Die Grunderwerbsteuer führte schon seit jeher ein stiefmütterliches Dasein innerhalb des deutschen Steuerrechts. Sowohl in der Fachliteratur als auch innerhalb der Finanzverwaltung fristet sie auch heute noch ein Schattendasein. Dies ist vornehmlich darauf zurückzuführen, dass nur ein geringer Betrag der Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen auf sie entfällt. Vom Gesamtaufkommen im Jahre 2005 in Höhe von 489.166.000.000 € entfielen nur 4.812.000.000 € auf die GrESt. Dieses entspricht weniger als 1 %.
Bei genauerer Betrachtung fällt allerdings auf, dass sie bei Unternehmenskäufen eine nicht zu vernachlässigende Größe darstellt. So steigt das Transaktionsvolumen für Unternehmensübernahmen seit einigen Jahren wieder konsequent an. Speziell Finanzinvestoren (z. B. Private-Equity-Gesellschaften) suchen lohnende Übernahmeziele. Die noch immer günstige Bewertung des deutschen Immobilienmarktes zieht vermehrt ausländische Investoren an. Das größte Transaktionsvolumen, bei dem hauptsächlich Immobilienvermögen übertragen wurde (ca. 7 Mrd. €), bestand beim Kauf der Viterra AG - einer Tochtergesellschaft der E.ON AG - durch die Deutsche Annington im Jahre 2005. Diese Transaktion verursachte eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 81.000.000 €. Belastungen mit GrESt in dieser Größenordnung können bei Unternehmen zu massiven Problemen führen und sind eine nicht zu vernachlässigende Größe.
So kann diese signifikante Belastung mit GrESt zu Liquiditätsengpässen führen und im schlimmsten Fall die Existenz des Unternehmens bedrohen. Oftmals ist den an der Übernahme beteiligten Unternehmen auch im Vorfeld nicht bewusst, dass GrESt ausgelöst werden könnte. Eine steuerliche Beratung, in der die GrESt einbezogen wird, ist daher unbedingt nötig. Sollte es zur geplanten Änderung der Berechnung des Bedarfswertes kommen, so würde sich die Bemessungsgrundlage der GrESt bei der Übertragung von Anteilen an grundstücksbesitzenen Gesellschaften erhöhen. Die Folge wäre eine signifikant höhere Belastung mit GrESt.
Aus diesem Grunde ist die Beschäftigung mit GrESt in der vorliegenden Arbeit angezeigt.
1.1 Inhalt und Zielsetzung der Arbeit
Diese Arbeit soll dem Leser einen Einstieg ins Grunderwerbsteuergesetz ermöglichen. Zur Erleichterung des Verständnisses wird dazu in Kapitel 2 eine kurze Einführung zu Konzept und Funktionsweise des Grunderwerbsteuergesetzes vorangestellt. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit der Übertragung von Unternehmensanteilen an grundstücksbesitzenden Kapital- und Personengesellschaften. Diese Gestaltungen spielen in der Steuerberatungspraxis eine maßgebliche Rolle und verursachen durch eine Vielzahl von Regelungen die zum Teil relativ große Rechtsunsicherheit. Dabei werden aktuelle Fälle und Gestaltungsmöglichkeiten betrachtet, die im Falle von Konzernumstrukturierungen auftreten können.
1.2 Abgrenzung des Themas
Die vorliegende Arbeit soll dem Leser einen Überblick über mögliche Grundstücksübertragungen zwischen Rechtsträgern vermitteln. Hierbei liegt der Schwerpunkt nicht auf der Übertragung eines Grundstücks, sondern auf der Übertragung von Anteilen an grundstücksbesitzenden Gesellschaften. Die Arbeit soll dem Leser die komplizierten Anwendungsnormen des § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG verständlich erklären und zu eigenen Gestaltungsüberlegungen anregen. Zu beachten ist, dass nur grunderwerbsteuerliche Aspekte bei der Übertragung von Anteilen beachtet werden. Ertrag- und umsatzsteuerliche sowie sonstige Aspekte, die ebenfalls für eine unternehmerische Entscheidung von Bedeutung sind, werden demzufolge nicht analysiert. Durch die Bandbreite des Themas ist eine Klärung aller auftretenden Probleme in diesem Umfange hier nicht möglich. Für weiterführende Überlegungen wird auf die einschlägige Kommentarliteratur verwiesen.
2 Allgemeine Einführung in das Konzept der Grunderwerbsteuer
Bei der Grunderwerbsteuer handelt es sich um eine Rechtsverkehrssteuer. Dabei ist der Grundstücksumsatz Gegenstand der GrESt. Im GrEStG sind die Rechtsvorgänge einzeln aufgeführt, die der GrESt unterliegen. Die Auslegung des GrEStG richtet sich vornehmlich nach dem Zivilrecht, da die Steuertatbestände auf Rechtsänderungen am Grundstück anzuwenden sind. Dabei ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise, die sonst vornehmlich im Steuerrecht gilt, hierbei nur anzuwenden, wenn das Gesetz es ausdrücklich vorsieht (§ 1 Abs. 2 GrEStG).
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Inhalt und Zielsetzung der Arbeit
- 1.2 Abgrenzung des Themas
- 2 Allgemeine Einführung in das Konzept der Grunderwerbsteuer
- 2.1 Historische Entwicklung
- 2.2 Verhältnis zu anderen Steuern
- 2.2.1 Verhältnis zur Erbschafts- und Schenkungssteuer
- 2.2.2 Verhältnis zur Umsatzsteuer
- 2.2.3 Verhältnis zu den Ertragssteuern
- 2.3 Steuerbarkeit
- 2.3.1 Grundstück
- 2.3.2 Rechtsträgerwechsel
- 2.3.3 Überblick über die wichtigsten steuerbaren Erwerbsvorgänge
- 2.3.3.1 Kaufvertrag und andere Verpflichtungsgeschäfte
- 2.3.3.2 Auflassung
- 2.3.3.3 Übergang des Eigentums
- 2.3.3.4 Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren
- 2.3.3.5 Zwischengeschäfte
- 2.3.3.6 Verschaffung der Verwertungsbefugnis
- 2.3.3.7 Änderung des Gesellschafterbestands
- 2.3.3.8 Anteilsvereinigung
- 2.3.3.9 Tausch von Grundstücken
- 2.3.3.10 Aufeinanderfolge von Tatbeständen
- 2.4 Steuerbefreiungen
- 2.4.1 Sachliche Steuerbefreiungen nach §§ 3 und 4 GrEStG
- 2.4.2 Steuerbefreiungen nach §§ 5 und 6 GrEStG
- 2.5 Bemessungsgrundlage
- 2.5.1 Gegenleistung
- 2.5.2 Bedarfswert
- 2.6 Steuerschuld, -schuldner und Entstehen der Steuer
- 2.7 Nichtfestsetzung, Aufhebung und Änderung der Steuer
- 2.7.1 Rückgängigmachung des Erwerbs vor Eigentumsübergang
- 2.7.2 Rückerwerb von Grundstücken
- 2.7.3 Nachträgliche Herabsetzung der Gegenleistung
- 3 Besonderheiten bei der Übertragung von Unternehmensanteilen
- 3.1 § 1 Abs. 2a GrEStG
- 3.1.1 Historische Entwicklung des § 1 Abs. 2a GrEStG
- 3.1.2 Grundstück im Vermögen der Personengesellschaft
- 3.1.3 Änderungen im Gesellschafterbestand
- 3.1.4 Steuerbefreiungen
- 3.1.4.1 Grundstücksübergang von einer Gesamthand (§ 6 Abs. 3 GrEStG)
- 3.1.4.2 Die Steuerbefreiungen des § 3 GrEStG
- 3.2 § 1 Abs. 3 GrEStG
- 3.2.1 Historische Entwicklung des § 1 Abs. 3 GrEStG
- 3.2.2 Anteilsvereinigung oder Anteilsübergang von mindestens 95 %
- 3.2.3 Steuerbefreiungen
- 3.2.4 Anteilsvereinigung im Organkreis
- 3.2.5 Anteilsvereinigung oder Anteilsübertragung
- 3.1 § 1 Abs. 2a GrEStG
- 4 Beispiele aus der steuerberatenden Praxis
- Fallgruppe 1: Anwendbarkeit der Steuerbefreiungen nach §§ 5 und 6 GrEStG
- Fallgruppe 2: Anteilsvereinigung im Organkreis
- Fallgruppe 3: Anteilsvereinigung im Ausland
- Fallgruppe 4: Anteilsvereinigung bei eigenen Anteilen und up-stream Beteiligungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Grunderwerbsteuer und deren Anwendung bei der Übertragung von Unternehmensanteilen. Das Ziel der Arbeit ist es, die Besonderheiten der Grunderwerbsteuer bei Anteilsübergängen aufzuzeigen und deren Auswirkungen auf die Steuergestaltung von Unternehmen darzulegen.
- Bedeutung der Grunderwerbsteuer bei Unternehmensübertragungen
- Steuerbarkeit von Anteilsübergängen in Personengesellschaften
- Anwendbarkeit von Steuerbefreiungen bei Anteilsvereinigungen
- Relevanz des § 1 Abs. 2a und § 1 Abs. 3 GrEStG
- Praxisbeispiele zur Anwendung der Grunderwerbsteuer bei Anteilsübergängen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Inhalt und die Zielsetzung der Arbeit sowie die Abgrenzung des Themas erläutert. Kapitel 2 bietet eine allgemeine Einführung in das Konzept der Grunderwerbsteuer, einschließlich ihrer historischen Entwicklung, ihres Verhältnisses zu anderen Steuern, der Steuerbarkeit und der Bemessungsgrundlage. Darüber hinaus werden Steuerbefreiungen und die Nichtfestsetzung, Aufhebung und Änderung der Steuer behandelt. Kapitel 3 fokussiert auf die Besonderheiten bei der Übertragung von Unternehmensanteilen und analysiert die Bestimmungen des § 1 Abs. 2a und § 1 Abs. 3 GrEStG. Es werden die historische Entwicklung, die Anwendungsbereiche und die relevanten Steuerbefreiungen dieser Vorschriften dargestellt. Kapitel 4 behandelt Fallgruppen aus der steuerberatenden Praxis und zeigt anhand von Beispielen die Anwendung der Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigungen auf.
Schlüsselwörter
Grunderwerbsteuer, Unternehmensanteile, Anteilsübertragung, Anteilsvereinigung, Personengesellschaft, Steuerbefreiungen, § 1 Abs. 2a GrEStG, § 1 Abs. 3 GrEStG, Steuergestaltung, Steuerberatung, Praxisbeispiele.
- Quote paper
- Christian Donke (Author), 2007, Grunderwerbsteuerliche Probleme bei der Übertragung von Unternehmensanteilen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76842