, dass, indem man sich die negativen Gefühle stärker ins Bewusstsein holt, die Stellen noch schlechter klappen. Diese Tatsache muss man vorübergehend in Kauf nehmen, um zuerst einmal die emotionale Befindlichkeit der Stelle reparieren zu können. Gut währe es, mehre Angststellen nebeneinander zu betrachten, um Gemeinsamkeiten der Gefühle und der damit verbundenen Gedankenmuster wahrzunehmen. Fallen einem beispielsweise beim Üben dieser Stellen ähnliche Lebenssituationen, oder damit verbundene Assoziationen ein? Ist mit diesen Stellen immer die Angst vor Vorspielen, die Angst vorm Lehrer oder irgendwelchen anderen Situationen verbunden? Welche Körperreaktionen begleiten diese Stellen und in welcher Intensität? Entscheidende Hinweise gibt oft auch das innere Spiel der Gedanken[27]. Kommen bei solchen Stellen häufig ungewollt Gedanken auf, wie: „Meine Finger sind für die Stelle einfach nicht schnell genug“, „Gleich werde ich mich verspielen“, oder „Ausgerechnet jetzt klappt wieder gar nichts“?
In dieser ersten Stufe soll aber noch nicht versucht werden nach Lösungen, Erklärungen oder Zusammenhängen zu suchen. Es geht lediglich um eine möglichst genaue Wahrnehmung. Zusätzlich ist es aber auch äußerst entspannend und angenehm, negative Gefühle nicht zu bewerten, da dadurch der Angst die Grundlage genommen wird. Eine schwierige Stelle einmal mit der Einstellung zu spielen, dass es völlig egal ist, ob sie besonders schlecht oder gut klappt, kann sehr befreiend sein.
Ziel dieser ersten Stufe ist es, in immer subtilere Bereiche des Fühlens vorzudringen und so den Körper mit seinen individuell unterschiedlichen emotionalen Abläufen in größerer räumlicher Tiefe wahrzunehmen. Die These aus der Psychoanalyse, dass Gedanken biochemische Veränderungen im Körper verursachen, soll anhand der Gedankenbeobachtung bei Angststellen durch das Bewusstwerden dieser Veränderungen erlebbar nachvollzogen werden. Durch die Erweiterung des Wahrnehmungsfeldes werden viele negative Gefühle und Ängste durch Desensibilisierung abgeschwächt oder sogar ganz verlernt. Der zulassende Umgang mit negativen Gefühlen und Gedanken soll immer stärker zum ständigen Bestandteil des Übens werden.
3.2.2 Stufe II – Selbstbeherrschung lernen
Das Üben in der Stufe eins mündet fast automatisch nach einiger Zeit in einen Zustand ruhiger, innerer Wachheit in der eigenen Mitte. Dem Bewusstsein ist es jetzt leicht möglich, seine inneren Muster zu erkennen und auch feinste Gefühlsimpulse wahrzunehmen. Ebenso gelingt das Loslassen von Werten und Unwerten mühelos. Es scheint fast so, als würde man sich selber als inaktiver, innerer Zeuge beobachten. Dieser Zustand kann auch als Selbstzentrierung bezeichnet werden. Tiefe Einsichten über die wesentlichen Zusammenhänge von Gefühlen, Gedanken und allen Arten der Wahrnehmung führen nun zu einem besseren Verständnis des emotionalen Systems. Dieses Verstehen ermöglicht es jetzt, positive Tendenzen zu fördern und negative Handlungen und Erfahrungen zu vermeiden. Es wird also möglich, seine Impulse zu kontrollieren, was man auch als Selbstbeherrschung bezeichnen kann.
Aus den vorangegangenen allgemeinen Erläuterungen zur Stufe zwei kann man schon entnehmen, dass eine strikte Abgrenzung zur ersten Stufe nicht immer möglich ist. Ein oftmals nicht steuerbares Wechseln zwischen diesen beiden Stufen lässt sich nicht ganz vermeiden, ist aber auch durchaus erwünscht. Die Erkenntnisse, die jetzt klar und bewusst werden, stellen sich meist spontan ein. Es kann einem z.B. nach einiger Zeit des mitbewussten Beobachtens des Gesichtsausdruckes an einer bestimmten Stelle klar werden, dass genau diese Verspannung mit negativen Gedanken wie „heute bin ich besonders fest“ einhergeht. Der Mechanismus wird jetzt nicht theoretisch, sondern praktisch klar: Die Anspannung im Gesicht löst negative Gedanken und Gefühle aus, welche wiederum das Gelingen der Stelle negativ beeinflussen. Theoretisch ist das schnell verstanden, aber nur wer diese Erfahrung praktisch erlebt hat, wird sein Verhalten ändern. Die Veränderung erfolgt dann fast automatisch, da die Notwendigkeit und die Tragweite erkannt worden sind. Somit ist es jetzt möglich an die Ursachen des Problems heranzugehen, anstatt nur an den Symptomen herumzudoktern. Wenn es beim Üben zu solchen spontanen Einsichten kommt, ist es wichtig, diese sofort umzusetzen und einige Zeit darauf zu verwenden, die Stelle auf diese neu entdeckte Art zu üben. Einmaliges kognitives Verstehen bringt allein noch nichts. Die emotionalen Veränderungen müssen genauso geübt werden wie z.B. ein schwerer Lagenwechsel. Nur durch viele Wiederholungen wird die Veränderung dauerhaft. Die Lagenwechselübung dient noch aus einem weiteren Grund als gutes Beispiel: Übt man diesen oft, aber schlampig, korrigiert also immer etwas nach und übt somit unsystematisch, so ist das Resultat schlecht. Der Vorgang an sich wurde zwar durch vieles Üben stabilisiert, aber dessen Qualität ist schlecht. Ebenso sollte man auch beim Üben von emotionalen Abläufen auf eine gute Qualität achten. Der Treffgenauigkeit beim Lagenwechsel kann hier die Genauigkeit des Verstehens der Zusammenhänge gegenübergestellt werden.
Ich möchte nun noch einige Bereiche ansprechen, in welchen verbesserte Selbstwahrnehmung zu verändernden Einsichten führen kann. Negative Gedanken, wie „Ich werde diese Stelle nie bewältigen“, können zu ungünstigen Körperreaktionen führen. Die verzweifelte Schlappheit und Unentschlossenheit, die dieser Gedanke ausdrückt, kann zu einer Veränderung der Muskelspannung führen, die dann ein Gelingen der Stelle unmöglich macht. Durch das Erkennen dieser Tatsache kann die Stärke des Gedankens herabgesetzt werden. Positivere Gedanken, die nur von der übermäßigen Stärke des negativen Gedankens überdeckt wurden, können jetzt bewusst gemacht werden. In einem zweiten Schritt des Verstehens kann dann der Nutzen dieser positiven Gedanken in gleicher Weise erkannt werden, wodurch diese gefördert werden. Schlechte negative Vorspielerfahrung ist ein weiterer Punkt. Beim Üben einer Stelle zu sehr an die damit verbundene Vorspielerfahrung zu denken, wirkt in ähnlicher Weise. Eine Abkoppelung dieser Negativerfahrung von der zu übenden Stelle ist in dem Zustand der Stufe zwei nun möglich. Es gibt vielleicht positivere Erfahrungen die man sich beim Üben der Stelle stärker vor Augen halten könnte, oder man versucht Gedanken an eine neue, besser verlaufende Situation in der Zukunft zu stärken. Kritische Äußerungen des Lehrers lassen sich ebenfalls besser umsetzen, indem man versucht, die lähmenden negativen Gefühle abzukoppeln und sie auf ihren konstruktiv kritischen Gehalt zu reduzieren. Weiterhin kann auch die Sinnlosigkeit von zu hoch oder falsch gesteckten Zielen bewusst werden.
[...]
[1] vgl. D. Goleman: EQ. Emotionale Intelligenz, 1995
[2] vgl. P. Schmidt: EQ Training. Die Praxis der emotionalen Intelligenz, 1999
[3] Die Bibel, deutsche Übersetzung: Hoffnung für alle, 2002, Sprüche 4, 23
[4] Diese Definition ist in den meisten allgemein zugänglichen Lexika so oder ähnlich formuliert zu finden. Vgl. u.a. Bertelsmann Universal Lexikon, Gütersloh 1990, S. 400
[5] Diese Formulierung geht auf die Intelligenzdefinition von William Stern aus dem Jahre 1912 zurück. Vgl. u.a. W. Deutsch (Hrsg.): Über die verborgene Aktualität von William Stern, Frankfurt/M. 1991
[6] vgl. H. Gardner: Abschied vom IQ, 2001
[7] s. H. Gardner: Kreative Intelligenz, 1999, S.53
[8] Die „vergleichbare Gruppe“ bezieht sich in der Regel auf das Alter. Zusätzlich können aber auch Faktoren
wie Herkunft, Geschlecht, soziales Umfeld, o.ä. berücksichtigt werden.
[9] s. P. Schmidt, 1999, S.227
[10] s. D.Goleman, 1995, S.54
[11] s. D.Goleman, 1995, S.20
[12] s. D. Goleman, 1995, S.13
[13] vgl. P. Schmidt, 1999, S.32 ff.
[14] vgl. W. Bachmann: NLP – Wie geht das? 2001
[15] vgl. P. Schmidt, 1999, S.90 ff.
[16] vgl. P. Röbke: Der Instrumentalschüler als Interpret, 1990, S. 13 ff.
[17] vgl. P. Ekman: Gefühle lesen, 2004
[18] vgl. D. Goleman, 1995, S. 364 ff.
[19] vgl. R. Klöppel: Mentales Training für Musiker, 1996, S. 114 f.
[20] So kann es z.B. aus finanziellen Gründen nicht möglich sein, ein besseres Instrument zu kaufen.
[21] Für Menschen mit einer diesbezüglichen psychischen Störung kann dies nur eingeschränkt gelten.
[22] Ich möchte jegliche Art von meditativen Übungen ohne Instrument damit keineswegs abqualifizieren. Der positive Nutzen dieser Übungen steht außer Frage, aber leider fällt es oft schwer, diese in der Praxis regelmäßig und konsequent durchzuhalten.
[23] s. P.Schmidt, 1999, S.48
[24] Der Begriff „mitbewusst“ beschreibt den Zustand, in dem die Gefühle gesehen werden sollen. Gemeint ist gewissermaßen eine Mittelstellung zwischen bewusst und unbewusst.
[25] s. P. Schmidt, 1999, S. 119
[26] s. P. Schmidt, 1999, S. 81
[27] vgl. W. T. Gallwey: Tennis und Psyche – Das Innere Spiel, 1974
- Quote paper
- Dipl. Orchestermusiker/Dipl. Instrumentalpädagoge Rafael Gütter (Author), 2006, Emotionale Intelligenz und Musiklernen im Instrumentalunterricht und im Musikunterricht der allgemeinbildenden Schule, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77630
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