Der „Frauendienst“ Ulrichs von Lichtenstein, entstanden um 1255, ist eine stilisierte Autobiographie des Autors, in der er sein Leben bezüglich seines Diensts als Minneritter beschreibt. Das Werk zeigt exemplarisch den vorbildlichen höfischen Ritter Ulrich, wie er den Minnedienst an zwei verschiedenen Damen leistet.
Die als Tatsachen dargestellten Episoden sind durchaus nicht immer ernst zu nehmen, übertreibt der Autor doch stark seine Verehrung der ersten Dame, deren Handwaschwasser er zu trinken vorgibt und der er zum Beweis für die Aufrichtigkeit seines Minnediensts seinen abgeschlagenen Finger zukommen lässt, eingebunden in ein Buch mit Minneliedern. An solchen und ähnlichen Stellen wird deutlich, dass der Autor selbst das Konzept der hohen Minne nicht ohne Ironie gesehen hat. Dieses sah vor, dass ein Adeliger mit dichterischen und kämpferischen Mitteln um eine Dame von höherem Stand als dem eigenen warb - mit dem einzigen Ziel, das eigene Ansehen und das ihre zu vermehren. Nahm die Dame den Dienst an, bedeutete das zugleich eine soziale Aufwertung des Minneritters. War er wiederum erfolgreich bei Turnieren, die er in ihrem Namen besuchte, wurde sein Ruhm automatisch auch ihr zuteil usw. So gesehen handelte es sich für beide Seiten um eine Zweckbeziehung. Die wirkliche Minneerfüllung war nicht Teil des Konzepts, da ansonsten der Kreislauf von wechselseitiger Ehrvermehrung unterbrochen worden wäre. Einen weiteren wichtigen Aspekt der hohen Minne stellte die vollkommene Idealisierung der jeweiligen Minneherrin dar, die demnach reine Tugend, Keuschheit und Schönheit in einem verkörperte.
Die Aufgabe dieser Hausarbeit soll jedoch nicht sein, das Minnekonzept anhand des „Frauendiensts“ zu erläutern; es soll vielmehr etwas untersucht werden, das der Minne zugrunde liegt – die Kommunikation. Zu Zeiten Ulrichs von Lichtenstein, besonders im Minnekontext, wurde meist auf indirektem Wege kommuniziert. Dies erfolgte zum Beispiel über Briefe, Boten oder Büchlein. Sie dienten dazu, Distanz zu überbrücken und körperliche Anwesenheit zu ersetzen. Welche kommunikative Bedeutung hatten sie? Wie eng waren Schriftlichkeit und Körperlichkeit im Mittelalter miteinander verknüpft? Warum konnte die Schrift das Wort ersetzen, sowie der Körper die Schrift? Im Folgenden sollen am Beispiel des „Frauendiensts“ verschiedene Formen der Kommunikation, deren Bedeutung und ihre Verwebung miteinander untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Brief
- Die Minne
- Die face-to-face-Kommunikation
- Der Bote
- Das Büchlein
- Der Körper
- Der fremdbestimmte Körper
- Der textualisierte Körper
- Die Minnelieder
- Sakralisierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Kommunikationsformen im „Frauendienst“ von Ulrich von Lichtenstein, einem Werk, das die höfische Minne und den Minnedienst im 13. Jahrhundert beschreibt. Der Fokus liegt dabei auf der Verbindung von Mündlichkeit, Körperlichkeit und Schriftlichkeit und deren Bedeutung im Minnekontext.
- Untersuchung der verschiedenen Kommunikationsformen im „Frauendienst“, wie Briefe, Boten, Büchlein und Minnelieder.
- Analyse der Rolle der Körperlichkeit in der Kommunikation und ihrer Verbindung zur Schriftlichkeit.
- Erforschung der Bedeutung der Minne als indirekte Form der Kommunikation.
- Beleuchtung des Verhältnisses von Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Mittelalter.
- Interpretation des Werkes im Kontext des höfischen Lebens und der Minnekonventionen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Kommunikationsformen im „Frauendienst“ ein und skizziert den Kontext des Werkes. Das Kapitel „Der Brief“ untersucht die Rolle des Briefes als schriftliche Vermittlungsinstanz und als Ersatz für direkte Kommunikation. Das Kapitel „Die Minne“ beleuchtet die Minne als indirekte Form der Kommunikation und ihre Verbindung zu Liebe und Kommunikationsschwierigkeiten.
Schlüsselwörter
Kommunikationsformen, „Frauendienst“, Ulrich von Lichtenstein, Minne, Mündlichkeit, Schriftlichkeit, Körperlichkeit, höfische Literatur, Mittelalter, Brief, Bote, Büchlein, Minnelieder.
- Quote paper
- Caroline Deckert (Author), 2006, Kommunikationsformen im "Frauendienst", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74420