Den Menschen und die Gesellschaft in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen ist innerhalb der Politischen Wissenschaften lange Zeit eher ein Hauptanliegen der Ideengeschichte als der Systemforschung gewesen. Die Regierungslehre legt zunächst den Fokus auf die polity- und politics-Strukturen von Staaten und hat sich meist nur sekundär mit dem empirisch schwer fassbaren ‚Faktor Mensch’ befasst. Was das Forschungsziel angeht, so stellt die Beobachtung von Mechanismen eines politischen Systems und die Beurteilung seiner Funktionsfähigkeit jedoch nur bedingt einen Gegensatz zu den Prämissen der Politischen Theorie dar: Beide Forschungsgebiete suchen entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu den Sozialwissenschaften nach ‚tauglichen’ Regierungsformen und betrachten in ihrer Analyse stets auch die Gesellschaft mit den in ihr lebenden Menschen. Der Zusammenbruch vieler junger europäischer Demokratien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der Zweite Weltkrieg als tosender Auftakt für eine Jahrzehnte andauernde Rivalität zwischen den Ideologien verschiedener politischer Systeme hat in den 50er Jahren erstmals auch in der Systemforschung zu einem Umdenken geführt. Wenn bewährte institutionelle Gegebenheiten kein funktionierendes Staatswesen garantierten, so mussten nun die Menschen und ihre Haltung zur Politik als maßgebliche Einflussgrößen für das Gelingen oder Scheitern eines politischen Systems näher in Betracht gezogen werden. Obwohl bis heute heftig umstritten, hat sich jener als Politische Kultur (PK) bezeichnete Betrachtungsgegenstand innerhalb der Politikwissenschaft einen festen Platz gesichert. Deshalb soll an dieser Stelle skizziert werden, welche Hintergründe zur Etablierung jenes Forschungsansatzes geführt haben und welche Hauptkonzepte ihn prägen. Ausgehend von der Bedeutung der PK für die Stabilität eines Staatswesens soll außerdem anhand des Fallbeispiels Italien dargestellt werden, welcher Dynamik sie unterliegt um schließlich die Frage zu beantworten, warum das politische System der Italienischen Republik sich in der Vergangenheit zeitweise als instabil erwiesen hat, obwohl die strukturellen Gegebenheiten des Landes eine ähnlich stringente Entwicklung wie in anderen Nachkriegsdemokratien hätten erwarten lassen. In diesem Sinne sollen auch die Wechselwirkungen zwischen polity, politics und PK Erwähnung finden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Präambel
- 2. Politische Kultur - Mensch und Gesellschaft im Fokus der Regierungslehre
- 2.1 Hintergründe und Forschungsansätze
- 2.2 Die Politische Kultur und ihre verschiedenen Typen nach Almond und Verba
- 2.2.1 Parochialkultur
- 2.2.2 Untertanenkultur
- 2.2.3 Partizipationskultur
- 2.3 Die Bedeutung der politischen Kultur für die Stabilität eines politischen Systems
- 2.3.1 These und Anwendung im Kontext der Geschichte
- 2.3.2 „Civic Culture“ – Königsweg zur Demokratie?
- 3. Italiens Kampf gegen die Instabilität – Politische Kultur vs. Demokratie?
- 3.1 Rahmenbedingungen
- 3.1.1 Historische Schlüsselerlebnisse
- 3.1.2 Sozioökonomische Gegebenheiten
- 3.1.3 Politisches System
- 3.2 Kennzeichen der politischen Kultur Italiens
- 3.2.1 Sozialkapital vs. Vertrauensdefizit
- 3.2.2 Kampf der Ideologien
- 3.1 Rahmenbedingungen
- 4. Ebenenwechsel – Neuere Entwicklungen der Politischen Kultur Italiens
- 4.1 Die Rolle der Regionen bei der Demokratisierung der PK
- 4.2 Stabilitätsfaktor Europa
- 5. Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die politische Kultur Italiens und ihren Einfluss auf die Stabilität des italienischen politischen Systems. Sie analysiert die historischen, sozioökonomischen und politischen Rahmenbedingungen, die die politische Kultur geprägt haben. Die Arbeit basiert auf dem Modell von Almond und Verba und berücksichtigt auch neuere Forschungsergebnisse.
- Einfluss der politischen Kultur auf die Stabilität politischer Systeme
- Analyse der politischen Kultur Italiens anhand historischer und sozioökonomischer Faktoren
- Bedeutung des Modells von Almond und Verba für die Untersuchung politischer Kultur
- Die Rolle von Sozialkapital und Vertrauensdefizit in der italienischen politischen Kultur
- Der Einfluss von regionalen Entwicklungen und der europäischen Integration auf die italienische politische Kultur
Zusammenfassung der Kapitel
1. Präambel: Diese Einleitung erläutert den Wandel der Betrachtungsweise des Menschen und der Gesellschaft in der Politikwissenschaft. Sie beschreibt die Verschiebung vom Fokus auf rein institutionelle Strukturen hin zur Einbeziehung der politischen Kultur als entscheidenden Faktor für den Erfolg oder Misserfolg politischer Systeme. Der Zusammenbruch europäischer Demokratien im 20. Jahrhundert und der Einfluss ideologischer Konflikte werden als wichtige Katalysatoren für diese Verschiebung hervorgehoben. Die Arbeit positioniert sich innerhalb dieses Kontextes und kündigt die Analyse der politischen Kultur Italiens an, insbesondere im Hinblick auf die Stabilität des italienischen politischen Systems.
2. Politische Kultur - Mensch und Gesellschaft im Fokus der Systemlehre: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung des Forschungsansatzes zur politischen Kultur. Es beschreibt den Übergang von einer Konzentration auf rein institutionelle Aspekte hin zur Berücksichtigung der politischen Werte und Einstellungen der Bevölkerung. Die Arbeit von Almond und Verba wird als richtungsweisend vorgestellt, mit ihrer Betonung empirischer Methoden und des systemtheoretischen Ansatzes. Die Kapitel unterstreichen die Bedeutung der politischen Kultur für die Stabilität von politischen Systemen und die Notwendigkeit, ihre komplexen Dynamiken zu verstehen.
3. Italiens Kampf gegen die Instabilität – Politische Kultur vs. Demokratie?: Dieses Kapitel untersucht die spezifischen Herausforderungen der italienischen politischen Kultur im Kontext ihrer demokratischen Entwicklung. Es analysiert die historischen Schlüsselerlebnisse, sozioökonomischen Bedingungen und das politische System Italiens, um die Ursachen für die beobachtete Instabilität zu identifizieren. Die Kapitel beleuchten das Spannungsverhältnis zwischen politischer Kultur und Demokratie, unter Berücksichtigung von Aspekten wie Sozialkapital, Vertrauensdefizit und ideologischen Konflikten.
4. Ebenenwechsel – Neuere Entwicklungen der Politischen Kultur Italiens: Dieses Kapitel widmet sich den neueren Entwicklungen in der italienischen politischen Kultur. Es untersucht den Einfluss der regionalen Entwicklungen und der europäischen Integration auf die Demokratisierungsprozesse. Die Rolle dieser Faktoren für die Stabilität des politischen Systems wird analysiert, unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Ebenen der politischen Organisation.
Schlüsselwörter
Politische Kultur, Italien, Instabilität, Demokratie, Almond und Verba, Sozialkapital, Vertrauensdefizit, Regionen, Europa, historische Schlüsselerlebnisse, sozioökonomische Gegebenheiten, Systemstabilität.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Italiens Kampf gegen die Instabilität – Politische Kultur vs. Demokratie?
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die politische Kultur Italiens und ihren Einfluss auf die Stabilität des italienischen politischen Systems. Sie analysiert die historischen, sozioökonomischen und politischen Rahmenbedingungen, die die politische Kultur geprägt haben und bezieht sich dabei auf das Modell von Almond und Verba sowie neuere Forschungsergebnisse.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: den Einfluss der politischen Kultur auf die Stabilität politischer Systeme; die Analyse der italienischen politischen Kultur anhand historischer und sozioökonomischer Faktoren; die Bedeutung des Modells von Almond und Verba für die Untersuchung politischer Kultur; die Rolle von Sozialkapital und Vertrauensdefizit in der italienischen politischen Kultur; und den Einfluss regionaler Entwicklungen und der europäischen Integration auf die italienische politische Kultur.
Welche Struktur hat die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Eine Präambel, die den Kontext und die Forschungsfrage einführt; ein Kapitel zur politischen Kultur im Allgemeinen, das den Ansatz von Almond und Verba erläutert; ein Kapitel zur Analyse der italienischen politischen Kultur und ihren Herausforderungen; ein Kapitel zu neueren Entwicklungen und dem Einfluss von Regionen und Europa; und abschließend eine Schlussbemerkung.
Was ist die Bedeutung des Modells von Almond und Verba?
Das Modell von Almond und Verba dient als theoretischer Rahmen für die Analyse der politischen Kultur. Es betont die Bedeutung empirischer Methoden und eines systemtheoretischen Ansatzes bei der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen politischen Einstellungen der Bevölkerung und der Stabilität des politischen Systems.
Welche Rolle spielen Sozialkapital und Vertrauensdefizit?
Die Arbeit untersucht die Rolle von Sozialkapital und Vertrauensdefizit als wichtige Faktoren in der italienischen politischen Kultur. Diese Aspekte werden im Kontext der historischen Entwicklung und der Herausforderungen für die demokratische Stabilität analysiert.
Wie werden regionale Entwicklungen und die europäische Integration berücksichtigt?
Die Arbeit analysiert den Einfluss regionaler Entwicklungen und der europäischen Integration auf die italienische politische Kultur und ihre Auswirkungen auf die Stabilität des politischen Systems. Die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Ebenen der politischen Organisation werden dabei berücksichtigt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Politische Kultur, Italien, Instabilität, Demokratie, Almond und Verba, Sozialkapital, Vertrauensdefizit, Regionen, Europa, historische Schlüsselerlebnisse, sozioökonomische Gegebenheiten, Systemstabilität.
Welche Kapitelzusammenfassungen werden angeboten?
Die Arbeit bietet Zusammenfassungen für jedes Kapitel, die die zentralen Inhalte und Argumentationslinien zusammenfassen. Diese Zusammenfassungen liefern einen Überblick über die einzelnen Kapitel und ihren Beitrag zum Gesamtverständnis.
- Quote paper
- Marco De Martino (Author), 2007, Politische Kultur in Italien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77577