Häufig scheint es gefordert, die Notwendigkeit von Bewegungs- und Entspannungsverfahren, gerade auch in der Suchttherapie, zu erläutern und gegenüber gängigen psychotherapeutischen Methoden zu verteidigen. Das Bewegen ist aber, als fortwährender, sich entfaltender Prozess, zentraler Aspekt des Lebens selbst, so dass über den Sinn und Zweck desselben nicht weiter diskutiert werden müsste. WEINBERG erläutert, dass es vielmehr wichtiger ist das Bewegen in Hinblick auf dessen Qualität, also dessen Einfluss auf beispielsweise Lebendigkeit, Gesunderhaltung, Lebensgenuss und Freizeitgestaltung, zu untersuchen.
Einen Schwerpunkt dieser Arbeit bildet die Darstellung des, bisher unveröffentlichten, Modells Wilhelm MERTENS’, zur Suchtentstehung und den Wirkmechanismen, die das Qigong für betroffenen Menschen bietet. Dieses Modell wird mit verbreiteten Thesen der Gesundheits- und Suchtforschung in Beziehung gesetzt, um so eine Standortbestimmung vornehmen zu können. An verschiedenen Punkten werden Bezüge zur Biophotonenforschung hergestellt, die einen sehr spannenden Zugang zum Verständnis lebendiger Prozesse ermöglicht. Neben eher theoretischen Hintergrundinformationen finden sich auch immer wieder sehr praxisnahe Bezüge.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Biophotonentheorie
2 Das ‚offene System Mensch’ nach MERTENS
2.1 .1 Sensation
2.1.2 Emotion
2.1.3 Kognition
2.1.4 Handlung / äußeres Bewegen
2.1.5 Handlung und Selbstvertrauen
2.2 Weniger günstige Formen der Krisenbewältigung
3 MERTENS’ Modell der Suchtentstehung
3.1 Persönlichkeitsmerkmale Drogenabhängiger
3.2 Mögliche Gründe für diese Persönlichkeitsmerkmale
3.3 Folgende Ziele für eine therapeutische Intervention
3.4 Einbindung des Modells
3.4.1 Die Persönlichkeitsstruktur Drogenabhängiger aus der Sicht anderer Modelle
3.4.2 Abhängiger und Umwelt
3.4.3 ANTONOVSKY’s Salutogenesemodell
3.4.4 Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
3.4.5 Meine eigenen Beobachtungen
3.5 Zusammenfassung
4 Der abhängige Mensch
4.1.1 Die Begriffe Sucht und Abhängigkeit
4.1.2 Definitionen der Sucht
4.2 Sucht, Leib und Feld
4.2.1.1 Biochemische Forschung
4.2.1.2 Biochemie der Konditionierung
4.2.2 Funktionalisierung des süchtigen Körpers
4.2.3 Lebendigkeit und Sucht
5 Qigong
5.1 Beschreibung einer Qigong-Übung
5.2 Begriff, Wurzeln und Formen
5.2.1 Der Begriff ‚Qigong’
5.2.3 Wurzeln
5.2.4 Qigong-Formen
5.3. Vorstellungskraft, Bewegung und Atmung
5.3.1 Vorstellungskraft und Achtsamkeit
5.3.2 Atmung
5.3.3 Bewegung und Ruhe
5.4 Trad. chin. Denken im Licht der Biophotonentheorie
5.5 Wirkzusammenhänge
5.5.1 Zentrale Wirkzusammenhänge nach MERTENS
5.5.1.1 Eintauchen in das Wahrnehmen
5.5.1.2 Emotionale Regulation
5.5.1.3 Training mit der Belastung
5.5.2 Qigong als Kohärenztherapie
5.5.3 Erfahrungen des Einsseins bedeuten Heilung
5.5.4 Drogenkonsum versus Qigong
5.5.5 Qigong als sinnstiftendes Element
5.5.6 Wirkzusammenhänge aus salutogenetischer Sicht
5.5.7 Risiken und Widerstände
6 Zusammenfassung
7 Ausblick und Hoffnungen
8 Anhang
8.1 Leitsymptome der Abhängigkeit
8.2 Erste Gedanken zu praktischen Konsequenzen
9 Literatur
1 Einleitung
Häufig scheint es gefordert die Notwendigkeit von Bewegungs- und Entspan-nungsverfahren, gerade auch in der Suchttherapie, zu erläutern und zu vertei-digen. Das Bewegen ist aber, als fortwährender, sich entfaltender Prozess, zentraler Aspekt des Lebens selbst, so dass über den Sinn und Zweck desselben nicht weiter diskutiert werden müsste (vgl. SCHRÖDINGER 1951, WEINBERG 2004). WEINBERG erläutert, dass es vielmehr wichtiger ist das Bewegen in Hinblick auf dessen Qualität, also dessen Einfluss auf beispiels-weise Lebendigkeit, Gesunderhaltung, Lebensgenuss und Freizeitgestaltung, zu untersuchen (ebd. 2004, 186-187).
Nach meiner Erfahrung in der Arbeit mit Suchtmittelabhängigen, stellt das Qigong einen Weg dar, welcher Entwicklung, Sinnfindung und Heilung fördern kann, gerade auch für Menschen mit solchen Problematiken. Dies werde ich in dieser Arbeit darlegen und begründen.
Einen Schwerpunkt bildet hierfür die Darstellung des, bisher unveröffentlichten, Modells Wilhelm MERTENS’ zur Suchtentstehung und den Wirkmechanismen, die das Qigong für betroffenen Menschen bietet. Wilhelm MERTENS ist dipl. Bioingenieur, seit 20 Jahren Qigong- und Taijiquanlehrer, er leitet die Schule für „bewegende und berührende Künste“ in Hamburg (gemeinsam mit Dr. M. PLÖTZ), ist Vorsitzender des dt. Dachverbandes für Qigong und Taijiquan und war mehr als 10 Jahren in der Suchthilfe (bei der Therapiehilfe e.V., Hamburg) als Qigonglehrer tätig. Auch mein Qigonglehrer ist er seit einigen Jahren.
Sein Erklärungsmodell zeichnet sich durch eine positive Wertung des Drogenabhängigen aus. Ursächlich für dessen Erkrankung ist nach MERTENS kein Mangel, sondern eine besondere Sensationsfähigkeit, die allerdings nicht ausreichend bewältigt wird.
Nach der Darlegung des Modells, werde ich es mit Theorien der Krankheits- und Gesundheitsforschung, vor allem dem Salutogenese-Modell und dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell, in Beziehung setzen. Zudem stelle ich im Laufe der Arbeit, an verschiedenen Punkten, Bezüge zur Biophotonenforschung und –analyse her. Ihr vitalistischer und quantenphysikalischer Hintergrund lässt lebendige Prozesse unter einem anderen Blickwinkel als die klassische Schul-wissenschaft begreifen. Die Biophotonenanalyse macht Gesundheit und Le-bendigkeit messbar und bietet so die Möglichkeit, auch die Einflüsse des Qigong auf den Menschen, unter diesen Gesichtspunkten zu betrachten.
Folgend wende ich mich der eigentlichen Suchtforschung zu, lege Probleme in der Definition des Sucht- und Abhängigkeitsbegriffes dar, um das Phänomen ‚Sucht’ dann aus biochemischer, lerntheoretischer und lebendigkeits-theoretischer Sicht zu skizzieren.
Ab Abschnitt 5 stehen das Qigong und seine möglichen Wirkungen, bezogen auf die zuvor beschriebene Zielgruppe, im Vordergrund. Hierfür führe ich kurz in das Qigong ein und stelle Parallelen zwischen dem traditionell chinesischen Denken und der Biophotonentheorie her. Ich schildere Wirkzusammenhänge, die im Qigong begründet sind, wie das Eintauchen in das Wahrnehmen und Regulationsmöglichkeiten emotionaler und physiologischer Prozesse, sowie Erfahrungen des Einsseins und sinnstiftende Aspekte. Abschließend benenne ich Gefahren und Widerstände, die beim Praktizieren und Vermitteln auftreten können.
Mir ist bewusst, dass der weit gefächerte Charakter dieser Arbeit auf Kosten einer Vertiefung einzelner Themen und Aspekte geht. Da aber MERTENS Modell unveröffentlicht ist und in diesem Bereich noch nicht viele Publikationen zu finden sind, möchte ich zunächst eine Standortbestimmung vornehmen.
Die Biophotonentheorie und ihre Konsequenzen, die immer wieder in diese Publikation einfließen, sind nur begrenzt bekannt, daher hier eine kurze Einführung.
1.1 Einführung in die Biophotonentheorie
Die Biophotonentheorie bietet ein revolutionäres Erklärungsmodell, sowohl für das Verständnis aller Lebensprozesse, als auch für die Wirkungen des Qigong im Sinne einer Kohärenztherapie. Ausgehend von Quantenphysik, Biologie und vitalistischer Tradition, basiert dieser Forschungszweig auf Forschungen und Erkenntnissen namhafter Wissenschaftler, wie Alexander G. GURWITSCH, Fritz-Albert POPP, Ilya PROGOGINE (Nobelpreisträger für Chemie 1977) und Erwin SCHRÖDINGER (Nobelpreisträger für Physik 1933).
Als die Geburtstunde der Biophotonentheorie wird ein Experiment (1922) GURWITSCH’s - ein russischer Biologe und Mediziner - betrachtet. Er stellte fest, dass es bei jungen Zwiebelwurzeln an der Stelle zu vermehrtem Zellwachstum kommt, auf die eine zweite Zwiebelwurzel gerichtet ist. Diese Wachstumsstimulation unterblieb, sobald er die Zwiebeln durch Fensterglas trennte (schirmt ultraviolettes Licht ab), erfolgte aber bei Quarzglas (ist durchlässig für ultraviolette Strahlung). Dies ließ den Schluss zu, dass Licht (elektromagnetische Strahlung) im ultravioletten Bereich für diesen Effekt verantwortlich ist. GURWITSCH nannte dieses Licht mitogenetische, also zellteilungsauslösende Strahlung (siehe ebd. 1926).
Diese mitogenetische Zellstrahlung konnte 1975 von RUTH, mittels eines ultra-empfindlichen Lichtvervielfachers, zweifelsfrei nachgewiesen werden (vgl. RUTH 1977). Das Spektrum erstreckt sich nicht nur auf den UV-Bereich, sondern auch über den sichtbaren bis in den Infrarotbereich hinein. Diese Zellstrahlung ist ultra schwach und kohärent, wie Laserstrahlung und eignet sich so ideal zur Informationsübertragung (vgl. POPP 1984).
Kohärenz bedeutet hier keine starre, unflexible Ordnung, sondern eine dyna-mische Stimmigkeit, ein multiplikatives Zusammenwirken (lat. cohaerere = zu-sammenhängen, verbunden sein, Bestand haben). Sie bedingt, dass geringe Energien notwendig sind, um nachhaltige Wirkungen zu erzielen. POPP ver-wendet das Bild einer gleichmäßig schwingenden Schaukel, um Kohärenz zu verdeutlichen: „Schon der nächste Schub könnte eine einmal in Gang gesetzte Bewegung wieder bremsen, wenn er nicht „rhythmisch“, hier stets synchron mit der Schwingung, erfolgte. Andererseits vermögen beliebig schwache Impulse, ‚kohärent’ in die Geschwindigkeitsrichtung der Schaukel angesetzt, hohe Amplituden und beständige Schwingungen anzuregen“ (ebd. 1984, 100).
WEINBERG (2004, 186) definiert Kohärenz als, „ein Maß des Zusammenwir-kens aller Zellen und Organe, das auf der Fähigkeit beruht, frequenzkodierte Information mit elektromagnetischen Wellen zu übertragen“ (vgl. auch MER-TENS Definition des ‚Qi’, S. 39).
Die Biophotonentheorie geht davon aus, dass die Zellstrahlung ein kohärentes und dynamisches Biophotonenfeld (Photonen sind Licht-quanten) an der Laserschwelle bildet, welches den Organismus mit allen seinen stofflichen Prozessen einbettet, informiert und somit reguliert.
Die Laserschwelle beschreibt einen Bereich genau an der Grenze zwischen kohärentem geordnetem Laserlicht und chaotischen herkömmlichen Licht. Zu behaupten Kohärenz wäre prinzipiell gut und chaotische Felder schlecht würde zu kurz greifen. Chaotische Felder bieten die Möglichkeit des Wandels, der Entwicklung. So kann das Feld an der Laserschwelle sowohl geordnet und interferenzfähig sein (wichtig z. B. bei hoher Stoffwechselaktivität), als auch Wachstum fördernd wirken, abhängig von dem jeweiligen Bereich in dem es schwingt.
Gespeichert und abgestrahlt wird das kohärente Licht vor allem durch die pulsierende Doppelhelix der DNS, aber auch durch pulsierende Zellorganellen, Neuronen, Transmitterrezeptoren, sowie der Muskulatur und dem Körperwas-ser. Diese schwingenden Systeme werden biologische Oszillatoren genannt. Es sind demnach rhythmische Bewegungen (Frequenzen), die den Orga-nismus abstimmen und als Ganzes agieren lassen. „Lebende Organismen speichern von daher gesehen Beweglichkeit und Wirksamkeit (‚Energie’), die ‚immer bereit stehen und jederzeit mobilisierbar’ sind“ (WEINBERG 2004, 195).
Die Speicherfähigkeit für Licht, für Ordnung wird Resonatorgüte genannt und entspricht wiederum der Kohärenz eines Feldes. Sie kann Aufschluss geben über den Gesundheitszustand eines Organismus und ist um ein Vielfaches höher als beispielsweise bei einem technisch hergestellten Laser, so dass auch ultraschwache Strahlungsintensitäten ausreichend sind, um den Körper zu regulieren (vgl. BISCHOF 1995, 193).
Ein weiterer wesentlicher Begriff in der Biophotonenforschung, ist das der negativen Entropie. Sie steht im engen Zusammenhang mit der Resonatorgüte. Entropie meint die Tendenz zum Ausgleich aller Unterschiede (z. B. die Tendenz aller Energie sich von einem Gebiet höherer Konzentration in ein Gebiet niedriger Konzentration auszubreiten, vgl. BISCHOF 1995, 481). Entropie bedeutet also Strukturverlust, Zerfall. Allen lebenden Organismen ist aber auch das gegenpolige Prinzip die Neg-Entropie immanent. Die Fähigkeit Ordnung zu speichern, Struktur und Kohärenz zu erhalten.
Der Bereich der möglichen Anwendungen dieses Forschungszweiges ist groß. Die Biophotonenmessung ist nicht invasiv und mit relativ geringem Aufwand verbunden. Allerdings ist das hochdynamische Feld eines Lebewesens nicht mit nur einer Messung zu verstehen. Einen wichtigen Beitrag leistet die Biophotonentheorie bereits in der Krebsforschung, im Nachweis der Wirksamkeit von Homöopathie, Akupunktur, Qigong und in der Lebensmittelqualitätsanalyse (siehe BISCHOF 1995). Erklärbar werden Formungsprozesse, da das Biophotonenfeld als Blaupause dient (siehe S. 8).
Auch die emotionalen und heilsamen Wirkungen von Klängen und Musik, die ja ebenso aus geordneten Schwingungen besteht, werden nachvollziehbar.
Die Biophotonentheorie kann Brücken schlagen zwischen traditionell östlichem und westlichem Denken, da sich energetische Modelle, wie die traditionell chinesische Medizin, durch sie stützen lassen.
Aufgrund des eher vitalistischen Ansatzes, welcher sich in der Wissenschaftsgeschichte gegenüber dem Materialismus nicht durchsetzen konnte, wurde dieser Forschungszweig, zumindest in der westlichen Welt, lange Zeit in das Reich der Esoterik verbannt und beteiligte Wissenschaftler diffamiert (vgl. POPP 1999). 2001 stufte nun auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung die „Biophotonik“ (welche allerdings nicht 1 zu 1 mit der Biohotonentheorie gleich zu setzen ist) als prioritäres Themenfeld ein und stellt im Zuge dessen Fördermittel zur Verfügung:
„Die "Biophotonik" stellt eine Möglichkeit dar, neue physikalische Prinzipien alternativ, ergänzend und weiterführend zu bisherigen Verfahren der Optik für den Einsatz in den Lebenswissenschaften wie Medizin insbesondere Biome-dizin, Pharmazie, Bio- und Gentechnologie, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt zu nutzen. Sie wird in den Handlungsempfehlungen der Agenda aufgrund ihres breiten innovativen Anwendungs- und Marktpotenzials als prio-ritäres Themenfeld identifiziert“ (BMBF 2001).
Weit mehr öffentliches Aufsehen als die Biophotonenforschung fand die seit den 50iger Jahren vorangetriebene Erforschung des biochemischen Körpers. Vor allem auch in den 90iger Jahren („the decade of the brain“) wurden zahlreiche Transmitterstoffe und Rezeptoren entdeckt und deren Funktion für den stofflichen Informationsaustausch weitgehend entschlüsselt. Auch konnten so neue Theorien zur Suchtenstehung und dem körpereigenen Belohnungssystem entwickelt werden. Wie jedoch genau dieses hochkomplexe System der biochemischen Prozesse zusammenarbeitet und was wiederum die biochemischen Vorgänge steuert, beispielsweise formgebend wirkt, ist aus diesem Blickwinkel nicht ausreichend zu erklären.
BISCHOF (1995, 260) fragt in diesem Zusammenhang: „Wie kommt es denn, dass die in jeder Zelle pro Sekunde Hunderttausende von wohlkoordinierten chemischen Umsetzungen stattfinden, die, bestens aufeinander abgestimmt, nicht nur in jeder Zelle, sondern über Zellverbände hinweg, in Organen, ja im gesamten Organismus in diffizilster Weise zusammenwirken?“ BISCHOF beantwortet seine Frage auf folgende Weise: „Im Nichtgleichgewichtszustand entsteht aus dem chaotischen Wärmefeld ein strukturiertes, kohärentes Feld, das eine gezielte und geordnete Anregung von Molekülen und als Folge davon die gezielte Aktivierung oder auch Unterbindung chemischer Reaktionen erlaubt. Es entspricht eher dem Wesen der Natur, wenn man annimmt, dass sie ihre Kräfte gezielt und effizient einsetzt“ (ebd. 1995, 261).
Erleichtert wird die Vorstellung, dass ein elektromagnetisches Feld die bioche-mischen Vorgänge steuert auch durch die Tatsache, dass Rezeptor und Transmitter keine festen Strukturen darstellen (das Schlüssel-Schloss-Bild also unzureichend ist), sondern sie ebenso wie das elektrodynamische Feld schwingen. „Im Unterschied zu gefrorenen Wassermolekülen, die schmelzen oder sich in Gas verwandeln, wenn ihnen Energie zugeführt wird, reagieren die flexibleren Rezeptormoleküle auf Energie und chemische Reize mit Schwingungen. Sie winden sich, flattern und summen sogar, während sie die Form wechseln, wobei sie häufig zwischen zwei oder drei bevorzugten Formen oder Konformationen hin- und herspringen“ (PERT 1999, 29).
„Apart from the chemical body, there is at least an electromagnetic body which plays the same important role as, or even a more important role than the chemical one“ (ZHANG 2003, 7).
Nach dieser kurzen Einführung in die Biophotonentheorie, wende ich mich nun dem Modell MERTENS’ zur Suchtentstehung zu.
2 Das ‚offene System Mensch’ nach MERTENS
MERTENS legte mir seinen Erklärungsansatz zur Entstehung von Abhängig-keitsstörungen und den Wirkmechanismen des Qigong in mehreren ausführ-lichen Gesprächen, im Zeitraum April 2004 bis Januar 2005, dar. Es ist bisher unveröffentlicht, so dass Quellenangaben zu Einzelaussagen fehlen. Zum bes-seren Verständnis erläutere ich zunächst grundlegende Begriffe seines Modells, die Sensationsfähigkeit, das Zusammenwirken mit Emotion, Kognition und Handlungen des Menschen. Diese erweitere ich mit Gedanken der Biopho-tonentheorie und zeige zudem weniger günstige Formen der Krisenbewäl-tigung auf.
2.1.1 Sensation
MERTENS definiert Sensation als das wahrnehmbare Produkt der Verarbeitung eines sensorischen Reizes im Gehirn und Körper. Also die Aktion - nicht Handlung - des Organismus, ausgelöst durch einen Reiz. Sie umfasst sowohl kinästhetische (Empfindung einer Bewegung), taktile, optische und andere sinnliche Wahrnehmungen.
Die Sensationsfähigkeit bildet in seinem Modell eine grundlegende Eigenschaft des Menschen und allen Lebewesen. Sie beschreibt wie intensiv, umfassend und differenziert diese Wahrnehmungen im Verhältnis zum ursprünglichen Reizmuster erlebt werden. Wie offen bin ich für die Außen- und Innenwelt? Wie viel Welt lasse ich herein treten?
Die Welt wird nach MERTENS auf der Ebene der Sensationen, in Zusammen-hängen erkannt und verstanden. Viele Informationen können gleichzeitig verar-beitet werden. Wir betrachten ein Bild und haben einen Gesamteindruck. Wir begreifen die Atmosphäre, die Stimmung und Zusammenhänge, ohne auf einzelne Aspekte gesondert einzugehen, etwas bedenken zu müssen.
In der Quantenphysik und der Biophotonenforschung wird der Mensch auch als ein „ideal offenes System“ bezeichnet: „Sie (die spektrale Verteilung der Zell-strahlung, Anm. der Verf.) weist nämlich darauf hin, dass der emittierende Organismus ein so genanntes „ideal offenes System“ bildet – ein „Antennen-system“, das seine Empfänger und Sender in idealer Weise (das heißt mit größter Auflösung bei größter Sensitivität) auf seine Umgebung abgestimmt hat“ (POPP in BISCHOF 1995, 123).
Die Offenheit des Systems beinhaltet sowohl das Risiko verletzt zu werden, des Schmerzes und daraus folgender als negativ empfundener Emotionen, als auch den Schatz des Erspürens, der Intuition und die Möglichkeit der Ver-bindung und Auseinandersetzung mit sich, anderen Lebewesen und der Um-welt und ist somit lebensnotwendig. M. E. ist keine wirkliche Gesundheit und Entwicklung möglich, ohne die Wertschätzung und Annahme dieser Fähigkeit.
2.1.2 Emotion
Emotion bedeutet Gemütsbewegung. Es leitet sich ab von lat. motio: bewegen, erregen, erschüttern und lat. emovere: herausbewegen (vgl. PFEIFER etymol. Wörterbuch 1993).
Nach MERTENS entstehen Emotionen, wenn Sensationen in Beziehung zu den eigenen Erfahrungswerten, dem eigenen Gemüt treten und es bewegen. Was bedeutet das für mich? Was hat das mit mir zu tun?
Emotionen sind die Bewertung der Welt. Auch PERT (1999, 221) beschreibt „dass Wahrnehmungen, (…) an sensorischen Schaltstellen, entlang eines Gradienten aus Lernerfahrungen und früheren Gefühlen gefiltert werden.“
Gemüt meint die Gesamtheit aller Sinnesregungen und seelischen Kräfte. Es umfasst also mehr, als beispielsweise der Begriff ‚Charakter’, Unbewusstes sowie die stofflich körperliche Ebene.
Der Vorgang der Bewertung findet meist unbewusst statt, so dass nur die folgende Emotion spürbar wird (und auch diese kann unterdrückt werden). Der Begriff Welt bezieht sich in diesem Modell nicht nur auf die Außen-, sondern auch auf die Innenwelt. Beispielsweise lösen Bewegungen Emotionen aus. Wie bewerte ich die Spannungs- und Lageveränderungen? Ist es angenehm, unangenehm, gefährlich, anregend…?
Die adäquate Einschätzung und Bewertung eingehender Informationen kann überlebenswichtig sein. Sie definiert unser Verhältnis zur Welt. Zu beobachten ist dies beispielsweise bei Höhen. Die meisten Menschen irritiert es nicht auf dem Balkon eines hohen Hauses zu stehen. Ist allerdings das Geländer nicht vorhanden, verändert sich die Bewertung und resultierende Handlungen sehr deutlich (Adrenalinausschüttung / Stress und Rückzug). Die Subjektivität dieser Einschätzung kann am Beispiel einer sich dem Gesicht nähernden Hand erläutert werden. Sie kann, aufgrund von entsprechenden Vorerfahrungen, bedrohlich erlebt oder aber auch mit Vorfreude auf eine Liebkosung erwartet werden.
Die einfließenden Informationen treffen auf mich, auf meinen durch Erfah-rungen geprägten Leib und können meinen Erregungszustand verändern. Die Biophotonenforschung untersucht die Verbindung zwischen Emotionen und dem elektrodynamischen Feld des Menschen. Die Wechselwirkung kann dem-nach wie folgt beschrieben werden: Eingehende Frequenzen (Reize) treffen auf das schwingende biodynamische Feld des Menschen, welches beeinflusst ist durch die momentane Gemütslage, den Erregungszustand, die Erfah-rungen, den Gesundheitszustand, natürliche Rhythmen etc.. Die Wechselwir-kung zwischen Reiz und biodynamischem Feld, wird im Organismus zur Information und kann in Form einer Sensation und Emotion für den Menschen spürbar werden. „Der neue Zustand, Antwort auf die Provokation, entsteht durch Integration, dadurch daß der Reiz das Wellenfeld des Organismus moduliert und insofern auch erweitert“ (BISCHOF 1995, 290).
In einem Versuch von RAVITZ et al. konnten Messungen des elektromag-netischen Feldes an mehr als 500 Personen über mehrere Jahre hinweg den engen Zusammenhang zwischen menschlichen Feld und dem emotionalen Zu-stand, sowie dem körperlichen Wohlbefinden nachweisen (RAVITZ, L.J. 1959 zit. nach BISCHOF 1995, 86). Die Messungen gaben sowohl über Intensität als auch Dynamik der Emotion Auskunft.
„But the state of the electromagnetic body, in particular the communication through the electromagnetic field, has more closer connection to psychological states and emotion (...) than is the dense chemical body, so that it would change long before any substantial pathological change of the dense chemical body would take place” (ZHANG 2003, 9)
2.1.3 Kognition
Kognitive Prozesse stehen in komplementärer Beziehung zur Sensa-tionsfähigkeit des Menschen: MERTENS beschreibt, dass hier das Bild nicht im Ganzen wahrgenommen wird, sondern Einzelheiten fokussiert und analysiert werden. Aus dem Gesamten wird Spezielles extrahiert und linear mit Anderem verknüpft. Auf dieser Ebene können nur begrenzt Informationen verarbeitet werden. Bewegungsabläufe beispielsweise sind zu komplex, um hinreichend kognitiv verstanden werden zu können. Sie müssen erspürt und erlebt werden.
Zentrale Ausprägungen der Kognition bilden die lineare Sprache und Ge-danken.
Die Kognition beinhaltet (wie auch die Handlung) Bewältigungsprozesse. Es wird die aktuelle Information mit den Möglichkeiten verglichen, sich Antworten auf die Irritation erdacht und ausgewählt.
Ziel sollte es nach MERTENS sein, möglichst flexibel zwischen den Ebenen (Kognition und Sensation) zu wechseln, um so umfassende Erkenntnisse zu ermöglichen. Ich betrachte das Bild im Ganzen, gewinne einen Gesamt-eindruck, dann wende ich mich Einzelheiten zu, stelle Verknüpfungen zu bereits Bekannten her, um dann meine Wahrnehmung auf „höherer“ Ebene wieder zu weiten, …(siehe auch TIWALD 2001, 3).
2.1.4 Handlung/ äußeres Bewegen
Ist der Regelkreis (Sensation-Emotion) ausgelenkt, das Feld vermehrt erregt fragt es nach einer Antwort , einer Handlung, einer Bewegung, um einen relativen Gleichgewichtszustand auf höherem Erfahrungsniveau wieder her-zustellen.
Das Bewegen betrachtet MERTENS nicht unabhängig (als reine Lokomotion), sondern in Bezug auf die Um- und Innenwelt des Menschen, deren Bezie-hungen und Anforderungen. Es schafft Verbindung und Zusammenhang.
Er betont die Bedeutung der Achtsamkeit, das Sich-Einlassen und Wachsein für den Prozess, bei der Suche nach adäquaten Handlungen, dem Aufrufen von Bewegungen. Achtsamkeit bedeutet Innehalten, Ankommen im Jetzt. Nur hier bin ich wirklich im Leben. Die Vergangenheit ist geschehen, das Zukünftige noch nicht vorhanden.
Achtsamkeit bewirkt nach MERTENS, dass nicht nur gelernte „automatisierte“ Muster abgerufen werden, sondern ein Raum eröffnet wird, indem neue Stra-tegien und Bewegungsabläufe vom Organismus erprobt werden können. Achtsamkeit bietet also den Schlüssel, um vorhandene Muster zu verändern.
Ein Beispiel im übertragenen Sinne: Bin ich mit dem Fahrrad unterwegs und mit meiner Achtsamkeit aber nicht wirklich beim Geschehen, kann ich nur bekannte häufig gefahrene Strecken nutzen. Bin ich aber mit allen Sinnen dabei, wird mein Handlungsspielraum, meine Flexibilität vergrößert, so dass ich auch neue Strecken ausprobieren kann. Dies gilt nicht nur für bewusste Prozesse. Lerne ich beispielsweise eine neue Sportart und wiederhole achtsam bestimmte Bewegungsabläufe so werden sich diese, auch ohne bewusstes Zutun, vermehrt optimieren. Ist dies nicht der Fall, wird der Lernprozess deutlich verlangsamt oder unmöglich gemacht.
Durch meine Achtsamkeit kann also
a) Unbewusstes bewusst werden und dadurch steuerbar oder
b) Bedingungen geschaffen werden in denen sich der Organismus besser
aussteuert und optimiert.
Nach MERTENS bietet wiederkehrendes achtsames Bewegen dem Organis-mus die Möglichkeit, sich im hohen Maße optimal und somit energiesparend und verschleißmindernd an die Belastung anzupassen. Der Organismus hat die Möglichkeit die Bewegung zu differenzieren und zu „verstehen“.
Ein zweiter Aspekt, neben der Achtsamkeit, bildet der Grad der Motivation etwas in Bewegung zu bringen, zu handeln. MERTENS nennt diesen Aspekt den Veränderungsantrieb. Ähnlich wie im Salutogenesemodell, in dem zwischen Widerstandsressourcen und den eigentlich mobilisierten Ressourcen unterschieden wird, so unterscheidet er zwischen Handlungsmöglichkeiten und der eigentlichen Handlung. Regulativ wirkt hier der Veränderungsantrieb.
Die genannten Aspekte, Sensationsfähigkeit, Emotion, Kognition und Handlung bilden verschiedene Ausprägungen einer Einheit und sind nicht, wie es hier vielleicht erscheinen mag, unabhängige Bereiche. Sie bilden, neben den bereits genannten, mannigfaltige Wechselwirkungen und haben immer auch Einfluss auf das Ganze, den Menschen in seiner Umwelt.
TIWALD (1976, 233) entwickelte das Modell eines Persönlichkeits-Tetraeders, welches im Wesentlichen Parallelen zu MERTENS’ Persönlichkeitsmodell auf-weist. Er beschreibt folgende Wechselwirkung zwischen Sensorik und Motorik: „So kann man begründet annehmen, dass sich die Sensorik durch die Motorik differenziert, und umgekehrt dass sich die Motorik durch die Differenzierung der Sensorik effektiviert“ (TIWALD 1976, 234).
Auch haben Denken und Erwartungen wiederum erheblichen Einfluss auf Selektionsprozesse der Wahrnehmung (vgl. Konstruktivismus).
TIWALD (1976, 234) bemerkt außerdem „(…), daß sich auch die Wech-selwirkung zwischen zwei Bereichen nicht isoliert von den Wechselwirkungen mit und zwischen anderen Bereichen vollzieht, sondern dass immer die gesamte Persönlichkeit mit ihrer Wechselwirkung mit der Umwelt beteiligt ist. Einzelne Wechselwirkungen werden jedoch jeweils dominieren.“
2.1.5 Handlung und Selbstvertrauen
MERTENS stellt fest, dass die Erfahrung, dass der eigene Körper ein wunderbar feinsinniges Instrument ist, welches mir hilft Herausforderungen gewachsen zu sein, zu mehr Selbstvertrauen führt. Selbstvertrauen eröffnet wiederum neue Handlungsmöglichkeiten. Ich lerne schnell, variabel und adä-quat zu reagieren, fühle mich handlungsfähig und sicher in mir und der Welt. Auch hier finden also Wechselwirkungen statt.
Werden im Gegensatz dazu keine oder nur ungünstige Bewältigungsstrategien gefunden löst dies, bei entsprechendem Erregungszustand und Dichte zwi-schen Sensation und emotionaler Wertung, Ängste und Frustrationen aus, welche ihrerseits den Zugang zu adäquaten Handlungsmustern erschweren. Der Mensch kann den Stressor nicht einschätzen, bzw. er findet keinen Weg ihn zu integrieren, mit ihm umzugehen, sich heraus zu bewegen. Die Erregung wird gestaut, blockiert, Alarmzustand und Spannung bleiben. Tritt dies häufig auf, bzw. wird diese Ohnmacht zum vorherrschenden Lebensgefühl werden weniger günstige Bewältigungsstrategien genutzt, die die Spannung vorerst lösen.
2.2 Weniger günstige Formen der Krisenbewältigung
Folgende Bewältigungsstrategien werden als pathologisch bewertet, trotzdem bilden sie meist die bestmöglichste Form der Reaktionen, die einem Menschen aktuell zur Verfügung stehen (im Vergleich zum Suizid beispielsweise). M. E. kann dann vom krank sein gesprochen werden, wenn sich diese Zustände chronifizieren (also kein Zurückpendeln mehr zur Laserschwelle stattfindet) oder die gegebenen Lebensumstände und Haltungen solche Reaktionen nicht tolerieren, so dass der Leidensdruck der Betroffenen zu hoch wird.
- Ich dämpfe meine Sensationsfähigkeit und Emotionen, entkopple mich aus der Wirklichkeit und verschaffe mir pos. empfundene Emotionen (z.B.: durch Drogen oder Alkohol)
- Ich schaffe mir meine eigene Welt (Wahn), innere Konflikte treten nach Außen
- Ich erkläre mir meine Ängste mittels einer paranoiden Weltsicht
- Ich ziehe mich aus der Welt und Handlung zurück, entwickle eine Depression
- Ich spalte bestimmtes Erleben und Emotionen ab (Neurotisierung)
Genannte Krankheitsbilder können auch gemeinsam auftreten. Häufig entsteht aus einer Depression, Angsterkrankung oder Persönlichkeitsstörung heraus eine Suchterkrankung (beispielsweise im Sinne einer Selbstmedikation), so dass in der Schulmedizin von Komorbidität, bzw. Koinzidenzen gesprochen wird (vgl. SCHWAB 1994, 45).
Die Biophotonentheorie begreift Krankheit als einen Mangel an Stimmigkeit, an Kohärenz im Organismus. „Sie (die Krankheit, Anm. der Verf.) ist gleich-bedeutend mit einem Verlust an Kohärenz und ganzheitlichen Funktionieren, einem Zustand der „Devolution“, des Rückfalls in eine tiefere Evolutionsstufe, einer Einschränkung der verfügbaren Informationsbasis und der Sensibilität und Reaktionsfähigkeit“ (BISCHOF 1995, 291). Der Ordnungsgrad sinkt, die Schaukel schwingt nicht mehr gleichmäßig.
Besonders auffällig wird dies bei Krebserkrankungen: Gewebe isoliert sich und wächst ohne Notwendigkeit des Gesamtorganismus. Das wuchernde Gewebe wird taub gegenüber den äußeren Informationen, spielt seine eigene Musik. Aber auch bei psychischen Krisen wird der Rückfall in eine ältere Entwicklungsstufe in Form einer Regression deutlich.
Andererseits beinhaltet dieser Zustand der verminderten Kohärenz, auch die Chance auf Veränderung und Wachstum. Krisen und deren Bewältigung sind also Teil des Entwicklungsprozesses eines Lebewesens.
3 MERTENS’ Modell der Suchtentstehung
Nach Erläuterung zentraler Begriffe MERTENS’, werde ich nun sein Modell zur Entstehung von Abhängigkeitserkrankungen darlegen.
3.1 Persönlichkeitsmerkmale Drogenabhängiger
Nach MERTENS’ Beobachtungen, zeichnet den (ehem.) Drogenabhängigen, wobei er sich vor allem auf Opiatabhängige bezieht, eine besondere Sensationsfähigkeit aus. Er ist in der Lage besonders vielfältig und intensiv die Welt wahrzunehmen, sich zu öffnen und von ihr berühren zu lassen.
Die emotionale und kognitive Bewertungsebene aber ist, seiner Meinung nach, nicht ausreichend genug entwickelt, um diese intensiven Sensationen adäquat mit sich in Beziehung zu setzen. Es besteht eine starke Dichte zwischen dem Erleben und der persönlichen Wertung oder anders ausgedrückt, dieser Mensch ist schnell emotional betroffen und verletzbar, sein Gemüt dadurch verunsichert. Er kann schwer eine entlastende Distanz dem Erleben und den Emotionen gegenüber einnehmen, so dass obig genannter Prozess der Verunsicherung in Gang kommt (siehe Handlung und Selbstvertrauen, S. 14). Der Betroffene ist vor allem mit Krisenbewältigung beschäftigt, in Reiz-Reaktions-Schemata verhaftet. Es entstehen Ängste, Frustrationen und ein schwaches Selbstvertrauen.
Trotz allem besteht aber nach MERTENS bei Drogenabhängigen eine große Sehnsucht nach intensiven Erlebnissen , bei gleichzeitiger Angst vor einer Handlungsunfähigkeit. Diese Sehnsucht ist von besonderer Bedeutung. Nicht alle Menschen mit diesem Verhältnis zwischen intensiver Sensation- und eingeschränkter Handlungsfähigkeit müssen eine Sucht oder andere psy-chische Symptome entwickeln. Sie haben eher die Möglichkeit sich zu schüt-zen, zum Beispiel durch ein zurückgezogenes, risikoärmeres Leben. Der Suchtgefährdete aber sucht Grenzerfahrungen oder auch leidvolle, aber inten-sive Beziehungen und begibt sich so wiederum in Gefahr den daraus resul-tierenden Anforderungen nicht gewachsen zu sein.
Durch diese besonders ausgeprägte Sensationsfähigkeit, bei gleichzeitig geringer Distanz zur persönlichen Wertung, gefährden auch andere schwierige Bedingungen und Konflikte diese Menschen im besonderen Maße und können so eine Drogenabhängigkeit auslösen (MERTENS benennt die beschriebenen Persönlichkeitsmerkmale als notwendig, aber nicht hinreichend für die Entste-hung einer Suchterkrankung). Drogen bieten den betroffenen Menschen die Möglichkeit aus ihrer Realität auszusteigen, der Emotionen und Gefühle (zu-mindest zu Beginn einer Abhängigkeit) wieder Herr zu werden. Drogen (und vor allem Opiate) dienen als Reizschutz und Puffer.
MERTENS erläutert weiter, wie durch diese negativen überfordernden Erfah-rungen der verunsicherte Menschen selbst, häufig aber auch sein Umfeld (Fa-milie, Therapeuten etc.), die besondere Sensationsfähigkeit abgewertet wird.
Ganz zentral für MERTENS’ Modell ist es aber, diese ausgeprägte Sensa-tionsfähigkeit als besonderes Potential wert zu schätzen, bei gleichzeitigem Anheben der Bewertungsebene und Handlungsfähigkeit auf ein ausreichendes Niveau.
Denn eine ausgeprägte Sensationsfähigkeit bietet die Chance auf ein erfülltes, intensives Leben. Ist dieser Mensch in der Lage sein Umfeld günstig zu ge-stalten, kann er durch die Auseinandersetzung mit der Welt wachsen und durch seine Erlebnisfähigkeit besondere kreativ oder auch einfühlsam sein. Die entscheidende Frage m. E. ist, auf welches Feld diese Besonderheit trifft. Ist dieser Mensch und sein Umfeld in der Lage den Schatz zu heben, darf Anderes sein und wird es getragen? Lerne ich Hilfsmittel, um mich zu schützen (beispielsweise mich auch zu verschließen oder zu entziehen) und handlungs-fähig zu bleiben oder überfordern mich die gegebenen und geschaffenen Be-dingungen?
Diese Reizoffenheit oder Sensationsfähigkeit von vornherein zu pathologi-sieren, sowohl von den Betroffenen selbst als auch von Angehörigen und Therapeuten, hemmt die Chance, die in ihr liegenden Potentiale zu entwickeln.
MERTENS konnte die genannten Persönlichkeitsmerkmale bei allen ihm bekannten ehemals Drogenabhängigen in unterschiedlichen Ausprägungen beobachten, wobei diese Gruppe allerdings nicht groß genug ist, um als repräsentativ gelten zu können.
3.2 Mögliche Gründe für diese Persönlichkeitsmerkmale
Gründe für diese Persönlichkeitsstruktur können individuell unterschiedlichster Natur sein. MERTENS nennt hier sowohl genetische Dispositionen (beispielsweise ursächlich für die besondere Sensationsfähigkeit), als auch soziale Faktoren (wie zum Beispiel erlebnisfeindliche Familien und Städte), die eine mangelnde Handlungsfähigkeit bedingen können.
Nachfolgend lege ich meinerseits mögliche Einflussfaktoren dar:
Auch schwierige Bedingungen in der Kindheit können einer besonderen Sensationsfähigkeit bei gleichzeitiger Dichte zur persönlicher Wertung zugrunde liegen, beispielsweise kann das Gehör geschärft werden, wenn ein schlagender Vater erwartet und befürchtet wird.
Auch für Probleme auf der Handlungs- und Bewertungsebene können Über- oder Unterforderung verantwortlich sein (vgl. KLEIN 1991, 228). Werde ich häufig überfordert, erlebe häufig, dass ich nicht fähig bin Anforderungen zu erfüllen, werde ich schnell Reize als potentiell gefährlich bewerten, so dass eine besondere Dichte zwischen Sensation und Bewertung entsteht. Zudem wird sich meine Bewertung gegenüber der Bewältigbarkeit und Freundlichkeit der Welt voraussichtlich negativ entwickeln, welches wiederum, im Sinne einer „selbsterfüllenden Prophezeiung“, wirksam werden kann. Unterforderungen hingegen führen zu einem geringen Schatz an Handlungsstrategien. Ich bin nicht gut vorbereitet für das Leben und werde auch an mir zu zweifeln beginnen, wenn dann schwerwiegende Probleme auftreten, die mit meinem Erfahrungsschatz nicht zu lösen sind.
Möglich ist auch, dass die Bewertungs- und Beziehungsebene durchschnittlich entwickelt ist, aber, im Hinblick auf die stark ausgeprägte Sensationsfähigkeit, nicht ausreichend handlungsfähig macht.
Eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit kann sich auch in der Phase eines Überganges erst entwickeln, wenn alte Strukturen sich auflösen und neue sich noch nicht etabliert haben. Die alten Handlungsstrategien sind nicht mehr adäquat oder stehen nicht mehr zur Verfügung. Anforderungen, die zuvor kaum ein Problem darstellten, können nicht mehr bewältigt werden, Selbst-zweifel und Ängste treten auf und verstärken das Geschehen.
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- Arbeit zitieren
- Dipl. Sportwissenschaftlerin Angela Kowsky (Autor:in), 2005, Qigong in der Suchttherapie. Mertens' Modell zur Suchtentstehung und -therapie. Biophotonenforschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77612
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