Der Begriff ‚Modernisierung' ist elementar für die Beschreibung und Erklärung der ungleichen Lebensverhältnisse der Weltbevölkerung und beschreibt in der Regel langfristige historisch-politische und sozio-ökonomische Umwandlungen. Somit ist der Begriff weder vorgegeben noch allgemeingültig definierbar, noch von Beginn an wertneutral, sondern mit ganz bestimmten Bedeutungsinhalten und impliziten – nicht selten politischen – Wertungen, abhängig von Raum und Zeit sowie insbesondere von individuellen und kollektiven Wertvorstellungen. Entwicklung ist folglich ein normativer Begriff, in den Vorstellungen über die gewünschte Richtung gesellschaftlicher Veränderungen, Theorien über die Ursachen von "Unter" -Entwicklung, Aussagen über soziale Trägergruppen und Ablaufmuster sozio-okönomischer Transformationen, Entscheidungen über das Instrumentarium ihrer Ingangsetzung und Erhaltung einfließen. Somit ist Entwicklung und Entwicklungstheorie immer auch gesellschaftspolitisches Programm, eingebettet in einen historischen Kontext. Demnach stand der Begriff ‚Modernisierung' in wissenschaftlichen Analysen nicht nur für die Beschreibung soziologisch relevanter Sachverhalte, sondern ebenso für die Bewertung derselben, sowie für die eindeutigen Zuordnung in traditionelle und moderne Gesellschaften. Letztgenannte wurden dabei meistens als "fortschrittlichere", "zivilisiertere“, "bessere" Kulturen verstanden. Die Gesellschaftsgeschichte als lineares Entwicklungsmodell zu betrachten, beschäftigt soziologische Analysen der Evolutionsgeschichte der Menschheit, lange bevor diese Konzepte unter ‚Modernisierung' subsumiert wurden oder man gar von soziologischen „Modernisierungstheorien“ sprach. So findet man einflussreiche Perspektiven dieser Denkweise bereits im 18. und 19. Jahrhundert unter anderem in den Schriften von Condorcet und Comte.
Im Folgenden soll nun ein Überblick über die Modernisierungstheorien im Wandel des letzten Jahrhunderts gegeben werden, wobei auf einige für die Modernisierung relevanten Theoretiker etwas genauer eingegangen werden soll. Anschließend werden diese kritisch beleuchtet und ein kurzer Einblick gegeben, welche Auswirkungen die Theorien auf die Modernisierungspolitik von heute haben.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- Modernisierungstheorien zu Beginn des 20. Jahrhunderts
- Max Weber und „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“
- Modernisierungstheorien nach 1945
- Systemtheorie nach T. Parsons
- „Nachholende Entwicklung“- W.W. Rostow
- Erstes Stadium: Die traditionelle Gesellschaft (Traditional Society)
- Zweites Stadium: Die Voraussetzungen wirtschaftlichen Aufstiegs (Transitional Stage: The Preconditions of Take-Off)
- Drittes Stadium: Der wirtschaftliche Aufstieg (take-off)
- Viertes Stadium: die Entwicklung zur Reife (Drive to Maturity)
- Fünftes Stadium: das Zeitalter des Massenkonsum (High Mass Consumption)
- Kritik am Rostow-Modell
- Heutige Modernisierungstheorien
- „Reflexive Modernisierung“ - U. Beck
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Wandel von Modernisierungstheorien im Laufe des letzten Jahrhunderts. Sie strebt danach, die Entwicklung dieser Theorien von ihren Anfängen im frühen 20. Jahrhundert bis hin zu aktuellen Ansätzen zu beleuchten und zu analysieren. Dabei liegt der Fokus auf den wichtigsten Theoretikern und ihren zentralen Konzepten, die die Modernisierungsprozesse prägten.
- Die Entwicklung des Modernisierungsbegriffs und seine unterschiedlichen Bedeutungen
- Max Webers Einfluss auf die frühen Modernisierungstheorien und seine Analyse von Kapitalismus und protestantischer Ethik
- Die Bedeutung von Systemtheorie und "Nachholender Entwicklung" für die Modernisierungstheorien nach 1945
- Kritische Auseinandersetzung mit den klassischen Modernisierungstheorien und die Entstehung neuer Ansätze, wie der "Reflexiven Modernisierung"
- Die Auswirkungen der Modernisierungstheorien auf die Modernisierungspolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort führt in das Thema "Modernisierung" ein und erläutert die Bedeutung des Begriffs für die Beschreibung und Erklärung der ungleichen Lebensverhältnisse der Weltbevölkerung. Die Einleitung stellt den Unterschied zwischen "traditionell" und "modern" dar und beschreibt die Kennzeichen beider Gesellschaftstypen. Kapitel 3 widmet sich den Modernisierungstheorien zu Beginn des 20. Jahrhunderts und beleuchtet insbesondere Max Webers Werk "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus". In Kapitel 4 werden Modernisierungstheorien nach 1945, wie die Systemtheorie nach Talcott Parsons und das Konzept der "Nachholenden Entwicklung" nach W.W. Rostow, vorgestellt und analysiert. Kapitel 5 beleuchtet aktuelle Modernisierungstheorien, insbesondere die "Reflexive Modernisierung" nach Ulrich Beck.
Schlüsselwörter
Modernisierung, Modernisierungstheorien, Tradition, Moderne, Kapitalismus, protestantische Ethik, Systemtheorie, "Nachholende Entwicklung", "Reflexive Modernisierung", Entwicklung, Soziologie, Kultur.
- Quote paper
- Heike Doll (Author), 2006, Kultur und Entwicklung - Modernisierungstheorien im Wandel der Zeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77565