Der Lügendetektor

Überlegungen zur Bedeutung der polygrafischen Untersuchung für die Wahrheitsfindung und die Glaubwürdigkeit von Zeugen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Voraussetzungen

1. Funktionsweise des Polygrafen

2. Der Kontrollfragentest
2.1 Geschichte und Entwicklung
2.2 Der moderne Kontrollfragentest

3. Der Tatwissenstest

4. Einwände zu den Testverfahren

Fazit

Literaturliste

Liste verwendeter Internetseiten

Voraussetzungen

In der folgenden Hausarbeit möchte ich mich mit einem Gerät auseinandersetzen, dass seit seiner Entwicklung kontroverse Debatten ausgelöst hat: der Lügendetektor. Insbesondere werde ich mich damit beschäftigen, was das Gerät, das in der Literatur auch als Polygraf bezeichnet wird, kann, was es nicht kann und wie es funktioniert. Eines gleich vorweg: Ein Polygraf kann im Gegensatz dazu, was der Wortsinn nahe legen würde, keine Lüge von einer wahren Aussage unterscheiden, da der Lügendetektor weder den Wahrheitsgehalt von Sätzen überprüfen kann, noch die Gesamtheit aller Tatsachen in der Welt, noch überhaupt irgendeine Tatsache kennt. Hieraus ergeben sich zwei weitere wichtige Aspekte der Hausarbeit. Zunächst eine Einschränkung: Ich werde mich nicht detailliert mit den Begriffen von Wahrheit und Lüge auseinandersetzen. Ich denke aber auch nicht, dass dies notwendig ist, da ein relativ einfacher Arbeitsbegriff für die Untersuchung ausreicht. Ich möchte mich dabei an Wittgenstein orientieren und davon ausgehen, dass die Wahrheit, die hinter einer Aussage steht, das ist, was in der empirischen Welt der Fall ist.[1] Das bedeutet insbesondere, dass ich einen zu komplexen Begriff von Wahrheit vermeiden möchte, um mich auf die Frage der Störanfälligkeiten des Polygrafen selbst und der sich daraus ergebenden Probleme konzentrieren zu können. Die juristische Fachliteratur scheint im Umgang mit dem Lügendetektorproblem ähnliche Wege zu gehen:

Neben der philosophischen Frage nach einer Definition von Wahrheit stellt sich im juristischen Alltag, insbesondere aber im Strafprozess, die Frage nach der Wahrheit im Sinne eines tatsächlichen, in der Vergangenheit stattgefundenen Geschehensablaufes und dessen strafrechtlicher Relevanz.[2]

Für die folgende Hausarbeit bedeutet das, dass ich annehme, dass sich etwas, ein Ereignis x, in der empirischen Welt ereignet hat, über das jemand etwas aussagt. Wäre dieses Ereignis in allen Facetten bekannt, ließe sich durch Vergleich die Einsicht gewinnen, ob die Aussage der Person wahr oder unwahr ist. Hier setzen die Beispiele meiner Hausarbeit an: Die Einwände und Überlegungen richten sich allein gegen die Probleme, die sich aus den Messergebnissen der Polygrafen und der Beziehung dieser Messungen zum Zeugen, seinen Aussagen und dem (bekannten) Ereignis x in der Welt ergeben. Streitfragen, die sich aus unterschiedlichen Wahrheitsbegriffen ergeben, werde ich konsequent ausblenden.

Ein zweiter wichtiger Umstand, auf den ich hinweisen möchte, ist die Besonderheit der Situation. Entgegen der üblichen Annahme bei der philosophischen Betrachtung von Aussagen kann bei einem Probanden, der an einen Lügendetektor angeschlossen ist, gerade nicht davon ausgegangen werden, dass er entsprechend seinen Kenntnissen wahre Aussagen macht, sondern dass er versuchen wird, oder zumindest ein Interesse haben kann, zu lügen. Doch zunächst werde ich kurz umreißen, wie ein Polygraf funktioniert und auf welche Art und Weise er eingesetzt wird.

1. Funktionsweise des Polygrafen

In der herangezogenen Fachliteratur, die durchgängig aus psychologisch-juristischer Perspektive motiviert ist, wird der Lügendetektor als Gerät beschrieben, mit dem je nach Modell meist vier aber bis zu zehn[3] physiologische Kennwerte der Testperson protokolliert werden. Häufig werden Atembewegung, elektrische Hautleitfähigkeit, Fingerpuls und arterieller Blutdruck genannt.[4] Die Intensität der körperlichen Reaktionen soll dabei von der Stärke innerer Erregung und Angst, die wiederum durch die gestellten Fragen erzeugt werden soll, abhängig sein. Berning verweist auf Untersuchungen, die nahe legen, dass der Speichelfluss bei starker Erregung abnimmt.[5] Derartige Zusammenhänge sind teilweise seit der Antike bekannt und wurden zu verschiedenen Arten von Wahrheitsfindungstests genutzt.[6]

Ein Lügendetektor misst also körperliche Reaktionen, die mit Ereignissen in der Psyche korrespondieren sollen. Die beim polygrafischen Interview gestellten Fragen werden als ‚Reize’ verstanden, die bei entsprechendem Wissen um die Umstände einer Straftat für die Testperson von besonderer Bedeutung sind und dadurch zu innerer Anspannung führen, die sich wiederum in messbaren physiologischen Reaktionen äußern.[7] Die tatsächliche Messbarkeit einer Lüge wird heute auch von den Befürwortern der Methode nicht mehr angenommen, da unter idealen Bedingungen bereits die Konfrontation des Probanden mit dem genauen Betrag, der gestohlen wurde oder Details zum Tatort derartige Reaktionen auslösen können. Früher wurde dagegen angenommen, dass sowohl die Nennung tatrelevanter Details aber insbesondere eine verbal ausformulierte Lüge zu messbaren physiologischen Reaktionen führt. Diese ursprüngliche Überlegung gilt inzwischen als weitgehend überholt, da einige lügendetektorische Verfahren wie der Tatwissenstest ohne jegliche (verbale) Äußerung des Probanden auskommen. Außerdem ist zu bedenken, dass die Unterscheidung zwischen Lüge und Wahrheit eine kulturelle Leistung ist. Das heißt, es kann immer Menschen geben, die mit einer Lüge keine besondere, negative Handlung gleichsetzen.

Die Ergebnisse, die eine polygrafische Untersuchung liefert, werden daher herangezogen, um Indizien über die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu gewinnen. Dadurch konzentrierte sich die Forschung zunehmend auf die Fragemethodik, das heißt die Gestaltung der ‚Reize’. Die Testmethodik wurde im Laufe des vergangenen Jahrhunderts verfeinert, der grundsätzliche Aufbau des Lügendetektors und der Art der Befragung hat sich aber nichts mehr verändert. An der Liste physiologischer Werte, die gemessen werden sollten, wurde dagegen stetig erweitert. Diese Debatte führte dazu, dass heute vornehmlich zwei geläufige Anwendungsmethoden, der Tatwissenstest und der Kontrollfragentest, im Einsatz sind. Diese werde ich im folgenden Kapitel kurz beschreiben und mich anschließend kritisch damit auseinandersetzen.

[...]


[1] Vgl. Wittgenstein, Ludwig. Tractatus logico-philosophicus. Frankfurt am Main. 1984. S. 11

[2] Schüssler, Mark. Polygraphie im deutschen Strafverfahren. In: Europäische Hochschulschriften. Reihe II. Rechtswissenschaft. Band 3520. Frankfurt am Main. 2002. S. 17

[3] Vgl. Schüssler. S.21-24

[4] Vgl. Berning, Birgit. “Lügendetektion” aus interdisziplinärer Sicht: Eine psychologisch-juristische Abhandlung. Band 1. Osnabrück. 1992. S. 17

[5] Vgl. Berning. S. 18

[6] Vgl. Schüssler. S. 31

[7] Vgl. Schüssler. S. 20

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Lügendetektor
Untertitel
Überlegungen zur Bedeutung der polygrafischen Untersuchung für die Wahrheitsfindung und die Glaubwürdigkeit von Zeugen
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften)
Veranstaltung
HS Zeuge, Zeugnis ablegen, Zeugenschaft
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V75689
ISBN (eBook)
9783638728027
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lügendetektor, Zeuge, Zeugnis, Zeugenschaft
Arbeit zitieren
Markus Voigt (Autor:in), 2007, Der Lügendetektor, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75689

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der Lügendetektor



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden