In der heutigen Wissens- und Informationsgesellschaft sollen bereits Kinder den Umgang mit dem Internet erlernen. Damit sie sich mit diesem Medium auch befassen, sind jedoch Online-Angebote notwendig, die ihre Fähigkeiten, ihren Wissensstand und ihre Interessen berücksichtigen. Doch welche äußerlichen und inhaltlichen Gestaltungskiterien sind bei Websites für Kinder genau zu beachten? Mit dieser Frage befasst sich die vorliegende Abhandlung. Dazu werden in einem ersten Schritt die existierenden Online-Angebote für Kinder sowie die Rahmenbedingungen unter denen sie entstehen systematisch kategorisiert und erörtert. In einem zweiten Schritt wird dargelegt, aus welchen wissenschaftlichen Erkenntnisse über Webdesign und Usability, über die Internetnutzung von Kindern und aus der Entwicklungspsychologie Gestaltungskriterien für Kinder-Websites hervorgehen. Diese Gestaltungskriterien werden in einem umfangreichen Kriterienkatalog festgehalten. Dieser wird anschließend zur inhaltsanalytischen Untersuchung exemplarisch ausgewählter Websites für Kinder genutzt, woraus sich einerseits Aussagen über ihre Eignung für die Zielgruppe und andererseits über Verbesserungsmöglichkeiten ergeben. Die vorliegende Abhandlung gibt sowohl dem rein wissenschaftlich Interessierten wie auch dem Webdesign-Praktiker erstmalig systematische und wissenschaftlich fundierte Anhaltspunkte zur Analyse und Gestaltung von Online-Angeboten für Kinder.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Internet als Kinder-Medium
2.1 Internet und World Wide Web als Medien für die Masse
2.1.1 Internet
2.1.2 World Wide Web
2.2 Kindes- und Kindheitsbegriff aus interdisziplinärer Perspektive
2.3 Angebote für Kinder im World Wide Web
2.3.1 Anbieter
2.3.2 Inhalte
2.3.3 Ökonomische Rahmenbedingungen
2.4 Sicherheitsaspekte der Internetnutzung
2.5 Rechtliche Aspekte zum Jugendschutz im Internet
2.6 Medien- und Internetkompetenz als gesellschaftliche Ziele
3 Determinanten der Websitegestaltung für Kinder
3.1 Allgemeine Gestaltungskriterien für Websites
3.1.1 Kompatibilität
3.1.2 Seiten-Design
3.1.3 Inhalte-Design
3.1.4 Informationsarchitektur und Navigationselemente
3.2 Die Internetnutzung von Kindern
3.2.1 Verfügbarkeit und Nutzung
3.2.2 Grundqualifikationen und Nutzungshürden
3.2.3 Onlineaktivitäten
3.2.4 Auswahlstrategien für Websites
3.2.5 Präferierte Websites
3.2.6 Erwartungen an die Seitengestaltung
3.2.7 Inhalte, Kommunikation, Interaktion, Partizipation
3.2.8 Navigations- und Orientierungsverhalten
3.2.9 Umgang mit Werbung und Datenabfragen
3.3 Implikationen entwicklungspsychologischer Aspekte
3.3.1 Wahrnehmung und Psychomotorik
3.3.2 Kognitive Entwicklung
3.3.3 Gedächtnisleistung und Konzentrationsfähigkeit
3.3.4 Sprachentwicklung
4 Analyse von Kinderwebsites
4.1 Beschreibung der Analysemethode
4.1.1 Inhaltsanalyse
4.1.2 Besonderheiten bei der Analyse von Hypertextangeboten
4.1.3 Anwendung zur Evaluation von Kinderseiten
4.2 Auswahl des Untersuchungsmaterials
4.2.1 Auswahlmethodik
4.2.2 Volkswagen-Kinderleicht.de
4.2.3 Toggo.de
4.2.4 Internauten.de
4.2.5 Sowieso.de
4.3 Pretest und Datenerhebung
4.4 Ergebnisse der Analyse
4.4.1 Nutzungshemmnisse
4.4.2 Kindgerechte Aufmachung
4.4.3 Lesbarkeit und Verständlichkeit
4.4.4 Einsatz von Multimedia
4.4.5 Werbung und Datenabfragen
4.4.6 Informationsarchitektur und Navigation
4.4.7 Offerierte Inhalte
4.4.8 Zusammenfassung
5 Fazit und Ausblick
Glossar
Quellenverzeichnis
Literatur
Anhang I - Codebuch
Anhang II - Ergänzender Erhebungsbogen
Anhang III - Visuelle Darstellung von Analyseergebnissen
Anhang IV - Kriterienkatalog
Anhang V - Grafiken
1 Einleitung
Das Anfangs erwähnte Zitat des international anerkannten Webdesign- und Usability- Experten JAKOB NIELSEN deutet auf den Stellenwert Neuer Medien in der heutigen Kindheit und Jugend hin. Es ist die erste Generation, die in einer Welt aufwächst, in der immer mehr Informationen global vernetzt und auf Knopfdruck für jedermann verfügbar sind, der Zu- gang zu diesen Medien hat. Internet und World Wide Web haben innerhalb weniger Jahre nach dem Erreichen ihrer Massentauglichkeit - etwa in der Mitte der neunziger Jahre - einen festen Platz in vielen Kinderzimmern eingenommen. Bisher sind sie nur Teile des von Kindern insgesamt genutzten Medienensembles und es wird ihnen zudem noch deutlich weniger Aufmerksamkeit geschenkt als anderen audiovisuellen Medien. Doch diverse Stu- dien zum Medienumgang von Kindern zeigen übereinstimmend, dass ihr Stellenwert kontinuierlich steigt.1
Schon 1998, also zu Beginn des Internet-Booms um die Jahrhundertwende, sagte der kana- dische Wirtschaftswissenschaftler und Bestsellerautor DON TAPSCOTT (1998) euphorisch eine grundsätzlich andere Generation von kindlichen Mediennutzern voraus. Erstmals seien diese von digitalen Medienangeboten umgeben, die ihnen ungeahnte Chancen für eine zu- künftige Bewältigung gesellschaftlicher Probleme und Umbrüche eröffnen. Gleichzeitig mahnte er jedoch: „Wir müssen den Jugendlichen die Möglichkeiten und Werkzeuge an die Hand geben, damit sie ihre schicksalhafte Verantwortung tragen können.“ (TAPSCOTT 1998:15)
Einer der bedeutendsten gesellschaftlichen Umbrüche, den es in Zukunft zu bewältigen gilt, ist der notwendige gesellschaftliche Wandel hin zu einer Wissens- und Informationsgesell- schaft. Denn in einer globalisierten Welt, in der die Orte der Waren- und oftmals auch der Dienstleistungsproduktion nahezu beliebig sind, müssen Staaten mit einem hohen Lebens- standard dem Argument der Produktionskosten das des vorherrschenden Know-hows ent- gegen setzen können. Dieses politische Paradigma spiegelt sich auch in den zurückliegen- den und gegenwärtigen bildungspolitischen Bestrebungen in Deutschland und in anderen Industrieländern wider. Die Kompetenzen zum sicheren Umgang mit Informationstechno- logien werden dabei, wie die folgende Aussage von EU-Medienkommissarin VIVIANE RE- DING zeigt, als Schlüsselqualifikationen betrachtet:
„Die Kompetenz, also die Fähigkeit zur Nutzung insbesondere des Internets für das lebenslange Lernen vom Kindesalter an - sowohl für berufliche Zwecke als auch für die persönliche Entwicklung - erhält zunehmend die gleiche Bedeutung wie die Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen. Diejenigen unserer Mitbürger, die keine Möglichkeit zum Erwerb digitaler Kompetenz haben, sind stark von sozialer und beruflicher Ausgrenzung bedroht.“ (AUS EUROPÄISCHE KOMMISSION 2002)
In Anbetracht dieser Herausforderungen wurden folgerichtig zahlreiche bildungspolitische Initiativen ins Leben gerufen, um Kindern möglichst frühzeitig die Ausbildung digitaler Kompetenzen zu ermöglichen. Als Beispiele können hier Schulen ans Netz und Internet für alle der deutschen Bundesregierung sowie die Programme eLearning und eEurope der Europäischen Union genannt werden. Gemein haben derartige Bestrebungen in der Regel, dass sie die Rahmenbedingungen der Internetnutzung von Kindern verbessern sollen, etwa indem sie weitere Zugangsmöglichkeiten schaffen, das Vertrauen in die Technik stärken oder eine gezielte Förderung der Nutzungskompetenzen anstreben.
Grundlegend für eine zunehmende Nutzung der Neuen Medien und eine wachsende Begeis- terung für diese ist jedoch auch das Vorhandensein möglichst ansprechender und für Kinder geeigneter Inhalte. Diese geben letztlich den Anstoß dafür, sich mit dem Internet und dem World Wide Web zu befassen. Websites für Kinder, die so genannten Kinderseiten, sind inzwischen reichlich im Netz vorhanden. Einen Überblick dazu verschafft das Kapitel 2.2 dieser Arbeit.
Neben der Quantität der Angebote ist jedoch insbesondere auch nach ihrer Qualität zu fra- gen und somit danach, inwiefern diese tatsächlich für ihre Zielgruppe geeignet und interes- sant sind. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den speziellen Anforderungen an Websites für Kinder steht momentan jedoch noch weitgehend aus. Bisher existierende An- sätze solche Web-Angebote zu evaluieren, wie etwa die von politischen, wissenschaftlichen und kirchlichen Akteuren getragene Initiative Erfurter Netcode oder die Datenbank Websi- tes für Kinder des Deutschen Jugendinstituts setzen überwiegend medienpädagogische Maßstäbe an und berücksichtigen die Kenntnisse, Fähigkeiten und Interessen von Kindern nur ungenügend. Eine Evaluation von Kinderseiten aus dieser Perspektive steht im Mittel- punkt der vorliegenden Magisterarbeit.
Im Rahmen eines Universitätsseminars an der Freien Universität Berlin im Sommersemes- ter 2004 ist der Verfasser erstmals mit der Thematik Kinder und Internet in Berührung ge- kommen. Aus dieser Veranstaltung ging das Bestreben hervor, ein eigenes Online-Angebot für Kinder zu verwirklichen. Zwischen August und Oktober 2004 entstand so die Kinder- Nachrichtenwebsite www.news4kids.de, welche bis heute existiert und sich als weitere Kin- derseite mit medienpädagogischen Ambitionen fest etablieren konnte. Sie ist inzwischen mit zahlreichen anderen Kinderseiten in der Arbeitsgemeinschaft vernetzter Kinderseiten - Seitenstark organisatorisch vernetzt und wird von rund 500 Kindern täglich besucht (Stand: Oktober 2006).
Bei der Konzeption und Umsetzung der Website zeigte sich der Mangel an wissenschaftlich begründeten Gestaltungskriterien im Hinblick auf die Besonderheiten der kindlichen Internetnutzung. Das Bestreben, entsprechende Erkenntnisse zur Fortentwicklung der eigenen Website zu nutzen, führte schließlich zur Auseinandersetzung mit der Thematik Gestaltungskriterien für Kinder-Websites sowie ihrer Berücksichtigung in bestehenden Kinderseiten im Rahmen der vorliegenden Magisterarbeit.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, vier exemplarisch ausgewählte Kinderseiten im Hinblick auf ihre Eignung für Kinder inhaltsanalytisch zu evaluieren. Neben den Aspekten einer möglichst kinderfreundlichen Nutzbarkeit und äußeren Gestaltung geht es dabei auch um die Beachtung von inhaltlichen Prämissen. Die für eine Evaluation benötigten Kriterien müssen jedoch zunächst aus anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen abgeleitet werden. Daher wird ihre Entwicklung als weiteres Ziel der Arbeit betrachtet. Im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses stehen somit die folgenden Forschungsfragen:
-Anhand welcher Kriterien lässt sich die Eignung von Kinderseiten für ihre Zielgruppe evaluieren?
-Werden diese Kriterien und damit auch das Wissen, die Fähigkeiten und die Interessen von Kindern in den betrachteten Online-Angeboten berücksich- tigt?
-Welche Mängel weisen die Websites in dieser Hinsicht auf?
Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit zudem nur Websites betrachtet werden, die in Bezug auf ihre Reichweite oder ihr Renommee als erfolgreich zu werten sind, kann außerdem der Annahme nachgegangen werden, dass gerade bei erfolgreichen Kinderwebsites die ermittelten Kriterien überwiegend berücksichtigt wurden.
Abgeleitet werden die Evaluationskriterien aus wissenschaftlichen Erkenntnissen innerhalb dreier Sachgebiete. Der Gedanke, dass Kinder vermutlich mit der Benutzung von Websites große Schwierigkeiten haben, die noch nicht einmal von Erwachsenen problemlos genutzt werden können, liegt der Berücksichtigung allgemeiner Gestaltungskriterien für Websites zugrunde, welche in Kapitel 3.1 erörtert werden. Im Sinne von Mindestanforderungen bil- den diese die Basis des Kriterienkataloges, welcher schließlich durch die speziellen Anfor- derungen von Kindern ergänzt wird. Diese ergeben sich, wie das Kapitel 3.2 zeigt, einer- seits aus der Internetnutzung von Kindern, also aus ihrem konkreten Handeln, welches be- reits in diversen wissenschaftlichen Studien erforscht wurde. Andererseits lassen sich je- doch auch Implikationen entwicklungspsychologischer Aspekte für die Thematik gewinn- bringend nutzen. In Kapitel 3.3 wird deshalb dargelegt, welche psychischen Besonderheiten (in der Regel Einschränkungen) Kinder in Bezug auf ihr Potential zur Internetnutzung auf- weisen und wie diese in Angeboten für Kinder zu berücksichtigen sind.
Anhand dieser Erkenntnisse wird schließlich in Kapitel 4 ein Analyseinstrument entwickelt, welches die Evaluation der vier exemplarisch ausgewählten Kinder-Websites ermöglicht. Dabei kommt die sozialwissenschaftliche empirische Methode der Inhaltsanalyse zum Ein- satz, welche hier zunächst kurz umrissen wird, bevor die für das konkrete Forschungsvor- haben und die dabei vorherrschenden Rahmenbedingungen notwendigen Anpassungen ge- schildert werden. Vor der Darlegung der eigentlichen Evaluationsergebnisse, wird schließ- lich noch auf den Entwicklungsprozess eingegangen, den das Codebuch als Analyseinstru- ment genommen hat.
Eine Einführung in die Thematik leistet das nun folgende Kapitel Das Internet als Kinder- Medium. Neben einer Klärung der grundlegenden Begriffe Internet und World Wide Web sowie Kind und Kindheit wird dabei auch eine Typisierung der verschiedenen Websites und deren Herausgeber vorgenommen sowie für die Publikation von Kinderseiten wesentliche Begleitaspekte erörtert.
2 Das Internet als Kinder-Medium
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Anforderungskriterien kindgerechter Webprä- senzen, um darauf aufbauend einige Kinderwebsites auf ihre Tauglichkeit für die Zielgrup- pe zu evaluieren. Bei der Auseinandersetzung mit Kriterien einer kindgerechten Präsentati- on von Angeboten im World Wide Web werden zahlreiche benachbarte Themengebiete angeschnitten, die für das Verständnis der Materie wesentlich sind. Dazu gehören etwa das Internet und das World Wide Web als Trägermedien und somit als technologische Grund- lagen der Publikation dieser Inhalte. Aber auch nach dem Verständnis von den Begriffen Kind und Kindheit muss unter besonderer Berücksichtigung der Thematik Medien gefragt werden. Eine Beschäftigung mit dem bestehenden Website-Angebot für Kinder ist ebenfalls erforderlich, da hierdurch die Rahmenbedingungen verdeutlicht werden, unter denen diese entstehen und die einen erheblichen Einfluss auf die Inhalte haben. Die Auseinandersetzung mit den Begriffen Medien- und Internetkompetenz soll schließlich verdeutlichen, welche Rolle Medien bei der Vermittlung von Wissen in den Sozialwissenschaften, der Medienpä- dagogik sowie auch der Politik beigemessen wird sowie welche Fähigkeiten und Kenntnis- se des Individuums dabei als wesentlich gelten.
2.1 Internet und World Wide Web als Medien für die Masse
Seit seiner Grundsteinlegung bis zum Beginn des Internet-Booms Mitte der 1990er Jahre war das Internet 25 Jahre lang ein rein akademisches Medium. Es diente vorwiegend dem wissenschaftlichen Daten- und Wissenstransfer und ermöglichte, in Zeiten knapper Compu- terressourcen, die Nutzung entfernt liegender freier Rechnerkapazitäten. Seine Anwendung erforderte erhebliches informationstechnisches Wissen und war daher einem exklusiven Kreis von Fachleuten vorbehalten. Erst mit der Entwicklung des World Wide Web und der Verbreitung einfach zu bedienender Software zu dessen Nutzung (Internet-Browser), wur- den Internet und World Wide Web allmählich zu Medien für die Masse. Damit wurde es auch möglich und sinnvoll, spezielle Webangebote für Kinder bereitzustellen.
Die folgende Einführung in die Historie von Internet und World Wide Web soll die Entwicklung und den Wandel dieser Medien zusammenfassen und aufzeigen, wie aus einem, zunächst experimentellen, Expertennetzwerk ein Medium wurde, das auch mit den Kenntnissen und Fähigkeiten von Kindern vereinbar ist, sofern diese bei der Erstellung von Inhalten berücksichtigt werden.
2.1.1 Internet
Das Internet hat seinen Ursprung in der militärischen Forschung und in der Weltraumfor- schung der Vereinigten Staaten (USA). Der eigentliche Anstoß zu dessen Entstehung er- folgte aus dem Wettkampf der Gesellschaftsordnungen während der Zeit des Kalten Krie- ges. Nachdem es der Sowjetunion am 4. Oktober 1957 gelungen war, den Satelliten Sputnik 1 in eine Erdumlaufbahn zu bringen und damit zeigte, dass sie über ebenbürtige technologi- sche Fähigkeiten verfügte, sah die US-Regierung den Bedarf, das eigene Wissenschaftssys- tem zu reformieren. (VGL. HAFNER & LYON 1997:14; NAUGHTON 1999:77; HAUBEN & HAUBEN 1997:97).
Zu den ersten Reaktionen gehörte die Gründung der Advanced Research Projects Agency (ARPA) am 7. Februar 1958. Mit jährlich zwei Milliarden US-Dollar förderte die Abteilung des US-Verteidigungsministeriums Forschungsvorhaben auf den Gebieten Rüstung, Luft- und Raumfahrt, Grundlagenforschung sowie Hochtechnologie. Eine Unterabteilung der ARPA war ab 1962 das Information Processing Techniques Office (IPTO), das For- schungsvorhaben auf dem Gebiet der Informationstechnologie begleitete. Insbesondere wurden Projekte gefördert, die sich mit dem wissenschaftlichen Einsatz von Computertech- nologie und deren Fortentwicklung befassten. Dazu gehörte auch die Schaffung von Stan- dards, zur besseren Kooperation und Kommunikation von Informatikern aus den verschie- denen Forschungseinrichtungen des Landes. Außerdem sollte die Möglichkeit geschaffen werden, die Computer dieser Einrichtungen miteinander zu vernetzen, um dadurch den Da- ten- und Informationsaustausch zu fördern und eine gemeinsame Nutzung der noch weni- gen existierenden Computerressourcen zu erreichen (VGL. HAFNER & LYON 1997:10, 44). Zwischen 1966 und 1969 sind durch die ARPA die Arbeiten an einem ersten Computer- netzwerk vorangetrieben worden. Es sollte zunächst vier Computer an den kalifornischen Universitäten in Stanford, Santa Barbara und Los Angeles sowie der Universität von Utah in Salt Lake City miteinander verbinden. Ab dem Herbst 1969 ging das Netzwerk sukzessiv in Betrieb (VGL. NAUGHTON 1999:151). Bis 1976 erhöhte sich die Zahl der an das seit 1972 als ARPANET bezeichnete Computernetzwerk angeschlossenen Rechner auf 61. Zudem wurden eine Vielzahl von Diensten für das Netzwerk geschaffen, die nun neben dem expe- rimentellen auch einen praktischen Nutzen versprachen. Darunter befanden sich etwa das File Transfer Protocol (FTP), Telnet und E-Mail. 1975 sah die ARPA die Entwicklungsar- beit am ARPANET als abgeschlossen an und übergab die Verwaltung des Netzwerks an das US-Verteidigungsministerium (VGL. HAFNER & LYON 1997:278; HAUBEN & HAUBEN 1997, 104).
In Anlehnung an das Prinzip des ARPANET wurden seit Anfang der 1970er Jahre zahlrei- che weitere Computernetzwerke in den USA, in anderen Ländern sowie auch mit verschie- denen Vernetzungstechnologien geschaffen. So entstanden neben nationalen ARPANET- Versionen in Großbritannien (NPLNET) und Frankreich (Cyclades) auch das ALOHA-NET, das die Verbindung zwischen Computern über Funksignale realisierte, sowie das SAT-NET, das sich Nachrichtensatelliten als Übermittlungsinstanzen bediente (VGL. NAUGHTON 1999:157-158). Das CSNET der National Science Foundation (NSF) bot ab 1980 den In- formatikfakultäten der amerikanischen Universitäten eine kostengünstigere Alternative zum ARPANET und konnte dadurch schrittweise alle Universitäten des Landes mit einem Netzwerkzugang ausstatten (VGL. HAFNER & LYON 1997:260-264).
Die verschiedenartigen Computernetzwerke zu einem globalen Verbund zu koppeln, mach- ten sich die Leiter der Vernetzungsprojekte zur Aufgabe, die sich dafür 1973 in der Interna- tional Networking Group (INWG) zusammenschlossen. Sie ließen die Möglichkeit erfor- schen, Daten über Netzwerkgrenzen hinweg auszutauschen. Als Ergebnisse dieser Bemü- hungen entstanden das Transmission Control Protocol (TCP) für das Senden und Empfan- gen von Daten und das Internet Protocol (IP) für die Datenübermittlung in und zwischen Netzwerken. Im Oktober 1977 konnten durch das Protokollpaar TCP/IP erstmals mehrere Computernetzwerke miteinander verbunden werden (VGL. EBD.:280; NAUGHTON 1999:164). Danach setzte sich TCP/IP allmählich als neuer Standard durch. Immer mehr Netzwerke konnten dadurch auf die Ressourcen anderer Computernetze zugreifen. Dem Nutzer präsentierten sich die auf diese Weise gekoppelten Computer und Informationsres- sourcen wie ein einziges großes Netzwerk. Als Sammelbezeichnung für die verbundenen Netzwerke (englisch: interconnected networks) setzte sich daher seit Mitte der 1980er Jahre das Akronym Internet durch.
Erste kommerzielle Anbieter von Netzwerkzugängen (so genannte Internet-Service- Provider oder ISP) wie CompuServe oder AOL ermöglichten es Ende der 1980er Jahre, über Einwahlverbindungen auf einzelne Ressourcen und Dienste des Internets wie zum Beispiel E-Mail zuzugreifen.
Im November 1989 besaßen rund 160.000 Rechner weltweit eine direkte Anbindung an das Internet (VGL. GRASSMUCK 2002:196; ZAKON 2005). Noch immer war der Zugang haupt- sächlich den Angehörigen von Universitäten, anderen Forschungseinrichtungen oder Un- ternehmen der Informationstechnologie vorbehalten. Die Installation und Bedienung des Netzwerkzugangs erforderte spezialisierte Kenntnisse der Informationstechnik. Und ob- wohl es bereits ein reichhaltiges Angebot an Wissensressourcen im Internet gab, richtete sich dieses hauptsächlich an ein wissenschaftliches Fachpublikum. Damit war das Internet bis 1989 eine rein akademische und elitäre Domäne, von dessen Existenz die meisten Men- schen nichts wussten. Mit dem Aufkommen des World Wide Web wurde dies jedoch an- ders.
2.1.2 World Wide Web
„I just had to take the hypertext idea and connect it to the TCP and DNS ideas and - tada! - the World Wide Web.“ (BERNERS-LEE 2006)
Das World Wide Web ist ein spezieller Dienst für das Internet, der einen Zugriff auf dessen Ressourcen über so genannten Hypertext ermöglicht. Textstellen oder auch Grafiken ver- weisen dabei auf weitere Informationen und ermöglichen - per Mausklick oder Tastendruck - eine einfache Navigation selbst innerhalb komplexer Informationsangebote.
Die Idee des Hypertext ist weitaus älter als das World Wide Web. So entwickelte der ame- rikanische Wissenschaftler VANNEVAR BUSH (1890-1974) bereits 1939 das Konzept einer Maschine, mit der es möglich sein sollte, durch die Auswahl von Begriffen per Knopfdruck zwischen verschiedenen auf Mikrofilm aufgenommenen Dokumenten zu navigieren. Der eigentliche Term Hypertext wurde durch den Soziologen und Informatiker THEODOR NEL- SON 1960 eingeführt, der mit Xanadu ein weiteres Konzept für eine Hypertextanwendung vorlegte. 1963 entwickelte DOUGLAS ENGELBART am Stanford Research Institute (SRI) das oN Line System (NLS), das die Idee von BUSH auf den Computerbereich übertrug und Do- kumente innerhalb eines Computersystems miteinander verband. Auch der spätere World Wide Web Erfinder TIM BERNERS-LEE hatte bereits frühzeitig mit dem Hypertext-Prinzip experimentiert. 1980 entwickelte er mit Enquire eine Notizbuch-Software, die einzelne Aufzeichnungen miteinander verlinken konnte (VGL. CAILLIAU 1995; NAUGHTON 1999:214-233).
Bis auf das ehrgeizige Xanadu-Projekt, das eine Vernetzung aller Dokumente weltweit vor- sah, aber niemals Realität wurde, hatten alle bis dahin existierenden Ansätze gemein, dass sie nur Texte auf einem Einzelrechner miteinander verknüpfen sollten. Das Innovative an BERNERS-LEE’S World Wide Web war, das Hypertext-Prinzip innerhalb eines Computer- verbundes wie dem Internet zu nutzen. Dabei ging es ihm hauptsächlich um Möglichkeiten, den akademischen Wissensaustausch sowohl innerhalb von großen Forschungsinstitutionen als auch global zu fördern (VGL. BERNERS-LEE 1989).
Zwischen November 1990 und Mai 1991 programmierte BERNERS-LEE bei der Europäi- schen Organisation für Kernforschung (CERN) sowohl die Webserver-Software, um Inhal- te im World Wide Web bereit zu stellen, als auch einen Browser, um diese Inhalte von ver- netzten Rechnern abrufen und darstellen zu können. Außerdem schuf er mit dem Uniform Resource Locator (URL) und dem Hypertext Transport Protocol (HTTP) die notwendigen Voraussetzungen, um Informationen im World Wide Web finden und transportieren zu können. Mit der Hypertext Markup Language (HTML) entwickelte er schließlich ein Hypertextsystem für den Einsatz im World Wide Web (VGL. NAUGHTON 1999:236-240). Bis Januar 1992 gab es rund 50 WWW-Server im Internet (VGL. EBD.:241; ZAKON 2005). Ein Haupthindernis für die weitere Verbreitung des Web war zu diesem Zeitpunkt die noch komplizierte Nutzung und die eingeschränkten Fähigkeiten der Browser. Zudem waren diese zunächst nur für das unter Informatikern besonders verbreitete UNIX Betriebssystem verfügbar.
Erst mit dem vom späteren Netscape-Gründer MARC ANDREESEN im Januar 1993 veröffent- lichten Web-Browser Mosaic, den es auch für die Betriebssysteme Microsoft Windows und Apple System 7 gab, begann die massenhafte Verbreitung des World Wide Web. Das Pro- gramm war bedienerfreundlich und als erster WWW-Browser dazu in der Lage, nicht nur Text, sondern auch Grafiken anzuzeigen. Bis Januar 1995, zwei Jahre nach der Veröffentli- chung von Mosaic, erhöhte sich der zu Anfang noch marginale Anteil des durch das Web hervorgerufenen Datenaufkommens auf rund 24 Prozent des gesamten Internet- Datenstroms (VGL. NAUGHTON 1999:248). Unter dem Namen Navigator vertrieb ANDREESENS Firma Netscape ab Dezember 1994 eine verbesserte Version des Mosaic Browsers. Und ab August 1995 lieferte Microsoft sein Betriebssystem Windows 95 mit einem eigenen Browser - dem Internet Explorer - aus (VGL. EBD.:252, 257). Zwischen 1995 und 2004 vervielfachte sich die Zahl der mit dem Internet verbundenen Rechner von 4,8 Millionen auf 285 Millionen (VGL. ZAKON 2005).
Durch das einfach zu bedienende World Wide Web, durch die immer billigere und leis- tungsfähigere Computer-Hardware einschließlich der Vernetzungstechnologien (analoges Modem, ISDN, DSL) und durch die immer nutzerfreundlichere Software wurde das Inter- net - zumindest in den Industrieländern der Welt - zu einem massenhaft verbreiteten All- tagsmedium. Insbesondere kommerzielle Informations- und Diensteanbieter machten das Internet und das World Wide Web für immer mehr Menschen interessant. Die dramatisch anwachsende Zahl der Nutzer machte ihrerseits aus dem ehemals überschaubaren akademi- schen Netzwerk einen attraktiven kommerziellen Markt. Die Zahl der Websites stieg dadurch in den 1990er Jahren exponentiell auf im Jahr 2005 rund 70,5 Millionen WWWAngebote an (VGL. ZAKON 2005). Dabei richten sich diese an immer speziellere Teilpublika und antizipieren deren jeweilige Interessen und Bedürfnisse. So bildeten sich auch Websites für Kinder heraus, deren inhaltlichen Angebote inzwischen beinahe ebenso breit gefächert sind, wie die Lebenswirklichkeit der jungen Internetnutzer, mit welcher sich in den Wissenschaften interdisziplinär befasst wird.
2.2 Kindes- und Kindheitsbegriff aus interdisziplinärer Perspektive
Die Begriffe Kind und Kindheit sind vielschichtig und facettenreich. In den verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereichen und wissenschaftlichen Disziplinen werden daher häufig divergierende Einzelaspekte fokussiert. Den meisten dieser Sichtweisen ist inhärent, dass sie Kinder als Menschen in Entwicklung zur Erwachsenheit ansehen. Diese, auf den grie- chischen Philosophen ARISTOTELES (384-322 v. Chr.) zurückgehende Ansicht (VGL. MAT- THEWS 2005), hat ein defizitäres Verständnis von Kindheit, denn Kinder werden als unferti- ge Individuen betrachtet. Ihnen das Umfeld zur Verfügung zu stellen, das sie für ihre Vollendung benötigen, ist demnach eine wesentliche Aufgabe von modernen Gesellschaf- ten. Die Sorge um das kindliche Wohl spiegelt sich daher auch in den nationalen Gesetzen wieder.
Nach deutschem Recht ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist (VGL. BUNDESMINISTERIUM FÜR FAMILIE, SENIOREN, FRAUEN UND JUGEND 2004:8). Im Unterschied dazu dauert die Kindheit gemäß der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) bis zum vollen- deten 18. Lebensjahr, „soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht früher eintritt“ (VGL. GENERALVERSAMMLUNG DER VEREINTEN NATIONEN 1990:2). Dies impliziert, dass Kindheit auch durch die jeweiligen kulturellen Gegebenhei- ten definiert wird, die sich in den nationalen oder bundesstaatlichen Gesetzen widerspie- geln.
Auch aus entwicklungspsychologischer Sicht ist „Kindheit [...] nicht allein universell durch bestimmte qualitative und quantitative psychische Veränderungen bestimmbar, sondern auch kulturell definiert“ (OERTER 1998:249). In der Entwicklungspsychologie werden zur Abgrenzung des Lebensabschnitts Kindheit nicht normative (Alters-)Werte gesetzt. Statt- dessen wird sich an Entwicklungsstadien der menschlichen Psyche orientiert, die das Kind- Sein - in Abgrenzung zur Frühen Kindheit und zur Jugend - etwa zwischen dem vierten
und dem zwölften Lebensjahr verorten (VGL. EBD.). Es ist damit die Lebensphase, ab der sich Individuen verbal verständigen können, aber noch nicht die Geschlechtsreife erlangt haben und nach Unabhängigkeit von den Eltern streben (Adoleszenz). Wegweisend auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie waren die Arbeiten JEAN PIA- GETS (1896-1980), der die Entwicklung der kindlichen Psyche in vier Stufen untergliederte, die sich durch die Herausbildung bestimmter kognitiver Fähigkeiten auszeichnen, etwa die Interpretation von Sinneswahrnehmungen, der Erwerb der Sprache, logisches Denken oder Abstraktionsvermögen. Kennzeichnend für die Phase der Kindheit, die etwa die Stufen drei und vier seines Modells umfasst, ist nach PIAGET die ausgebildete Fähigkeit, konkrete Auf- gaben durch logisches Denken zu lösen (VGL. MONTADA 1998:530 FF.,540 FF.; ZIMBARDO 1992:65-70). Mit seinen Theorien legte Piaget einen Grundstein der heutigen Entwick- lungspsychologie und regte Arbeiten auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen an. Selbst auf dem Gebiet der Informatik inspirierte er zu bahnbrechenden Innovationen. An dieser Stelle sei ein Exkurs in die Computer-Historie erlaubt, da dieser die Bedeutung der Entwicklungspsychologie für das Thema dieser Arbeit verdeutlicht.
Zwischen 1968 und 1972 entwickelte der Computerwissenschaftler ALAN KAY am Xerox Palo Alto Research Center (Xerox PARC) den für Kinder geeigneten Minicomputer Dyna- book. Gemäß der Auffassung PIAGETS, dass Individuen ihre kognitiven Fähigkeiten inner- halb der ersten Lebensphasen noch ausbauen und diese somit noch nicht voll leistungsfähig sind, sollte das Dynabook als erster Computer an die noch begrenzten Fähigkeiten seiner Benutzer angepasst werden, statt diese zur Anpassung an die Erfordernisse der Maschine zu zwingen (VGL. KAY 1972:5). Dazu erhielt es die erste grafische Benutzeroberfläche in der Computergeschichte. Das Projekt wurde nach der Fertigstellung eines Prototypen aus Zwei- feln an der Wirtschaftlichkeit verworfen. Teile davon, wie das grafische Betriebssystem, flossen aber in andere Xerox Computer ein. Die darin enthaltenen Ideen standen für die später folgenden benutzerfreundlichen Betriebssysteme von Apple und Microsoft Pate. Sie führten aber auch zu einem neuen und bis heute lebendigen Paradigma in der Informatik: Der Notwendigkeit einer bedienerfreundlichen Schnittstelle zwischen Mensch und Compu- ter. Diese Überzeugung liegt letztlich auch dem das Internet revolutionierenden World Wi- de Web zugrunde und damit auch den darin für Kinder bereitgestellten Angeboten.
„Beinahe jede aktuelle Benutzeroberfläche ist mehr oder weniger ein Klon des Macin- tosh-Interfaces von 1984 (welches wiederum auf den Forschungsergebnissen bei Xerox PARC in den späten 70ern und frühen 80ern basiert).“ (NIELSEN 2001:218)
In den Sozialwissenschaften wurde an der entwicklungspsychologischen Sicht auf die Kindheit vielfach Kritik geübt (VGL. HONIG 1999:67-70). Diese richtet sich insbesondere gegen die weit verbreitete Wahrnehmung von Kindern als „Menschen im Vorbereitungs- stadium“ (EBD.) aber auch gegen ihr erwachsenenzentrierendes und die bestehende soziale Ordnung reproduzierendes Kindheitsbild. Stattdessen werden Kinder als eigenständige so- ziale Akteure betrachtet, die nicht nur dem Einfluss ihrer Umwelt unterliegen und sich durch Anpassung an diese in das bestehende Sozialsystem eingliedern, sondern diese auch gestalten und damit an ihrem Sozialisationsprozess selbst mitwirken (VGL. PROUT & JAMES 1990:7; HONIG 1999:28-30).
„[Daher] müssen sich die Individuen heute in aktiver Selektivität und Konstruktivität ihre soziale Wirklichkeit konstruieren, können sich nicht mehr nur in sie einzufügen suchen [...]. Das Individuum erhält als Akteur, als »Konstrukteur« seiner Entwicklung entscheidendes Gewicht.“ (AUS HONIG 1999:83).
Medien wie das World Wide Web nehmen in der Konstruktion von Kindheit eine herausra- gende Rolle ein. Einerseits transportieren und verbreiten sie die gesellschaftlich geläufigen Kindheitsbilder und tragen somit zur Reproduktion dieser bei. Als wichtiger Teil der Le- benswelt von Kindern beeinflussen sie diese Kindheitsbilder aber auch selbst. 1982 konsta- tierte der Medientheoretiker NEIL POSTMAN (1931-2003) in einer in Deutschland viel be- achteten Publikation ein durch die Massenmedien, insbesondere durch das Fernsehen, mög- liches „Verschwinden der Kindheit“2 (POSTMAN 1982). Die Medien würden mit ihren uni- formen Botschaften kaum zwischen Kindern und Erwachsenen als Rezipienten unterschei- den und damit gleichermaßen und ungefiltert beide Gruppen mit Informationen und Unter- haltung versorgen. Kinder würden somit bereits frühzeitig Wissen erlangen, das ehemals charakteristisch für Erwachsene war und könnten dadurch ihren Status als Kinder einbüßen.
„What does it mean that our children are better informed than ever before? That they
know what the elders know? It means that they have become adults, or, at least, adult- like. It means - to use a metaphor of my own - that in having access to the previously hidden fruit of adult information, they are expelled from the garden of childhood.” (POSTMAN 1982:97)
Mit seiner Theorie implizierte POSTMAN eine medienwissenschaftliche Definition des Kind-Seins, die nämlich aus der Abgrenzung von den (massen-)medialen Inhalten für Erwachsene besteht.
In den letzten zwanzig Jahren hat sich gezeigt, dass, obwohl das mediale Angebot durch das Satelliten- und Kabelfernsehen, das World Wide Web und zusätzliche digitale Rund- funkprogramme erheblich zugenommen hat, eine Eliminierung der Kindheit nicht erfolgte. Wohl hat sich aber die Ansicht durchgesetzt, dass Kinder heute mehr denn je den Inhalten von Massenmedien ausgesetzt sind. Schlagworte wie Medienkindheit und, seit der Etablie- rung des World Wide Web, Net Kids oder Generation@ deuten darauf hin (VGL. KÜBLER 2002:19). Über die Folgen der zunehmenden Sozialisation durch Medien sind sich Sozial- wissenschaftler uneins. Auch die Auswirkungen der „zunehmenden »Computerisierung des Alltags« von Kindern“ (BOHNENKAMP 1997:129) werden, schwankend zwischen Befürch- tungen sozialer und psychologischer Nachteile und der Notwendigkeit technologischen Wissens für die Bewältigung der Anforderungen der Wissensgesellschaft, kontrovers disku- tiert (VGL. EBD.; MATTUSCH 1997:95; VOGELGESANG 2002). Vor einer „Zerstörung der Kindheit“ (EURICH 1985:8) durch mediale Einflüsse warnt jedoch niemand mehr. Stattdes- sen wird diese als vielschichtiges soziales Konstrukt betrachtet, das von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird. Die Beschäftigung von Kindern mit Medien wie dem Rundfunk und dem World Wide Web gehören dazu, sie sind aber nur ein Teil der Lebenswelt von Kindern und damit zwar mitverantwortlich aber nicht allein ausschlaggebend für ihre psy- chische Entwicklung. Gemeinsam mit anderen Verhaltensweisen sind sie nur eine von vie- len Formen, „sich die Welt anzueignen und sich verfügbar zu machen“ (MATTUSCH 1997:96).
2.3 Angebote für Kinder im World Wide Web
Das vorliegende Kapitel verschafft einen Überblick über das Themengebiet Kinder- Websites. Hierzu wird das umfangreiche und vielfältige Angebot zunächst nach typischen Arten von Herausgebern kategorisiert und ihre mit dem Online-Engagement verbundenen Intentionen werden aufgezeigt. Hieraus ergeben sich auch Auswirkungen im Hinblick auf die inhaltliche Ausrichtung, welche im Anschluss näher betrachtet wird. Auch die ökono- mische Situation der Anbieter wirkt sich auf die Inhalte aus und bedingt etwa den Umfang, die Aktualität und die Professionalität von Kinderseiten. Daher wird dieser Aspekt geson- dert behandelt.
Bei einer Auseinandersetzung mit Angeboten für Kinder im Internet darf die Behandlung von Sicherheitsaspekten nicht fehlen. Das World Wide Web birgt, wie andere Medien auch, Gefahren für Kinder, die hier jedoch besonders vielfältig existieren und zudem häufig nicht leicht zu erkennen sind. Andererseits muss diese Thematik, in Abgrenzung zu der häufig emotional geführten Berichterstattung in den Massenmedien, jedoch auch sachlich behan- delt werden. Das entsprechende Unterkapitel präsentiert daher wissenschaftliche Erkennt- nisse, zeigt aber auch, dass noch einiger Forschungsbedarf besteht. Wie der Gesetzgeber auf Gefahren des Webs für Kinder reagiert, führt das Kapitel zu den rechtlichen Rahmen- bedingungen aus. Dabei stehen insbesondere die Regelungen zum Jugendschutz im Internet im Mittelpunkt der Betrachtungen.
2.3.1 Anbieter
Die Angebote für Kinder im World Wide Web werden, ähnlich wie die Inhalte, die sich nicht speziell an Kinder richten, von profitorientierten Anbietern dominiert. Diese sind mit ihren Unternehmens- und/oder Produktmarken präsent und nutzen das Web überwiegend als Werbeplattform (Z.B. FERRERO DEUTSCHLAND GMBH 2006), mitunter aber, ungeachtet der noch beschränkten Geschäftsfähigkeit der jungen Rezipienten, auch direkt für den Ver- trieb ihrer Erzeugnisse (Z.B. LEGO A/S 2006). Beinahe alle bekannten Marken, die sich mit ihren Produkten an Kinder richten, sind im Internet mit eigenen Websites vertreten. Aber auch Unternehmen, deren Zielgruppe eindeutig Erwachsene sind, bieten auf ihren Webprä- senzen häufig Seiten oder sogar eigene Sites für Kinder an (Z.B. DAIMLERCHRYSLER AG 2006). Dadurch soll einerseits bereits frühzeitig eine Markenbindung aufgebaut werden, die sich in Zukunft positiv auf konkrete Kaufentscheidungen auswirken könnte. Andererseits werden aber auch Beeinflussungsmöglichkeiten von Kindern auf das Konsumverhalten ihrer Eltern gesehen, die durch entsprechende Internetangebote in eine bestimmte Richtung gelenkt werden sollen.
Zu den profitorientierten Anbietern, die Angebote für Kinder ins Netz stellen, sind auch die privatwirtschaftlichen Rundfunkanbieter zu zählen. Dabei zielen sie in der Regel nicht auf die Verkaufsförderung von Produkten ab, sondern wollen hauptsächlich ihre Bekanntheit im kindlichen Zuschauersegment erhöhen und die Bindung an Veranstalter oder Formate verfestigen. Zusätzlich sollen diese Sites mit Werbeanzeigen, kostenpflichtigen Diensten oder Online-Shops aber auch direkte Einnahmen generieren (Z.B. JETIX EUROPE GMBH 2006).
Ein weiterer Spezialfall unter den profitorientierten Anbietern sind die so genannten Online-Agenturen. Ihre Websites sind meist ebenfalls darauf ausgerichtet, Erträge zu erwirtschaften, dienen aber hauptsächlich als Schaufenster für angebotene Dienstleistungen, wie die Gestaltung und Betreuung von Kinderseiten im Auftrag Dritter (Z.B. COBRA YOUTH COMMUNICATIONS GMBH 2006).
Zu den nichtprofitorientierten3 Onlineangeboten für Kinder sind die Websites von Nichtre- gierungsorganisationen, von wissenschaftlichen Einrichtungen und von öffentlichen Ein- richtungen und Behörden zu zählen. Ihnen gemein ist, dass sie die Kinder im World Wide Web über ihre Arbeit aufklären wollen und zumeist einen Überblick über das jeweilige Tä- tigkeitsfeld verschaffen, um dadurch bereits bei Kindern Interesse oder ein Problembe- wusstsein zu wecken (Z.B. GREENPEACE E.V. 2006). Einen besonderen Status unter den Angeboten öffentlicher Einrichtungen nehmen die Schulen ein. Ihre Onlineangebote beinhalten neben der üblichen Selbstdarstellung häufig auch einfache Serviceangebote für die Schüler, wie etwa Download-Möglichkeiten für Informationsmaterial, Aufgaben oder Lösungen (Z.B. BORSIG-OBERSCHULE 2006).
Bedeutende Akteure unter den Herausgebern von Onlineangeboten für Kinder sind die öf- fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (Z.B. ZDF 2006). Deren Einnahmen aus Rundfunk- gebühren, Werbung und sonstigen Quellen dürfen nach dem Rundfunkstaatsvertrag (§11 bis §14) ausschließlich der Aufrechterhaltung und Fortentwicklung des Programmangebo- tes dienen. Gewinne im privatwirtschaftlichen Sinne werden nicht erzielt. Damit können auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu den nichtprofitorientierten Anbietern von Kinderseiten im World Wide Web gezählt werden. Seit dem vierten Rundfunkände- rungsstaatsvertrag von 1998 (Artikel 2 bis 4) haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkan- stalten die Möglichkeit, werbefreie Online-Angebote mit überwiegend programmbegleiten- dem Charakter herauszugeben.
Auch viele Privatpersonen treten als Herausgeber von Kinder-Websites in Erscheinung (Z.B. KAUTT 2006). Diese werden in der Regel ehrenamtlich und in der Freizeit erstellt und betreut, weshalb sie ebenfalls zu den nichtprofitorientierten Angeboten zu zählen sind. Ein besonderer Typus der privaten Seiten sind die Websites, die Kinder selbst publizieren. Interessanterweise sind es fast ausschließlich Privatpersonen, die Angebote für Kinder ins Netz stellen, die nicht aus bereits existierenden Betätigungen außerhalb des Internets her- vorgegangen sind. Reine Online-Projekte für Kinder mit kommerziellem Hintergrund sind äußerst selten, was ein Indiz dafür sein kann, dass dieser Markt als nicht besonders gewinn- bringend gilt. Die Grafik in ANHANG V dieser Arbeit veranschaulicht nochmals die unter- schiedlichen Arten von Anbietern.
2.3.2 Inhalte
In Anlehnung an SUSANNE RICHTER können Online-Angebote inhaltlich nach den Kriterien Breite und Tiefe kategorisiert werden (VGL. RICHTER 2004:46 F.). So bieten Seiten mit ei- nem sehr breit angelegten Informationsangebot viele verschiedene Themenbereiche an, während sich inhaltliche Tiefe durch eine detaillierte und facettenreiche Abhandlung ein- zelner Themen auszeichnet. Die Art des Anbieters und seine mit dem Online-Angebot ver- folgten Intentionen sind dabei für die inhaltliche Ausrichtung von erheblicher Bedeutung. Seiten von Unternehmen, einschließlich der privaten Rundfunkanbieter die auf einen Wer- beeffekt für bestimmte Marken bzw. Sendungen abzielen, haben meist nur eine geringe inhaltliche Breite, in Bezug auf die zu bewerbenden Objekte aber mitunter eine gewisse Tiefe. Sie werden dominiert durch spielerische und multimediale Angebote die überwie- gend als Flash-Animationen oder Werbespiele - so genannte Advergames - vorliegen, in denen die Markenzeichen oder die aus der Werbung bekannten Maskottchen der jeweiligen Marken oder Unternehmen eine herausragende Rolle spielen (Z.B. HARIBO GMBH & CO. KG 2006). Mit Text wird äußerst sparsam umgegangen. Dieser hat überwiegend werblichen
Charakter und setzt die bereits aus der Rundfunk- oder Printwerbung bekannte Sprache mit ihren einprägsamen Slogans auch im Internet fort. Längere Texte gibt es allenfalls zur Dar- stellung der Unternehmens- und Produkthistorie oder, im Falle der Rundfunkanbieter, mit- unter auch zur Vorstellung beliebter TV-Formate (Z.B. MTV NETWORKS GMBH & CO. OHG 2006). Eine Ausnahme davon sind die Websites der Verlage für Kindermagazine (Z.B. GRUNER+JAHR GMBH & CO. AG 2006) und Buchreihen (Z.B. CARLSEN VERLAG GMBH 2006). Neben Auszügen aus der jeweils aktuellen Druckausgabe finden sich dort auch meist eigens für das Internet produzierte Texte, angefangen bei eher kurz gehaltenen aktuellen Nachrichten bis zu umfangreicheren Hintergrundartikeln und Reportagen. Cha- rakteristisch ist hierbei, dass stets ein enger Bezug zur, kommerziell bedeutenderen, ge- druckten Ausgabe gehalten wird, zum Beispiel indem für weitere Informationen auf diese verwiesen wird. Ein typisches Kennzeichen kommerzieller Kinderwebsites ist weiterhin, dass diese keine oder nur wenige Links auf die Angebote anderer Seitenbetreiber enthalten. Die Seitenbesucher sollen nicht an andere Online-Angebote abgegeben werden, sondern stattdessen so lange wie möglich auf den eigenen Seiten bleiben.
Die Kinderseiten von öffentlichen oder wissenschaftlichen Einrichtungen, Vereinen und Nichtregierungsorganisationen haben ihren inhaltlichen Fokus normalerweise auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet und erreichen darin eine große Tiefe, da die zu behandelnden Themen meist komplex sind. Für Kinder mit speziellen Fragen oder Interessen stellen sie damit interessante Informationsquellen dar (Z.B. JFF - INSTITUT FÜR MEDIENPÄDAGOGIK IN FORSCHUNG UND PRAXIS 2006). Es überwiegen, mitunter unterhaltsam aufbereitete, Sachtexte mit Hintergrundinformationen zum jeweiligen Themenkomplex.
Inhaltlich sehr flach und schmal gehalten sind hingegen die Kinderseiten der OnlineAgenturen. Da sie in der Regel als Eigenwerbung dienen, um damit Kunden aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen zu gewinnen, ist eine starke Fokussierung nicht im Sinne der Anbieter. Stattdessen dominieren auf diesen Seiten multimediale Angebote, die vor allem die technologische und kreative Potenz der Agenturen betonen sollen (Z.B. DIGIVISION WERNER GRAFENHAIN 2006). In Flash-Animationen und Spielen werden kurze Bildergeschichten mit den und rund um die Protagonisten der Websites erzählt. Texte mit tiefer gehenden Informationen sind hier kaum zu finden.
Die Kinderseiten der öffentlich-rechtlichen - aber auch der privaten - Rundfunkanbieter sowie der im Kindermarktsegment tätigen Verlage orientieren sich bei ihrer inhaltlichen Ausrichtung an den jeweiligen Sendungs- oder Publikationsformaten. Analog den pro- grammlichen Schwerpunkten der Sender finden sich damit auch im Internet bei den priva- ten Anbietern überwiegend unterhaltsame Formate (Z.B. DISNEY CHANNEL GERMANY 2006), während die Websites des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Z.B. ARD 2006) deutlich mehr auf die Vermittlung von Informationen abzielen. Im Hinblick auf die Kriterien Breite und Tiefe lassen sich die Angebote jedoch nicht pauschal kategorisieren. So bieten Nachrichtenformate mit ihrer Berichterstattung über die verschiedensten gesellschaftlichen Teilbereiche auch im Internet ein breit gefächertes, aber eher knapp gehaltenes Informationsangebot. Magazine für Kinder haben hingegen meist einen konkreteren inhaltlichen Fokus, den sie auch im Internet detailliert behandeln.
Die unzähligen von Privatpersonen angebotenen Websites für Kinder entziehen sich völlig einer inhaltlichen Kategorisierung, weil sie ebenso heterogen sind, wie die Vorlieben, Fä- higkeiten und Ideen ihrer Herausgeber. Gerade die eigenen Interessen sind zumeist aus- schlaggebend für die Inhalte privat publizierter Kinderseiten. So finden sich dort etwa die Sympathien für bestimmte Tierarten (Z.B. HARDEL 2006) ebenso wieder wie spezielle his- torische Themen (Z.B. WIESEMANN 2006). Oftmals steht jedoch auch ein rein pädagogi- sches Engagement im Fordergrund, so dass auch thematisch breit angelegte Websites ent- stehen. Einige der privat erstellten Kinderseiten werden außerordentlich engagiert betrieben und weisen ein erstaunlich umfangreiches und professionelles Angebot auf. So ist die aus privater Initiative entstandene, unkommerzielle Website Blinde-Kuh.de (BLINDE KUH E.V. 2006A) inzwischen die bekannteste deutsche Suchmaschine speziell für Kinder und wurde im Juni 2006 mit dem Grimme Online Award für publizistische Qualität im Netz in der Kategorie Wissen und Bildung ausgezeichnet. Da die privaten Kinderseiten überwiegend keine kommerziellen Interessen verfolgen und normalerweise allein durch die Herausgeber finanziert werden, sind hier aufwändige Spiele oder Animationen eher die Ausnahme. Stattdessen überwiegen Textformate, in denen das Fachwissen der Betreiber kindgerecht aufbereitet wurde.
Bei den Websites von Kindern handelt es sich in den meisten Fällen um einfache elektroni- sche Visitenkarten, die auf einigen Kinderseiten nach dem Baukastenprinzip zusammenge- setzt werden können und nicht viel mehr als einige persönliche Angaben, einen Vorstel- lungstext, Interessen und Hobbys, Bilder und Kontaktmöglichkeiten enthalten. Häufig wer- den diese Websites, einmal erstellt, nicht oder nur sehr selten aktualisiert (VGL. KÜBLER 2002:154). Auf einigen etwas umfangreicheren Angeboten finden sich mitunter auch diver- se multimediale Formate wie Bilder, Videosequenzen oder mp3-Musik, die zu den persön- lichen Favoriten der Kinder zählen (Z.B. OTTO 2006). Die recht unbekümmerte Nutzung dieser Dateien lässt vermuten, dass diesen Kindern das Bewusstsein für rechtliche Aspekte im Internet noch weitgehend fehlt.
Neben den eigentlichen Inhalten werden den Kindern auf den von den verschiedenen Ak- teuren speziell für sie herausgegebenen Websites in der Regel auch diverse Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten geboten. Neben der obligatorischen Kontaktaufnahme mit dem Herausgeber und der Übermittlung von Vorschlägen für die Linklisten finden sich insbesondere auf den nichtprofitorientierten Kinderseiten zahlreiche weitere Angebote. So können Nachrichten- oder Magazinbeiträge häufig kommentiert oder mit einer Abstim- mungsfunktion bewertet werden (Z.B. SOWIESO PRESSEBÜRO GBR 2006). In Foren können die Kinder miteinander Kontakt aufnehmen und E-Mail-Freundschaften aufbauen (Z.B. BLINDE KUH E.V. 2006B). Oftmals gibt es auch die Möglichkeit, bereits existierende Ge- schichten fortzuschreiben oder eigene Artikel, Geschichten und selbstgezeichnete Bilder einzuschicken, die dann auf der jeweiligen Website veröffentlicht werden (Z.B. KAUTT 2006). Recht selten sind Chaträume für Kinder. Sie sind fast ausschließlich bei den größe- ren Akteuren unter den Herausgebern von Kinderseiten zu finden, da die Realisierung eines sicheren - also moderierten - Chats erhebliche Ansprüche an die personellen und finanziel- len Ressourcen eines Anbieters stellt (Z.B. COBRA YOUTH COMMUNICATIONS GMBH 2006).
2.3.3 Ökonomische Rahmenbedingungen
Die ökonomischen Bestrebungen bzw. Problemlagen, die mit Websites für Kinder verbun- den sind, hängen stark von der Art des jeweiligen Anbieters ab. Hauptsächlich Kosten ver- ursachen die Online-Angebote der Hersteller von Kinderprodukten, der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten, der öffentlichen Einrichtungen sowie der Privatpersonen. Ein monetärer Erlös ist in der Regel nur bei den Kinderseiten von Unternehmen vorgesehen und auch dort nur am Rande, etwa in Form von Online-Shops, oder indirekt, durch die Steigerung der Verkaufserlöse. Zumeist über Werbung, mitunter aber auch über die kosten- pflichtige Mitgliedschaft in einem Club oder den Verkauf von Merchandising-Produkten, sollen hingegen die Kinderseiten von Online-Agenturen und privaten Rundfunkanbietern zu direkten Einnahmen führen.
Ein entscheidendes Kriterium für die Höhe der Kosten und Erträge, die ein Online-Angebot verursacht, ist die Zahl der Besucher der Website. Diese beeinflusst einerseits den Umfang des verursachten Datenverkehrs4 und damit auch die Höhe der dafür anfallenden Kosten beim Internetprovider sowie für die notwendige technische Ausstattung, um die Menge der Anfragen bewältigen zu können. Andererseits entscheidet die Höhe der Besucherzahlen aber auch über die möglichen Erlöse einer Website. Die Kinderseiten, die direkte monetäre Einnahmen erwirtschaften sollen, stehen mit zunehmendem Erfolg zwar steigenden Kosten gegenüber, können diese aber durch ebenfalls steigende Einnahmen kompensieren bzw. sogar Gewinne realisieren. Hinter anderen Online-Angeboten für Kinder, wie etwa den Un- ternehmenswebsites, den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder von öffent- lichen Einrichtungen, stehen zumindest Herausgeber, die aufgrund ihrer Betätigungen au- ßerhalb des Internets dazu in der Lage sind, die durch ihr Online-Angebot anfallenden Kos- ten zu tragen. In einer wirtschaftlich schwierigen Situation befinden sich hingegen in vielen Fällen die Websites privater Initiativen. Viele dieser Angebote verzichten aus Rücksicht vor den Kindern prinzipiell auf Werbung und verfolgen auch sonst keine wirtschaftlichen Ziele. Sie weisen mitunter ein hochwertiges, für Kinder interessantes Angebot auf und wer- den daher bisweilen stark frequentiert. Dies führt, bei gleichzeitigem Verzicht auf Erlöse, zu teilweise hohen Kosten. So stand die privat betriebene und äußerst erfolgreiche Suchma- schine für Kinder Blinde-Kuh.de im Jahr 2002 vor der Schließung, weil sich ihre Betreiber monatlichen Traffic-Kosten in Höhe von 3.000 Euro gegenüber sahen, die von rund 4 Mil- lionen Besuchern verursacht wurden (VGL. BACHMANN & MÜLLER 2002). Nur durch das finanzielle Engagement des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) konnte die Kinderseite vor der Einstellung bewahrt werden. Das 2003 gegründe- te Kinderseiten-Netzwerk Seitenstark macht unter anderem auch auf die schwierige finan- zielle Situation vieler hochwertiger Websites für Kinder aufmerksam. Ein Ziel dieser Initia- tive ist es, eine öffentliche Förderung für pädagogisch sinnvolle Angebote im Netz zu errei- chen. Gleichzeitig sollen damit aber auch die Besucher einer der vernetzten Websites auf andere, ebenfalls empfehlenswerte Online-Angebote hingewiesen und damit deren Be- kanntheit gesteigert werden.
Mangelnde Bekanntheit ist ein typisches Problem privat initiierter unkommerzieller Kin- derseiten, denn sie können sich diese aufgrund fehlender finanzieller Ressourcen nicht durch Werbemaßnahmen erkaufen. Profitorientierte Anbieter oder institutionelle Herausge- ber haben diese Möglichkeit und erreichen dadurch in der Regel einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad. Rundfunkanbieter und Verlage verfolgen zudem typischerweise eine
Cross-Media-Strategie, bei der sie innerhalb eines Mediums, etwa dem Fernsehen, auf ergänzende Angebote in einem anderen Medium wie dem Internet verweisen und umgekehrt. Hersteller von Produkten für Kinder nutzen insbesondere die Produktverpackungen, um auf ihre Angebote im World Wide Web hinzuweisen. Gemeinsam mit den Medienunternehmen erreichen sie damit einen besonders hohen Bekanntheitsgrad ihrer Websites im Netz und fokussieren dadurch die Aufmerksamkeit der Kinder auf ihre Online-Angebote. Alternative Onlineprojekte werden dadurch „ [...] an den Rand der Wahrnehmung durch die Kinder gedrängt“ (FEIL, DECKER, GIEGER 2004:65).
2.4 Sicherheitsaspekte der Internetnutzung
Ein bedeutsamer Aspekt bei der Internetnutzung von Kindern ist aus gesellschaftlicher Sicht die Sicherheit vor potentiell schädlichen Inhalten, der Kontaktanbahnung durch Pä- dophile sowie vor finanzieller Ausbeutung. Wurden, insbesondere die ersten beiden Punkte, bereits ausgiebig in den Massenmedien diskutiert (VGL. REINBERGER 2003:78-79; SUCKOW 2004; KINKEL 2005), so besteht aus wissenschaftlicher Sicht jedoch noch viel Forschungs- bedarf. Denn den bisherigen Darlegungen lagen oftmals subjektive Einschätzungen oder kaum verallgemeinerbare Einzelfälle zugrunde und sie waren zudem häufig interessengelei- tet. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Gefährdungspotentialen des Internets für Kinder rücken fast ausnahmslos nur dann in das Blickfeld der Öffentlichkeit, wenn diese besonders alarmierende Schlüsse ziehen oder diese entsprechend (fehl-) interpretiert werden. So wur- de im Mai 2003 in einem Focus-Artikel (VGL. REINBERGER 2003:78-79) dargelegt, dass 30 Prozent aller kindlichen und jugendlichen Internetnutzer der Vereinigten Staaten im Inter- net bereits sexuell belästigt wurden. Der Beitrag bezog sich auf eine vom US-Kongress finanzierte Studie aus dem Jahr 2000 (VGL. FINKELHOR, MITCHELL & WOLAK 2000:13). Tatsächlich erfragte diese jedoch den unbeabsichtigten Kontakt mit Abbildungen sexueller Praktiken oder mit Aktbildern, die in Europa zumeist als wenig anstößig empfunden wer- den. Das Beispiel zeigt, dass eine faktengeleitete und sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema Sicherheit für Kinder im Internet wichtig ist.
Eine norwegische Studie aus dem Jahr 2004, für die 100 Schüler einem Interview unterzo- gen wurden, konnte etwa zeigen, dass rund die Hälfte von ihnen, ungeachtet der Verbote der Eltern, bereits absichtlich Websites mit pornografischen oder gewalttätigen Inhalten besucht hatten (VGL. BJORNSTAD, TARAN L. & ELLINGSEN, TOM 2004:108). Dabei zeigte sich außerdem, dass sich fast ausschließlich die interviewten Jungen für entsprechende An-gebote interessierten. Werden pornografische Websites vor allem im Zuge der Pubertät besucht, um sich sexuell zu orientieren, so gelten Besuche auf gewalthaltigen Websites als Mutbeweis und liefern Gesprächsstoff zur Profilierung unter Gleichaltrigen. Als Gründe, weshalb diese besucht werden, gaben die Befragten weiterhin an, dass sie besonders leicht zu finden und auch vielfach kostenlos seien (VGL. EBD.:120-126).
Weltweit gab es im Juni 2006 rund 85,5 Millionen registrierte Internet-Domains, von denen etwa 50 Prozent auch Inhalte im World Wide Web bereit stellen (VGL. NETCRAFT LTD. 2006). Darunter befinden sich auch viele Websites mit pornografischen oder gewaltverherr- lichenden Inhalten. Mitunter sind diese, trotz ihres bedenklichen Angebots, mit dem deut- schen Recht vereinbar. Vielfach verstoßen sie jedoch auch dagegen. In Deutschland hat die 1997 von allen Landesministerien für Jugend gemeinsam ins Leben gerufene Initiative Jugendschutz.net die Aufgabe, jugendgefährdende Angebote im Internet zu recherchieren, sowie Hinweise aus der Bevölkerung auf derlei Websites entgegenzunehmen. Die Anbieter werden von ihr aufgefordert, ihre Inhalte oder die Zugangsmöglichkeiten zu diesen an das deutsche Recht anzupassen. Dabei arbeitet Jugendschutz.net eng mit Internet-Service- Providern sowie Beschwerde- und Aufsichtsstellen im Ausland zusammen. Zudem werden Kontakte zu den Betreibern von Online-Zahlungssystemen genutzt, um entgeltlichen Onli- ne-Angeboten mit jugendgefährdenden Inhalten die Finanzierungsgrundlage zu nehmen. 2005 konnte die Einrichtung auf diesem Wege zwei Drittel der insgesamt 874 beanstande- ten deutschen Websites sperren lassen oder Einfluss auf deren Inhalte nehmen. Bei Angeboten, die auf ausländischen Servern beheimatet sind, gelang dies nur in einem Drittel aller 1075 festgestellten Verstöße gegen deutsches Recht. Lehnen die Inhalteanbieter eine Kooperation mit Jugendschutz.net ab, kann die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) als übergeordnete Behörde rechtliche Schritte gegen die Betreiber einleiten. In vielen Fällen können diese jedoch nicht zur Verantwortung gezogen werden, da ihre auf Servern im Aus- land betriebenen Websites nicht gegen das jeweilige nationale Recht verstoßen.
Somit können Kinder bei freier Erkundung des Internets jederzeit auf bedenkliche Inhalte stoßen. Abhilfe versprechen Filter-Lösungen, die entweder als Zusatzprogramme auf dem Computer installiert werden müssen oder serverseitig bereits in einen kostenpflichtigen Internetzugang speziell für Kinder integriert sind. In der Regel werden dabei die Inhalte der aufgerufenen Websites zum einen nach branchen- bzw. szeneüblichen Schlagworten oder, im Falle von Bildern, nach auffallend vielen hautfarbenen Bildanteilen durchsucht. Außer- dem wird die in einer Datenbank abgespeicherte Positivliste mit unbedenklichen Kindersei- ten nach dem Vorhandensein der aufgerufenen Internetadresse befragt. Zusätzlich wird die- se mit den Einträgen einer Negativliste jugendgefährdender Websites verglichen. Auf diese Weise wird ein relativ guter Schutz vor potentiell jugendgefährdenden Inhalten erreicht, gleichzeitig wird jedoch auch der Zugang zu den Kinderseiten erheblich eingeschränkt, da der Großteil von ihnen nicht in den Datenbanken der Filtersoftware zu finden ist. Aus me- dienpädagogischen Erwägungen ist daher das von Erwachsenen beaufsichtigte Surfen im Internet den Filterlösungen vorzuziehen. Dies setzt jedoch bei den Eltern neben Kenntnis- sen des Internets, über Gefährdungspotentiale und über die vorhandenen Kinderseiten, auch zeitliche Ressourcen voraus, sowie die Bereitschaft, Kinder bei ihrer Erkundung des World Wide Web zu begleiten.
Noch problematischer als für Kinder ungeeignete Websites können kommunikative Ange- bote wie Foren oder Chats sein. Denn durch die Anonymität, die das Internet ermöglicht, werden diese Kommunikationswege teilweise auch von Erwachsenen mit pädophilen Nei- gungen genutzt, um in Kontakt mit Kindern zu treten. Über die Ausmaße dieser miss- bräuchlichen Nutzung von Chat-Räumen besteht aber weitgehend Unklarheit. Allerdings sorgen immer wieder Medienberichte über Einzelfälle für Unsicherheit unter den Eltern und Kindern.
Eine im Mai 2003 zeitgleich in Irland, Dänemark, Island, Norwegen und Schweden durch- geführte Befragung von Schülern hat ergeben, dass zwischen 42 Prozent (Irland) und 78 Prozent (Schweden) aller Befragten bereits einen Internet-Chat genutzt haben. Zwischen 19 Prozent (Irland) und 39 Prozent (Norwegen und Dänemark) der Chat-Nutzer sind bereits zu einem Treffen außerhalb des Internets aufgefordert worden. Und zwischen 12 Prozent (Irland) und 26 Prozent (Schweden) der Kinder hatten sich auf eine solche Begegnung ein- gelassen (VGL. NATIONAL CENTRE FOR TECHNOLOGY IN EDUCATION 2003:7,13). Für Deutschland stellt die von der Onlineagentur Neue Digitale in Auftrag gegebene Studie Kinder Online 2004, für die 277 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 16 Jahren be- fragt wurden, fest, dass ein Drittel der Chat-Teilnehmer unter ihnen immer oder zumindest gelegentlich ihre wahre Identität preisgeben, wenn sie darum gebeten werden. 16 Prozent der Chat-Nutzer haben sich nach den Ergebnissen der Studie zudem bereits im wirklichen Leben mit einer Chat-Bekanntschaft getroffen, wobei dies für auffallend mehr Mädchen (20,2 Prozent) als Jungen (12 Prozent) und insbesondere für ältere Kinder bzw. Jugendliche zutrifft. Negative Erfahrungen haben bei den realen Treffen nur 3 Prozent dieser Kinder gemacht (VGL. NEUE DIGITALE 2004:21-23).
Die Ergebnisse lassen vermuten, dass für Kinder in Chaträumen zwar Gefahren existieren, zu einer Hysterie aber kein Anlass besteht. In Chats speziell für Kinder ist es in Deutschland zudem üblich, dass diese durch Erwachsene moderiert werden, die neben Sicherheitsaspekten auch auf die Einhaltung der so genannten Chatiquette, also von grundlegenden Umgangsformen, achten.
Neben jugendgefährdenden Inhalten und der missbräuchlichen Nutzung von Kommunikationsangeboten durch Erwachsene existieren im Internet für Kinder und ihre Eltern auch Gefahren ökonomischer Natur. Denn viele Websites, die sich durch den Namen ihrer InternetDomain und die beworbenen Inhalte explizit an Kinder richten, sind vorrangig als Mehrwertangebote konzipiert und verfolgen hauptsächlich monetäre Interessen (Z.B. ISAS INTERNET SERVICES AND SOLUTIONS 2006A). Um an die Inhalte dieser Websites zu gelangen, müssen die Besucher zunächst dafür bezahlen.
Einwahlprogramme (Dialer), die sich mit oder auch ohne Einverständnis des Nutzers über eine 09009 Telefonvorwahl mit dem Internet verbinden (Z.B. OELSPUR GBR 2006), spielen auf Kinderseiten heute nur noch eine geringe Rolle. Einerseits wurden diese durch die im Jahr 2003 von der aufsichtführenden Bundesnetzagentur eingeführte Verfügung 54/2003 (VGL. BUNDESNETZAGENTUR 2003:6-11) zunehmend unattraktiver, da diese ein transparen- tes Einwahlverfahren unter Mitwirkung des Websitebesuchers vorschreibt, das außerdem deutlich auf die entstehenden Kosten hinweist. Andererseits sind Dialer durch die zuneh- mende Verbreitung von DSL-Anschlüssen, über die eine DFÜ-Einwahl nicht möglich ist, immer weniger profitabel. Stattdessen sind inzwischen Abonnement-Modelle auf kosten- pflichtigen Kinderseiten weit verbreitet. Dabei werden Kinder zumeist mit einem kostenlo- sen Probezugang gelockt. Durch die Eingabe weniger persönlicher Daten wie Name, An- schrift, Alter und E-Mail-Adresse können sie zu den versprochenen Inhalten gelangen. Al- lerdings wandelt sich der Testzugang laut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des je- weiligen Betreibers bereits innerhalb kürzester Zeit in ein kostenpflichtiges Abonnement, das je nach Vertragsausgestaltung noch weitaus höhere Kosten verursachen kann, als die früher gebräuchlicheren Dialer5 (Z.B. ISAS INTERNET SERVICES AND SOLUTIONS 2006B). Aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit oder beschränkten Geschäftsfähigkeit sind Vertrags- abschlüsse mit Kindern zwar nach §104 bzw. §106 BGB unwirksam oder schwebend un-wirksam (VGL. BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ 2006), allerdings verhindert mitunter schon die Ausgestaltung der Eingabemaske auf der Abonnement-Seite, dass Geburtsjahre Minderjähriger angegeben werden können. Kinder, die dennoch die erforderlichen Angaben machen, müssen somit über ihr wahres Alter hinwegtäuschen und geben damit dem Anbie- ter für den Fall einer Auseinandersetzung mit den Eltern juristische Argumente in die Hand. Unseriöse Bezahlangebote, die sich aufgrund ihrer Namensgebung und Thematik an Kinder richten, verändern ihr Erscheinungsbild schnell. So werden aussagekräftige und zugstarke Internet-Domains wie www.ostern.de für einen überschaubaren Zeitraum genutzt und wei- terveräußert oder stillgelegt, sobald sie einen schlechten Ruf erlangt haben und sich als nicht mehr profitabel erweisen. Aufgrund veränderter rechtlicher Bedingungen oder ihrer Bekanntheit unter den Internetnutzern werden aber auch die Methoden zur Nutzung und Abrechnung der Angebote ständig den gewandelten Rahmenbedingungen angepasst. Dies macht die finanziellen Gefahren des World Wide Web für Kinder schwer durchschaubar und stellt hohe Anforderungen an ihre Kompetenzen beim Umgang mit diesem Medium. Die rechtlichen Maßnahmen zum Schutz der Kindern vor diesen Angeboten werden viel- fach als unzureichend kritisiert. Für den Bereich des Jugendschutzes gibt es hingegen klare Regelungen und Verantwortungsbereiche.
2.5 Rechtliche Aspekte zum Jugendschutz im Internet
Der Jugendschutz im Internet ist wie beim Rundfunk und allen so genannten Telemedien in Deutschland Sache der Bundesländer. Das bundeseinheitliche Jugendschutzgesetz (JuSchG), in dem sich Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Öf- fentlichkeit sowie vor jugendgefährdenden Medien finden, verweist daher für den Bereich Telemedien auf die Zuständigkeit der Länder (VGL. BUNDESMINISTERIUM FÜR FAMILIE, SENIOREN, FRAUEN UND JUGEND 2004:49). Zur Bewältigung dieser Aufgabe haben die Bundesländer den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) geschlossen (VGL. LANDES- ANSTALT FÜR KOMMUNIKATION BADEN-WÜRTTEMBERG 2006).
Unzulässig nach §4 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages sind hauptsächlich Rundfunk- und Online-Angebote mit verfassungsfeindlichen, gewalt- und kriegsverherrlichenden, die Menschenwürde verletzenden oder pädophilen Inhalten. Zulässig, sofern nur einem ge- schlossenen Benutzerkreis zugänglich, sind in Telemedien hingegen pornografische sowie andere potentiell entwicklungsbeeinträchtigende Angebote. Diese unterliegen einer Kenn- zeichnungspflicht. Zudem hat der Anbieter dieser Inhalte dafür Sorge zu tragen, dass Kin- der und Jugendliche keinen Zugang dazu erlangen können. Als dafür geeignet gelten im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages §5 spezielle Jugendschutzprogramme, die durch eine Zertifizierung der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) nachweisen können, dass sie unbefugte Benutzergruppen von den potentiell gefährdenden Inhalten aus- schließen. Bei Angeboten, für die eine Beeinträchtigung nur auf die Altersgruppe der Kin- der vermutet wird, genügt hingegen eine klare Abgrenzung von den speziellen Inhalten für Kinder (VGL. EBD.). Weiterhin regelt der JMStV in §7 die Verpflichtung von Herausgebern jugendgefährdender Angebote sowie von Suchmaschinenbetreibern einen Jugendschutzbe- auftragten zu stellen. Als fachkundiger Experte in Jugendschutzfragen hat dieser die Auf- gabe, die Veranstalter auf mögliche Verstöße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag hinzuweisen sowie auf Abstellung der Mängel zu drängen. Kleinere Online-Anbieter, für welche die Beschäftigung eines eigenen Jugendschutzbeauftragten aus finanzieller Sicht eine zu große Belastung darstellen würde, haben die Möglichkeit, einer von der KJM aner- kannten Einrichtung zur freiwilligen Selbstkontrolle, wie etwa der Freiwilligen Selbstkon- trolle Multimedia-Diensteanbieter beizutreten, welche dann die Aufgaben des Jugend- schutzbeauftragten für ihre Mitglieder wahrnimmt (VGL. EBD.).
Für die Überwachung der Einhaltung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages durch die Medienanbieter sind die Landesmedienanstalten zuständig. Für diesen Zweck haben sie die gemeinsame Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ins Leben gerufen. Diese ist ne- ben der Zulassung von Einrichtungen zur freiwilligen Selbstkontrolle und der Anerkennung von Zugangsbeschränkungen zu nicht-jugendfreien Rundfunk- und Telemedieninhalten auch für die Feststellung von Verstößen gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und dessen rechtliche Durchsetzung zuständig. Hinweise auf Verstöße bekommt die KJM von der Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien (BPjM) sowie der gemeinsamen Ein- richtung der Landesjugendbehörden aller Bundesländer zur Überwachung von Telemedien Jugendschutz.net. Gleichzeitig kann die KJM Online-Angebote bei der Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien zur Indizierung vorschlagen. Insbesondere Jugendschutz.net untersucht auch kommunikative Angebote des Internets wie Chats, Instant Messaging und File-Sharing auf jugendschutzrelevante Aspekte und versucht auf diese Weise, Jugend- schutz im Internet auch über die Online-Angebote des World Wide Web hinaus durchzu- setzen.
2.6 Medien- und Internetkompetenz als gesellschaftliche Ziele
Die Notwendigkeit des Kompetenten Umgangs der Menschen mit Medien wurde bereits seit dem beginnenden 20. Jahrhundert immer wieder von Sozialwissenschaftlern und Philo- sophen betont. Spielte dabei anfangs insbesondere das Misstrauen gegenüber den Medien- inhalten und der Macht der Medien eine Rolle, so gilt es heute, der unüberschaubar gewor- denen Fülle medialer Angebote Herr zu werden und diese sinnvoll zu nutzen. Mit aus- schlaggebend für die Karriere des Medienkompetenz-Begriffes sind die tiefgreifenden ge- sellschaftlichen Veränderungen, die sich im Bedeutungszuwachs des Zugangs zu und der Verfügbarkeit von Wissen und Informationen ausdrücken. Der Begriff Wissensgesellschaft soll den gewandelten gesellschaftlichen Fokus veranschaulichen, in dem das Wissen als wichtigste und zukunftsträchtigste Produktivitätsressource postindustrieller Gesellschaften gilt. Gleichzeitig ist damit aber auch die wachsende Bedeutung des Wissens für die gesell- schaftliche Partizipation der Menschen und für deren individuelle Lebensführung gemeint (VGL. SCHIERSMANN, BUSSE & KRAUSE 2001:38; LIVINGSTONE 2004:102). Medien nehmen bei der Vermittlung dieses, für so wichtig befundenen, Wissens eine herausragende Stel- lung ein. Der bewusste und sinnvolle Umgang mit ihnen, also medienkompetentes Handeln, wird daher als notwendige Grundkompetenz6 der Bürger in Wissensgesellschaften einge- stuft und soll außerdem Gefahren begegnen, die sich aus dem Überangebot der Medien ergeben könnten. Internetkompetenz, als besondere Ausprägung der Medienkompetenz, betrachtet speziell die Anforderungen dieses noch recht neuen und immer wichtiger wer- denden Mediums an seine Nutzer.
Medienkompetenz und Internetkompetenz sind abstrakte Konzepte vom richtigen Medienumgang der Menschen. In ihrem Mittelpunkt steht das Ansinnen, sich Medien sowohl in persönlicher wie auch in gesellschaftlicher Hinsicht gewinnbringend nutzbar zu machen. Zur Konkretisierung des Begriffes Medienkompetenz haben verschiedene Autoren Operationalisierungen vorgeschlagen.
Eine weit verbreitete Definition von CHRIST & POTTER (1998) bezeichnet Medienkompe- tenz als „die Fähigkeit, sich zu Nachrichten unterschiedlicher Form instrumentell-technisch Zugang zu verschaffen, sie analytisch zu behandeln, kritisch-reflexiv zu beurteilen und selbst kreativ zu gestalten“ (AUS LIVINGSTONE 2004:103). Unter den instrumentell- technischen Anforderungen wird hierbei das Wissen und Können verstanden, welches not- wendig ist, um Zugang zu Medien zu erlangen, diese zu bedienen und darin Informationen auffinden zu können. Die analytischen Fähigkeiten beinhalten Hintergrundwissen zur Funktionsweise des Mediensystems, zur Rolle der Medienanbieter, zu den Medientechno- logien und den verschiedenen medialen Darstellungsformen. Mit kritisch-reflexiver Beurteilung ist das Evaluationsvermögen der Rezipienten gegenüber den Medientexten gemeint. Diese sollen dazu in der Lage sein, die Glaubwürdigkeit und allgemeine Qualität von Informationen zu überprüfen und Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Positi- onen und Medieninhalten zu erkennen. Mit dem letzten Aspekt, dem kreativen Gestalten, ist die Fähigkeit gemeint, eigene Medieninhalte produzieren zu können. Diese trägt einerseits dazu bei, ein tieferes Verständnis für die Begleitumstände zu erlangen, in denen Medieninhalte erstellt werden. Andererseits werden den Rezipienten damit aber auch Wissen und Fähigkeiten an die Hand gegeben, die notwendig sind, um selbst die Rolle eines Kommunikators im Mediensystem übernehmen und damit aktiv gestaltend am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können (VGL. EBD.:103 FF.).
Die Aspekte Nutzungswissen, Funktionswissen, Bewertungsfähigkeit und medienprakti- sche Gestaltung werden in den meisten Definitionen von Medienkompetenz in unterschied- lichen Formen aufgegriffen. Auch in der im deutschen Sprachraum weit verbreiteten me- dienpädagogischen Operationalisierung des Begriffes durch DIETER BAACKE (1999) finden diese sich wieder. Darin gliedert er den Begriff Medienkompetenz in die vier Dimensionen Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung (VGL. BAACKE 1999:34). Medienkritik meint bei BAACKE das Wissen und die Fähigkeiten um Zusammen- hänge im Mediensystem und für die Medien relevante gesellschaftliche Vorgänge erkennen und ihre Auswirkungen bewerten zu können. Gleichzeitig soll dies auch eine Evaluierung des eigenen Mediennutzungsverhaltens ermöglichen. Unter Medienkunde fasst BAACKE das Hintergrundwissen zum Mediensystem, den Umständen der Entstehung medialer Inhalte sowie zum technischen Gebrauch von Mediengeräten. Mit Mediennutzung ist die Fähigkeit gemeint, Medieninhalte verarbeiten und interpretieren zu können. Es umfasst aber auch, dort wo diese angeboten werden, die sinnvolle Nutzung von Interaktionsmöglichkeiten. Mit Mediengestaltung meint BAACKE schließlich das Vermögen der Rezipienten, einerseits mitgestaltend auf das Mediensystem einwirken zu können und andererseits als Produzent eigener Medieninhalte aufzutreten (VGL. EBD.).
Internetkompetenz ist die Anwendung des Medienkompetenzkonzeptes auf das spezielle Medium Internet. Auch hierbei spielen daher die Aspekte Nutzungswissen, Funktionswis- sen, Bewertungsfähigkeit und medienpraktische Gestaltung eine herausragende Rolle. Ihre jeweilige Gewichtung innerhalb des Konzeptes unterscheidet sich jedoch von anderen An- wendungen des Begriffes Medienkompetenz. LIVINGSTONE (2004) stellt daher fest:
„Wir müssen uns [...] fragen, ob die Fähigkeit sich zu Nachrichten unterschiedlicher Form instrumentell-technisch Zugang zu verschaffen, sie analytisch zu behandeln, kritisch-reflexiv zu beurteilen und selbst kreativ zu gestalten, wirklich für Bücher, Fernsehen und Internet gleichermaßen entscheidend ist?“ (LIVINGSTONE 2004:111)
Einerseits ist der Zugang zu Informationen im Internet durch die im Vergleich zu anderen Medien sehr hohen Anforderungen an die Fähigkeiten und das Wissen der Rezipienten ungleich schwerer. Andererseits bietet das Internet die Möglichkeit, mit vergleichsweise wenig Aufwand und beinahe ohne finanzielle Ressourcen selbst zum medienpraktischen Akteur zu werden. Dies impliziert wiederum, dass an die Kritikfähigkeit der Rezipienten besondere Anforderungen gestellt werden, wollen sie zwischen glaubwürdigen und fragwürdigen Quellen im Internet unterscheiden.
RICHTER (2004) weist zudem darauf hin, dass das Internet auch an die Nutzungskompetenz besondere Anforderungen stellt, weil der Rezeptionsprozess mehr als bei anderen Medien die aktive Mitarbeit der Rezipienten erfordert. Sie teilt diese Kompetenz nochmals in die Komponenten Orientierungs-, Selektions- und Navigationskompetenz auf. Unter der Orientierungskompetenz wird dabei die Fähigkeit verstanden, sich einen Überblick über die inhaltlichen Angebote und die Auswahlmöglichkeiten zu verschaffen. Selektionskompetenz bedeutet, die für die jeweiligen Intentionen der Rezipienten geeignete Wahl treffen zu können. Und mit Navigationskompetenz ist die Fähigkeit gemeint, innerhalb der Angebote einer Website navigieren zu können (VGL. RICHTER 2004:63).
Die Auseinandersetzung mit Medien- und Internetkompetenz ist bisher überwiegend theoretischer oder medienpädagogisch-praktischer Natur. Einerseits wird versucht die noch recht unklaren Begriffe der Medienkompetenz und der Internetkompetenz in theoretischen Auseinandersetzungen zu schärfen und deren Anforderungsprofile zu konkretisieren. Denn, so stellte KÜBLER (1999) kritisch und auch ironisch fest:
„[A]lle Dimensionen und Definitionen [schwanken] derzeit zwischen einer möglichst universellen Beschreibung, in die alle Facetten menschlicher Fähigkeiten und Zielmar- gen einbezogen sind ... und einer speziellen Qualifikation oder gar Tugend, die am her- gebrachten Medienbegriff orientiert ist ... Medienkompetenz ... ist alles zusammen und noch viel mehr, aber letzten Endes doch wieder nicht.“ (AUS SCHIERSMANN, BUSSE & KRAUSE 2001:51)
Andererseits wird aber auch bereits vielfach medienpädagogische Projektarbeit geleistet, um auf diese Weise Erfahrungen in der Vermittlung von Medienkompetenz zu sammeln. Die in Kapitel 3.2 dieser Arbeit erörterten Studienergebnisse zum Umgang von Kindern mit dem Internet, werfen empirisch fundierte Schlaglichter auf Teilaspekte ihrer Internetkom- petenz.
3 Determinanten der Websitegestaltung für Kinder
Ebenso wie jede andere Software, die der Interaktion zwischen Menschen und Computern dient, erfüllen auch Websites den Zweck einer Benutzerschnittstelle. Diese soll einerseits die Steuerung des Computers durch Befehle ermöglichen (Input) und andererseits die Ergebnisse der dadurch initiierten Aktionen für Menschen verständlich präsentieren (Output). Die Ausgestaltung dieser Schnittstelle hat erhebliche Auswirkungen auf die Bedienbarkeit und muss sich daher an den Kompetenzen der Nutzer orientieren.
Websites müssen, als Medien für jedermann, eine besonders einfache und intuitive Bedien- barkeit aufweisen, da bei den Rezipienten neben grundlegenden Fähigkeiten im Umgang mit Hardware, Software und dem Internet keine Spezialkenntnisse vorausgesetzt werden können. Verschiedene wissenschaftliche Disziplinen, wie etwa die Informatik oder die Psy- chologie, befassen sich mit diesem Thema unter den Stichworten Human-Machine- Interface-Design, Usability Engineering oder Software-Gebrauchstauglichkeit. Die Ergeb- nisse der Forschungen liefern grundlegende Erkenntnisse über eine sinnvolle und intuitiv bedienbare Gestaltung von Websites. Sie werden daher vom Verfasser auch für Kindersei- ten als konstitutiv im Sinne von Mindestanforderungen betrachtet und im Kapitel Allgemei- ne Gestaltungskriterien für Websites geschildert.
Bei der Entwicklung von Websites für Kinder müssen jedoch auch die spezifischen Fähig- keiten und Bedürfnisse dieser Rezipientengruppe berücksichtigt werden. Erkenntnisse dazu liefern Studien zur Internetnutzung von Kindern, wie sie insbesondere im Bereich der Me- dienpädagogik erhoben werden. Ergebnisse dazu werden im gleichnamigen Kapitel dieser Arbeit präsentiert. Sie offenbaren die gestalterischen wie auch inhaltlichen Vorlieben und Erwartungen von Kindern, geben Auskunft über Problembereiche beim Seitendesign und informieren über die äußeren Umstände der Internetnutzung, die sich ebenfalls auf die Anforderungen an Kinder-Websites auswirken.
Der in den angesprochenen Studien untersuchte Internetgebrauch kann wiederum nicht los- gelöst von psychischen Aspekten betrachtet werden, welche für dieses Nutzungsverhalten hauptverantwortlich sind. Die Entwicklungspsychologie beschäftigt sich unter anderem mit der geistigen Reife von Kindern und untersucht dabei, ab wann einzelne kognitive Fähig- keiten vorhanden sind oder in einer gewissen Qualität vorliegen. Damit können auch Aus- sagen darüber getroffen werden, ab wann Kinder dazu in der Lage sind, bestimmte Medien- angebote sinnvoll zu nutzen und wie diese beschaffen sein sollten, um ihrem psychischen Entwicklungsgrad gerecht zu werden. Daraus ergeben sich schließlich auch Implikationen entwicklungspsychologischer Aspekte für die Konzeption und Umsetzung von Online- Angeboten für Kinder. Die drei verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven zeigen da- für Anforderungen auf und bilden mithin die Grundlage des Kriterienkataloges, anhand dessen in dieser Arbeit Websites für Kinder evaluiert werden.
3.1 Allgemeine Gestaltungskriterien für Websites
Die Literatur zum Thema Webdesign wird deutlich dominiert von Publikationen von und für Praktiker und setzt sich zudem häufig mit eher künstlerischen Aspekten der Seitenges- taltung auseinander. Dennoch wird sich insbesondere mit der Usability (Gebrauchstaug- lichkeit) von Online-Angeboten auch wissenschaftlich beschäftigt. Durch eine möglichst optimale Gestaltung von Websites als Mensch-Computer-Schnittstellen sollen Hindernisse für die Benutzung ausgeräumt und Nutzbarkeitskriterien wie Zufriedenheit, Effizienz und Effektivität verbessert werden. Unter Effektivität ist in diesem Zusammenhang das Potential der Website zu verstehen, die vom Nutzer angestrebten Arbeitsergebnisse zu ermöglichen. Effizienz bezeichnet das Verhältnis des Aufwandes, der für die Verwendung der Website nötig ist, zu den Ergebnissen ihrer Nutzung. Und unter Zufriedenheit wird der Grad der Erfüllung bereits vorhandener Erwartungen verstanden.
Bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Usability von Websites wird sich zumeist der Methoden Befragung, teilnehmende Beobachtung oder Experiment bedient. Mitunter werden auch spezielle technische Hilfsmittel benutzt, etwa wenn das Seitenleseverhalten anhand der Augenbewegungen der Probanden analysiert wird (Eye Tracking) oder ihr Navigationsverhalten sowie ihre dabei laut geäußerten Gedanken auf Video festgehalten werden (Thinking Aloud Methode).
Durch seine jahrzehntelange Forschung nimmt der amerikanische Informatiker JAKOB NIELSEN auf dem Gebiet der Gebrauchstauglichkeit von Hypertext-Systemen eine heraus- ragende Stellung ein. Auch an vielen Universitätsfakultäten für Informatik oder Psycholo- gie wird in dem Bereich geforscht. Die dabei erhaltenen Ergebnisse liefern Anhaltspunkte für Gestaltungskriterien von Websites, sind aber immer auch im Kontext des Untersu- chungsdesigns, der individuellen Präferenzen und Fähigkeiten der Probanden sowie der zum Zeitpunkt der Untersuchung vorherrschenden technologischen Möglichkeiten zu be- trachten. Einen Überblick über die aus Forschungsergebnissen gewonnenen Gestaltungsan- forderungen verschaffen die vom amerikanischen Gesundheitsministerium im Rahmen der Fortentwicklung ihrer eigenen Internetpräsenz veröffentlichten „Research-Based Web De- sign & Usability Guidelines“ (KOYANL, BALLEY & NALL 2003).
Zu kritisieren ist in der Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Gebrauchstauglichkeit von Websites, dass sich die daraus hervorgegangene Literatur überwiegend an Anwender richtet und akademischen Ansprüchen, etwa durch eine unzureichende Aufklärung über die verwendeten Quellen, häufig kaum gerecht wird.
3.1.1 Kompatibilität
Die Grundvoraussetzung für die Nutzung von Websites ist, dass diese fehlerfrei mit der auf den Computern der Besucher installierten Software wie dem Betriebssystem und dem In- ternet-Browser zusammenarbeiten. Zwar wiesen Computer mit den Microsoft Windows Betriebssystemen im Juli 2006 einen Markanteil von mehr als 90 Prozent (VGL. JUPITER- MEDIA CORPORATION 2006A) und der dazugehörige Browser Internet Explorer einen Marktanteil von etwa 84 Prozent (VGL. JUPITERMEDIA CORPORATION 2006B) auf, doch auch auf Rechnern mit einer davon abweichenden Softwareumgebung sollten die entspre- chenden Websites aufgerufen werden können (VGL. KOYANL, BALLEY & NALL 2003:30- 32). Insbesondere das für Standards im World Wide Web verantwortliche World Wide Web Consortium (W3C) gibt daher Richtlinien heraus, die eine möglichst hohe Kompatibilität von Websites zu verschiedenen Betriebssystemen und Browsern gewährleisten sollen.
Ebenfalls zum Bereich der Kompatibilität kann die für eine Website gewählte Seitenbreite gezählt werden. Denn Websites sollten auf den meisten Computersystemen ohne horizonta- les Scrollen, im Browserfenster angezeigt werden können (VGL. BAILEY 2001A; NIELSEN 2001:27 F.,174; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:33,67). Mit 56 Prozent am weitesten ver- breitet war im Juni 2006 eine Bildschirmauflösung von 1024 x 768 Bildpunkten. Doch auch Auflösungen von 800 x 600 und 1280 x 1024 Bildpunkten wurden von jeweils 17 Prozent der Internetnutzer verwendet (VGL. JUPITERMEDIA CORPORATION 2006C). Daher müssen Websites entweder schmal genug sein, um auch bei geringerer Bildschirmauflösung voll- ständig angezeigt werden zu können. Oder sie müssen sich durch die Verwendung prozen- tualer anstatt absoluter Größenwerte dynamisch an die jeweilige Auflösung und Fenster- größe anpassen.
3.1.2 Seiten-Design
Zur Gliederung des Themenfeldes benutzt NIELSEN (2001) drei Dimensionen von Webdesign. Während das Seiten-Design die äußere visuelle Gestaltung von Webseiten bezeichnet, steht beim Inhalte-Design die Darbietung der Seiteninhalte im Vordergrund. Die Informationsarchitektur befasst sich schließlich mit der Strukturierung und Anordnung dieser Inhalte innerhalb der Website und den Navigationsmöglichkeiten.
Zu den wichtigsten Kriterien des Seiten-Designs gehört die Berücksichtigung der Ladezeit. Experimente haben gezeigt, dass lange Antwortzeiten von Websites mit zunehmender Un- zufriedenheit, sinkendem Interesse der Nutzer und einer Zunahme das Bailouts (Anteil der Nutzer, die den Ladeprozess abbrechen) einhergehen (VGL. SELVIDGE 1999; BAILEY 2001B; NIELSEN 2001:42-44,48; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:16). NIELSEN (2001) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Verzögerungen von bis zu einer Sekunde die Ge- dankengänge der Nutzer nicht unterbrechen und daher als Optimum angesehen werden können. Bei einer Dauer von mehr als 10 Sekunden wird hingegen die Aufmerksamkeit der Besucher abgelenkt und sie wenden sich anderen Aufgaben zu. Daher sollten Websites so gestaltet sein, dass sie auch mit den noch weit verbreiteten analogen Internetanschlüssen (VGL. GOLEM.DE 2006) innerhalb dieser Zeitspanne angezeigt werden können. Daraus re- sultiert eine maximale Seitengröße von etwa 34 Kilobyte (VGL. EBD.:48 F.). Insbesondere der sparsame Gebrauch von Grafiken und Animationen ist dafür eine wesentliche Voraus- setzung. Für die Gestaltung von Kinderseiten ergibt sich daraus ein Konflikt. Denn einer- seits präferieren Kinder, wie noch verdeutlicht wird, grafisch aufwändig gestaltete Websi- tes. Andererseits verfügen sie, insbesondere zu Hause, häufig nur über eine langsame Inter- netanbindung. Ein Lösungsansatz könnte die schrittweise Darstellung von Grafiken und anderen Seiteninhalten sein, da dies den Nutzern die Wahrnehmung kontinuierlicher Fortschritte im Seitenaufbau ermöglicht. Es konnte gezeigt werden, dass Besucher unter dieser Prämisse bis zu sechs mal länger warten (VGL. STRAUB 2003B).
Gestalterisch haben Einfachheit, Klarheit und Transparenz im Seiten-Design oberste Priori- tät. Menü-Einträge, Links, Seitentitel, Rubriken und anderen Bezeichnungen sollten daher eindeutige und unmissverständliche Namen tragen und auch Rücksicht auf die Mutterspra- che der Zielgruppe nehmen. Auf diese Weise können die Besucher die Bezeichnungen rich- tig interpretieren und die Folgen ihres Handelns abschätzen, bevor sie die entsprechenden Aktionen auf der Website ausführen. Für mehr Transparenz ist es mitunter auch notwendig, dass zu einzelnen Elementen ergänzende Informationen gegeben werden, etwa das Datei- format und die Dateigröße im Falle von Download-Angeboten oder die Kennzeichnung obligatorischer Eingabefelder in Formularen (VGL. NIELSEN 2001:45; KRUG 2002:14 F.; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:72 F.,114-116).
Diverse Studien haben ergeben, dass Internetnutzer durch ihren regelmäßigen Umgang mit Websites genaue Vorstellungen darüber entwickeln, in welchen Bereichen der Seiten sich bestimmte Standardelemente üblicherweise befinden. Auf allen neuen und noch unbekann- ten Websites werden diese Elemente daher auch zunächst dort gesucht. Dies bei der Pla- nung von Online-Angeboten zu berücksichtigen, erleichtert daher die Nutzbarkeit erheb- lich. So werden der Home-Button und die Login-Funktionen überwiegend in der linken oberen Bildschirmecke erwartet. Die Haupt-Navigationselemente und inhaltlichen Katego- rien werden am linken Seitenrand vermutet und die Suchfunktion im oberen Bereich der Seite. Nach der Online-Hilfe und Funktionen zur Verwaltung von Kundenkonten halten Nutzer überwiegend in der rechten oberen Bildschirmecke Ausschau und nach externen Links suchen sie gewöhnlich an der rechten Bildschirmseite. Werbebanner befinden sich nach Ansicht der Nutzer hauptsächlich im oberen und rechten Bereich der Seiten (VGL. BERNARD 2001; BERNARD 2002; STRAUB 2006).
Auf der Homepage, als erster Seite die der Besucher einer Internetpräsenz erblickt7, sind Einfachheit und Klarheit von besonderer Bedeutung. Da diese den Besuchern als Hauptori- entierung dient und entscheidend dafür ist, ob sie sich weiter mit der Website befassen wol- len, muss sie deutlich aufzeigen, wo sich der Besucher gerade befindet (Identifikation), welche Informationen oder Dienste angeboten werden (Information) und wie er zu diesen gelangt (Navigation). Hierzu dienen das Website-Logo, eine aussagekräftige Beschreibung, einige ausgewählte Beispiele aus dem Leistungsprogramm sowie die wichtigsten Navigati- onsmöglichkeiten. Diese Elemente sollten sich im oberen Bereich der Homepage befinden und sofort ins Auge fallen (VGL. NIELSEN 2001:166-168, KRUG 2002:97-99; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:35-37,41). Auch auf allen anderen Seiten der Internetpräsenz ist es wichtig, die Identität und den Auftrag der Website klar darzustellen. Auf der Homepage kann für diesen Zweck aber deutlich mehr Platz verwendet werden, da sie vorrangig der Orientierung und nicht der Darbietung von Inhalten dient. Auf den anderen Seiten sollten hingegen die eigentlichen Inhalte dominieren und zwischen 50 Prozent und 80 Prozent der Bildschirmfläche einnehmen (VGL. NIELSEN 2001:22).
Auf die Verwendung umfangreicher Textabschnitte sollte auf der Homepage verzichtet werden. Studien zum Seitenleseverhalten haben gezeigt, dass Internetnutzer diese auf der Suche nach Navigationsmöglichkeiten oder Hinweisen auf Seiteninhalte mit den Augen nur überfliegen. Längere Textabsätze könnten sie dabei behindern, weil sie die Aufmerksam- keit der Nutzer zu lange auf sich fokussieren (VGL. KRUG 2002:21 F.; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:42). Gleichzeitig beanspruchen lange Texte auch zu viel Platz. Denn die Home- page sollte, so kompakt wie möglich bleiben und die wichtigsten Informationen und Ele- mente im oberen Bereich und in der Seitenmitte anzeigen. Informationen und Gestaltungs- elemente, die sich beim Abrufen der Startseite außerhalb des sichtbaren Bereiches befinden und für die erst gescrollt werden muss, werden deutlich weniger wahrgenommen und ge- nutzt (VGL. EBD.:43; MCCARTHY, SASSE & RIEGELSBERGER 2003:9 F.). Auf inhaltlich aus- gerichtete Unterseiten trifft dies nicht zu. Hier scrollen Benutzer auch durch mehrere Bild- schirmseiten, wenn sie das Thema interessiert.
Die auf der Homepage eingesetzte Aufteilung der Seite in Bereiche für Identifikation, Na- vigation und Inhalte sollte auf den Unterseiten fortgeführt werden. Indem alle Seiten einer Webpräsenz ein vergleichbares Layout mit ähnlicher visueller Gestaltung, identischen Na- vigationselementen und grafischen Objekten einsetzen, wird ein konsistentes Erschei- Pages, weil sie auf für bestimmte Besucher bedenkliche Inhalte der Seite verweisen oder ihnen eine Vorauswahl ermöglichen, etwa zwischen einer Kinder- und einer Elternseite oder Seitenversionen mit und ohne die Nutzung bestimmter Technologien. nungsbild erreicht, was sich auf die Benutzbarkeit und die Glaubwürdigkeit der Website positiv auswirkt. Andererseits wird dadurch auch Besuchern, welche diese über eine Unterseite betreten haben, ein problemloser Einstieg ermöglicht (VGL. NIELSEN 2001:178; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:97).
3.1.3 Inhalte-Design
Die Darstellung der eigentlichen Inhalte wie Texte, Grafiken oder Formulare wird durch das Inhalte-Design bestimmt. Bei der Gestaltung von Texten fürs World Wide Web steht die einfache und schnelle Lesbarkeit am Monitor im Vordergrund. So sollte sich der Text durch seine Schriftfarbe möglichst gut vom Hintergrund abheben. Zu vermeiden ist insbe- sondere die Verwendung von Komplementärfarben, da sich dies aufgrund schlechter Kon- trastwerte besonders negativ auf die Lesbarkeit auswirkt. Auch die Verwendung von Hin- tergrundgrafiken sollte vermieden werden, weil sie die Wahrnehmung der Buchstaben be- einträchtigen und vom Text ablenken können. Ideal ist daher für längere Texte die weit verbreitete Darstellung von schwarzem Text auf einem weißen Untergrund (VGL. NIELSEN 2001:125 F.; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:96). Neben der Farbe sind aber auch die Form und Größe der Schriftart wesentlich, da sie sich entscheidend auf die Leseleistung der Besucher auswirken. So gilt eine Schriftgröße von 10 Pixeln als Minimum für gut lesbare Seiten. Für ältere oder sehbehinderte Nutzer wird eine Größe von 14 Pixeln empfohlen. Außerdem sollten Schriftarten verwendet werden, die wie Times New Roman, Verdana, Arial oder Georgia den meisten Nutzern bereits vertraut sind. Nicht geeignet sind hingegen solche, die in ihrer optischen Gestaltung stark von herkömmlicher Druckschrift abweichen (KOYANL, BALLEY & NALL 2003:98 F.; BAILEY 2002A). Bei diesen eher künstlerischen Schriftarten besteht zudem die Gefahr, dass sie auf den Computern der Nutzer nicht vor- handen sind und daher durch eine andere ersetzt werden. Eine Studie der Universität von Wichita (USA) deutet darauf hin, dass speziell Kinder die serifenlosen8 Schriftarten Arial und Comic in einer Größe von 14 Pixeln bevorzugen und diese auch zu besseren Leseleistungen führen (VGL. BERNARD, MILLS FRANK & MCKOWN 2001).
Untersuchungen zum Einfluss der Zeilenlänge auf die Lesbarkeit von Onlinetexten zeigen, dass Internetnutzer bei Verwendung langer Textzeilen (bis zu 95 Zeichen) schneller und effizienter lesen. Gleichwohl geben viele Internetnutzer aber immer wieder in Befragungen an, Zeilen von mittlerer Länge zu bevorzugen (VGL. BAILEY 2002B; SHAIKH 2005; BAKER 2005). Unter Praktikern herrscht daher auch die Überzeugung vor, dass, um den Vorlieben der Nutzer zu entsprechen, die Zeilenlänge im Internet auf 40 bis 60 Zeichen begrenzt sein sollte.
Der Zeilenabstand gibt die Entfernung zwischen den Buchstabenunterkanten einer Zeile und den Buchstabenoberkanten der darauffolgenden Zeile an. Seine Größe beeinflusst damit auch den Freiraum zwischen den einzelnen Zeilen. Um mit den Augen schnell und problemlos vom Ende einer Zeile zum Beginn der nächsten zu wechseln, also flüssig lesen zu können, sollte dieser um so größer sein, je größer die Zeilenlänge ist. Ein fester Wert lässt sich somit nicht benennen. Wesentlich ist aber die Erkenntnis, dass die Lesbarkeit von Texten auch mit dem Zeilenabstand korreliert.
Auch die Textausrichtung wirkt sich auf die Lesbarkeit von Online-Texten aus. Bei zent- rierten Texten sind die Zeilenmitten an der Mittelachse des Bildschirms ausgerichtet. Da- durch beginnen die Zeilen normalerweise an unterschiedlichen Stellen des Bildschirmes. Der Leser ist gezwungen, bei jeder Zeile stets neu nach dem Beginn zu suchen und wird in seinem Lesefluss gehindert. Beim Blocksatz werden hingegen alle Textzeilen durch Frei- räume so weit gestreckt, bis sie die festgelegte Zeilenlänge komplett ausfüllen und damit an gleicher Stelle enden. Dadurch wird ein gleichmäßiges und aufgeräumtes Seitenbild er- reicht. Gleichzeitig entstehen aber auch Löcher zwischen den einzelnen Wörtern, die sich nachteilig auf die Lesbarkeit auswirken. Unter ergonomischen Gesichtspunkten ist daher bei längeren Texten die linksbündige Ausrichtung vorzuziehen. Dabei enden die Textzeilen zwar an verschiedenen Stellen (Flattersatz), es werden aber ungleichmäßige Freiräume zwi- schen den Wörtern vermieden und damit ein flüssigeres Lesen ermöglicht.
Damit Texte auch am Bildschirm gut gelesen werden können, haben sich neben typografi- schen Regelungen auch Konventionen zum Schreibstil und zur Textformatierung durchge- setzt. Die Formatierung von Online-Texten soll insbesondere dem Umstand Rechnung tra- gen, dass Texte im Internet häufig nur überflogen werden (VGL. NIELSEN 2001:104). Durch eine entsprechende Gestaltung der Texte sollen den Nutzern Einstiegspunkte für das Lesen geboten werden. Dies wird etwa dadurch erreicht, dass Zwischenüberschriften die Texte thematisch gliedern und auf den Inhalt der jeweils kommenden Absätze hinweisen. Außer- dem können besonders wichtige Textstellen gestalterisch hervorgehoben werden. Wichtig ist auch, dass lange Textabschnitte in mehrere Absätze aufgeteilt werden, die durch Freizei- len getrennt sind. Dadurch können die Besucher beim Lesen oder Überfliegen der Texte leichter den Überblick behalten und sich besser orientieren (KOYANL, BALLEY & NALL 2003:157).
Viele Studien haben gezeigt, dass im Internet nur ungern lange Texte gelesen werden. Ge- nerell gilt daher, dass diese kürzer und pointierter sein müssen, als in gedruckten Publikati- onen. Da sie häufig auch nicht komplett gelesen werden, ist es zudem hilfreich, diese nach dem von den Nachrichten bekannten Prinzip der umgekehrten Pyramide zu verfassen. Da- bei werden die wichtigsten Informationen, häufig auch durch die Verwendung eines Tea- sers, an den Anfang des Artikels gestellt. „Prinzipiell sollte der Leser jederzeit aufhören können und dabei das Wichtigste bereits gelesen haben“ (NIELSEN 2001:112). Er erhält so- mit schnell einen Überblick über die behandelte Thematik und kann dann entscheiden, ob er dazu weitere Details erfahren möchte. NIELSEN (2001) weist außerdem darauf hin, dass bei Online-Texten eine klare Sprache und ein einfacher Satzbau wichtig sind (VGL. EBD.). Bei Angeboten für Kinder trifft dies in besonderem Maße zu, da sie verschachtelte und zu lange Sätze noch schwerer lesen und verstehen können als Erwachsene.
Bei Websites, auf denen regelmäßig längere Texte veröffentlicht werden, ist das Vorhan- densein einer Druckfunktion zu einem Standard geworden. Viele Internetnutzer bevorzugen es, umfangreiche Artikel auf Papier zu lesen, was ihnen zusätzlich die Möglichkeit der Ar- chivierung sowie des Markierens wichtiger Textstellen gibt (VGL. NIELSEN 2001:94; KOY- ANL, BALLEY & NALL 2003:14,21). Für Kinder ergibt sich außerdem der Vorteil, dass sie die gedruckten Informationen auch in die Schule mitnehmen können. Zwar bieten alle In- ternetbrowser eine eigene Druckfunktion an, allerdings druckt diese oftmals den kompletten Seiteninhalt inklusive der Navigationselemente, Werbung usw. aus. In der Folge wird das Papierformat nicht optimal ausgenutzt. Eine eigene Druckfunktion auf Websites ist daher zu empfehlen. Sie bietet außerdem den Vorteil, dass sich das Ausgabeformat der Texte be- liebig anpassen lässt.
Im World Wide Web können nahezu alle Formen multimedialer Inhalte eingesetzt werden von Bildern über Musik bis zu Filmen. Gemein haben diese Multimediaformate, dass sie um ein Vielfaches mehr Speicherkapazität benötigen, als reine Textseiten. Daher benötigt ihre Übertragung auch bedeutend mehr Zeit, woraus häufig lange Wartezeiten resultieren. Gerade unter Rücksichtnahme auf die Nutzer langsamer Internetzugänge sollte ihre Ver- wendung daher sparsam und wohl bedacht erfolgen. So sollten etwa auf Seiten, die über- wiegend der Orientierung dienen, Bilder nur eingeschränkt genutzt werden, da sie für die Besucher nur ein Zwischenschritt zu den eigentlich gesuchten Inhalten sind. Weiterhin sind Grafiken auch stets für die Verwendung im Web zu optimieren. Dazu gehört, dass sie in einem komprimierten Grafikformat wie JPEG (Joint Photographic Experts Group), PNG (Portable Network Graphics) oder GIF (Graphics Interchange Format) abgespeichert wer- den und für ihre Darstellung im Seitenlayout eine geringe Größe gewählt wird. Weit ver- breitet ist im Internet die Möglichkeit, diese kleinen und detailarmen Grafiken auf Wunsch durch Anklicken in einer größeren Darstellung aufzurufen, wodurch ein Kompromiss zwi- schen Ladezeit und dem Wunsch nach mehr Details geschaffen wird (VGL. NIELSEN 2001:134 F.; VGL. KOYANL, BALLEY & NALL 2003:131-135). Für einen schnellen Seiten- aufbau ist es außerdem unerlässlich, bei der Verwendung von Grafiken deren Größenanga- ben sowie einen Alternativtext im HTML-Dokument zu hinterlegen. Denn durch die Anga- ben zur Breite und Höhe kann die Webseite bereits vollständig am Bildschirm aufgebaut werden, noch bevor alle Bilder geladen wurden. Anstelle der Grafiken werden dann zu- nächst die hinterlegten Alternativtexte angezeigt.
Was für Bilder gilt, trifft auf Animationen in besonderem Maße zu. Als Abfolge einer Viel- zahl von Einzelbildern verbrauchen diese vergleichsweise viel Speicherplatz und werden damit auch nur langsam geladen, was ihre großformatige Nutzung innerhalb von Webseiten ausschließt. Aber auch weil sie die Aufmerksamkeit der Besucher zu sehr auf sich fokussie- ren und von den eigentlichen Inhalten ablenken, sollten sie nur in wenigen Fällen eingesetzt werden, etwa um komplexe Vorgänge zu veranschaulichen oder um gezielt auf einen be- stimmten Bereich der Seite zu verweisen (VGL. NIELSEN 2001:143). Ausgenommen davon sind Websites, auf denen die Darstellung von Animationen, wie im Falle von Spiele- oder Promotionwebsites, eine der Hauptaufgaben ist. Mitunter werden auch ergänzend zur je- weiligen Thematik Videoclips zum Download angeboten. Da dabei der Besucher selbst entscheiden kann, ob er diese Angebote nutzt, beeinträchtigen sie weder die Ladezeit noch die Wahrnehmung. Unter Usability-Gesichtspunkten ist aber anzumerken, dass Inhalt und Zweck der Videodateien, die Dateigröße sowie das Videoformat dem Nutzer bekannt sein müssen, bevor er den entsprechenden Download vornimmt (VGL. NIELSEN 2001:131 F.; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:140).
Auf vielen Websites werden neben Text und Bildern auch Töne verwendet, um eine be- stimmte Stimmung zu erzeugen oder auf Ereignisse aufmerksam zu machen. Bei Kindersei- ten findet man diese besonders häufig. Als weitere Wahrnehmungsdimension, neben der Visuellen, sind Klänge dazu geeignet, das Surferlebnis zu vertiefen und eindringlicher zu machen (VGL. EBD.:154). Im Gegensatz zu Animationen sind Klangeffekte aufgrund ihrer eher geringen Dateigrößen zumeist schnell geladen und wirken sich in der Regel auch nicht negativ auf die Aufmerksamkeit der Nutzer aus, solange sie dezent eingesetzt werden. Werbeanzeigen sind zu einem alltäglichen Element auf Websites geworden und müssen als solche auch in die Planung ihres Designs einbezogen werden. Ihr Vorhandensein wird von den meisten Internetnutzern als selbstverständlich akzeptiert und sie haben Strategien ent- wickelt, um mit ihnen umzugehen. So schenken etwa routinierte Internetnutzer Bildschirm- elementen kaum Beachtung, die aufgrund ihrer Gestaltung an Werbebanner erinnern oder die sich an Stellen befinden, die üblicherweise von Werbebannern genutzt werden (Banner- Blindness) (VGL. KOYANL, BALLEY & NALL 2003:136; BURKE, HORMOF, NILSEN & GOR- MAN 2004; STRAUB 2006). Weit verbreitet ist inzwischen die Verwendung von Werbeblo- ckern (z.B. Adblock für Mozilla Firefox), die Werbeanzeigen an ihrem Grafikformat oder der Ziel-URL erkennen und automatisch aus dem Seitenlayout entfernen. Gerade letztere Strategie ist auch eine Reaktion auf allzu aufdringliche Online-Werbeformate, die sich äu- ßerst hinderlich auf die Usability von Webseiten auswirken. So konnte NIELSEN (2004) zeigen, dass insbesondere Formate, die den Nutzer an der Ausübung seiner eigentlichen Absichten hindern, als unangenehm empfunden werden. Dazu gehören vor allem Pop-Up- Fenster, Layer-Werbung und andere Anzeigen, die den eigentlichen Seiteninhalt verdecken, sowie solche, die durch ihre besonders auffällige Gestaltung zum Anklicken animieren sol- len (VGL. NIELSEN 2004; KOYANL, BALLEY & NALL 2003:13). Durch die Verwendung die- ser Werbetechniken wird für viele Internetnutzer das Ansehen der besuchten Websites ge- schmälert. Positive Online-Werbeformate zeichnen sich hingegen dadurch aus, dass sie die Nutzer nicht am eigentlichen Zweck ihres Besuchs hindern, sie deutlich als Werbung zu erkennen sind und sie die beworbenen Produkte klar zu erkennen geben (VGL. EBD.).
3.1.4 Informationsarchitektur und Navigationselemente
Die Informationsarchitektur regelt die Anordnung der Inhalte innerhalb einer Website. Im Zusammenspiel mit den Navigationselementen ermöglicht sie den Zugriff auf die in einer Website enthaltenen Informationen. Informationsarchitektur und Navigation sollten daher dazu beitragen, die gesuchten Informationen möglichst intuitiv zu finden, ohne durch eine Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten und Inhalten überfordert zu werden. Dabei müssen sie auch den Suchgewohnheiten und Strategien der Nutzer Rechnung tragen und Navigations- möglichkeiten anbieten, die diese berücksichtigen (VGL. KRUG 2002:54 F.). Zudem sind für die Informationsarchitektur von Websites aber auch die Faktoren Kontext, Inhalte und Nut- zer von Bedeutung. Der Kontext der Website spiegelt die mit ihr verfolgten Interessen, die zugrundeliegende Philosophie oder die Besitzverhältnisse wieder.
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1 Beispielhaft seien hier die jährlich oder beinahe jährlich durchgeführten Studien KIM - Kinder und Medien, Computer und Internet des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest, die Studie Kids Verbraucher Analyse des Marktforschungsunternehmens Iconkids & youth international research sowie die KidsVerbraucherAnalyse des Egmont Ehapa Verlages genannt.
2 1981 sprach bereits der deutsche Kulturwissenschaftler und Pädagoge HEINZ HENGST von der „Liquidierung von Kindheit“ (HENGST 1981:30, 41), an der neben anderen Faktoren wie Identitätsverlust und Kommerzialisierung auch die Mediatisierung der Kindheit schuld sei.
3 Aufgrund der Vielzahl von Akteuren, die als Herausgeber von Internetseiten für Kinder in Erscheinung treten, ist eine Kategorisierung dieser sinnvoll. SUSANNE RICHTER schlägt zur Strukturierung der Anbieter die Kategorien verkaufsorientiert und nichtverkaufsorientiert vor (Vgl. RICHTER 2004:44 f.). Jedoch lassen sich etwa private Rundfunkunternehmen mit ihren Online-Angeboten für Kinder in ihrem Schema nicht genau einem der Pole zuordnen, da diese zwar eine kommerzielle Ausrichtung haben, aber nicht auf den Verkauf von Produkten abzielen. Der Verfasser hat daher die Unterscheidung profitorientiert und nichtprofitorientiert gewählt, die auch diese Spezialfälle einschließt.
4 Der Datenverkehr (engl. Traffic) bezeichnet das Datenvolumen, das beim Abruf von Webseiten im Internet transportiert wird, um diese Seiten beim Empfänger anzuzeigen.
5 Bei der Seite www.hausaufgaben-heute.com fallen monatliche Abonnementkosten in Höhe von 7 Euro an. Bei einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten betragen die gesamten Abonnementkosten 168 Euro und sind jeweils für ein Jahr im Voraus zu zahlen.
6 Medienkompetenz wird vielfach auch als vierte Kulturtechnik neben dem Lesen-, Schreiben- und Rechnen- Können bezeichnet (VGL. SCHIERSMANN, BUSSE & KRAUSE 2001:6). Darin kommt die große Bedeutung zum Ausdruck, die der Medienkompetenz in unserer Gesellschaft von sozialwissenschaftlicher und politischer Seite beigemessen wird.
7 Eine Ausnahme davon sind die Splash-Screens und Routing-Pages, die als Eintrittstore für Webseiten kon- zipiert sind. Splash-Screens enthalten häufig eine großformatige Darstellungen von Markenzeichen und einen Willkommensgruß für die Seitenbesucher. Damit behindern sie jedoch die Nutzung der eigentlichen Seite und werden meist eher als lästig wahrgenommen (VGL. NIELSEN 2001:176). Sinnvoll sind hingegen Routing-
8 Der Begriff Serife bezeichnet in der Typografie feine Linien, welche die Buchstaben an ihren Enden ab- schließen. Serifenschriften sind etwa Times oder Garamond. Beispiele für serifenlose Schriften sind Arial und Verdana.
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