Kinder und Jugendliche und Computerspiele

Eine Suche nach positiver Wirkung und Einsatzmöglichkeiten


Term Paper (Advanced seminar), 2005

24 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Eine Anmerkung zur Motivation, Computerspiele zu spielen

4 Theorien und Untersuchungen zur (positiven) Wirkung
4.1 Das Thema Gewalt
4.2 Positive Wirkungen
4.2.1 Sensomotorischer Bereich
4.2.2 Kognitiver Bereich
4.2.3 Emotionaler Bereich
4.2.4 Sozialer Bereich

5 Probleme der Wirkungsforschung

6 Einsatz von Computerspielen mit mutmaßlicher positiver Wirkung
6.1 Einsatz von Computerspielen in der Schule
6.2 Einsatz von Computerspielen in der Kinder- und Jugendtherapie
6.3 Einsatz von Computerspielen zu mit pädagogischer Absicht

7 Fazit

8 Literaturangaben
8.1 Print
8.2 Web

2 Einleitung

Computerspiele sind weit verbreitet. Sie werden von Jungen und einer zunehmenden Zahl von Mädchen gespielt, können auf dem Computer oder der Spielkonsole zu Hause, aber ebenso unterwegs auf tragbaren Konsolen und Handys gespielt werden. Man spielt alleine, mit Freunden oder auch Unbekannten im Internet. Die Anzahl der verschiedenen Spielgenres und –themen ist riesig – kurz: Jeder kann heutzutage seine Nische entdecken, wo, wann, mit wem und in welcher Art und Weise er sich dem Computerspiel hingeben möchte.

Bei Jugendlichen gehören Computerspiele längst zum medialen Alltag, sie sind damit aufgewachsen und beschäftigen sich in ihrer Freizeit mit ihnen, sie sind das Gesprächsthema unter ihnen und ihren Freunden und der Streitpunkt zwischen ihnen und ihren Eltern und Lehrern.

Gerade die beiden letztgenannten betrachten diese Spiele mit Argwohn, wenn nicht sogar mit Angst oder Abwehr - Reaktionen, die meist auf Unverständnis, Vorurteilen und Unsicherheit beruhen.

Die kontroverse Diskussion über die Wirkung von Video- und Computerspielen auf Jugendliche wird schon seit dem ersten erschienenen Spiel dieser Art, „Pong“, Anfang der 70er Jahre geführt. Obwohl diese Diskussion bis heute anhält, sind bisher keine entscheidenden neuen Erkenntnisse in der Medienwirkungsforschung dazugekommen.[1]

So streiten sich die Wissenschaftler seit Jahren, ob Computerspiele negative, positive oder möglicherweise überhaupt keine Wirkung auf Kinder und Jugendliche haben.

Obwohl es eine große Anzahl von Untersuchungen, Erkenntnissen, Theorien und Meinungen zu diesem Thema gibt, befassen sich die meisten mit den negativen Auswirkungen insbesondere gewalthaltiger Titel, während sich die Forschung nur zögerlich den möglichen positiven Wirkungen widmet, die Computerspiele haben können.[2]

Aus diesem Grund möchte ich in dieser Arbeit einige Ergebnisse zusammentragen, die auf positive Folgen vom Computerspielen schließen lassen. Zudem gebe ich einige Beispiele, in welchen Bereichen Computerspiele inzwischen zu solchen Zwecken eingesetzt werden.

3 Eine Anmerkung zur Motivation, Computerspiele zu spielen

Der Frage, welche Wirkung Computerspiele auf Kinder und Jugendliche haben, geht häufig die Frage voraus, warum sie sie überhaupt spielen.

Was die Faszination von Computerspielen ausmacht sind, ebenso wie in Märchen und Mythen, „die ewig-menschlichen Themen: Fressen und Gefressenwerden, Kampf und Konkurrenz, Ausziehen, um Abenteuer zu bestehen, Gefahren zu trotzen, Prinzessinnen zu retten.“[3], die uns auch in Geschichten, Büchern und Filmen faszinieren.

Daneben sind die Gründe, zum Videospiel zu greifen, vielfältig: Es geht darum, Spaß zu haben, Langeweile und Leerzeiten zu überbrücken oder etwas Neues auszuprobieren.

Bei der Auswahl von Spielen geht es zudem nicht nur um die Frage, welches Spiel thematisch oder grafisch ansprechend ist, sondern auch darum, ob das Spiel erfolgreich zu bewältigen ist. Dementsprechend greifen Kinder und Jugendliche insbesondere zu solchen Spielen, von denen sie sich ein Erfolgserlebnis erhoffen, denn ohne Erfolg bleibt der Spaß am Spiel auf Dauer aus.

So wird Computerspielen die Förderung verschiedener Fähigkeiten zugesprochen, welche aber gleichzeitig auch die Anforderungen darstellen. Denn während des Spiels werden die erforderlichen Fähigkeiten automatisch weiter trainiert, oder, wenn sie noch nicht vorhanden sind, entwickelt. Dabei gehen der Lerneffekt und das Gewinnen des Spiels in hier Hand in Hand.

Zudem entwickeln Jugendliche auch für bestimmte Spiele immer wieder Begeisterung, um sich von den Erwachsenen abgrenzen zu können.[4]

4 Theorien und Untersuchungen zur (positiven) Wirkung

Der Verfall der Sitten und Untergang der Kultur wurden bisher bei jedem neuen Medium vermutet:: als der Film in den 20er Jahren populär wurde, als das Radio in den 30er Jahren aufkam, seit der zunehmenden Verbreitung der Comics in den 40er Jahren, wie auch beim Fernsehen in den 60er Jahren und dem Aufkommen der neuen Medien wie Video, Kabel-TV und Computern in den 70er und 80er Jahren.[5]

Nachdem Anfang bis Mitte der 80er Jahre die Diskussion um die Wirkung von häufigem Fernsehkonsum begann, bezog sie seit Ende der 80er Jahre ebenso die Wirkung von Tele- und Computerspielen mit ein.[6]

Der am ausführlichsten untersuchte Aspekt im Bereich der Computerspiele ist die Gewalt, Aussagen über direkte Wirkung lassen sich allerdings bis heute nicht stützen.[7] Da in diesem Bereich nicht nur negative, sondern auch positive mögliche Wirkungen diskutiert werden, soll diese Forschungskontroverse kurz vorgestellt werden. Anschließend werden die Erkenntnisse aufgeführt, die sich auf die positiven Folgen von Computerspielen im sensomotorischen, kognitiven, emotionalen sowie sozialen Bereich beziehen.

4.1 Das Thema Gewalt

Die Diskussion, die sich um die Frage dreht, welche Folgen der Konsum von gewalthaltigen Computerspielen haben kann, führt prinzipiell vier theoretische Modelle, die bezüglich des Fernsehkonsums entwickelt wurden, weiter.

Im Hinblick auf negative Auswirkungen, die gewalthaltige Computerspiele haben, können sind folgende zwei zu nennen:[8]

1) Die Stimulationstheorie vermutet, dass die Bereitschaft zu aggressiven Handlungen gefördert und diese imitiert und erlernt werden.[9]
2) Die Habitualisierungstheorie geht davon aus, dass mit zunehmendem Gewaltkonsum ein Abstumpfungseffekt eintritt, der die Erregungsschwelle nach oben schiebt. Durch die Gewöhnung werde auch das Verlangen nach Gewalt gesteigert.[10]

Neben den Theorien, die von einer negativen Wirkung ausgehen, gibt es auch zwei, die positive Folgen beschreiben:[11]

1) Der Inhibitionstheorie liegt die Annahme zugrunde, dass der Konsum von Gewalt abschreckend wirkt und die Darstellung von aggressivem Verhalten die Hemmschwelle anhebt, selbst gewalttätig zu werden.[12]
2) Die Katharsistheorie geht von einer Läuterung durch die Beobachtung von Gewalt aus, so dass Spannungen abgebaut werden und das aggressive Potential abgebaut, bzw. aggressives Verhalten gehemmt wird.[13]

Fritz geht zudem davon aus, dass aggressive Auseinandersetzungen zur Lebenswelt von Jungen gehören und ausgelebt werden wollen, wobei diese Bedürfnisse in Kampfspielen auf einer spielerischen und fiktiven Ebene befriedigt werden können.[14]

Das Abreagieren im Videospiel, das hier unter den positiven Folgen aufgeführt wurde, kann aber auch gleichzeitig verhindern, dass Kinder und Jugendliche lernen, Konflikte in der realen Welt auszutragen. Denn auch, wenn der Spieler nach dem Spiel möglicherweise entspannter ist, hat er an dem eigentlichen Problem nichts geändert.[15]

In unserer heutigen Gesellschaft sind wir jedoch ständig von Gewalt umgeben, sie gehört in Büchern, Filmen und Werbespots genauso zum Alltag wie in den die Wirklichkeit abbildenden Nachrichten.

Bei Nachrichtensendungen, die brutale Bilder von Kriegsgeschehen oder den Folgen terroristischer Anschläge zeigen, kann die menschliche Wahrnehmung zwischen Horrorfiktion und Realität unterscheiden, obwohl ihr keine Kriterien an die Hand gegeben werden, dennoch werden solche Sendungen nicht auf den Index gesetzt. Ebenso können wir zwischen Videospiel und Realität unterscheiden, wie der Diplompädagoge Wolfgang Schindler argumentiert.[16]

Dieses Beispiel führt zu der häufig gestellten Frage, ob Videospiele, anstatt Gewalt zu fördern, nicht einfach nur unsere heutige Welt abbilden – also nicht die Menschen die Computerspiele, sondern vielmehr die Computerspiele die Menschen nachahmen.

4.2 Positive Wirkungen

4.2.1 Sensomotorischer Bereich

Schon 1983 belegten Schneeklotz/Emsbach in einer empirischen Studie, dass durch Telespiele u.a. motorische Geschicklichkeit, sensomotorische Koordination, zielgerichtetes Reagieren und Dezentrierung der visuellen Wahrnehmung trainiert werden.[17]

Die Erfahrung, dass sich häufiges Video- und Computerspielen günstig auf die Auge-Hand-Koordination auswirkt[18] und die Tatsache, dass Videospiele meist ein sehr hohes Maß an Aufmerksamkeit verlangen, sich daher positiv auf die Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer auswirken können,[19] werden oft als positiver Effekt hervorgehoben.

Derartige Erkenntnisse gelten inzwischen als gesichert. Inwieweit diese Fähigkeiten allerdings vom Computerspiel auf alltägliche Situationen übertragen werden können, ist noch nicht zweifelsfrei geklärt.

4.2.2 Kognitiver Bereich

Computerspielen wird häufig unterstellt, sie würden dumm machen. In Deutschland wurden besorgte Eltern Ende 2004 in der ZDF-Sendung „Frontal 21“ erneut mit dieser Theorie konfrontiert. Christian Stöcker von „spiegel-online“ hat aus diesem Anlass die neuesten Gegenthesen zusammengestellt.[20]

Demnach glauben inzwischen viele Forscher daran, dass Computerspiele sich günstig auf die kognitive Entwicklung von Kindern und Jugendlichen auswirken können. Ein Grund dafür ist, dass viele Computerspiele Fähigkeiten fördern, die in nicht-sprachlichen Intelligenztests geprüft werden.[21]

Diese Annahme spiegelt sich schon seit Anfang der 80er Jahre im sogenannten „Flynn-Effekt“ wieder. Der neuseeländische Wissenschaftler James Flynn hatte einen Anstieg des IQs in der jüngeren Generation festgestellt, der sich allerdings nur auf kognitive Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeiten beschränkte. Diese inzwischen mehrfach bestätigte Erkenntnis wird u.a. der Tatsache zugeschrieben, dass junge Menschen in einer immer komplexeren und dynamischeren Welt aufwachsen, wobei auch das Spielen mit dem Computer diese Fähigkeiten fördert.[22]

„Man nimmt an, dass beispielsweise Computerspiele - oft im Gegensatz zum passiven Fernsehen - die Visualisierungs-, Konzentrations- und Problemlösungsfähigkeiten verbessern und natürlich die Kinder insgesamt auf ihre Arbeit in einer mit Computern ausgestatteten Informationsum- und -arbeitswelt vorbereiten, schließlich braucht man häufig dieselben Fertigkeiten in Computerspielen und Programmumgebungen, mit denen man arbeitet.“[23]

[...]


[1] Vgl. Schindler, Wolfgang: Doomes Zeug? Fragwürdige Video- und Computerspiele – eine Option für Lern- und Bildungsprozesse. In: Fromme, Johannes/Meder, Nobert (Hrsg.): Bildung und Computerspiele. Zum kreativen Umgang mit elektronischen Bildschirmspielen. Opladen 2001, S. 29

[2] Vgl. Klimmt, Christoph: Der Nutzen von Computerspielen – ein optimistischer Blick auf interaktive Unterhaltung. In: Medien + Erziehung. Zeitschrift für Medienpädagogik, Nr. 3, 48. Jahrgang, Juni 2004, S. 10

[3] Schindler: Doomes Zeug, S. 36

[4] Schindler: Doomes Zeug, S. 32

[5] Vgl. Dittler: Ullrich: Software statt Teddybär. Computerspiele und die pädagogische Auseinandersetzung. München 1993, S. 112

[6] Vgl. Dittler: Teddybär, S. 111

[7] Vgl. Schell/Schorb, S. 39

[8] Vgl. Schwab, Jürgen/Stegmann, Michael: Die Windows-Generation. Profile, Chancen und Grenzen jugendlicher Computeraneignung. München 1999, S. 140

[9] Vgl. Schwab/Stegmann, Windows-Generation, S. 140; vgl. auch Jörns, Gerald: Bewertungskriterien bei Computerspielen, 25.06.1999. Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/html/result.xhtml?url=/tp/r4/artikel/6/6426/1.html&words=Computerspiel [letztmalig aufgerufen am 11.10.05]

[10] Vgl. Schwab/Stegmann; Windows-Generation, S. 140/141; vgl. auch Jörns: Bewertungskriterien

[11] Vgl. Schwab/Stegmann, Windows-Generation, S. 140

[12] Vgl. Schwab/Stegmann, Windows-Generation, S. 140; vgl. auch Jörns: Bewertungskriterien

[13] Vgl. Schwab/Stegmann, Windows-Generation, S. 141; vgl. auch Jörns: Bewertungskriterien

[14] Vgl. Fritz, Jürgen/Fehr, Wolfgang: Computerspiele als Fortsetzung des Alltags. Wie sich Spielwelten und Lebenswelten verschränken. In: Fritz, Jürgen/Fehr, Wolfgang (Hrsg.): Computerspiele. Virtuelle Spiel- und Lernwelten. Bonn 2003, Beitrag auf beiliegender CD-ROM, S. 16;

vgl. auch Fritz, Jürgen: Wie wirken Videospiele auf Kinder und Jugendliche? In: Fritz, Jürgen (Hrsg.): Programmiert zum Kriegspielen. Weltbilder und Bilderwelten im Videospiel. Bonn 1988, S. 205

[15] Vgl. Fritz: Wie wirken Videospiele, S. 206

[16] Schindler: Doomes Zeug, S. 34

[17] Vgl. Schneekloth, Hans Dieter/Emsbach, Michael: Wirkungsdimensionen des Videospiels. Eine psychologisch-soziologische Untersuchung. Braunschweig 1983. S. 83

[18] Vgl. Kraam-Aulenbach, Nadia: Spielend schlauer. Computerspiele fordern und fördern die Fähigkeit Probleme zu lösen. In: Fritz, Jürgen/Fehr, Wolfgang (Hrsg.): Computerspiele. Virtuelle Spiel- und Lernwelten. Bonn 2003, Beitrag auf beiliegender CD-ROM, S. 24

[19] Vgl. Rötzer, Florian: Computerspiele verbessern sie Aufmerksamkeit, 29.05.2003. Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/14/14900/1.html [letztmalig aufgerufen am 11.10.05];

vgl. auch Kraam-Aulenbach, Spielend schlauer, S. 24

[20] Vgl. Stöcker, Christian: Gehirntraining mit dem Shooter, 29.12.2004. Quelle: http://premium-link.net/$62535$793427012$/0,1518,333935_eza_00050-333935,00.html (spiegel-online) [letztmalig aufgerufen am 09.05.2005]

[21] Vgl. Stöcker, Gehirntraining

[22] Rötzer, Florian: Die Menschen werden immer intelligenter, 25.02.1998. Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/2/2274/1.html [letztmalig aufgerufen am 11.10.05]

[23] Rötzer, Die Menschen werden immer intelligenter

Excerpt out of 24 pages

Details

Title
Kinder und Jugendliche und Computerspiele
Subtitle
Eine Suche nach positiver Wirkung und Einsatzmöglichkeiten
College
Free University of Berlin
Grade
1,0
Author
Year
2005
Pages
24
Catalog Number
V74368
ISBN (eBook)
9783638681438
File size
469 KB
Language
German
Keywords
Kinder, Jugendliche, Computerspiele
Quote paper
Mareike Brans (Author), 2005, Kinder und Jugendliche und Computerspiele, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74368

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