Bereits bei der Konzeptionalisierung eines Utopiebegriffs werden Probleme hinsichtlich einhergehender Werturteile und des nicht vorhandenen wissenschaftlichen Konsens’ sichtbar. Erhält heutzutage beinahe jedweder Utopiediskurs eine pejorative Färbung, so muss dies als Resultat auf den begrifflichen Werdegang des Utopiebegriffs verstanden werden. Das utopische Denken hat es geschafft, in die Alltagssprache im Sinne von ‚träumerisch’ und ‚unrealistisch’ einzudringen und somit den Gegenstand, welchen Utopien seit Platon und Thomas Morus bildeten, bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln. Somit werden Utopien stigmatisiert als Vorstellungen, die zwar den „[…] gegebenen Status quo in Frage stellen“ , dies aber gleichzeitig auf einer weltfremden Ebene problematisieren. Auch in vielfältigen wissenschaftlichen Diskursen wird nicht recht deutlich, was jeweils unter dem Begriff Utopie verstanden wird, da er interdisziplinär eine je spezifische und exklusive Verwendung findet. Schaut man sich die historische Entwicklung des Utopiediskurses an, so stößt man schon seit Mitte der 1980er Jahre auf den Begriff des ‚postutopischen Zeitalters’ als Reaktion auf den Realitätsschock, „[…] der von zwei Weltkriegen, den totalitären Systemen des Faschismus und des Stalinismus und dem erkennbaren Destruktionspotential der modernen Technik ausgeht […]“ . Dies ist insofern verwunderlich, da der Utopiediskurs von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Ausbruch der Französischen Revolution noch ganz im Zeichen radikaler Kritik an der absolutistischen Monarchie stand und somit in der Utopie eine Antwort auf die Realität einhergehend mit konkreten Veränderungsmustern gesehen wurde. Diente die Utopie in der Zeit der absolutistischen Willkürherrschaft noch als Instrumentarium für eine Verbesserung der Welt, so setzte sie mit dem Realitätsschock zweier Weltkriege aus.
Hiermit ist direkt das Problem angesprochen, mit welchem sich die sowohl die aktuelle Utopieforschung als auch moderne Utopisten konfrontiert sehen. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Wahrnehmungsweisen der Gegenwart im Lichte der Utopie. Auf der einen Seite wird vom Ende der Geschichte gesprochen, von einem erreichten und sich manifestierenden ‚telos der Welt’. Mit Beendigung des Zweiten Weltkrieges und vor allem nach Beendigung des Ost-West-Konflikts wird dieses Ende der Geschichte postuliert und folglich die Notwendigkeit von utopischen Gedanken als obsolet abgetan.
Inhaltsverzeichnis
0 Einleitung
0.1 Utopiebegriff in der Sozialphilosophie
0.2 Problemexposition und Vorgehensweise
1 Ernst Blochs philosophische Wurzeln
1.1 Grundlagen
1.2 Periodisierung des Denken Blochs
1.2.1 Das ‚subjektorientierte Denken’
1.2.2 Übergang zum ‚objektorientierten Denken’
1.2.3 Systematische Entfaltung des Denkens bei Bloch: marxistische Philosophie
1.2.4 Blochs ‚marxistische Philosophie’
1.2 Theoretische Einordnung
2 Rekonstruktion des Utopiegedankens
2.1 Bedeutung der Utopie
2.2 Kategorien
2.3 Möglichkeit der Utopieentwicklung: das offene System
2.4 Ontologische Grundannahmen
2.4.1 Grundlagen
2.4.2 Die Materie
2.5 Anthropologische Grundannahmen
2.5.1 Grundlagen
2.5.2 Tagträume
2.5.3 Antizipierendes Bewusstsein
2.6 Zeittheoretische Grundannahmen
2.7 Grundannahmen des Blochschen Materialismus
2.8 Utopistische Zielvorstellungen
2.9 Resumee: Die systematische Rolle der Utopie
3 Neubetrachtung der Sozialphilosophie Blochs
3.1 Notwendigkeit der Neubetrachtung
3.2 Grundlagen
Exkurs: Aufgaben und Möglichkeiten der gegenwärtigen Sozialphilosophie
3.3 Philosophische Anthropologie oder Geschichtsphilosophie?
3.4 Bloch als Vertreter eines intentionalen Utopiebegriffs
3.5 Analyse der objektiven Möglichkeiten
3.6 Resumee
4 Relevanz der Blochschen Sozialphilosophie
4.1 Grundlagen
4.2 Aktualität der Blochschen Sozialphilosophie
4.3 Detailanalysen
4.4 Wider den Normativismus
4.5 Fortschrittskritik
4.6 Resumee
5 Schluss und Ausblick
Bibliographie
0 Einleitung
0.1 Utopiebegriff in der Sozialphilosophie
Bereits bei der Konzeptionalisierung eines Utopiebegriffs werden Probleme hinsichtlich einhergehender Werturteile und des nicht vorhandenen wissenschaftlichen Konsens’ sichtbar.[1] Erhält heutzutage beinahe jedweder Utopiediskurs eine pejorative Färbung, so muss dies als Resultat auf den begrifflichen Werdegang des Utopiebegriffs verstanden werden. Das utopische Denken hat es geschafft, in die Alltagssprache im Sinne von ‚träumerisch’ und ‚unrealistisch’ einzudringen und somit den Gegenstand, welchen Utopien seit Platon und Thomas Morus bildeten, bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln.[2] Somit werden Utopien stigmatisiert als Vorstellungen, die zwar den „[…] gegebenen Status quo in Frage stellen“[3], dies aber gleichzeitig auf einer weltfremden Ebene problematisieren. Auch in vielfältigen wissenschaftlichen Diskursen wird nicht recht deutlich, was jeweils unter dem Begriff Utopie verstanden wird, da er interdisziplinär eine je spezifische und exklusive Verwendung findet.[4] Schaut man sich die historische Entwicklung des Utopiediskurses an, so stößt man schon seit Mitte der 1980er Jahre auf den Begriff des ‚postutopischen Zeitalters’ als Reaktion auf den Realitätsschock, „[…] der von zwei Weltkriegen, den totalitären Systemen des Faschismus und des Stalinismus und dem erkennbaren Destruktionspotential der modernen Technik ausgeht […]“[5]. Dies ist insofern verwunderlich, da der Utopiediskurs von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Ausbruch der Französischen Revolution noch ganz im Zeichen radikaler Kritik an der absolutistischen Monarchie stand[6] und somit in der Utopie eine Antwort auf die Realität einhergehend mit konkreten Veränderungsmustern gesehen wurde. Diente die Utopie in der Zeit der absolutistischen Willkürherrschaft noch als Instrumentarium für eine Verbesserung der Welt, so setzte sie mit dem Realitätsschock zweier Weltkriege aus.
Hiermit ist direkt das Problem angesprochen, mit welchem sich die sowohl die aktuelle Utopieforschung als auch moderne Utopisten konfrontiert sehen. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Wahrnehmungsweisen der Gegenwart im Lichte der Utopie. Auf der einen Seite wird vom Ende der Geschichte gesprochen, von einem erreichten und sich manifestierenden ‚telos der Welt’. Mit Beendigung des Zweiten Weltkrieges und vor allem nach Beendigung des Ost-West-Konflikts wird dieses Ende der Geschichte postuliert und folglich die Notwendigkeit von utopischen Gedanken als obsolet abgetan. Schließlich hat eine Vernützlichung aller Lebenslagen eingesetzt und der Bedarf nach großen Visionen dabei an Geltung verloren.[7] Dieser Rezeptionsweise der Gegenwart ist es inhärent, dass zum Preis der Modernität ein Leben ohne Utopie gehört.[8] So ist das Endziel der Geschichte erreicht und „[a]lle weitere Geschichte kann nur noch als Aufholen dieses Ziels gedacht werden.“[9]
Auf der anderen Seite gewinnt die Notwendigkeit des utopischen Denkens an Bedeutung aufgrund der Tatsache, dass die Polarisierung sozialer und ökonomischer Ungleichheiten stetig zunimmt. Selbst die reichsten Industrienationen, verstanden als Produkt der beendeten Geschichte, können (oder wollen) das Gefälle zwischen reich und arm weder schließen noch eindämmen.
Auch der Erfolg hat einen wesentlichen Teil zur Banalisierung des Utopiebegriffs beigetragen. Schließlich kann der individuelle Bedarf nach Utopien im Eigentlichen durch faktisches Alltagshandeln schon gedeckt sein, „wenn das Streben nach Verbesserung im Sinne eines Optimums zur Grundaxiomatik des modernen Geistes gehört […].“[10]
Ein Philosoph, der Utopisches im Alltäglichen verortet sieht, ist Ernst Bloch. Utopien bedeuten für ihn all jene Vorstellungen und Ideale eines ‚besseren’ und ‚erfüllteren’ Lebens, welche einer ‚liebenswerteren Heimat’ verpflichtet sind, welche gleichsam das Ziel allen individuellen Strebens darstellt. Um vorliegende Arbeit mit einer Einschätzung Blochs in Hinsicht auf Utopien zu beginnen, bietet sich folgendes Zitat an:
„Ja fast jede Utopie, ob medizinische, soziale oder technische, hat paranoische Karikaturen; auf jeden wirklichen Bahnbrecher kommen Hunderte von phantastischen, unwirklichen, irren.“[11]
Bloch, selbst von besagtem ‚Realitätsschock’ betroffen, sah trotz aller utopischer Fehlschläge und inhaltsleerer Phantasterei die Notwendigkeit einer Idee des zukünftig Möglichen, um daran aktuelles Handeln orientieren zu können. Ganz im Gegensatz zu den Postulaten vom ‚Ende der Geschichte’ versteht Bloch die Welt als stetigen Prozess, so dass sie keineswegs an einem Ende angekommen ist. Um dies an dieser Stelle vorwegzunehmen: Für Bloch bedeutet Menschsein, Utopien zu haben.[12]
0.2 Problemexposition und Vorgehensweise
Diese Arbeit unternimmt den Versuch, die Ansprüche und Aufgaben der Blochschen Sozialphilosophie bis zu dem Punkt herauszuarbeiten, an dem ihr Verhältnis zu seinem Verständnis des Utopiebegriffs in ausreichender Klarheit in Erscheinung tritt. Die Vorgehensweise gründet sich dabei auf einer Rekonstruktion der Blochschen Grundbegriffe unter Einbindung in einen philosophiehistorischen Gesamtkontext. Dieser Abschnitt wird mit der Beantwortung der Frage, welche systematische Rolle der Utopiebegriff in der Sozialphilosophie Ernst Blochs spielt, beendet. (Kapitel 1. und 2.)
Aufgrund unterschiedlichster Bloch-Rezeptionen und daraus resultierender Auffassungen bezüglich der Geltung seines Utopiebegriffs schließt sich im Folgenden die Frage an, wie sich diese sozialphilosophische Konzeption, die in grundlegender Weise auf marxistische Theorieelemente zurückgreift, vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Theoriesituation reformulieren lässt. Die gegenwärtige Theoriesituation dient dabei sowohl als Ausgangs- als auch als Mittelpunkt, an der sich das Blochsche System, verstanden als Teil der Sozialphilosophie, messen lassen muss. Um eine mögliche Reformulierung leisten zu können, werden markante Punkte der Blochschen Philosophie einer Neubetrachtung auf der Grundlage des gegenwärtigen Theoriediskurses innerhalb des sozialphilosophischen Kontextes unterzogen und im weiteren den momentan gegebenen Theoriestandards angepasst. (Kapitel 3.)
Die Ergebnisse der Neubetrachtung einzelner Aspekte der Blochschen Philosophie erlauben es in einem dritten Schritt, den theoretischen Anspruch und die spezifischen Besonderheiten der Blochschen Philosophie in Bezug auf die Frage, welche besondere Relevanz sich für die seine Konzeption im heutigen sozialphilosophischen Theoriediskurs geltend machen lässt, darzulegen. (Kapitel 4.)
Der abschließende Schluss resümiert die Ergebnisse und bietet einen Ausblick. (Kapitel 5.)
1 Ernst Blochs philosophische Wurzeln
1.1 Grundlagen
Ernst Blochs philosophischer Werdegang kann als ein universelles Studium der unterschiedlichsten philosophischen Disziplinen und Theorien betrachtet werden.[13] Beim Versuch einer Periodisierung seines Denkens im Allgemeinen, seiner Philosophie im Besonderen, entstehen nachstehende Probleme. Beschränkt sich die Einteilung auf eine idealistisch und religiös bestimmte Frühphase auf der einen und auf eine materialistisch bestimmte Spätphase auf der anderen Seite, entwickelt sich sogleich die Schwierigkeit, dass sowohl die Reife als auch der Entwicklungsstand des ‚späten Blochs’ an einem externen Maßstab, nämlich dem Materialismus, gemessen werden.[14] Bloch hat im Idealismus eine Strömung erkannt, in der Erkenntnis aus „[…] den Tiefen des eigenen Gemüts oder als Zuschauer ihrer selbst […]“[15] entsteht. Begriffe werden von außen an die Dinge herangetragen, die Welt erscheint als materialisierte Idee. Innerhalb der Strömung des Materialismus kann von Erkenntnis nur als Abbildung wirklicher Vorgänge, das heißt unabhängig vom ‚eigenen Gemüt’, gesprochen werden.
Ein weiteres Problem wird anhand diverser, auch jüngerer Werksbiographien deutlich.[16] Die starke Orientierung an biographisch-politischen Lebensabschnitten, meist exemplifiziert an den Stationen seiner Emigration und der chronologischen Abfolge von Blochs Werken, vermag nicht den Umstand mit einzubeziehen, dass Bloch teilweise Jahrzehnte an verschiedenen Schriften arbeitete. Während unterschiedlichste davon (u.a. auch Manuskripte, Briefwechsel etc.) veröffentlicht wurden, arbeitete er kontinuierlich simultan an diversen anderen Schriften. Folglich kann eine exklusiv chronologisch betrachtete Abfolge der Werke keine sinnvolle Analyse für den Blochschen Denkweg liefern, da in diesem Kontext nicht von einer gradlinigen Entwicklung gesprochen werden kann. Auch wurden alte Werke überarbeitet und neu herausgegeben.[17]
Um jedoch einen Versuch zu unternehmen, den stetig fortschreitenden Prozess in Blochs Denken aufzuzeigen, wird im Folgenden eine Einteilung in drei Phasen, dargestellt[18]. Der Ertrag einer solchen Darstellung liegt darin, am Ende des ersten Abschnitts dieser Arbeit zu einer theoretischen Einordnung zu gelangen, durch die die einzelnen Schriften Blochs innerhalb seines Gesamtwerks eine Zuordnung erfahren können. Diese theoretische Spezifizierung dient als Folie, welche über den Gegenstand der Utopie, welcher das Thema dieser Arbeit bildet, gelegt werden kann.
1.2 Periodisierung des Denken Blochs
Es können hinsichtlich des Blochschen Topos der Selbstbegegnung[19] drei Entwicklungsphasen unterschieden werden:
„[…] eine subjektzentrierte, eine objektiver, streckenweise fast objektivistisch argumentierende und eine dritte der systematischen Entfaltung und kritischen Reflexion der beiden Aspekte.“[20]
Um den genannten Schwierigkeiten einer exklusiven Periodisierung entgehen zu können, werde die Phasen chronologisch nur vage abgebildet und ebenfalls keine simple Einteilung in ‚früher Bloch – später Bloch’ vorzunehmen versucht. So umfasst die erste Phase den Zeitraum bis etwa 1923, die zweite reicht bis in die Mitte der 1950er Jahre und die dritte endet erst mit der Fertigstellung respektive der Überarbeitung seiner wichtigsten Werke.[21]
1.2.1 Das ‚subjektorientierte Denken’
Diese erste Schaffensphase Blochs ist durch zwei Momente maßgeblich konstituiert. Die erste Akzentuierung liegt auf der anfänglich starken Subjektzentrierung. Die zweite bezieht sich auf die Betrachtung der objektiven Welt mit denen ihr inhärenten Möglichkeiten der subjektiven Veränderung, einhergehend mit pragmatischen Ableitungen für das alltägliche Leben. Subjektzentrierung meint in diesem Kontext eine starke Betonung der individuellen Selbstverhältnisse. Durch Introspektion wird der Mensch als schaffendes Wesen, als Ausdrucksträger betrachtet. Schon an dieser Stelle wird Blochs Absage an den orthodoxen Marxismus deutlich, welcher den Menschen bloß als Rollenträger ökonomischer Gegebenheiten betrachtet.
Diese erste Phase betrachtend wird deutlich, dass Blochs frühes Schaffen Elemente des Expressionismus aufgreift.[22] Diese Zeit steht im Zeichen einer „[…] Auflehnung gegen die Inhumanität der bürgerlichen Gesellschaft; die Entlarvung ihrer angeblich selbstlosen Ideen […].“[23] Expressionismus als Kunstrichtung in Malerei, Literatur und Musik kennzeichnet eine Richtung, welche genannte Subjektzentriertheit zum Prinzip erhebt. Gesellschafts- und Realitätskritik, verbunden mit einer Auflehnung der Innerlichkeit gegen ein nicht zu ertragendes Außen.[24] In seinem in dieser Epoche verfassten Werk Geist der Utopie[25] findet Blochs starke Subjektzentriertheit philosophisch Ausdruck. Beschäftigungsgegenstände sind hier dementsprechend die Hauptvertreter des deutschen Idealismus, Hegel und Schelling. Aber auch Kants subjektiver Idealismus findet neben der Philosophie Kierkegaards und der stark vitalistisch geprägten Philosophie Nietzsches einen Niederschlag im Denken Blochs. Allerdings muss hier eingewendet werden, dass seine in diesem Rahmen entwickelte „[…] >Metaphysik der Innerlichkeit< […]“[26] nicht völlig objektfrei, d.h. ausschließlich auf eine weltlose Inwendigkeit abzielend, ist. Dies tritt an verschiedenen Stellen im Geist der Utopie zum Vorschein. Die objektive Welt ist hier schon metaphorisch als Rahmen zu betrachten, den es zwecks des „[…] Selbsterkennungsprozesses, zu gebrauchen […]“[27] gilt. Dies setzt die Erkenntnis eigenständiger, vom Subjekt unabhängig existierender, Objekte voraus. So verkörpern die Objekte für Bloch in diesem Zeitraum seines Schaffens bestenfalls die „[…] noch nicht gefundene Weltidee.“[28] In der zweiten Fassung vom Geist der Utopie (1923) erfährt der Blochsche Topos der Selbstbegegnung eine Transformation. Die Selbstwahrnehmung, in der ersten Fassung von 1918 noch als isolierter, interner Weg beschrieben, tritt nun in eine wechselseitige Beziehung zu einem externen Weg. In die Betrachtungen werden also Bedeutungen und Äußerungsformen via Kunst, Musik etc., mit einbezogen. Deutlich wird dies schon an dem nun hinzugefügten Untertitel des letzten Abschnitts: Oder über die Weltwege, vermittelst derer das Inwendige auswendig und das Auswendige inwendig werden kann.[29] Bloch zeigt in diesem Abschnitt auf, dass hier
„[…] also ein zweiter Punkt erreicht [ist], an dem die >>Seele<<, die >>Wiranschauung<<, der Inhalt ihres >>Freiheitsbriefes<<, verantwortlich in die Welt einströmt. Derart praktisch zu sein, derart auf dem Bauhorizont des alltäglichen Lebens zu helfen und zurecht zu richten, derart gerade politisch-sozial zu sein, ist dem Gewissen kräftig nahe und eine der Utopie durchaus eingeschriebene, revolutionäre Sendung.“[30]
Bloch greift somit, wenn auch in der Gewichtung zu Gunsten des Subjekts, die Subjekt-Objekt-Thematik auf. Damit ist der fließende Übergang in die nächste, in die ‚objektivere Phase’ ermöglicht.[31]
1.2.2 Übergang zum ‚objektorientierten Denken’
Beim Übergang zu einer stärkeren Akzentuierung der objektiven Gegebenheiten im Denken Blochs kann von einer praktisch-historischen Wende gesprochen werden. Sowohl die Russische Revolution als auch der Erste Weltkrieg und seine Folgen übten Einfluss auf das Denken, die Philosophie und die Schriften Blochs aus.[32] Beschäftigungsgegenstand und Wegbereiter für die Erkenntnis der Unzulänglichkeit eines ausschließlichen Idealismus sind Kant und Hegel. In der zweiten Auflage vom Geist der Utopie wird sehr deutlich, dass Bloch bei Hegel dass Problem ausmacht, es gäbe in seinem System auf der einen Seite ‚zuwenig Welt’, da Hegel diese mittels seiner dialektischen Methode zurechtstutze. Auf der anderen Seite gäbe es allerdings gleichzeitig ‚zuviel von dieser Welt’, weil die Subjektivität lediglich nach Außen verweise.[33] Bloch wendet sich ab vom panlogischen Prozess Hegels[34], in dem jedwede geschichtliche Entwicklung sich durch einen ständigen Rekurs auf das Bewusstsein definiert. Hegels deterministisches System lässt keinen Spielraum für die Individuen, sie sind innerhalb dessen lediglich Vollzugsorgane. Gegen Hegels geschlossen dialektisches System, in welchem jeder Fortschritt zugleich ein Rückschritt ist, da der subjektive Geist immer nur das finden kann, was er immer an sich schon war, setzt Bloch ein offenes, materialistisch dialektisches System, welches auch Platz für das Tätig-Offene lässt.[35] Das Wirklichwerden der Geschichte ist somit nicht gekoppelt an eine ständige Reflektion auf das erlebende Subjekt. Vielmehr ist Geschichte eine sich selbst herstellende Einheit von Subjekt und Objekt. Der Begriff ‚dialektisch’ ist bei Bloch durch seine starke Subjektfundierung in der Form geprägt, als dass das Subjekt als ihr Motor betrachtet wird.[36] Der dialektische Antrieb erzeugt hierbei immer wieder einen Widerspruch, so dass das Ende der Dialektik in Aussicht gestellt werden kann: „[…] Präsenz ist solch vollkommene Vermittlung zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Sollen und Sein, daß sich beide nicht mehr gegeneinander in Widerspruch verhalten.“[37] Das Ende ist das ‚höchste Gut’[38], in welchem das Subjekt keinen Widerspruch mehr erzeugt und folglich mit sich und der Natur versöhnt Leben kann.
Die schon in der zweiten Fassung vom Geist der Utopie angesprochenen Weltwege werden für das Schaffen Blochs konstitutiv. Der genannte ‚externe Weg’ ist somit die objektive Möglichkeit für den Übergang vom bloßen Bewusstsein zur Welt. War innerhalb der idealistisch ausgelegten Phase Blochs die unmittelbare Welt bloße Materialisierung seines Verstandes, so konstituiert sie sich im Laufe der Zeit immer mehr als vom Subjekt unabhängige Wirklichkeit, die formbar ist.[39]
Bloch, maßgeblich durch den philosophischen Idealismus und Materialismus geprägt, versucht sein abschließendes Denken diesbezüglich metaphorisch zu verdeutlichen. Er vergleicht seine materialistische Denkweise, ohne Zweifel aus der idealistischen hervorgegangen, mit der Hochzeit „[…] des vornehmen Fräuleins namens idealistische Dialektik mit dem stämmigen Burschen Materialismus […].“[40]
Um zu einer theoretischen Zuordnung gelangen zu können, wird im Folgenden Blochs Verhältnis zum Marxismus dargestellt. Zwar handelt es sich bei einer näheren Marx-Rezeption um eine systematische Entfaltung der beiden bis hierhin dargestellten Denkphasen, doch erweist es sich als sinnvoller, diese mit Blochs eigenen Worten zu beschreiben. Dass dies notwendig ist, wird durch die Lektüre seiner Schriften deutlich. Das ‚detektivische Element’[41], welches den Marxismus konstituiert, ermöglicht es Bloch, den Idealismus als „[…] in der Luft schwebenden und sich seiner eigenen Ideologie nicht bewußten Idealismus“[42] zu entlarven und seine philosophischen Überlegungen und Reflexionen in eine materialistische Grundlage zu betten. Das ‚detektivische Element’ selbst ist die reale Möglichkeit, objektive Gegebenheiten in der Welt aufspüren und als Handfestes analysieren zu können; es ist in
„[…] dem negativen Blick, in dem kühlen, unbestechlichen Blick, in dem Aufsuchen der so lange vernachlässigten ökonomischen Ursachen im Unterbau, ohne daß aber daraus Ökonomismus werden darf.“[43]
Weiterhin ist ‚Detektivarbeit’ für Bloch direkte Ideologiekritik. Das detektorische beinhaltet die Möglichkeit, etwas aufzudecken, was verschwiegen wird. Gründe des Verschweigens lassen sich nach Bloch grob in subjektive und objektive einteilen. Subjektiv ist z.B. das schlechte Gewissen; objektiv hingegen ist die Unsagbarkeit bezüglich eines noch nicht näher bestimmten Gegenstands. Ideologiekritik wird die Detektivarbeit auf subjektiver Ebene insofern, als dass Bloch die Grundvoraussetzung der Entstehung der Ideologie, verstanden als falsches Bewusstsein, aufdeckt.[44]
Sich selbst bezeichnet Bloch zwar nicht explizit als Marxisten, jedoch räumt er ein, dass er auch sicherlich kein nichtmarxistischer Philosoph sei.[45] Durch Blochs eigenen Ausspruch kann bis hierhin zusammengefasst werden: „[…] Seitdem hat jedes tiefgreifende Philosophieren mit sich per definitionem den Bruder Schelling, den Vater Hegel, das Diesseits Marx.“[46] Die Familienverhältnisse in Analogie setzend will Bloch hier den Einfluss verdeutlichen, welchen die Werke Hegels und Schellings auf ihn hatten.[47] Der ‚Vater’ Hegel gab Bloch das Rüstzeug, die Grundlage für seine Philosophie mit. Bereits in der ersten Auflage des Geist der Utopie setzt sich Bloch kritisch mit Hegel und dem hegelschen System auseinander, was besonders in dem Kapitel Die Gestalt der unkonstruierbaren Frage[48] deutlich wird. Die Philosophie des ‚Bruders’ Schelling begleitete Bloch auf seinem Denkweg. Es fand eine
„[…] weitere Materieauffassung ‚erbemäßigen’ Eingang in Blochs Marxismus Philosophie. Es ist dies der Impuls der von Isaak Luria geprägten Kabbala, der über Paracelsus, Jakob Böhme und über die Schwäbischen Pietisten in Schellings Naturphilosophie eingeflossen ist […].“[49]
Diese ‚weitere Materieauffassung’ ist die des historischen Materialismus.[50] Sich von den Familienverhältnissen abwendend spricht Bloch vom ‚Diesseits Marx’. Mit dem Begriff ‚Diesseits’ positioniert sich Bloch hier gegen Jenseits- und Aberglauben, stellt doch der Materialismus für ihn die „[…] stärkste Lehre des Diesseits […]“[51] dar. Familiäre, vergangene Beziehungen hinter sich lassend, greift Bloch aus diesen Verbindungen das für seine Philosophie nützliche auf und sieht im Marxismus das letzte Puzzleteil, welches es auf dem Weg zu einer vollkommenen Welt nun einzusetzen gilt.
1.2.3 Systematische Entfaltung des Denkens bei Bloch: marxistische Philosophie
Einem Bekenntnis gleichkommend steht am Schluss der beiden Hauptwerke[52] Blochs jeweils ein Kapitel, welches sich schon im Titel auf Karl Marx bezieht und sich explizit mit dem Marxismus als Instrumentarium zur Verwirklichung utopischer Gedanken auseinandersetzt.[53]
Bevor jedoch auf die Blochsche Marxinterpretation und seine daraus abgeleitete marxistische Philosophie eingegangen werden kann, muss kurz Bezug auf das Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen den Ansprüchen traditioneller Philosophen und traditioneller marxistischer Theoretiker genommen werden. Im traditionellen Spannungsverhältnis (Philosophie einerseits und marxistische Theorie andererseits) bestehen sowohl Philosophen als auch marxistische Theoretiker stets auf eine kritische Kontrastierung, meist einhergehend mit einer Aufforderung zur Aufhebung der jeweils anderen Disziplin, zumindest jedoch auf eine abgrenzende Kritik.[54] Blochs genuine, nach
„[…] Motivation, Grundthematik, Ansatz und Perspektive umrissene Auffassung von Philosophie steht […] in der Traditionslinie der abendländischen Ontologie bzw. Metaphysik; ja, sie stellt, Blochs eigener Intention nach, eine neue Art ontologisch-metaphysischer Problemstellung dar […], die als solche gewiß nicht aus der Marxschen oder marxistischen Theorietradition herzuleiten ist.“[55]
Bloch formuliert seinen traditionellen Philosophiebegriff selbst explizit an mehreren Stellen seines Werks, hier exemplifiziert an einer Stelle aus Das Prinzip Hoffnung:
„Philosophische Veränderung ist eine mit unaufhörlicher Kenntnis des Zusammenhangs; denn wenn Philosophie auch keine eigene Wissenschaft über den anderen Wissenschaften darstellt, so ist sie doch das eigene Wissen und Gewissen des Totum in allen Wissenschaften.“[56]
Bloch als Philosoph besteht hingegen nicht auf der Aufhebung oder Unterordnung der marxistischen Theorie, vielmehr geht es ihm um die gegenseitige Durchdringung von Philosophie und marxistischer Theorie. Erklärtes Ziel ist die Erkenntnis eines Zusammenhangs von metaphysischen und existentiellen, die historische Wirklichkeit betreffenden, Fragestellungen nach Sinn und Bestimmung der menschlichen Existenz. So entwickelt Bloch einen universalen Erkenntnisanspruch der Philosophie einhergehend mit einer marxistischen Gesellschafts- und Praxisanalyse.[57] Es darf folglich nicht verwundern, dass diese Form der Blochschen Philosophie sowohl vielen ‚traditionellen’ Ontologen als auch orthodoxen Marxisten suspekt erscheint. So wird skeptisch hinterfragt, ob die Blochsche Philosophie überhaupt als marxistische bezeichnet werden dürfe oder ob es sich bloß um eine spätere, und somit sein Werk bloß ergänzende Adaption handle.[58] Die damalige Lage des Verhältnisproblems (Philosophie – marxistische Theorie), mit der Bloch sich konfrontiert sah, lässt sich an den gegenseitigen Aufhebungsansprüchen festmachen. Dieses streng ambivalente Verhältnis verlangt nach einer Klärung, welche Bloch in seinen Werken durch eine eigene Marx-Rezeption liefert. Um Blochs gesamtes philosophisches Konstrukt, zentriert um die systematische Rolle des Utopiebegriffs in seiner Sozialphilosophie, verstehen zu können, wird im Folgenden die Blochsche Marx-Rezeption dargestellt und das aus Blochscher Sicht ‚Neue’ dieser marxistischen Philosophie herausgearbeitet.
1.2.4 Blochs ‚marxistische Philosophie’
Blochs Verhältnis zu der Theorie von Marx und ein für ihn „[…] daraus resultierender Verweisungszusammenhang von Marxismus und Philosophie, ja ihrer vermittelten Einheit […]“[59], werden kompakt und ausführlich im 19. Kapitel[60] seines Werks Das Prinzip Hoffnung dargestellt. Diese Relation bedeutet für Bloch eine historische Notwendigkeit, da Philosophie und Marxismus bloß um den „[…] Preis wechselseitiger theoretischer und praktischer Verkümmerung und Orientierungslosigkeit getrennt oder isoliert existieren könnten.“[61]
Blochs Marx-Rezeption hat den Kerngedanken, dass es Marx bei seinen Polemisierungen gegen die Philosophie nicht um die Abschaffung der Philosophie schlechthin geht, sondern um die Abschaffung einer „[…] bestimmten[n] Art kontemplativer Philosophie, nämlich die der Hegel-Epigonen seiner Zeit, welche vielmehr eine Nicht-Philosophie war.“[62] Dies lässt sich verdeutlichen anhand der elften Feuerbach-These: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern.“[63] Marx Anspruch einer Aufhebung der Philosophie bezieht sich also ausschließlich auf die ‚bisherige Philosophie’, auf eine „[…] autark-kontemplative, auf eine die Welt lediglich antiquarisch interpretierende, sie bezieht sich nicht auf eine die Welt revolutionär verändernde.“[64] Durch diese Aussage wird deutlich, dass Marx nach Bloch in seiner Kritik der bisherigen Philosophie die Grundlagen einer auf die Veränderung der Welt gerichteten Philosophie schon vorzeichnet. Die Philosophie wird umgesetzt, sie wird Teil der wirklichen Welt, sie wird eine „[…] Anweisung zum Handeln.“[65] Dies bedeutet eine Aufhebung der Entfremdung, verstanden als „[…] die negative Folie zum Humanismus […]“[66], eine Auflösung aller Verhältnisse, „[…] in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“[67] Marx Feuerbach-Thesen enthalten implizit eine Utopie des mit sich selbst versöhnten Menschen und demnach die Forderung nach Veränderung.[68]
Bloch resümiert, dass Marx` These von der Aufhebung der Philosophie in einem zeitgeschichtlichen Kontext gesehen werden müsse. Der Anerkennung und Vollendung der traditionellen Philosophie durch Hegel folgt der Anspruch ihrer Auflösung aufgrund der rein kontemplativen, bewusstseinskritischen Philosophie der Junghegelianer.[69] Auch muss der Begriff des ‚Aufhebens’ bei Marx innerhalb seiner dialektischen Formel der „[…] Aufhebung von der Philosophie durch ihre Verwirklichung […]“[70] betrachtet werden. Das bedeutet, die Philosophie als unabhängige Wissenschaft soll durch ihre Verwirklichung transponiert werden in den Kontext historisch und wirtschaftlich bedingter Wirklichkeit. Somit wird die Philosophie zwar bedingt, also abhängig, aber ebenfalls ein „[…] wirkendes Element der Wirklichkeit […].“[71] Weiterhin muss noch der spezifische Ausdruck des Begriffs ‚interpretieren’ bedacht werden. ‚Interpretieren’, verstanden als kognitives Verhältnis zur Welt, darf keineswegs mit ‚philosophieren’ vertauscht werden. Eine exklusive Interpretation der Welt schließt immer ein affirmatives Verhältnis zu den bestehenden Gegebenheiten der Welt ein. In diesem Verhältnis bedeutet Veränderung immer nur eine unterschiedliche Interpretation der Wirklichkeit. Gegen diese bloße Art der Interpretation, diese „[…] praktisch passive Einstellung der traditionellen Theoria zum Gegebenen […],“[72] wendet sich Marx (nach Bloch) in der elften Feuerbach-These.
In dieser erhebt Marx den Anspruch, dass seine Theorie fähig sei, die Welt zu verändern. Seine Theorie diene als Rüstzeug für die Weltveränderung. Nach Bloch wäre der Marxismus allerdings ohne gediegene Erkenntnis, welche zu leisten nur die Philosophie im Stande ist, keine wirkliche Veränderung.[73] Die Essenz der Marxschen Philosophiekritik kann nach Bloch zusammengefasst als Grundlage einer ‚neuen Philosophie’[74] betrachtet werden. Es geht nicht mehr ausschließlich um mögliche Formen der Weltinterpretation, wie es noch bei Hegel der Fall war. Es geht um die konkrete Weltveränderung. Die Akzentuierung des ‚Neuen’ liegt nach Bloch in der „[…] marxistisch erkennbaren Zukunft.“[75] Die Grundrichtung wird umgewendet von der bloßen Interpretation und affirmativen Betrachtung der Welt hin zu zukünftigen Möglichkeiten. Geschichte und Gegenwart müssen ganz im Sinne des geöffneten Blochschen Systems „[…] als Öffnung für die zukunftsgerichtete Prozeßrealität der Welt als Geschichte und gesellschaftliche Praxis [.]“[76] betrachtet werden. Um diese Öffnung und Hinwendung zur Zukunft erweitert Bloch die Marxsche Theorie, da er diese Punkte ‚in und an Marx’ für nicht genügend reflektiert hält.[77]
Abschließend hierzu bleibt die Frage zu klären, inwieweit die marxistische Theorie von Bedeutung ist, um die systematische Rolle der Utopie in Blochs Sozialphilosophie zu deuten. Es sind die Parallelen und Ergänzungen der marxistischen Theorie, welche den Utopiegedanken in Blochs gesamtes philosophisches Konstrukt betten. Die ‚Weltveränderung’ durch praktisch gewordene Philosophie ist nach vorn gerichtet. Nach Bloch sind der Marxismus als wissenschaftliche Disziplin und der Sozialismus als politische Theorie die exklusiven Wegbereiter der ‚res humanum’. Dass Bloch der marxistischen Theorie, einhergehend mit ihrer politischen Verwirklichung im Sozialismus, den Gedanken einer Exklusivität zu Teil werden lässt, wird im letzten Kapitel vom Prinzip Hoffnung deutlich. Die Darstellung der marxistischen Theorie wird oft an das Wort ‚nur’ gekoppelt, womit ihre besondere Stellung in der blochschen Philosophie zum Ausdruck kommt. So hat
„nur der Marxismus […] die Theorie-Praxis einer besseren Welt veranlaßt, nicht um die vorhandene zu vergessen, wie das in den meisten abstrakten Sozialutopien üblich war, sondern um sie ökonomisch-dialektisch zu verändern.“[78]
Um es an dieser Stelle schon anzudeuten: Der Utopiegedanke ist der zentrale Punkt der Philosophie Blochs, „[…] die, mit langem Atem, mit vollem Kulturerbe, nicht zuletzt auf ultraviolett sich versteht, soll heißen: auf die zukunfttragenden Eigenschaften der Wirklichkeit.“[79] Der Clou beim Gebrauch des Wortes ‚ultraviolett’ liegt in den damit verbundenen Eigenschaften: Zwar ist es mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar, doch erfüllt es alle Eigenschaften, die für das menschliche Auge wahrnehmbares Licht ebenfalls erfüllt. Mittels dieser Analogie wehrt Bloch seine auf die Zukunft ausgerichtete Philosophie gegen Angriffe ab, sie sei nicht handfest, weil sie zum Hauptgegenstand das Zukünftige habe. Durch den ausführlichen Rückgriff auf Theorieelemente der marxistischen Theorie kann auch der Vorwurf, Bloch habe Marx lediglich aus politischem Bewusstsein im Nachhinein für sein Werk adaptiert, entkräftet werden. Zwar benennt Bloch in frühen Schriften den Marxismus nicht beim Namen, doch sind Elemente der marxistischen Theorie durchgehend in seiner Philosophie enthalten.
1.2 Theoretische Einordnung
Es steht außer Frage, dass die Philosophie Blochs der geschichtsphilosophischen Konzeption des Historischen Materialismus[80] zuzurechnen ist. Teils wird dies deutlich anhand eigener Aussagen, teils an der Erkenntnis der Notwendigkeit einer historischen Wirklichkeit. Durch die Einbettung seiner Philosophie in die marxistische Theorie, welche auf dem Historischen Materialismus basiert, wird die zweite ‚Komponente’ einer möglichen Bestimmung seines Denkens deutlich. Bloch ist Vertreter einer ‚neuen’, einer marxistischen Philosophie. Dies hindert ihn jedoch nicht daran, seine traditionellen philosophischen Grundgedanken beizubehalten. Seine Philosophie „[…] hält sich in der Tradition der großen metaphysischen Systeme.“[81] Ganz im Gegensatz zu traditionellen Marxisten besteht er auf der Notwendigkeit metaphysischer Überlegungen. Bloch selber verwendet für seinen spezifischen Ansatz den Ausdruck ‚aktive Metaphysik’.[82] Die Grundkategorien müssen im Bezug zu Blochs Prozessoffenheit reformiert werden. Da ein Kriterium der Metaphysik sich unter anderem dadurch konstituiert, das metaphysische Problemstellungen empirischen Forschungen nicht zugänglich sind, finden traditionelle Marxisten keine Ansatzpunkte, sich mit dieser Disziplin der Philosophie als autark und praxisunabhängig zu beschäftigen. Damit seine metaphysischen Überlegungen nicht in Konflikt mit seiner Auffassung von Materialismus und marxistischer Theorie geraten, modifiziert Bloch die traditionelle, statische Metaphysik und verschafft ihr einen Prozessgedanken. Er legt seiner Philosophie somit eine völlig veränderte Ontologie zu Grunde, die den Moment des ‚Noch-nicht-Seins’ als Ausgangspunkt hat.[83] Eine wichtige Neuerung innerhalb dieser Ontologie ist die Einbeziehung der Materie, was in Kapitel 2.4.2 dieser Arbeit noch näher erläutert wird. Das Sein ist folglich nichts statisches, nichts von vornherein auf den Menschen, oder im weitesten Sinne auf die Materie, angelegtes.
Abschließend kann festgehalten werden, dass mit den drei genannten Komponenten (Historischer Materialismus, marxistische Philosophie und Metaphysik) Blochs Philosophie umrissen werden kann, obwohl sie sich, singulär und im orthodoxen Sinne betrachtet, teilweise widersprechen würden.
2 Rekonstruktion des Utopiegedankens
2.1 Bedeutung der Utopie
Die formulierte theoretische Einordnung, welche als ausformulierte Grundlage und somit als Akzentuierung des Blochschen Denkweges als eine Eintrittsstelle in seine Philosophie bezeichnet werden kann, eröffnet den Weg, die Bedeutung der Utopie für seine Gesamtphilosophie zu exemplifizieren. Es gilt die Frage zu beantworten, welche systematische Rolle der Utopie innerhalb des Gesamtzusammenhangs der Blochschen Sozialphilosophie zukommt. Um dies gebührend darstellen zu können, wird der Blochsche Utopiegedanke möglichst werkimmanent rekonstruiert, ohne dass zugleich eine methodische ‚Übersetzung’ oder ‚Reformulierung’ der verwendeten Termini angestrebt wird.
Zuvorderst werden, um während der Untersuchung Blochs Hauptgedanken nicht aus den Augen zu verlieren, seine Hauptintentionen genannt, aufgrund derer er es für nötig und nützlich hält, sich mit dem Gegenstand der Utopie zu beschäftigen. Das geschichtliche Ziel der Utopiekonstruktion beschreibt Bloch mit den Worten von Karl Marx und dessen ‚letzten Anliegen’: es ist bestimmt durch die „[…] Entwicklung des Reichtums der menschlichen Natur.“[84] Gemeint ist hiermit der Einklang des Menschen mit der Welt, einhergehend mit der Verwirklichung der noch unverwirklichten Möglichkeiten. Das utopische Ziel schlechthin hingegen beschreibt Bloch in einer Metapher: Es liegt in der ‚Heimat’.[85] Heimat als Metapher des Ortes, worin noch Niemand war, welche jedoch die rein objektive Tendenz hat, zu entstehen. Die Hoffnung, erhoben zum Prinzip, welches die Grundlage für eine mögliche Verwirklichung der beiden Ziele darstellt, impliziert wiederum zweierlei. Erstens muss die Annahme, dass genannte Ziele verwirklicht werden können, berechtigt sein. Berechtigung findet sie, wenn die objektiven Gegebenheiten, welche zur Verwirklichung der genannten Ziele von Nöten sind, in der Realität bereits anzutreffen oder zumindest latent vorhanden sind. An dieser Stelle sei direkt die für Blochs philosophische Konzeption wichtige Kategorie der ‚Möglichkeit’ genannt. Bloch unterscheidet hier zwischen ‚objektiv möglich’ und ‚real möglich’.
„Objektiv möglich ist alles, dessen Eintritt auf Grund einer bloßen Partial-Erkenntnis seiner vorhandenen Bedingungen wissenschaftlich erwartbar ist oder wenigstens nicht ausgeschlossen werden kann. Real möglich dagegen ist alles, dessen Bedingungen in der Sphäre des Objekts selber noch nicht vollzählig versammelt sind; sei es, daß sie erst noch heranreifen, sei es vor Allem, daß neue – obzwar mit den vorhandenen vermittelte – Bedingungen zum Eintritt eines neuen wirklichen entspringen.“[86]
Damit der Übergang von ‚objektiv möglich’ zu ‚real (objektiv) möglich’ geschaffen werden kann, müssen die Bedingungen aufhören, bloß partiale zu sein. Das bedeutet, zu dem, was partial bedingt möglich ist, muss der subjektive Faktor hinzukommen, „[…] damit das Mögliche bereichert wird genau um die Bedingungen, die zur Realisation noch fehlen.“[87] Im weiteren Verlauf der Arbeit wird dementsprechend beinahe durchgängig von objektiv realen Möglichkeiten die Rede sein.
Zweitens muss die Formulierung von Hoffnung, von möglicher Veränderung, formuliert werden können. Dies ist geknüpft an eine bestimmte Verwendung von Grundaussagen, von Kategorien.
2.2 Kategorien
Bloch benötigt für die Konstruktion seiner Philosophie Kategorien,[88] die sich von den philosophiegeschichtlich überlieferten unterscheiden. Da seine gesamte Philosophie eine Philosophie des Werdens ist, welche das Weltgeschehen als stets fortschreitenden, dynamischen Prozess versteht, müssen die Kategorien folgerichtig so beschaffen sein, dass sie prozesshafte Aussagen über das Werden machen können; sie müssen scharf tätig sein, „[…] um Wissen zu haben, wohin, wozu.“[89] Jene Kategorien müssen also Kategorien der Entwicklung sein. So können sie nach Bloch ausschließlich auf das sich selbst produzierende Sein verstanden werden. Das bedeutet, sie können nicht statisch oder a priori gegeben sein; stattdessen bezeichnet Bloch seine gebrauchten Kategorien als „[…] Kategorien […] eines Prozesses selber im Prozeß; […] Kategorien sind sachlich nirgends als fertige und nirgends als bereits geschlossene bestimmbar; […].“[90] Hieraus folgt, dass sich die Kategorien innerhalb des Prozesses ebenfalls immer wieder neu formen und bestimmen. Somit wird das „[…] Mißverständnis der Kategorien als ruhender Gestalten endgültig aus[geschlossen].“[91]
Dass die Blochschen Kategorien am ausführlichsten in seinem Werk Experimentum mundi,[92] dem ‚Weltexperiment’ expliziert werden, zeigt die enge und notwendige Verbundenheit von Theorie und Praxis in Blochs Philosophie. Je inhaltlicher die Kategorien werden, so Bloch, desto dialektischer formen sie sich aus ‚Auszugsgestalten’ ihrer selbst.[93] Das bedeutet, je näher die Kategorien Bereiche des alltäglichen Lebens beschreiben, umso stärker ist der gegenseitige Einfluss, den die Kategorien, als Teil der Theorie, auf das reale Leben, somit auf die Praxis, ausüben. Dadurch, dass die Kategorien sich selber im Prozess befinden, wird die Ambivalenz zwischen Theorie und Praxis deutlich. Die Kategorien sind nötig für eine Veränderung der Praxis, welche wiederum eine Veränderung der Theorie, also auch der Kategorien, bedeutet. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass die Kategorien produktiv an der Entstehung neuer persönlicher, gesellschaftlicher oder auch umweltlicher Zustände beteiligt sind und diese neuen Zustände dann wieder aufgenommen und in den Prozess des Werdens, des Geschehens, eingegliedert werden. Je inhaltlicher also die Kategorien werden, desto eher können sie direkt als materielle Denkanstöße betrachtet und in den dialektischen Prozess des Werdens eingebracht werden.
[...]
[1] Vgl. Saage, Richard. Utopische Profile: Widersprüche und Synthesen des 20. Jahrhunderts. 2003. S. 5-19.
[2] Vgl. Saage, Richard. Das Ende der politischen Utopie? 1990. S. 13.
[3] Saage. 2003. S. 5.
[4] Dieses Problem schildert sich wie folgt: „Jedes Fach, das sich mit diesem Problembereich beschäftigt, möchte ihn ganz für sich besitzen. Die Literaturwissenschaftler möchten die Utopie gern ausschließlich als literarische Gattung definieren, […], die Philosophen als ewige philosophische […] und die Soziologen als gesellschaftliche Gegebenheit.“ Vgl. Elias. Norbert. Thomas Morus’ Staatskritik. Mit Überlegungen zur Bestimmung des Begriffs Utopie. S. 101. In: Voßkamp, Wilhelm (Hrsg.). Utopieforschung. Interdisziplinäre Studien zur neuzeitlichen Utopie. 1982. S.101-151.
[5] Saage. 1990. S. 23. Der Begriff ‚postutopisches Zeitalter’ geht auf Herfried Münkler zurück. Vgl. Münkler, Herfried. Ein postutopisches Zeitalter. Gedanken zur neueren Utopieforschung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 31.12.1985. S. 31.
[6] Vgl. Saage, Richard. Plädoyer für den klassischen Utopiebegriff. In: Benseler, Frank (et al.). Erwägen Wissen Ethik. Jg. 16/2005. Heft 3. S. 294.
[7] Vgl. Nitschke, Peter. Wann ist eine Utopie vernünftig? In: Benseler (et al.). 2005. S. 318.
[8] Vgl. Münz-Koenen, Inge. Die Diskursivität utopischen Denkens bei Bloch, Adorno, Habermas. 1997. S. 10. Münz-Koenen referiert an dieser Stelle Joachim Fest.
[9] Ebd.
[10] Nitschke. 2005. S. 318.
[11] Bloch, Ernst. Das Prinzip Hoffnung. GA V. 1985. S. 104 ff.
[12] Vgl. Bloch, Ernst. Zur Ontologie des Noch-Nicht-Seins. 1961. S. 36.
[13] Siehe hierzu ausführlicher: Münster, Arno. Ernst Bloch. Eine politische Biographie. 2004. S. 19-69.
[14] Vgl. Dietschy, Beat. Gebrochene Gegenwart. Ernst Bloch, Ungleichzeitigkeit und das Geschichtsbild der Moderne. 1988. S. 63-95 und S. 301-309. Hier speziell S. 309. Exemplarisch für einen solchen Autor, der diese Einteilung vornimmt, kann in diesem Fall Arno Münster herangezogen werden. Münster, Arno. S. 32. „Trotz des starken Eindrucks [gemeint ist hier Theodor Lipp’s ethisch-politisches Engagement], […] wurde dieser dennoch nicht bestimmend für Blochs Denken in jener vor-marxistischen, […] Phase.“
[15] Bloch, Ernst. Subjekt – Objekt. GA VIII. 1962. S. 411.
[16] Vgl. hier beispielsweise Zudeick, Peter. Der Hintern des Teufels. Ernst Bloch – Leben und Werk. 1985. Schon das Inhaltsverzeichnis gibt Aufschluss darüber, dass der von Bloch beschrittene Denkweg vorwiegend an Exilstationen festgemacht wird. In den neun Kapiteln werden sowohl Blochs Flucht vor den Nazis als auch unterschiedliche Exilstationen direkt genannt. Vgl. weiterhin Münster, Arno. 2004. Inhaltsverzeichnis. Auch hier werden Blochs unterschiedliche Denkstationen hauptsächlich an biographischen Lebensabschnitten fest gemacht.
[17] Zu nennen ist hier unter anderem Blochs Geist der Utopie. Erste Fassung von 1918; bearbeitete Neuauflage der zweiten Fassung von 1923.
[18] Die Einteilung erfolgt in Anlehnung an Dietschy. 1988.
[19] ‚Selbstbegegnung’ ist ein zentraler Begriff bei Bloch. Er meint die Aufhebung der Trennung von Subjekt und Objekt, das Zustandekommen eines mit sich selbst versöhnten Menschen. Siehe Kapitel 2.8 Utopistische Zielvorstellungen dieser Arbeit.
[20] Dietschy. 1988. S. 64.
[21] Vgl. ebd.
[22] Vgl. Münster, Arno. Utopie, Messianismus und Apokalypse im Frühwerk von Ernst Bloch. 1982. S. 181-198.
[23] Ebd. S. 184.
[24] Innerlichkeit ist für Bloch, wie im Folgenden noch beschrieben wird, nicht völlig objektfrei. Jedoch entzieht sie sich dem Zugriff von Außen und findet ihren Ausdruck in der Kunst, Musik und Literatur dieser Zeit.
[25] Gemeint ist hier die erste Fassung von 1918.
[26] Dietschy. 1988. S. 64ff.
[27] Bloch, Ernst. Geist der Utopie. Erste Fassung. Faksimile Ausgabe. GA XVI. 1971. S. 425.
[28] Ebd. S. 426.
[29] Bloch, Ernst. Geist der Utopie. Zweite Fassung. GA III. 1964. S. 289.
[30] Ebd. S. 295.
[31] Vgl. Bloch. GA III. S.293-307.
[32] Dies ist ein Beispiel dafür, dass Blochs Werke schwer chronologisch einzuordnen sind. Obwohl das Ende des 1. Weltkriegs (1918) und die Oktoberrevolution (1917) eher in die Phase Blochs subjektzentrierten Denkens fällt, finden die für Bloch erschreckenden Folgen dieser Ereignisse erst in später erschienen Werken Ausdruck.
[33] Vgl. hierzu Schiller, Hans-Ernst. Metaphysik und Gesellschaftskritik. Zur Konkretisierung der Utopie im Werk Ernst Blochs. 1982. S. 51-55.
[34] Vgl. Bloch. GA III. S. 228ff.
[35] Bloch. GA VIII. S. 471ff. „Idealismus ist und bleibt a priori lückenloser Zusammenhang, am fixen Anfang oder auch fixen Ende aufgehängt. Umgekehrt ist Materialismus nicht nur, wie Engels sagt, Erklärung der Welt aus sich selbst […]. Und so wird die systematische Form konkret, wenn sie die mehrsträhnige Unabgeschlossenheit des geschichtlichen Lebens und die daraus neu entspringenden Sachverhalte selber als systematische Materialbestimmtheit erfasst, - folglich in systemhafter Offenheit.“ Vgl auch: Wüstehube, Axel. Das Denken aus dem Grund. Zur Bedeutung der Spätphilosophie Schellings für die Ontologie Ernst Blochs. 1989. S. 97-101. Fetscher, Iring. Karl Marx und der Marxismus. 1973. S. 99.
[36] Vgl. Bloch. GA VIII. S. 137ff.
[37] Ebd. S. 453.
[38] Ebd.
[39] Hieraus ist keineswegs zu schließen, dass Bloch Materie und Geist als dualistisch Entgegengesetztes betrachtet: „[…] Leben wie Denken sind Bewegungsformen einer höher qualifizierten Materie und der Geist kein total Anderes, gar dualistisch Entgegengesetztes, sondern deren >höchste Blüte<.“ Bloch, Ernst. Das Materialismusproblem. GA VII. 1972. S. 308. Vgl. auch ebd. S. 337, 442.
[40] Bloch . 1978. S. 235
[41] Vgl. ebd. S. 233.
[42] Ebd.
[43] Ebd. S. 234.
[44] Bloch. GA V. S. 174-180. Bloch leitet die Ideologie aus der Arbeitsteilung ab. Erst mit dem Entstehen der Trennung von geistiger und körperlicher Arbeit wurde es einer Gruppe, die materiell unabhängig war und somit Zeit für geistige Arbeit hatte, möglich, andere (aber auch sich selbst) mittels Ideologie zu täuschen.
[45] Bloch. 1978. S. 233.
[46] Bloch, Ernst. Zwischenwelten in der Philosophiegeschichte. GA XII. 1977. S. 316.
[47] Vgl. Folkers, Horst. Zur Heimat Blochschen Denkens in der Hegelschen Dialektik und der Schellingschen Spätphilosophie. In: Weigand, Karlheinz (Hrsg). Bloch-Almanach 9. 1989. S. 128-137.
[48] Bloch. GA XVI. S. 343-391.
[49] Franz, Trautje. Revolutionäre Philosophie in Aktion. Ernst Blochs politischer Weg, genauer besehen. 1985. S. 28. Vgl. ebenfalls: Bloch. GA V. S. 798 ff.
[50] Vgl. Kapitel 2.4.2 Die Materie dieser Arbeit.
[51] Bloch. GA VIII. S. 433.
[52] Bloch, Ernst. Experimentum Mundi. GA XV. 1977. S. 29. „Die Gesamtausgabe letzter Hand beginnt mit >Spuren<, die betroffen erzählen wollen, hierauf folgt der >Münzer< mit Signal, dann das versuchte erste Hauptwerk >Geist der Utopie<, worin diese sich selber erneuert, darauf, unterbrechend […] um dann dem so unterbrechenden wie summierenden, rück- wie vorblickenden, enzyklopädisch sui generis gemeinten, ausgeführten Hauptwerk >Das Prinzip Hoffnung< Platz zu schaffen.“
[53] Gemeint ist hier das jeweils letzte Kapitel aus Geist der Utopie von 1923 und Das Prinzip Hoffnung.
[54] Dieser Themenkomplex wird ebenfalls intensiv behandelt in: Schiller. 1982. S. 13-21.
[55] Fahrenbach, Helmut: Ernst Bloch und das Problem der Einheit von Philosophie und marxistischer Tradition. S. 100. In: Schmidt, Burghardt (Hrsg.). Seminar: Zur Philosophie Ernst Blochs. 1983. S. 75-123
[56] Bloch. GA V. S 326 ff.
[57] Ebd. S. 76 ff.
[58] Schmidt, Burghardt. Die Stellungnahme: Ernst Bloch als Marxist. S. 41. In: Schmidt, Burghart (Hrsg.). Materialien zu Ernst Blochs >Prinzip Hoffnung<. 1978. S. 41-58. „Blochs eigene Berufung auf Marx und den Marxismus wird ihm dann ausgelegt als ein bloß hinzugefügtes Bekenntnis, als ein ausschließlich moralisches ceterum censeo Capitalismum esse delendum aus politisch richtig ausgerichtetem Willen, dem aber sein Denken nirgendwo den klassenbewussten wissenschaftlichen Ausdruck gebe.“
[59] Schmidt. 1983. S. 82.
[60] Bloch, Ernst. GA V. S. 1602-1628. Weltveränderung oder die Elf Thesen von Marx über Feuerbach.
[61] Schmidt. 1983. S. 81 ff.
[62] Bloch. GA V. S. 323. Bloch selbst wendet sich ebenfalls an mehreren Stellen explizit gegen eine rein kontemplative Form des Philosophierens und des Wissens. „Denn das nur betrachtende Wissen bezieht sich notwendig auf Abgeschlossenes und so Vergangenes, es ist hilflos gegen Gegenwärtiges und blind für die Zukunft.“ Ebd. S. 227.
[63] Marx, Karl / Engels, Friedrich. Marx-Engels-Werke. (MEW). Band 3. 1969. S. 535.
[64] Bloch. GA V. S. 325.
[65] Ebd. S. 1621.
[66] Ebd. S. 1604.
[67] MEW. Band 1. 1976. S. 385.
[68] Vgl. Möckel, Christian. Die 11. Feuerbach-These und das „Ende des utopischen Zeitalters“. S. 68. In: Gerhardt, Volker (Hrsg). Eine angeschlagene These. Die 11. Feuerbach-These im Foyer der Humboldt-Universität zu Berlin. 1996. S.65-85.
[69] Die Junghegelianer übernahmen zwar Teile des Hegelschen Systems, so z.B. die Dialektik als Prinzip der geschichtlichen Entwicklung. Das geschlossene an Hegels System, welches alles Bestehende als notwendig und vernünftig erklärte, lehnten sie aber ab.
[70] MEW. Band 1. 1976. S. 346.
[71] Schmidt. 1982. S. 84.
[72] Ebd. S. 85.
[73] Vgl. Bloch. GA V. S. 326.
[74] Ebd. S. 5.
[75] Ebd. S. 327.
[76] Schmidt. 1982. S. 101.
[77] Vgl. Bloch. GA V. S. 328 ff.
[78] Ebd. S. 1621. Vgl. auch S. 1607, 1615.
[79] Ebd. S. 326.
[80] Eine genauere Definition des Historischen Materialismus erfolgt in Kapitel 3.5 Analyse der objektiven Möglichkeiten dieser Arbeit. Vorweg zur Schreibweise: Außer in Zitaten wird in dieser Arbeit in Anlehnung an Iorio durchgängig vom ‚Historischen Materialismus’ die Rede sein (entgegen der üblichen Schreibweise ‚historischer Materialismus’). „[…] [D]er Historische Materialismus ist eine […] Theorie, die Historisches bzw. Historie zum Gegenstand hat.“ Iorio, Marco. Karl Marx – Geschichte Gesellschaft Politik. 2003. S. 13. Nicht der Materialismus ist in diesem Kontext historisch, die Historie ist Gegenstand dieses Materialismus. Deswegen kann nicht vom ‚historischen’, sondern muss vom ‚Historischen Materialismus’ die Rede sein.
[81] Holz, Hans Heinz. Logos Spermatikos. Ernst Blochs Philosophie der unfertigen Welt. 1975. S. 10.
[82] Bloch. 1961. S. 34.
[83] Vgl. Bloch, Ernst. Tübinger Einleitung in die Philosophie. GA XIII. 1970. S. 356.
[84] Bloch. GA V. S. 1628.
[85] Ebd.
[86] Ebd. S. 225ff.
[87] Bloch. 1978. S. 281.
[88] Kategorien sind für Bloch nicht „[…] Hilfsmittel des Menschen, sondern der Ausdruck der Gesetzmäßigkeit sowohl der Natur als des Menschen. […] Kategorien drücken einzelne Seiten des Prozesses aus, sie sind Daseinsformen, Existenzbedingungen der realen Welt.“ Bloch. GA VII. S. 111. Hervorhebung im Original.
[89] Bloch. 1961. S. 12.
[90] Bloch. GA XV. S. 72.
[91] Ebd. S. 161.
[92] In seinem Werk Das Prinzip Hoffnung werden die Kategorien dagegen nicht definiert. Er führt sie dort lediglich nach Bedarf an.
[93] Vgl. Bloch. GA XV. S. 156-165.
- Arbeit zitieren
- Tim Kirchner (Autor:in), 2005, Ernst Blochs Begriff der Utopie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77108
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