Der von Karl Philipp Moritz geschaffene Charakter Anton Reiser ist eine Figur, deren Biografie von Lektüre bestimmt ist. Der fiktive Leser Anton Reiser empfindet das faktische Leben und seine erträumte Wirklichkeit als unüberwindliche Gegensätze. Das Lesen soll für ihn dabei zwei Hauptaufgaben erfüllen: Zum einen stellt es die Quelle dar, aus der seine idealisierte Welt gespeist wird, zum anderen instrumentalisiert er das Lesen, um eben diese Diskrepanz zwischen Realität und PHantasie zu überwinden - was aber nicht gelingt.
In der Arbeit werden die Funktionen des Lesens erläutert und die Figur des Anton Reiser im sozialen und kulturellen Zusammenhang des 18. Jahrhunderts betrachtet - epochenspezifische Funktionen des Lesens werden aufgezeigt und unterschiedliche Textsorten auf ihre rezeptorischen Spezifika hin betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Allgemeines
- Formen und Funktionen des Lesens
- Soziale und kulturelle Umbrüche in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
- Epochenspezifische Funktionen und Charakteristika des Lesens
- Prägung der psychischen Kontur der fiktiven Leserfigur Anton Reiser
- Motivationen, Funktionen und Wirkungen der Lektüre
- Religiöse Lektüre in der Kindheit
- Romane und Komödien
- Die weitere Leseentwicklung Anton Reisers
- Schluss
- Bibliographie
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Funktion der Lektüre in Karl Philipp Moritz' Roman „Anton Reiser“. Ziel ist es, zu untersuchen, welche Rolle das Lesen für den fiktiven Leser Anton Reiser spielt, in welchen Situationen er liest, warum er liest und welche Auswirkungen die Lektüre auf sein Leben hat. Die Arbeit berücksichtigt dabei auch die historischen Umstände der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die geprägt sind von Umbrüchen und Veränderungen in der Gesellschaft und dem Menschenbild.
- Die verschiedenen Formen und Funktionen des Lesens im 18. Jahrhundert
- Der Einfluss des Lesens auf die Entwicklung der psychischen Kontur der fiktiven Figur Anton Reiser
- Die Motivationen und Wirkungen der Lektüre in unterschiedlichen Phasen des Lebens von Anton Reiser
- Der Zusammenhang zwischen Lektüre und der historischen und gesellschaftlichen Entwicklung im 18. Jahrhundert
- Die Rolle der Lektüre für die Konstitution der eigenen Identität im Kontext der Aufklärung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Roman „Anton Reiser“ und die zentrale Rolle der Lektüre für die Biografie des fiktiven Lesers Anton Reiser vor. Sie umreißt die Zielsetzung der Arbeit und die zu untersuchenden Aspekte, wobei der Fokus auf die Lektüreerfahrungen in der Kindheit gelegt wird.
Das Kapitel „Allgemeines“ widmet sich verschiedenen Formen und Funktionen des Lesens, wie dem evasorischen Lesen, dem kognitiven Lesen, dem literarischen Lesen und dem informativen Lesen. Der Fokus liegt auf dem evasorischen Lesen, das dem Leser einen Ausstieg aus der Realität ermöglicht und die Möglichkeit bietet, sich mit literarischen Figuren zu identifizieren. Auch die soziale Dimension des Lesens wird beleuchtet, wobei die Bedeutung des gemeinsamen Lesens für die Identitätsbildung und der Bedeutung des individuellen Lesens für die Reflexion und die Bildung der Individualität hervorgehoben wird.
Das Kapitel „Soziale und kulturelle Umbrüche in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ beschreibt die Zeit der Handlung des Romans als eine Zeit des Wandels, in der das religiöse Menschenbild brüchig wurde und die Gesellschaft sich von theologischen und metaphysischen Vorstellungen entfernte. Die Entwicklung des Menschen als veränderbares Wesen und die Bedeutung der Vernunft für seine Konstitution stehen im Mittelpunkt. Im Kontext der Aufklärung wird der Mensch als Individuum mit der Aufgabe betraut, seinen Platz in der neu formierten Gesellschaft zu finden.
Das Kapitel „Prägung der psychischen Kontur der fiktiven Leserfigur Anton Reiser“ widmet sich der besonderen Rolle der Lektüre für die Entwicklung der psychischen Kontur der Hauptfigur. Der Roman zeigt, wie das Lesen Anton Reiser hilft, seine eigene Identität zu erforschen und seinen Platz in der Welt zu finden. Die Arbeit untersucht, wie die Lektüre Anton Reiser dazu verhilft, seine innere Welt zu erkunden und sich mit seinen eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen.
Das Kapitel „Motivationen, Funktionen und Wirkungen der Lektüre“ untersucht die verschiedenen Motivationen für das Lesen von Anton Reiser. Die Arbeit beleuchtet die Rolle der religiösen Lektüre in seiner Kindheit, die ihn mit moralischen und spirituellen Werten vertraut macht. Des Weiteren analysiert sie die Bedeutung des Lesens von Romanen und Komödien für die Entwicklung seiner Fantasie und die Befriedigung seiner Bedürfnisse nach Ablenkung und Unterhaltung. Abschließend wird die weitere Leseentwicklung Anton Reisers skizziert, wobei die komplexen Beziehungen zwischen Lektüre und seiner persönlichen Entwicklung im Vordergrund stehen.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Funktion der Lektüre in Karl Philipp Moritz' Roman „Anton Reiser“, wobei Themen wie die historische Entwicklung des Lesens im 18. Jahrhundert, die Rolle der Lektüre für die Identitätsbildung, die psychologische Prägung des fiktiven Lesers Anton Reiser, die Motivationen und Wirkungen der Lektüre sowie die Bedeutung der Lektüre für die Auseinandersetzung mit der eigenen Gefühlswelt im Mittelpunkt stehen. Wichtige Schlüsselbegriffe sind: evasorisches Lesen, kognitive Lesen, literarisches Lesen, informatives Lesen, katharsis, Individualität, Aufklärung, Säkularisierung, Vernunft, Gesellschaft, Identität, Roman, Literatur, Phantasie, Gefühlswelt.
- Quote paper
- Alexandra Stoßnach (Author), 2007, Die Funktion des Lesens in Karl Philipp Moritz' "Anton Reiser", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77013