Im Wettbewerb kommt der Preiswerbung eine kaum zu unterschätzende Bedeutung zu. Schließlich stellt neben der Qualität der Ware regelmäßig der Preis mit seiner Signal- und Selektionsfunktion den wichtigsten Faktor bei der Beurteilung der Attraktivität des Angebots und damit bei der Kaufentscheidung des Kunden dar. So ergab eine Studie des Instituts für Handelsforschung an der Universität Köln im Jahr 2005, dass rund 70 Prozent der Konsumenten Wert darauf legen, in preisgünstigen Geschäften einzukaufen und sich hierbei mehr als jeder Zweite auf die Suche nach Sonderangeboten und Rabattaktionen begibt. Bemerkenswert ist allerdings, dass es nahezu der Hälfte der Konsumenten schwer fällt, eine richtige Beurteilung über die Preisgünstigkeit eines Geschäfts vorzunehmen, wenn dieses mit Aktionspreisen oder Rabatten wirbt. Dementsprechend groß ist das Bedürfnis der Unternehmen sich bei Werbeaktivitäten im Hinblick auf den Preis als leistungsfähiges Unternehmen zu präsentieren, mit dem Ziel, besonders in Zeiten des Massenwettbewerbs, die Verbraucher verstärkt anzusprechen und ihr Vertrauen für sich zu gewinnen um letztendlich ihre absatzpolitischen Ziele zu erreichen. Dass sich die Preiswerbung hierbei nicht immer innerhalb ihrer rechtlichen Grenzen bewegt, zeigt die Tatsache, dass ca. 65 Prozent der in den Jahren 2000 bis 2003 bei der Wettbewerbszentrale eingegangenen Beschwerden bezüglich unlauterer Methoden Irreführungen über den Preis zum Inhalt hatten. Während einige Anbieter bei dem Einsatz von Preiswerbung die Gefahr eines möglichen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht mit einschlägigen Konsequenzen in Kauf nehmen, wird von anderen diese Gefahr zwar erkannt, jedoch zumeist unterschätzt.
Im Folgenden soll nun die irreführende Preiswerbung inhaltlich präzisiert sowie, in Anbetracht der Vielfältigkeit der Formen irreführender Preiswerbung, die in der Praxis bedeutsamsten Ausprägungen dargestellt und in Bezug auf ihre rechtliche Zulässigkeit beurteilt werden. Auf dieser Grundlage aufbauend soll anschließend die Preiswerbung zweier Elektrofachmärkte und mehrerer Low-Cost Airlines einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmung der irreführenden Preiswerbung
2.1 Grundsatz
2.2 Vorrausetzungen der irreführenden Preiswerbung nach § 5 UWG
2.2.1 Werbung
2.2.2 Angaben
2.2.3 Irreführende Angaben
2.2.3.1 Feststellung der maßgeblichen Verkehrskreise 3 2.2.3.2 Verständnis der maßgeblichen Verkehrskreise
2.2.3.3 Vergleich des Verständnisses mit der Realität
2.2.3.4 Irreführungsquote .
2.2.4 Relevanz der Irreführung
3. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Preisirreführungen
3.1 Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
3.1.1 Schutzzweck und Anwendungsbereich
3.1.2 Preisirreführungsrelevante Normen Fehler! Textmarke nicht definiert
3.1.2.1 Das Verbot irreführender Werbung, § 5 UWG
3.1.2.2 Das Verbot unlauterer Wettbewerbshandlungen, § 3 UWG 7 3.1.2.2.1 Die Generalklausel
3.1.2.2.2 Die Voraussetzungen des Verbots nach § 3 UWG
3.1.2.2.2.1 Wettbewerbshandlung
3.1.2.2.2.2 Handeln zum Nachteil der Schutzobjekte des § 1 UWG
3.1.2.2.2.3 Bagatellklausel
3.1.2.2.2.4 Interessenabwägung
3.1.3 Ansprüche und Rechtsfolgen
3.1.3.1 Ansprüche und Rechtsfolgen nach dem UWG
3.1.3.2 Zur Existenz zivilrechtlicher Ansprüche des Verbrauchers
3.2 Die Preisangabenverordnung (PAngV)
3.2.1 Schutzzweck und Anwendungsbereich
3.2.2 Preisirreführungsrelevante Normen
3.2.2.1 Die Grundpflicht des § 1 I S. 1 PAngV
3.2.2.2 Die Grundsätze des § 1 VI S. 1 PAngV
3.2.2.3 Die Regelungen zur Preisauszeichnung in § 4 PAngV
3.2.3 Rechtsfolgen
4. Fallgruppen irreführender Preiswerbung Fehler! Textmarke nicht definiert
4.1 Täuschung am Preis selbst Fehler! Textmarke nicht definiert
4.1.1 Objektiv falsche Preiswerbung Fehler! Textmarke nicht definiert
4.1.2 Objektiv richtige Preiswerbung
4.1.3 Missverständliche Preisangaben Fehler! Textmarke nicht definiert
4.1.4 Irreführende Preisgestaltung
4.1.5 Gratisabgaben Fehler! Textmarke nicht definiert
4.2 Preisschlagwörter
4.3 Alleinstellungs- und Spitzengruppenwerbung
4.4 Irreführende Gegenüberstellung von Preisen
4.4.1 Bezugnahme auf eigene Preise
4.4.2 Bezugnahme auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers
4.4.3 Bezugnahme auf Konkurrenzpreise Fehler! Textmarke nicht definiert
4.5 Kopplungsangebote
4.6 Preisblickfangwerbung
4.7 Lockvogelangebote
4.8 Verschweigen
5. Irreführende Preiswerbung in der Praxis
5.1 Vom Preisbewusstsein der Verbraucher zur Preisirreführung
5.2 Irreführende Preiswerbung bei den Elektrofachmärkte Media-Markt und Saturn
5.2.1 Media-Markt-Aktion: „Am 3.1. zahlt Deutschland keine Mehrwertsteuer“
5.2.2 Saturn-Aktion „100 Produkte zum Einkaufspreis“
5.2.3 Das Discounter Image von Media-Markt und Saturn
5.3 Irreführende Flugpreiswerbung bei Low Cost-Airlines
6. Schlussbemerkung
Abstract
Für eine eindeutige Begriffsbestimmung der irreführenden Preiswerbung bedarf es des Rückgriffs auf die Vorraussetzungen des Irreführungsverbotes nach § 5 UWG, da hierdurch die Grundlage für eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung mit der Problematik der irreführenden Preisirreführung geschaffen wird. So ergibt sich, dass neben der Werbung mit Angaben unter bestimmten Voraussetzungen auch Werturteile und Meinungsäußerungen über den Preis Anknüpfungspunkt der irreführenden Preiswerbung darstellen können, und somit der Anwendungsbereich eine Erweiterung erfährt. Dies wird auch dadurch erreicht, dass bei der Ermittlung des Verständnisses der Werbeaussage alle Verbraucher, denen gegenüber die Werbung erfolgt, in den maßgeblichen Verkehrskreis einbezogen werden. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gilt als wichtigste Grundlage für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung, da Preisangaben und Preiswerbungen jeder Art gegenüber allen Adressaten in ihren Geltungsbereich fallen und die wirtschaftlich belastenden Rechtsfolgen eine Warnfunktion innehaben. Insbesondere werden durch diese Regelungen Fallgruppen der missverständlichen Preisangaben, der Blickfanwerbung, des Preisvergleichs, sowie der Alleinstellungswerbung rechtlich eingeschränkt. Trotz der Zielsetzung des Verbraucherschutzes kann der Verbraucher jedoch aus diesem Gesetz keine Rechte herleiten. Ihm steht vielmehr der Weg zu den Verbraucherschutzverbänden offen, falls nicht bereits Wettbewerber gegen die etwaigen Verstöße rechtlich vorgehen, da mögliche Zivilrechtliche Ansprüche aufgrund ihrer Regelungslücken und Durchsetzungsdefizite wenig hilfreich sind. Auch die Preisangabenverordnung mit ihrem umfassenden Anwendungsbereich, welcher Angebote und Preiswerbungen aller Bereiche gegenüber Endverbrauchern umfasst, bietet einen umfassenden Schutz vor Preisirreführungen. Dennoch kann aufgrund der Vielfältigkeit an Möglichkeiten mit dem Preis irrezuführen kein lückenloser Rechtsschutz gewährt werden. Der Druck der Anbieter trotz gestiegenem Preisbewusstsein der Verbraucher und einem zunehmenden Massenwettbewerb ihre Absatzzahlen zu erreichen kann dabei als treibende Kraft aggressiver Preiswerbung und einer steigenden Anzahl von Fällen irreführender Preiswerbung durch alle Kommunikationsmedien hinweg angesehen werden. Eine erhöhte Intensität der Preiswerbemaßnahmen lässt jedoch nicht immer auf einen tatsächlich günstigeren Endpreis für den Verbraucher schließen.
1. Einleitung
Im Wettbewerb kommt der Preiswerbung eine kaum zu unterschätzende Bedeutung zu. Schließlich stellt neben der Qualität der Ware regelmäßig der Preis mit seiner Signal- und Selektionsfunktion[1] den wichtigsten Faktor bei der Beurteilung der Attraktivität des Angebots und damit bei der Kaufentscheidung des Kunden dar[2]. So ergab eine Studie des Instituts für Handelsforschung an der Universität Köln im Jahr 2005[3], dass rund 70 Prozent der Konsumenten Wert darauf legen, in preisgünstigen Geschäften einzukaufen und sich hierbei mehr als jeder Zweite auf die Suche nach Sonderangeboten und Rabattaktionen begibt. Bemerkenswert ist allerdings, dass es nahezu der Hälfte der Konsumenten[4] schwer fällt, eine richtige Beurteilung über die Preisgünstigkeit eines Geschäfts vorzunehmen, wenn dieses mit Aktionspreisen oder Rabatten wirbt. Dementsprechend groß ist das Bedürfnis der Unternehmen sich bei Werbeaktivitäten im Hinblick auf den Preis als leistungsfähiges Unternehmen zu präsentieren, mit dem Ziel, besonders in Zeiten des Massenwettbewerbs, die Verbraucher verstärkt anzusprechen und ihr Vertrauen für sich zu gewinnen um letztendlich ihre absatzpolitischen Ziele zu erreichen[5]. Dass sich die Preiswerbung hierbei nicht immer innerhalb ihrer rechtlichen Grenzen bewegt, zeigt die Tatsache, dass ca. 65 Prozent der in den Jahren 2000 bis 2003 bei der Wettbewerbszentrale eingegangenen Beschwerden bezüglich unlauterer Methoden Irreführungen über den Preis zum Inhalt hatten[6]. Während einige Anbieter bei dem Einsatz von Preiswerbung die Gefahr eines möglichen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht mit einschlägigen Konsequenzen in Kauf nehmen, wird von anderen diese Gefahr zwar erkannt, jedoch zumeist unterschätzt.
Im Folgenden soll nun die irreführende Preiswerbung inhaltlich präzisiert sowie, in Anbetracht der Vielfältigkeit der Formen irreführender Preiswerbung, die in der Praxis bedeutsamsten Ausprägungen dargestellt und in Bezug auf ihre rechtliche Zulässigkeit beurteilt werden. Auf dieser Grundlage aufbauend soll anschließend die Preiswerbung zweier Elektrofachmärkte und mehrerer Low-Cost Airlines einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
2. Begriffsbestimmung der irreführenden Preiswerbung
2.1 Grundsatz
Um eine eindeutige Eingrenzung des Bereiches irreführender Preiswerbung zu erzielen, muss vorab eine Begriffsbestimmung erfolgen. Während die Preiswerbung als solche sich durchaus problemlos als „Bekanntmachung der festgesetzten Angebotspreise und der damit verbundenen Versuche, diese Preise möglichst in günstigem Licht erscheinen zu lassen“[7] definieren lässt, bereitet die Bestimmung, wann eine derartige Preiswerbung auch irreführend ist, weitaus mehr Schwierigkeiten. Da es an einer gesetzlichen Definition mangelt, kann hierfür zunächst auf eine Auslegung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zurückgegriffen werden. Demnach ist eine Preisangabe in der Werbung irreführend, wenn sie objektiv unrichtig ist[8] oder der Verkehr sie in einer Weise versteht, die mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt und sich daraus die Möglichkeit einer Täuschung oder eines Irrtums ergibt[9]. Diese Begriffsbestimmung ist jedoch nicht präzise genug, um als Grundlage für die weiteren Ausführungen[10] zu dienen. Aus diesem Grund wird auf das Irreführungsverbot des § 5 UWG zurückgegriffen, dem heute wichtigsten wettbewerbsrechtlichen Maßstab für die Zulässigkeit einer Preiswerbung[11], welcher in Abs. 2 Nr. 2 den Preis als möglichen Gegenstand irreführender Werbung nennt. Gemäß § 5 UWG sind in der Werbung jene Angaben geschäftlicher Art verboten, die zu Wettbewerbszwecken im geschäftlichen Verkehr gemacht werden und geeignet sind, einen nicht unerheblichen Teil der betroffenen Verkehrskreise über das Angebot irrezuführen und Fehlvorstellungen von maßgeblicher Bedeutung für den Kaufentschluss hervorzurufen (irreführende Werbung)[12]. Es empfiehlt sich deshalb, die Begriffsbestimmung der irreführenden Preiswerbung auf die Vorraussetzungen des Irreführungsverbotes des § 5 UWG zu stützen und dabei auf den Preis Bezug zu nehmen. Dieser Aspekt wird im Folgenden nun näher betrachtet.
2.2 Vorrausetzungen der irreführenden Preiswerbung nach § 5 UWG
2.2.1 Werbung
Das Irreführungsverbot wendet sich gegen jede Form irreführender Werbung
(§ 5 I UWG). Für die Begriffsbestimmung wird mangels Legaldefinition im UWG
auf Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie für irreführende und vergleichende Werbung[13] zurückgegriffen[14]. Danach ist Werbung „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Pflichten zu fördern“. Hierzu zählt auch die Äußerung über den Preis eines Produktes, unabhängig davon, ob sie in Wort oder Schrift, öffentlich oder im individuellen Kundengespräch erfolgt[15].
2.2.2 Angaben
Vorrausetzung des Irreführungsverbotes ist weiterhin, dass die Werbung sachliche Angaben beinhaltet, die sich auf Tatsachen beziehen[16]. Daher werden lediglich Werbebehauptungen oder Werbeangaben erfasst, die dem Beweis zugänglich sind[17]. Jedoch können auch Werturteile („billiger als die hießige Konkurrenz“[18], „radikal gesenkte Preise“[19] ) und Meinungsäußerungen[20] über den Preis („unschlagbar“[21] ) Angaben i.S.d. § 5 UWG darstellen, wenn sie einen sachlichen Kern enthalten und vom Verkehr als eine auf die Richtigkeit nachprüfbare Aussage verstanden werden[22].
2.2.3 Irreführende Angaben
Des Weiteren muss die Angabe nach § 5 UWG irreführend sein. Dies ist dann der Fall, wenn sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen zu einer Vorstellung führt, die mit den wirklichen Verhältnissen nicht übereinstimmt[23]. Ob diese Voraussetzung zutrifft, lässt sich anhand der folgenden vier Schritte prüfen:[24]
2.2.3.1 Feststellung der maßgeblichen Verkehrskreise
Der maßgebliche Personenkreis, auf dessen Verständnis bei der Frage, wie die Werbung aufgefasst werden soll, abzustellen ist[25], setzt sich aus den konkret in Aussicht genommenen Adressaten der Werbemaßnahme, also denjenigen Personen, welchen gegenüber die Werbung erfolgt, zusammen[26]. In den meisten Fällen, vor allem aber bei der Werbung für Massenartikel oder Produkte des täglichen Bedarfs, soll bei der Allgemeinheit der Verbraucher Interesse an einem bestimmten Produkt geweckt werden[27] (sog. allgemeine Publikumswerbung[28] ). Jedoch kommt auch eine Werbung in Betracht, welche lediglich an bestimmte Verkehrskreise gerichtet ist (sog. spezielle Publikumswerbung[29] ).
2.2.3.2 Verständnis der maßgeblichen Verkehrskreise
Bei der Ermittlung des Verständnisses der soeben bestimmten maßgeblichen Verkehrskreise, ist das Verständnis des Durchschnitts der angesprochenen Verkehrskreise entscheidend[30]. Hierbei wird auf das sog. Verbraucherleitbild abgestellt[31]. Demnach ist für die Beurteilung der fraglichen Preiswerbung die Auffassung eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend, welcher der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegen bringt[32].
2.2.3.3 Vergleich des Verständnisses mit der Realität
Erst wenn Vorstellung und Realität auseinander fallen, besteht die Möglichkeit einer Irreführung[33]. Hierbei kommt es auf den Aussagegehalt der Werbebehauptung nach dem Verkehrsverständnis an[34]. Den einfachsten Fall bilden die objektiv unrichtigen Äußerungen. Daneben können Werbeaussagen auch dann irreführend sein, wenn der Durchschnittsverbraucher sie möglicherweise missversteht (sog. missverständliche Werbeäußerungen)[35].
2.2.3.4 Irreführungsquote
Es ist jedoch nicht erforderlich, dass die Gesamtheit oder ein überwiegender Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einer Irreführung unterliegt[36]. Vielmehr genügt es, dass bei einem nicht völlig unerheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine Irreführungsgefahr[37] besteht[38]. Allerdings kann keine generelle zahlenmäßige Irreführungsquote zur Bestimmung des nicht „unerheblichen Teil des Verkehrs“ festgelegt werden, da diese von den Umständen des Einzelfalls abhängt[39].
2.2.4 Relevanz der Irreführung
Des Weiteren muss die irreführende Preisangabe geeignet sein, das wirtschaftliche Verhalten und damit auch den Kaufentschluss der Verbraucher zu beeinflussen[40]. An dieser sog. Relevanz, als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 5 UWG[41], mangelt es dann, wenn es dem angesprochenen Verkehrskreis auf die bestimmte Angabe nicht ankommt[42]. Dies wird jedoch bei Preisangaben selten der Fall sein, da der Preis regelmäßig einen für die Kaufentscheidung wichtigen Faktor darstellt. Sobald bereits ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher einer Täuschung unterliegt, kann zudem auch ohne Beweiserhebung von der wettbewerbsrechtlichen Relevanz der irreführenden Angabe ausgegangen werden[43]. Auch eine irreführende Preiswerbung, welche lediglich eine Anlockwirkung auf den Verbraucher hat, wird vom Irreführungsverbot erfasst, da dieser sich in den meisten Fällen mit dem Angebot näher auseinandersetzt, sich hierzu in das Geschäft des Werbenden begibt und sich trotzt nachträglicher Richtigstellung im Verkaufsgespräch[44] für den Kauf der beworbenen Ware oder sogar einer anderen entscheiden könnte[45]. Obwohl die irreführende Preiswerbung hier nur eine mittelbare Auswirkung auf die Kaufentscheidung hat, bewirkt sie einen Vorteil beim Werbenden, erzeugt jedoch gleichzeitig einen Nachteil beim Mitbewerber, sodass eine wettbewerbsrechtliche Relevanz zu bejahen ist[46].
3. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Preisirreführungen
3.1 Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
3.1.1 Schutzzweck und Anwendungsbereich
Die bedeutendste Rechtsgrundlage des deutschen Wettbewerbsrechts mit wesentlicher Relevanz für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Problematik der Preisirreführung stellt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb[47] dar. Wie sich dem Namen dieses Gesetzes bereits entnehmen lässt, liegt der Zweck dieser Regelung in der Verhinderung etwaiger Benachteiligungen von Wettbewerbern durch wettbewerbswidriges Verhalten der Konkurrenz, in der Sicherung des Wettbewerbs als Institution[48] sowie dem Schutz der Verbraucher und anderer Wirtschaftsteilnehmer[49] (vgl. §1 UWG)[50]. Trotz dieser Zielsetzung des Verbraucherschutzes kann sich der einzelne Verbraucher selbst keinerlei Rechte aus dem UWG herleiten[51]. Mögliche Ansprüche können lediglich durch betroffene Mitbewerber, rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, Verbraucherschutzvereine[52] sowie Industrie- und Handelskammern geltend gemacht werden (vgl. § 8 III UWG). Dennoch garantiert das UWG den Schutz des Allgemeininteresses an einem unverfälschten Wettbewerb (vgl. § 1 UWG)[53], da es nahezu alle Wirtschaftsbereiche aus der wettbewerbsrechtlichen Perspektive erfasst[54]. Insbesondere umfasst der Geltungsbereich alle Handelsstufen sowie, preisirreführungsrechtlich besonders interessant, Preisangaben und Preiswerbung jeglicher Art gegenüber allen Adressaten im geschäftlichen Verkehr[55].
3.1.2 Preisirreführungsrelevante Normen
3.1.2.1 Das Verbot irreführender Werbung, § 5 UWG
Zentrale Vorschrift für die Preisangaben und die Preiswerbung ist das Irreführungsverbot des § 5 UWG, da es in seinem Beispielkatalog in Absatz II Nr. 2 auch den Preis als Angabe, über die in der Werbung nicht irregeführt werden darf, nennt. Dieses Verbot ist Ausdruck des wettbewerbsrechtlichen Wahrheitsgrundsatzes[57] und gilt unabhängig davon, ob die vermeintlich irreführende Angabe in Form öffentlicher Werbung oder lediglich gegenüber einzelnen Personen oder Personengruppen erfolgt[58]. Als Normadressat dieses Irreführungsverbots gilt hierbei jede Person, die eine Wettbewerbshandlung i.S.d. § 2 I Nr. 1 UWG vornimmt[59]. Zu § 5 II Nr. 2 UWG tritt die Regelung über die Werbung mit Preisherabsetzungen, § 5 IV UWG, ergänzend hinzu[60]. Diese ist jedoch nicht als eigenständiges Verbot aufzufassen, sondern stellt lediglich eine Präzisierung der Preiswerbung und damit des Irreführungsverbotes in § 5 II Nr. 2 UWG dar[61]. Dies wird mit der Tatsache begründet, dass die Werbung mit Preisherabsetzungen als besonders missbräuchlich gilt[62]. Ergänzend zu berücksichtigen ist folglich auch die tatsächliche Vermutung in § 5 IV S. 1 UWG sowie die Beweislastregel in § 5 IV S. 2 UWG. Eine irreführende Preiswerbung ist jedoch nicht per se unzulässig, sondern löst nur dann Rechtsfolgen aus, wenn sie auch gleichzeitig eine unlautere Wettbewerbshandlung i.S.d. § 3 UWG darstellt.[56]
[...]
[1] Sebastian/Maessen (2003), S. 54.
[2] Vgl. Harte /Henning/ Völker (2004), § 5, Rn. 517.
[3] Vgl. o.V. (2005), S. 21; Die Ergebnisse der Studie wurden am 14.09.2005 im Hamburger Abendblatt veröffentlicht.
[4] Vgl. o.V. (2005), S. 21.
[5] Vgl. Simon (1993), S. 8.
[6] Vgl. Münker (2003), S. 917.
[7] Vgl. Diller (2000), S. 402; Die Preiswerbung umfasst dabei neben der Mediawerbung auch alle anderen Vertriebsaktivitäten bei den der Preis der Artikel den zentralen Werbeinhalt darstellt, vgl. Diller (1982), S. 1.
[8] Vgl. Lettl (2004), S. 171.
[9] Vgl. Fezer/ Pfeifer (2005), § 5, Rn. 332.
[10] insbesondere jene zur rechtlichen Behandlung der irreführenden Preiswerbung in Kapitel 3 dieser Arbeit.
[11] Harte/Henning/ Völker (2004), § 5, Rn. 517.
[12] Vgl. Fezer/ Pfeifer (2005), § 5, Rn. 152; Emmerich (2004), S. 263.
[13] Richtlinie 84/450/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten
über irreführende Werbung vom 10.9.1984; zur Richtlinie siehe Anhang 1 und 2.
[14] Begründung mit dem Ziel der Annäherung des deutschen Lauterkeitsrechts an das Gemeinschaftsrecht, vgl.
hierzu Lettl (2004), S. 43.
[15] Grundsätzlich ist hier von einer weiten Auslegung des Begriffes Äußerung auszugehen, vgl. EuGH GRUR 2002,
S. 355 welcher eine „Äußerung in einer beliebigen Form“ genügen lässt.
[16] Vgl. Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 2.24.
[17] Vgl. Emmerich (2004), S. 271.
[18] Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 2.24.
[19] BGH GRUR 1979, S. 781, wird so verstanden, dass besonders günstige Preise gewährt werden.
[20] Jedoch keine Kaufappelle oder Phantasiebezeichnungen wie „Preiskiller“ (OLG Düsseldorf WRP 1971, S. 277),
da sie Fälle der sog. „nichts sagenden Anpreisungen“ darstellen, vgl. hierzu BGH GRUG 2001, S. 752.
[21] BGH GRUR 1975, S. 142.
[22] Vgl. Emmerich (2004), S. 270.
[23] Vgl. Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 2.64; Fezer/ Pfeifer (2005), § 5, Rn. 183; Nicht entscheidend ist der äußere objektive Wortlauf der Werbeangabe sowie das Verständnis des Werbenden, vlg. Spliethoff (1992), S. 59.
[24] Entspricht dem Prüfungsaufbau der Rechtsprechung, vgl. hierzu auch Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004),
§ 5, Rn. 2.72; Fezer/ Pfeifer (2005), § 5, Rn. 183.
[25] Herrschende Meinung in der Literatur und der Rechtssprechung, obwohl im Gesetzeswortlaut selbst der Begriff der Verkehrsauffassung nicht genannt ist, vgl. Spliethoff (1992), S. 49, 101.
[26] Zum maßgeblichen Verkehrskreis gehören somit nicht nur die aktuellen Abnehmer, sondern alle möglichen
Verbraucher, vgl. Spliethoff (1992), S. 106.
[27] Lettl (2005) , S. 48.
[28] Baumbach/Herfermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 2.75.
[29] z.B. Internet-User, Sportler und Berufsgruppen, vgl. Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 275; Spliethoff (1992), S. 104.
[30] Vgl. Fezer/ Pfeifer (2005), § 5, Rn. 193.
[31] So der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen ab dem Jahr 1999, vgl. Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 2.85.
[32] Vgl. BGH GRUR 2000, S. 619; BGH GRUR 2004, S. 244.
[33] Vgl. Baumbach/Hefermehl/ Bonkamm (2004), § 5, Rn. 2.64.
[34] Vgl. Fezer/ Pfeifer (2005), § 5, Rn. 212.
[35] zu den Fallgruppen der Irreführung vgl. Kapitel 4 dieser Arbeit.
[36] Vgl. Götting (2005), S. 151.
[37] Als Basis zur Beurteilung des Irreführungspotenzials einer Preisinformation eignen sich Verhaltenstheorien, wie z.B. die Adaptionsniveau-Theorie, welche versucht, den Preisbeurteilungsprozess des Verbrauchers und damit die Wirkungsweise von Preisinformationen zu erklären und zu präzisieren, vgl. Diller (1978), S. 250.
[38] BGH GRUR 1987, S. 172; Damit wird die Irreführungseignung einer Preiswerbung bereits als ausreichend erachtet, vgl. Spliethoff (1992), S. 101.
[39] BGH GRUR 1987, S. 172; Früher wurde eine Irreführungsquote von zw. 5% und 15% angesetzt , vgl. Coerdts-
Taxhet (1999), S. 129. Heute ist vielmehr einzelfallbezogen auf das jeweilige Schutzbedürfnis des Verkehrs abzustellen. So wird bei objektiv zutreffenden Angaben eine höhere Irreführungsquote als bei objektiv unrichtigen Angaben verlangt, vgl. Sack (2004), S. 525.
[40] Vgl. Berlit (2005), S. 67; weiter: BGH GRUR 2004, S. 438.
[41] Vgl. Kaestner (2006), S. 1152.
[42] Die Werbeangabe muss vielmehr für den Werbeadressaten eine Bedeutung haben, die zwar noch nicht bis zu einer Kaufentscheidung führen muss, aber schon mehr als eine bloße uninteressierte Wahrnehmung der Werbung darstellen sollte, vgl. Spliethoff (1992), S. 58.
[43] Vgl. Götting (2005), S. 159, Rn. 41.
[44] Auch wenn der Irrtum des Verbrauchers zum Zeitpunkt der Marktenscheidung bereits beseitigt ist, greift dennoch das Irreführungsverbot, vlg. Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 2.190.
[45] Vgl. Harte/Henning/ Dreyer (2004), § 5, Rn. 174.
[46] Vgl. Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 174.
[47] In der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 2004, abgekürzt mit UWG.
[48] Der Wettbewerb wird hierbei als „tragende Säule einer funktionierenden Marktwirtschaft“ verstanden, vgl. Strupp (2000), S. 26.
[49] z.B. gewerbliche Abnehmer und Lieferanten.
[50] In § 1 UWG ist die nun heutige Auffassung von der Schutzzwecktrias des Lauterkeitsrechts verankert. Demnach soll ein modernes Lauterkeitsrecht nicht nur die Mitbewerber, sondern auch die Allgemeinheit und die Verbraucher schützen, vgl. Augenhofer (2006), S. 169.
[51] Begründet wurde das Absehen von einem individualrechtlichen Anspruch des Verbrauchers damit, dass dessen Interessen im Allgemeinen durch die Klagelegitimation von Verbraucherverbänden ausreichend geschützt seien, vgl. Augenhofer (2006), S. 172.
[52] Dem Verbraucher bleibt hier der Weg zu den Verbraucherschutzverbänden.
[53] Wettbewerbsrecht als „Rechtsgebiet, das Rechtsschutz gewährt, ohne dabei subjektive Rechte zu verleihen“, Strupp (2000), S. 39.
[54] Das UWG geht dabei auch weit über den Anwendungsbereich der PAngV hinaus, siehe Kapitel 3.2.1.
[55] Vgl. Völker (1996), UWGEinf., Rn. 22.
[56] zu den Voraussetzungen des Irreführungsverbots siehe Kapitel 2.
[57] Vgl. Strupp (2000), S. 27.
[58] Vgl. Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 2.7.
[59] Vgl. Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm (2004), § 5, Rn. 2.10; Baumbach/Hefermehl/ Köhler (2004), § 2, Rn. 3.
[60] In diesem Zusammenhang treten Fälle auf, in denen die angekündigte Preisherabsetzung tatsächlich nie stattgefunden hat, der ursprüngliche Preis nicht ernsthaft gefordert wurde oder ein überhöhter Ausgangspreis angegeben wird (sog. Mondpreisproblematik), vgl. Kapitel 4 dieser Arbeit (Fallgruppen irreführender Preiswerbung).
[61] Bei einer Irreführung der Verbraucher im Rahmen von Preisherabsetzungen handelt es sich folglich immer um eine Irreführung über den Preis i.S.v. § 5 II S.1 Nr. 2 UWG; § 5 IV UWG enthält zwar Elemente abstrakter Irreführungstatbestände, dient aber der Kompensation des weggefallenen Sonderveranstaltungs- und Räumungsverkaufsverbots (§§ 7, 8 UWG aF), ohne die Form dieser abstrakten Irreführungsverbote vollständig weiterzuführen, vgl. Fezer/ Pfeifer (2005), § 5, Rn. 416.
[62] Vgl. Harte/Henning/ Völker (2004), § 5, Rn. 835.
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