Die rechtliche Betreuung ist als Teil des Familienrechts ausgestaltet, welches im Wesentlichen im vierten Buch des BGB geregelt ist. Neben elterlicher Sorge, Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft bildet die Betreuung das vierte familienrechtliche Fürsorgeverhältnis. Zwischen Betreuer und Betreutem besteht ein zivilrechtliches, der Geschäftsführung ohne Auftrag ähnliches, gesetzliches Schuldverhältnis.
Ebenso wie Eltern, Vormund und Pfleger steht auch dem Betreuer die ihm verliehene Rechtsmacht als fremdnützige Befugnis, als „Pflichtrecht” zu. Anders als die Eltern, denen das Elternrecht nach Art. 6 Abs.2 S.1 GG als natürliches Recht zusteht, leitet der Betreuer diese Befugnisse aber aus einer staatlichen Verleihung ab. Er handelt somit unter der Aufsicht des Staates. Das Rechts-verhältnis zwischen Betreuer und Betroffenem gehört zwar zum Privatrecht, aber die staatlichen Behörden sind aufgrund der Bestellung von vornherein am Verfahren beteiligt. Die staatliche Aufsicht ist eine hoheitliche Aufgabe, die der Staat so wahrnehmen muss, dass die grundrechtlich garantierten Rechtsgüter des Be-treuten auch dem Betreuer gegenüber effektiv geschützt werden.
Die Bedeutung der Grundrechte des Betreuten erschöpft sich aber keineswegs auf das Verhältnis zum Betreuer. Dem Betroffe-nen wird ja gerade deswegen ein Betreuer zur Seite gestellt, weil er seine Rechte nicht in ausreichendem Umfang selbst vertreten kann. Der Betreuer ist daher gleichzeitig Sachwalter der Grund-rechte des Betreuten und kraft seines Amtes berufen, diese der staatlichen Gewalt gegenüber geltend zu machen. Es entsteht so ein Dreiecksverhältnis, in dem die wechselseitige Kontrolle des Betreuers durch staatliche Aufsicht und des Handelns der Staats-gewalt durch den Betreuer den Grundrechten des Betreuten zur möglichst effektiven Durchsetzung verhelfen sollen.
II. Frage
In dieser Diplomarbeit soll die Frage untersucht und letztendlich beantwortet werden, welche Maßnahmen das Vormundschaftsgericht im Rahmen der Aufsichtspflicht ergreifen kann. Des Weiteren soll festgestellt werden, in wie vielen Fällen die untersuchten Vormundschaftsgerichte in dem Untersuchungszeitraum durch Aufsichtsmaßnahmen eingreifen mussten.
Inhaltsverzeichnis
- A Einleitung
- I. Hintergrund
- II. Frage
- III. Untersuchungsart
- B Untersuchung
- I. Rechtliche Grundlagen
- 1. Pflichten und Aufgaben des Betreuers
- 2. Aufgaben des Vormundschaftsgerichts
- a) Beratung des Betreuers
- b) Beratung des Betreuten
- c) Aufsicht über die Tätigkeit des Betreuers
- d) Form der Aufsicht
- aa) Auskunft
- bb) Berichterstattung
- cc) Rechnungslegung
- dd) Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen
- ee) Weisungen
- ff) Bestellung Gegenbetreuer
- e) Pflichtwidrigkeiten
- f) Maßnahmen
- aa) Einzelweisungen
- bb) Ge- und Verbote
- cc) Zwangsgeld
- dd) Entzug Vertretungsmacht
- ee) Entlassung Betreuer
- ff) Verhältnismäßigkeit
- 3. Verfahren
- a) Zuständigkeiten
- b) Rechtsmittel
- II. Praktische Untersuchung
- 1. Umfang Aktenauswertung
- a) Allgemeine Fragen zu den untersuchten Gerichten
- b) Fragen zum Aktenauswertungsbogen
- 2. Ergebnisse Aktenauswertung
- a) Allgemeine Fragen zu den untersuchten Gerichten
- b) Fragen zum Aktenauswertungsbogen
- 3. Gespräche mit Rechtspflegern
- C Zusammenfassende Betrachtung
- D Auswertung der Ergebnisse
- E Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Aufsichtspflicht des Vormundschaftsgerichts im Rahmen der rechtlichen Betreuung. Sie untersucht die Maßnahmen, die das Gericht im Rahmen dieser Pflicht ergreifen kann, und analysiert, inwiefern diese Maßnahmen in der Praxis Anwendung finden. Der Schwerpunkt liegt auf Betreuungen mit Vermögenssorge, insbesondere bei einem zu verwaltenden Vermögen von mindestens 10.000,00 €.
- Die rechtlichen Grundlagen der Aufsichtspflicht des Vormundschaftsgerichts
- Die verschiedenen Formen der Aufsicht und die damit verbundenen Maßnahmen
- Die praktische Anwendung der Aufsichtspflicht in zwei Amtsgerichtsbezirken in Süd-Niedersachsen
- Die Ergebnisse der Aktenauswertung und der Gespräche mit Rechtspflegern
- Eine zusammenfassende Betrachtung der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den Hintergrund der rechtlichen Betreuung im Familienrecht dar und erläutert das Dreiecksverhältnis zwischen Betreuer, Betreutem und staatlicher Aufsicht. Die zentrale Frage der Diplomarbeit wird formuliert und die Untersuchungsart wird vorgestellt.
- Rechtliche Grundlagen: Dieses Kapitel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen der Aufsichtspflicht des Vormundschaftsgerichts, insbesondere § 1837 Abs.2 BGB. Es werden die Pflichten und Aufgaben des Betreuers sowie die verschiedenen Aufgaben des Vormundschaftsgerichts im Detail dargestellt. Die verschiedenen Formen der Aufsicht, wie Auskunft, Berichterstattung, Rechnungslegung, Genehmigungen, Weisungen und die Bestellung eines Gegenbetreuers, werden erklärt.
- Praktische Untersuchung: Dieses Kapitel beschreibt die Vorgehensweise bei der Aktenauswertung und den Gesprächen mit Rechtspflegern. Es werden die Kriterien der Aktenauswertung und die relevanten Fragen für die Untersuchung vorgestellt.
Schlüsselwörter
Rechtliche Betreuung, Vormundschaftsgericht, Aufsichtspflicht, Betreuer, Betreuter, Vermögenssorge, Aktenauswertung, Rechtspfleger, Süd-Niedersachsen, Verfahren, Maßnahmen, Grundrechte.
- Quote paper
- Stephan Werle (Author), 2006, Die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts über die Tätigkeit des Betreuers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74406