Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit methodischen Aspekten professioneller Beratung in der sozialen Arbeit. Dies geschieht durch den Vergleich zweier Beratungsmethoden, nämlich des lösungsorietierten Modells nach Steve de Shazer et al. sowie der klientenzentrierten Beratung nach Carl Rogers.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Beratung als Form pädagogischen Handelns in der Sozialen Arbeit
3. Begriffsdefinition Beratung
3.1 Allgemeine Definition
3.2 Disziplinspezifische Definition
4. Zwei spezielle Modelle der Beratung
4.1 Das lösungsorientierte Modell
4.2 Das klientenzentrierte Modell
4.3 Vergleich
4.3.1 Menschenbild
4.3.2 Rolle des Beraters
4.3.3 Interventionsformen
5. Vergleichendes Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Rahmen meiner schriftlichen Vordiplomsarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema Beratung. Mein Interesse für dieses Thema entstand allerdings schon vor längerer Zeit. Es entstand in Gesprächen mit befreundeten Pädagogen und Therapeuten. Konkreteres erfuhr ich allerdings erst in der Supervision und in einigen Fortbildungsveranstaltungen, an welchen ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Erziehungsbeistand regelmäßig teilnehme. Besonders beeindruckt hat mich die systemische Familientherapie und die dahinterstehenden Methoden, was mich auf den Gedanken brachte, mich später in diese Richtung weiter zu bilden.
Im Wintersemester 2005/2006 habe ich das Seminar Grundlagen der Beratung besucht, im welchem ich unterschiedliche Beratungsmodelle und deren theoretische Konzepte kennen lernte. Im Rahmen dieser Veranstaltung, den dazu gehörigen Materialien und den regelmäßigen Übungsgesprächen mit meinen Kommilitonen erwuchs in mir der Wunsch, mich intensiver mit diesem spannenden Thema zu beschäftigen. Somit lag es für mich nahe, Beratung als Großthema für die Vordiplomsarbeit zu wählen.
Die einzelnen Punkte dieser Arbeit habe ich anhand meiner persönlichen Interessen gewählt, welche hauptsächlich durch meine Tätigkeit entstanden sind.
Erstens wird Beratung als Form pädagogischen Handelns beschrieben. Beratung in der Sozialen Arbeit ist „der Versuch, in Abgrenzung zu therapeutischen Beratungsformen, die Spezifika einer sozialpädagogischen Umgangsweise mit beratungsrelevanten Problemen zu akzentuieren.“ (Galuske 2003, S.177) Beratung im hier beschriebenen Kontext ist im Gegensatz zur therapeutischen Beratung nicht präzise zu definieren, da sie sich nicht auf ausgewiesene Schulen und Konzepte, wie zum Beispiel die Psychoanalyse oder humanistische Psychologie, beziehen kann. Beratung in der Sozialen Arbeit ist von großer Komplexität gekennzeichnet. Weder das Aufgabenspektrum der Beratung in der Sozialen Arbeit ist klar umrissen, noch wendet sich die Beratung an ein bestimmtes Klientel. Alle Probleme die im Alltag eines bestimmten Klienten auftreten sind potentielle Themen in der Beratung der Sozialen Arbeit. Diese Definitionsproblematik beschreibt ein Phänomen der Sozialen Arbeit: die ‚Allzuständigkeit’. (vgl. Galuske 2003, S.36/172f)
Zweitens wird Beratung definiert und in verschiedenen Kontexten verortet. Der Versuch den Begriff Beratung zu definieren gestaltet sich als nicht einfach. Das liegt daran, dass Beratung nicht nur als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Disziplin verwendet wird, sondern auch große Bedeutung in der Alltagsprache hat. Sei es beim Kauf eines technischen Gerätes oder von Lebensmittel, beim Arzt oder im Gespräch mit Freunden, in jedem Lebensbereich wird man beraten. Diese Arbeit beschäftigt sich mit Beratung in Form professioneller Intervention. In Abgrenzung zur alltäglichen Beratung wird das Kriterium der Professionalität eingeführt; wenn im Folgenden von Beratung die Rede ist, wird voraus gesetzt, dass es sich beim Berater um eine Person handelt, welche über Fachwissen verfügt. Beratung ist eine Wissenschaft mit unterschiedlichen Perspektiven, die in unterschiedlichen Kontexten stattfindet. Dazu gehören die Psychologie, die Sozialarbeit, die (Sozial-) Pädagogik und die psychosoziale Arbeit. (vgl. Sickendiek, Engel, Nestmann 2002, S.15) In diesen Kontexten soll Beratung verortet werden.
Drittens werden zwei spezielle Beratungsmodelle vorgestellt, das lösungsorientierte nach Steve de Shazer und das klientenzentrierte nach dem Ansatz von Carl Rogers. Daraufhin werden die beiden genannten anhand dreier Kriterien miteinander verglichen. Die Vergleichskriterien sind folgende: erstens das vorherrschende Menschenbild, zweitens die Rolle beziehungsweise die Haltung des Beraters und drittens die konkreten Interventionsformen.
In einem abschließenden Fazit werden die Ergebnisse des Vergleichs stichpunktartig zusammengefasst. Es soll gezeigt werden, an welchen Stellen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Modelle liegen. Dies wird anhand einer Tabelle geschehen.
An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass noch eine Reihe anderer Beratungsformen existieren. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, sämtliche hier aufzuzählen, oder gar näher zu beschreiben, allerdings seien zumindest die im Beratungsseminar behandelten genannt: die systemische Beratung, die Transaktions-analyse und die neueste unter ihnen, die Online- Beratung.
2. Beratung als Form pädagogischen Handelns in der Sozialen Arbeit
Beratung als spezifisches Handlungsfeld der Sozialen Arbeit ist ein Angebot der Hilfe und Unterstützung unter der Voraussetzung der Freiwilligkeit (vgl. Sickendiek, Engel, Nestmann 2002, S.15) und des Vertrauens als Kommunikationsbasis zwischen Berater und Klient. (vgl. Thiersch 1992, S.133ff; zit. n. Sickendiek, Engel, Nestmann 2002, S.14) Sie umfasst zum einen die ‚institutionale Beratung’. Hierzu zählen beispielsweise Drogen-, Erziehungs-, Schwangerschaftskonflikt-, Jugend-, Familien- oder Eheberatung. Diese finden in dafür ausgewiesenen Institutionen statt. Zum anderen lokalisiert sich Beratung in der sozialen Arbeit vorwiegend in der Lebenswelt, also dem Alltag des Klienten. Konkret bedeutet das, dass der Sozialarbeiter Orte aufsucht an denen sich das Klientel aufhält. Dazu gehören beispielsweise seine Wohnung, bei Jugendlichen können es Jugendtreffs oder Jugendhäuser etc sein. Diese Besonderheit der Beratung in der Sozialen Arbeit wurde als ‚Lokalisierung der Beratung’ (vgl. Galuske 2003, S.174) beschrieben.
Was alles Gegenstand der Beratung in der sozialen Arbeit werden kann, hat Thiersch so formuliert: „Die in Widersprüchen der modernen Gesellschaft angelegten Konflikte, Sinnverlust, Apathie, Insuffizienz, usw. zeigen sich unmittelbar im Alltag der Betroffenen, in der Komplexität der politischen, psychologischen, rechtlichen, sozialen Schwierigkeiten; diese Konflikte waren immer Gegenstand sozialpädagogischer Beratung“. (Thiersch 1977, S.114; zit. n. Galuske 2003, S.174) Erwähnenswert ist hierbei dass die Problemdefinition immer ein Aushandlungsprozess zwischen Klient und Berater ist und nie die persönliche Einschätzung des Beraters. Dieser Sachverhalt wird als ‚Durchsichtigkeit der Beratung’ in der Sozialen Arbeit bezeichnet. (vgl. Galuske 2003, S.174)
Die Beratung in der Sozialen Arbeit ist nicht auf eine Methode reduzierbar. Vielmehr nutzt sie „Methoden und Verfahren aus unterschiedlichen Konzepten von Veränderung und Hilfe. Beratung stellt problem-, klienten-, zielspezifische Methoden zusammen, integriert sie und geht eklektisch vor.(...)“. (Sickendiek, Engel, Nestmann 1999, S.119; zit. n. Galuske 2003, S.176) Allerdings ist ein Arbeitskonzept für die Beratung im Sozialen Kontext gegeben, welches Thiersch beschreibt als „...prozesshafter Zusammenhang von Arbeitsschritten: Erkenntnis (Wahrnehmen/ Diagnose) von Schwierigkeiten ist die Voraussetzung zur Klärung des Entwurfs von Hilfemöglichkeiten; sie führt zur Unterstützung und Hilfe in der Erschließung von Ressourcen“ (Thiersch 1992, S.130; zit. n. Sickendiek, Engel, Nestmann 2002, S.17) Aus dieser Erkenntnis leiten sich Konsequenzen für die Beratung ab, welche Thiersch in fünf Punkten zusammenstellt. (vgl. Thiersch; zit. n. Galuske 2003, S.176/177)
Der erste Punkt ist die ‚teilnehmende Diagnose’. Sowohl die Definition des Problems, welches in der Beratung besprochen werden soll, als auch die Intervention im Hinblick auf das Problem lassen sich erst im Dialog bestimmen. Zweitens die‚ Umstrukturierung der Situation’. Die problematische Situation kann geklärt und letztlich aufgelöst werden, indem beispielsweise Beziehungen neu definiert oder abgebrochen, neue Kontakte geknüpft, sowie die materielle Situation auf ihre Ressourcen untersucht und möglicherweise Lebensräume neu definiert werden. Dies kann in Form von Schulwechsel, Arbeitsplatz- oder Wohnortwechsel erfolgen. Dritter Punkt ist die ‚Konfrontation’. Selbsttäuschung im Alltag des Klienten muss aufgedeckt werden. Sie darf nicht in die Beratung integriert werden. Viertens ist das ‚Training’ genannt. In der Beratung entstandene Verhaltensweisen müssen praktiziert und wiederholt werden, um sich im Handlungsspielraum des Klienten zu manifestieren. Als fünfte Konsequenz werden die ‚Alltägliche(n) Kontexte’ benannt. Wie bereits erwähnt, findet Beratung in der Sozialen Arbeit im Alltag des Klienten statt. Somit muss auch die alltägliche Umgebung des Klienten in die Beratung einbezogen werden.
3. Begriffsdefinition Beratung
3.1 Allgemeine Definition
Professionelle Beratung ist nicht leicht zu definieren. In vielen Berufsfeldern herrscht die Vorstellung, Beratung sei die bloße Vermittlung von Information. Informieren ist zwar ein Teil der Beratung, welcher aber keine umfassende Beschreibung des Feldes Beratung liefert. Andere sehen Beratung als ‚kleine Therapie’, die weniger schwere Probleme oberflächlich thematisiert. Tiefgreifende Schwierigkeiten würden in der Psychotherapie bearbeitet. (vgl. Engel, Nestmann, Sickendiek 2004, in: Nestmann 2004, S.33)
Ein weiteres Problem Beratung treffend zu definieren ist der Umstand, dass eine Vielzahl der Beratungsmethoden aus anderen Disziplinen importiert sind und somit nicht das spezifische Profil der Beratung darstellen.
Unter dem Begriff der Beratung sammeln sich die unterschiedlichsten Theorien, Konzepte, Institutionen und Settings. Desweiteren gibt es kein klar umrissenes Themengebiet, welches ausschließlich Terrain der Beratung ist.
Doch neben all den vorhergehenden Feststellungen gibt es durchaus beratungs-spezifische Charakteristika. Beratungsangebote sind immer von den spezifischen Problemen ihrer Zeit gestaltet. Das führt dazu, dass in der Zeit der stärkeren Ausdifferenzierung der Gesellschaft, der Pluralisierung der Lebensformen, allgemein der Modernisierung der Lebensverhältnisse immer mehr verschiedene Beratungs-angebote entstehen, um diesen, für den Einzelnen oft schwer zu bewältigenden, Strukturwandel abzufedern. (vgl. Engel, Nestmann, Sickendiek 2004, in: Nestmann 2004, S.34) Daraus resultiert, dass Beratung immer stärker in unterschiedlichste Arbeitsfelder expandiert, sich immer neuem Klientel zuwendet und sich neuer Ziele und Aufgaben annimmt. Um die Expansion der Beratung zu beschreiben, wurde der Begriff ‚Querschnittsmethode’ (vgl. Engel, Nestmann, Sickendiek 2004, in: Nestmann 2004, S.34) eingeführt. Um als professionelle Interventionsform anerkannt zu werden, muss Beratung dem Anspruch der ‚Doppelverortung’ (vgl. Engel, Nestmann, Sickendiek, in: Nestmann 2004, S.35) genügen. Diese beinhaltet zwei Komponenten, das Beratungs- und Interaktionswissen einerseits und das handlungsfeldspezifische Wissen andererseits. Unter der erstgenannten versteht man die Methoden und die Methodologie der Beratung, die Kommunikations-, Handlungs-, Veränderungs-, Kontext- und Prozessmodelle. Die zweite Komponente meint das problemspezifische Faktenwissen, Kausalmodelle, Interventionsformen und die gesetzlichen Grundlagen. (vgl. Engel, Nestmann, Sickendiek 2004, in: Nestmann 2004, S.35)
Beratung zielt nicht darauf ab, dem Klienten eine Musterlösung für sein Problem zu liefern, sondern möchte dem Klienten Strategien zur eigenen Bewältigung vermitteln. (vgl. Sieckendiek, Engel, Nestmann 2002, S.14)
Was Beratung sein soll, ist zusammengefasst als „wahrnehmen, ordnen, teilhaben, für möglich halten“. (Frommann 1990, S.31; zit. n. Sickendiek, Engel, Nestmann 2002, S.14) Unter ‚wahrnehmen’ versteht man den Prozess, in welchem sich der Berater ein umfassendes Bild vom Klienten und seinem Anliegen macht. ‚Ordnen’ beschreibt den Versuch des Beraters, den Klienten dabei zu unterstützen, seine Situation und möglicherweise Muster zu erkennen. ‚Teilhaben’ ist als die Haltung des Beraters zu verstehen, welche dem Klienten signalisiert dass er bereit ist, gemeinsam mit ihm Lösungen zu erarbeiten. Unter ‚für möglich halten’ ist zu verstehen, wie der Berater aktiv mit dem Klienten daran arbeitet, Auswege aus problembehafteten Situationen zu finden und ihn bestärkt.
3.2 Disziplinspezifische Definition
Die psychologische Beratung hat ihre Wurzeln in der Psychologie und deren Konzepten. An dieser Stelle seien nur einige relevante genannt, die Psychoanalyse, die Entwicklungs-, Persönlichkeits- und die Sozialpsychologie. Das ursprüngliche Selbstverständnis der psychologischen Beratung ist dem der Psychologie sehr nahe. Beratung hat das Ziel, die Störungen und Verhaltensauffälligkeiten des Klienten in Form einer aufwendigen Diagnose zu kategorisieren und nach wissenschaftlichen Methoden zu behandeln. Diese deterministische Defizitorientierung ist allerdings im Wandel begriffen. Der Einzelne soll dabei unterstützt werden seine Entwicklungs-barrieren zu überwinden, Ressourcen zu entdecken und seine Kompetenzen zu erweitern. (vgl. Sickendiek, Engel, Nestmann 2002, S.15-17)
Die soziale Beratung beschäftigt sich mit dem Klienten und dessen Problemen mit seiner sozialen Umwelt. Soziale Umwelt beinhaltet zum einen die familiären, beruflichen, freundschaftlichen und schulischen Beziehungen des Klienten, zum anderen die feststehenden Gegebenheiten des Klienten: finanzielle Situation, Strukturen, aber auch den gesetzlichen Rahmen in dem sich der Klient bewegt. Wichtige Merkmale hierbei sind Vertrauen, Freiwilligkeit und Lebensweltorientierung. Weiterhin muss ein Aushandlungsprozess über die zu beratenden Probleme stattfinden, da nur bearbeitet wird was der Klient als wichtig ansieht. (vgl. Sickendiek, Engel, Nestmann 2002, S.17-18)
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- Arbeit zitieren
- Manuela Schulz (Autor:in), 2005, Professionelle Beratung in der Sozialen Arbeit. Ein Vergleich der lösungsorientierten und der klientenzentrierten Beratung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76571
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