Niklas Luhmann, einer der wichtigsten deutschen Sozialtheoretiker des 20. Jahrhunderts, kritisierte an bisherigen soziologischen Ansätzen, dass sie nur Ausschnitte der Welt im Blickpunkt hätten, somit also nicht umfassend genug einsetzbar wären. In seinem wichtigsten Werk von 1984 „Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie“ versucht er solch einen universal geltenden Ansatz zu finden. Seine Theorie der sozialen Systeme hat den Anspruch, „...jeden möglichen sozialen Kontakt, d.h. den gesamten Gegenstandsbereich der Soziologie mit Hilfe des Begriffsinstrumentariums der Theorie sozialer Systeme beschreibbar zu machen.“
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit den für die Kommunikationswissen- schaft relevanten Aspekten der Luhmannschen Systemtheorie, zum einen mit dem ihr zugrunde liegenden Kommunikationsbegriff, der eine zentrale Rolle in der Systemtheorie einnimmt und sich von dem verbreiteten Kommunikationsverständnis als Verständigungsprozess zwischen Individuen bzw. als Übermittlungsprozess einer Botschaft zeigt. Darüber hinaus gibt die Hausarbeit einen Einblick in die Grundbe- griffe der Systemtheorie, so wie Luhmann sie formuliert hat.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Biographie des Niclas Luhmann
3 Die Konzeption seiner Wissenschaft hin zur autopoietischen Wende
4 Einleitung in die Systemtheorie nach Luhmann
4.1 Grundbeschreibungen eines Systems
4.2 Der Begriff Autopoiesis
4.3 Das autopoiesische System
4.4 Systemtypen
5 Die Kommunikationstheorie
5.1 Das Theorem der (zweifach) doppelten Kontingenz
5.2 Der selbstreferentielle Kommunikationsprozess
5.3 Die Unwahrscheinlichkeiten von Kommunikation
5.4 Kommunikationsmedien
6 Literaturangaben
1 Einleitung
Niklas Luhmann, einer der wichtigsten deutschen Sozialtheoretiker des 20. Jahrhunderts, kritisierte an bisherigen soziologischen Ansätzen, dass sie nur Ausschnitte der Welt im Blickpunkt hätten, somit also nicht umfassend genug einsetzbar wären. In seinem wichtigsten Werk von 1984 „Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie“ versucht er solch einen universal geltenden Ansatz zu finden. Seine Theorie der sozialen Systeme hat den Anspruch, „...jeden möglichen sozialen Kontakt, d.h. den gesamten Gegenstandsbereich der Soziologie mit Hilfe des Begriffsinstrumentariums der Theorie sozialer Systeme beschreibbar zu machen.“
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit den für die Kommunikationswissen- schaft relevanten Aspekten der Luhmannschen Systemtheorie, zum einen mit dem ihr zugrunde liegenden Kommunikationsbegriff, der eine zentrale Rolle in der Systemtheorie einnimmt und sich von dem verbreiteten Kommunikationsverständnis als Verständigungsprozess zwischen Individuen bzw. als Übermittlungsprozess einer Botschaft zeigt. Darüber hinaus gibt die Hausarbeit einen Einblick in die Grundbe- griffe der Systemtheorie, so wie Luhmann sie formuliert hat. Seine Systemtheorie stützt sich auf frühere systemtheoretische Ansätze und Begrifflichkeiten, die er weiterentwickelt und ausdifferenziert hat. Erwähnt seien da insbesondere Talcott und Parsons.
Zunächst wird jedoch die Biographie mit wichtigen Eckfeilern Luhmanns Werdegang beschrieben, bevor im weiteren Verlauf auf die Rolle der Kommunikationstheorie für die Gesellschaft und für die Interaktion zwischen Individuen eingegangen wird und der Begriff der Autopoiesis geklärt wird.
Im letzten Abschnitt werden der selbstreferentielle Kommunikationsprozess sowie die Unwahrscheinlichkeiten von Kommunikation analysiert. Diese sollen bei der Fragestellung helfen, inwiefern Kommunikationsprozesse für gesellschaftliche Funktionssysteme, am Beispiel des Luhmannschen Kommunikationskonzepts der modernen Weltgesellschaft, innerhalb seiner Theorie eine Rolle spielen bzw. ihr entsprechen?
2 Die Biographie des Niclas Luhmann:
Niklas Luhmann (1927-1998) gilt gegenwärtig als der einflussreichste Soziologe auf deutschsprachigem Gebiet: zum einen wegen seiner universal angelegten Theoriekonstruktion der allgemeinen Theorie sozialer Systeme und zum anderen wegen der Vielzahl seiner veröffentlichten Aufsätze und Monographien, die sich etwa auf allgemeine Studien zur soziokulturellen Entwicklung, gesellschaftlichen Differenzierung der Moderne, Wissenssoziologie, Kommunikationstheorie und des weiteren auf besondere Untersuchungen der sozialen Funktionssysteme des Rechts, der Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst, Familie etc. konzentrieren.
Niclas Luhmann wurde am 8. Dezember 1927 in Lüneburg geboren. Von 1937 bis 1944 besuchte er das Humanistische Gymnasium in Lüneburg, das er jedoch vorzeitig abbrechen musste, da er im Kriegsdienst als Luftwaffenhelfer eingesetzt wurde. 1945 geriet Luhmann für kurze Zeit in amerikanische Kriegsgefangenschaft, bevor er 1946 für drei Jahre ein Studium der Rechtswissenschaften sowie eine Referendarausbildung an der Universität Freiburg begann. 1954 bis 1962 arbeitete er als Verwaltungsbeamter und Landtagsreferent in Niedersachsen. Anschließend war Luhmann für weitere drei Jahre als Referent an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer tätig, wobei er in diesem Zeitraum sein erstes Buch mit dem Titel „Funktionen und Folgen formaler Organisation“ veröffentlichte. Ein Jahr später wird er von Helmut Schelsky (1912-1984) als Abteilungsleiter an die der Universität Münster angegliederte Sozialforschungsstelle Dortmund geholt. 1966 promoviert und habilitiert sich Luhmann mit der Arbeit „Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung“, sowie dem Buch von 1964 bei Schelsky und Dieter Claessens (1921-1997) in Münster und tritt dort 1967 eine Gastprofessur an. 1968 wird Luhmann Professor für Soziologie an der Neugegründeten Universität Bielefeld, wo Luhmann bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1993 bleibt und wesentlichen Anteil an der theoretischen Ausrichtung der Fakultät hat. Ab dieser Zeit entwickelt Luhmann seine Gesellschaftstheorie mit dem Ziel, die moderne Gesellschaft in ihrer Komplexität adäquat beschreiben zu können und dabei die „soziologischen Klassiker“ außen vor zu lassen. 1971 erscheint in Verbindung mit der so genannten Habermas-Luhmann-Kontroverse (kritische Theorie vs. Systemtheorie) der viel- beachtete Diskussionsband „Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie – Was leistet die Systemforschung?“ gemeinsam mit Jürgen Habermas. Seine Bekanntheit in den siebziger Jahren verdankt Luhmann weitgehend dieser theoretischen Kontoverse. 1975 übernimmt er eine Gastprofessur am Theodor-Heuss Lehrstuhl der New School of Social Research in New York. Mit seinem 1984 erschienenen Hauptwerk „Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie“ vollzieht Luhmann die „autopoietische Wende“ innerhalb seiner Theoriekonzeption und liefert das Grundgerüst für die in der Folge erscheinenden konkreten Darstellungen der verschiedenen Funktionssysteme der Gesellschaft. Er generalisiert dabei den von seinen Erfindern für die Definition von Leben bzw. lebenden Systemen benutzten Autopoiesisbegriff, indem er ihn auch auf psychische und soziale Systeme überträgt. Das Werk „Soziale Systeme“ bildet die gesellschaftstheoretische Grundlage, auf der Luhmann in der Folge einzelne Aspekte der modernen Gesellschaft und ihrer Funktionssysteme in den Blick nimmt. In den folgenden Jahren veröffentlicht Luhmann eine Vielzahl von Aufsätzen und weiteren Werken, wie beispielsweise „Die Wirtschaft der Gesellschaft“ (1988), „Die Wissenschaft der Gesellschaft“ (1990), „Das Recht der Gesellschaft“, „Die Kunst der Gesellschaft“ (1995) und schließlich 1997 sein letztes, fortgesetztes Werk „Die Gesellschaft der Gesellschaft“. Innerhalb dieses Zeitraumes erlangte Luhmann 1988 den Hegel-Preis der Stadt Stuttgart mit dem Werk „Die Wirtschaft der Gesellschaft“. Am 6. November 1998 stirbt Luhmann nach langer Krankheit in Oerlinghausen bei Bielefeld.
3 Die Konzeption seiner Wissenschaft hin zur autopoietischen Wende
Die Wissenschaft Luhmanns Theorien als vielseitig und umfangreich beschrieben werden. Doch Niclas Luhmann erscheint besonders die Soziologie als Einzelwissenschaft sehr reizvoll, weil sich in ihr alles machen lässt, ohne von vornherein festgelegt oder eingegrenzt zu sein. Sein Forschungsinteresse gilt einer allgemeinen Gesellschaftstheorie, die in der Lage ist, der sozialen Komplexität der modernen Weltgesellschaft hinreichend und universell gerecht zu werden.
Für die Kommunikationswissenschaft ist die Theoriearchitektur der sozialen Systeme aus zwei Gründen besonders relevant. Zum einen basiert Luhmanns Gesellschafts- theorie auf dem Konzept eines so genannten selbstreferentiellen Kommunikations- prozesses. Somit wird eine eigenständige, komplexe Kommunikationstheorie angeboten, die für jeden Kommunikationswissenschaftler enorme Erklärungsmöglich- keiten von sozialen Ereignissen und Prozessen, respektive von interaktionalem Mitteilungshandeln, bietet sowie breite Anwendungsmöglichkeiten für die Beobachtung von Kommunikationsprozessen auf unterschiedlichen Gebieten, wie z.B. im Kontext von „face-to-face-Beziehungen“, von Organisationen oder von spezifisch konstituierten und ausgerichteten Kommunikationsformen der Liebe, der Wirtschaft, des Rechts etc. Demgegenüber ist dem Aufbau dieser selbstreferentiellen Kommunikationstheorie anzufügen, dass sie, ihrem Anspruch auf Universalität folgend, ermöglicht, eine spezifische Tiefenanalyse der Binnenstruktur unterschiedlicher Kommunikationstypen und auch der kommunikativ verschieden erzeugten sozialen Ebenen, Kommunikation zu betreiben.
Da Luhmanns soziologische Systemtheorie von verschiedenen traditionellen Konzepten der Soziologie und Theorieergebnissen anderer Disziplinen Gebrauch macht, erscheint es einleitend sinnvoll, einen kurzen Überblick über einige wesentliche Voraussetzungen seiner gesellschaftstheoretischen Ausrichtung zu geben. Insbesondere mit dem Vollzug der autopoietischen Wende seit 1984 lassen sich drei wichtige theoretische Konsequenzen angeben, die alle Ausführungen Luhmanns begleiten.
1. Prozesse und Ereignisse des Bewusstseins sind aufgrund der Geschlossen- heit psychischer Systeme intransparent und werden nur von der soziologischen Systemtheorie berücksichtigt, da sie an sozialen Prozessen beteiligt sind und dadurch beobachtbar werden. Kausale und direkte Steuerungseinwirkungen des Bewusstseins auf Kommunikation werden als theoretisch nicht haltbar abgelehnt.
2. Nach Art der Informationsübertragung gilt ein Kommunikationskonzept als unterkomplex und wird folglich als nicht adäquate Beschreibung verabschiedet. Stattdessen ist Kommunikation als selbstreferentieller sozialer Prozess zu verstehen, der seine selektiven Komponenten von Information, Mitteilung und Verstehen von sich aus hervorbringt und synthetisiert.
3. Gesellschaft besteht weder aus Individuen noch aus Handlungen, sondern ausschließlich aus Kommunikationen. Kommunikation ist somit die „basic unit“ des Sozialen.
Bevor in den weiteren Unterkapiteln ausführlicher auf die Grundbegriffe und die Kommunikationstheorie Luhmanns eingegangen wird sowie die Systemtheorie zur Beschreibung gebracht wird, können zusammenfassend noch zwei Kernaussagen, die für den kommunikationswissenschaftlichen Hintergrund wesentlich sind, festgehalten werden:
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- Arbeit zitieren
- Bachelor Michael Bulla (Autor:in), 2006, Die System- und Kommunikationstheorie von Niklas Luhmann, einem der bedeutendsten deutschen Soziologen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74625
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