Als Standort von Industrie taucht Portugal in dem Wahrnehmungsbild vieler Deutscher so gut wie gar nicht auf: Denkt man an das Land im äußersten Südwesten Europas, hat man alles andere als industrialisierte Räume oder rauchende Fabriken vor Augen. So wird Portugal aus der Sicht der Deutschen und auch anderer Ausländer vorwiegend als Urlaubsland wahrgenommen und nicht als Industriestandort.
Diese selektive Wahrnehmung von Portugal wird auch nicht auf Reisen durch das Land verändert, da die östliche Landeshälfte und das südliche Drittel fast frei von Fabriken sind. Auch im stark industrialisierten Nordwesten Portugals bleiben viele verstreute Industriebetriebe aufgrund der relativ lockeren Siedlungsstruktur von ausländischen Besuchern oft unbemerkt. Nur wenige ahnen, dass sich dort Standorte für Industriebetriebe befinden, die mit ausländischem Kapital Bekleidung, Elektroartikel und andere hochwertige Güter produzieren. Ein wichtiger Gunstfaktor, der für den Industriestandort Portugal spricht, ist nach wie vor das vergleichsweise niedrige Lohn-Niveau der portugiesischen Arbeiter.
Auch wenn Portugal nicht das Image eines fortgeschrittenen Industriestaates hat, ist der sekundäre Sektor in Portugal sowohl für den Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt als auch beim Anteil der Erwerbstätigen von nicht unwichtiger Bedeutung. So sind mehr als ein Drittel aller portugiesischen Erwerbstätigen im sekundären Sektor tätig, die wiederum 30% des gesamten Bruttoinlandsproduktes des Jahres 2004 erwirtschafteten. Vergleicht man diese Zahlen mit denen in Deutschland fällt auf, dass es keine großen Unterschiede mehr in den prozentualen Anteilen der Beschäftigten des sekundären Sektors und in den prozentualen Beiträgen des sekundären Sektors zum Bruttoinlandsproduktes gibt.
Diese Daten belegen, dass Portugal - bezogen auf die Anteile der im sekundären Sektor Beschäftigten sowie auf die Beiträge des sekundären Sektors zum BIP - sehr wohl ein mit anderen industrialisierten Ländern der EU vergleichbarer Industriestandort ist. Jedoch weist Portugals Industrie gegenüber den meisten EU-Staaten sowohl in der Entwicklung als auch in der Branchenstruktur Unterschiede auf, die sich besonders in der Dominanz traditioneller und arbeitsintensiver Industriezweige zeigt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Portugal - Ein Industriestandort?
- 1.2 Fragestellung und Aufbau der Arbeit
- 2. Historische Entwicklung der Industrie in Portugal
- 2.1 Ausgangslage Portugals vor der Industrialisierung
- 2.2 Retardierende Industrialisierung (bis 1950)
- 2.3 Sozioökonomischer Strukturwandel (von 1950 - 1974)
- 2.4 Erlahmende Industrialisierung nach der Nelkenrevolution 1974 und Aufschwung nach dem EU-Beitritt 1986
- 3. Die portugiesische Industrie der letzten 20 Jahre
- 3.1 Entwicklung des BIP und der im sekundären Sektor Beschäftigten
- 3.2 Exporte und Importe
- 3.3 Branchenstruktur
- 3.4 Räumliche Verteilung und regionale Disparitäten
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung des Industriestandorts Portugal. Ziel ist es, die historische Entwicklung der portugiesischen Industrie im Kontext historischer Gegebenheiten aufzuzeigen und daraus die heutigen Branchenstrukturen und räumliche Verteilung zu erklären. Dabei werden die Gründe für die verzögerte und schleppende Industrialisierung, die Fortschritte der letzten 50 Jahre und die daraus resultierenden Folgen für das heutige Branchenprofil beleuchtet.
- Historische Entwicklung der portugiesischen Industrie
- Einfluss des Methuen-Vertrags und anderer historischer Faktoren
- Branchenstruktur und Entwicklung des BIP
- Räumliche Verteilung der Industrie und regionale Disparitäten
- Zukunftsaussichten der portugiesischen Industrie
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Dieses Kapitel führt in das Thema ein und hinterfragt die Wahrnehmung Portugals als Industriestandort. Es stellt die These auf, dass Portugal trotz eines nicht so prominenten Images im Ausland einen vergleichbaren Anteil am sekundären Sektor im Vergleich zu anderen EU-Ländern aufweist. Die einleitenden Abschnitte präsentieren die Forschungsfrage und den Aufbau der Arbeit, die sich mit der besonderen Entwicklung der portugiesischen Industrie, den heutigen Branchenstrukturen, und der räumlichen Verteilung auseinandersetzt.
2. Historische Entwicklung der Industrie in Portugal: Dieses Kapitel analysiert die historische Entwicklung der portugiesischen Industrie. Es beschreibt die Ausgangssituation vor der Industrialisierung, die durch das Fehlen von Rohstoffen, den Verlust von Kolonialgebieten und den negativen Einfluss des Methuen-Vertrags gekennzeichnet war. Die Kapitel beleuchten die retardierende Industrialisierung bis 1950, den sozioökonomischen Strukturwandel von 1950 bis 1974, und den Aufschwung nach dem EU-Beitritt 1986, unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Nelkenrevolution. Der Fokus liegt auf den Faktoren, die die industrielle Entwicklung Portugals beeinflusst haben.
3. Die portugiesische Industrie der letzten 20 Jahre: Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die Entwicklung der portugiesischen Industrie in den letzten zwei Jahrzehnten. Er untersucht die Entwicklung des BIP und die Beschäftigungszahlen im sekundären Sektor, analysiert die Export- und Importbilanzen, beschreibt die Branchenstruktur und beleuchtet die räumliche Verteilung der Industrie sowie regionale Disparitäten. Die Analyse deckt auf, welche Branchen dominieren und welche regionalen Unterschiede bestehen. Es wird untersucht, wie sich die Entwicklung der letzten 20 Jahre auf die Gesamtstruktur der portugiesischen Wirtschaft ausgewirkt hat.
Schlüsselwörter
Portugal, Industriestandort, historische Entwicklung, Methuen-Vertrag, Branchenstruktur, BIP, regionale Disparitäten, sozioökonomischer Strukturwandel, EU-Beitritt, Nelkenrevolution.
Häufig gestellte Fragen zur Arbeit: Entwicklung des Industriestandorts Portugal
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung des Industriestandorts Portugal. Sie analysiert die historische Entwicklung der portugiesischen Industrie, erklärt die heutigen Branchenstrukturen und die räumliche Verteilung der Industrie vor dem Hintergrund historischer Gegebenheiten. Dabei werden die Gründe für die verzögerte und schleppende Industrialisierung, die Fortschritte der letzten 50 Jahre und die daraus resultierenden Folgen für das heutige Branchenprofil beleuchtet.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die historische Entwicklung der portugiesischen Industrie, den Einfluss des Methuen-Vertrags und anderer historischer Faktoren, die Branchenstruktur und die Entwicklung des BIP, die räumliche Verteilung der Industrie und regionale Disparitäten sowie die Zukunftsaussichten der portugiesischen Industrie.
Welche Phasen der industriellen Entwicklung Portugals werden betrachtet?
Die Arbeit betrachtet die Ausgangssituation vor der Industrialisierung, die retardierende Industrialisierung bis 1950, den sozioökonomischen Strukturwandel von 1950 bis 1974, und den Aufschwung nach dem EU-Beitritt 1986, einschließlich der Auswirkungen der Nelkenrevolution.
Wie wird die historische Entwicklung der portugiesischen Industrie analysiert?
Die historische Entwicklung wird im Kontext historischer Gegebenheiten wie dem Fehlen von Rohstoffen, dem Verlust von Kolonialgebieten und dem negativen Einfluss des Methuen-Vertrags analysiert. Die Arbeit beleuchtet die Faktoren, die die industrielle Entwicklung Portugals beeinflusst haben.
Welche Aspekte der portugiesischen Industrie der letzten 20 Jahre werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die Entwicklung des BIP und der Beschäftigungszahlen im sekundären Sektor, analysiert die Export- und Importbilanzen, beschreibt die Branchenstruktur und beleuchtet die räumliche Verteilung der Industrie sowie regionale Disparitäten. Der Fokus liegt auf den dominierenden Branchen und den regionalen Unterschieden.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Portugal, Industriestandort, historische Entwicklung, Methuen-Vertrag, Branchenstruktur, BIP, regionale Disparitäten, sozioökonomischer Strukturwandel, EU-Beitritt, Nelkenrevolution.
Welche Forschungsfrage steht im Mittelpunkt der Arbeit?
Die Arbeit untersucht, wie sich die historische Entwicklung und die daraus resultierenden Strukturen auf den heutigen Industriestandort Portugal auswirken. Sie hinterfragt die Wahrnehmung Portugals als Industriestandort und vergleicht den Anteil des sekundären Sektors mit anderen EU-Ländern.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit besteht aus einer Einleitung, einem Kapitel zur historischen Entwicklung der portugiesischen Industrie, einem Kapitel zur Entwicklung der letzten 20 Jahre und einem Fazit. Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den Aufbau der Arbeit vor.
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- Thomas Nordmann (Author), 2006, Industriestandort Portugal. Die wirtschaftliche Entwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75738