Da Unternehmen heutzutage in einem turbulenten wirtschaftlichen Umfeld agieren, ist die Erforschung des Konsumentenverhaltens heute wichtiger für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens als je zuvor. Daher wird hier im ersten Schritt das Verhalten von Konsumenten näher betrachtet. Bevor allerdings auf Veränderungstendenzen in diesem Verhalten eingegangen wird, muss der allgemeine Ablauf menschlichen Verhaltens analysiert werden. Dafür wird dieses in psychische Variablen (aktivierende und kognitive Prozesse) und Umweltvariablen (physische und soziale Umwelt) unterteilt. Die Umweltvariablen finden ihren Einfluss auf das Verhalten über den Weg der psychischen Variablen (z. B. in einer Veränderung der Einstellungen). Nach dieser allgemeinen Betrachtung werden die in den letzten Jahren veränderten Einflussfaktoren auf das menschliche Verhalten reflektiert. Dazu werden drei Bereiche von Einflussfaktoren auf das Konsumentenverhalten herausgegriffen. Der zuerst betrachtete Einflussfaktor stellt einen in unserer Gesellschaft stattgefundenen Wertewandel dar, welcher sich durch die Tendenz zur Hedonisierung, die Tendenz zur Sublimierung und die Tendenz zur Individualisierung charakterisiert. Es hat allerdings nicht nur ein Wandel der Werte stattgefunden, sondern auch eine Veränderung sozialer Strukturen, die sich in einem veränderten Konsumentenverhalten niederschlagen. Einflüsse durch eine Veränderung der Informations- und Kommunikationsstrukturen stellt den zuletzt betrachteten Einflussbereich dar.
Im nächsten Schritt werden die veränderten Informations- und Kommunikations-strukturen im Bereich der Internetkommunikation und der mobilen Telekommunikation betrachtet. Dabei soll zunächst die Frage beantwortet werden, wie diese Medien durch Konsumenten genutzt werden und welche besonderen Eigenschaften diese Medien aufweisen. Danach wird betrachtet, welche neuen Marketinginstrumente (z. B. Online-Events oder Keyword Advertising) durch die neuen Medien existieren. Aufgrund einer Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten für das Marketing wird hier der Schwerpunkt auf Werbeformen dieses Bereichs gelegt und deren verschiedene Einsatzmöglichkeiten näher betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis II
II. Abkürzungsverzeichnis IV
III. Anhangsverzeichnis IV
1 [ Einleitung ]
1.1 [ Problemstellung ]
1.2 [ Begriffliche Abgrenzung ]
2 [ Verändertes Konsumentenverhalten ]
2.1 [ Bedeutung des Konsumentenverhaltens ]
2.2 [ Die Verhaltensforschung]
2.2.1 [ Aktueller Trend der Verhaltensforschung ]
2.2.2 [ Funktionsprinzip menschlichen Verhaltens ]
2.2.2.1 [ Betrachtete Determinanten ]
2.2.2.2 [ Aktivierende Prozesse ]
2.2.2.3 [ Kognitive Prozesse ]
2.2.2.4 [ Umwelteinflüsse auf das menschliche Verhalten ]
2.3 [ Veränderung des Konsumentenverhaltens ]
2.3.1 [ Wandel der persönlichen Werte ]
2.3.2 [ Wandel sozialer und kultureller Strukturen ]
2.3.3 [ Wandel durch technische Veränderung ]
2.4 [ Zusammenfassung ]
3 [ Veränderte Kommunikations- und Informationsinfrastrukturen ]
3.1 [ Veränderung der Infrastrukturen aufgrund neuer Medien ]
3.2 [ Die Nutzung von neuen Medien ]
3.3 [ Marketingformen im Internet ]
3.3.1 [ Klassische Online-Werbeformen ]
3.3.2 [ Neue Online-Werbeformen ]
3.3.2.1 [ Website-Werbung ]
3.3.2.2 [ Integrierte und kooperative Werbeformen ]
3.3.2.3 [ Online Events ]
3.4 [ Mobile Marketingformen ]
3.4.1 [ Mobile Advertising ]
3.4.2 [ Mobile Marketing als Rückkanal im Medienverbund ]
[ Seite III ]
3.4.3 [ Ortsbezogene mobile Marketinginstrumente ]
3.5 [ Zusammenfassung ]
4 [ Strategien zur Kundenkommunikation ]
4.1 [ Grundgedanken systemischen Marketings ]
4.2 [ Vorgehensstrukturierung ]
4.3 [ Einordnung neuer Medien in den Marketingkomplex]
4.4 [ Gesamtkontextuale Werbeformen-Empfehlungen ]
5 [ Fazit ]
V. Anhang
VI. Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anhangsverzeichnis
Anhang 1: „Definitionen“ VII
Anhang 2: „Psychische Determinanten des Verhaltens“
Anhang 3: „Die Anatomie der Formatio reticularis“
Anhang 4: „Die Anatomie des Limbischen Systems“
Anhang 5: „Das menschliche Gedächtnis“
Anhang 6: „Ausgewählte Statistiken zur Internet- und Handynutzung“
Anhang 7: „Germanwings Aktionen“
Anhang 8: „Der Solution Cycle“
1 [ Einleitung ]
1.1 [ Problemstellung ]
In einem turbulenten Umfeld wie der Medienbranche ergeben sich für Marketingaktivitäten im instrumentellen Bereich ständig Erneuerungen. Aber nicht nur Konkurrenz und technische Entwicklung gestalten den ständigen Umbruch des Unternehmensumfeldes, sondern mittlerweile auch das sich verändernde Konsumentenverhalten. Konsumenten stellen inzwischen eine sich ständig wandelnde Größe dar. Ihr Verhalten wird sowohl durch kulturelle, gesellschaftliche als auch technische Veränderungen beeinflusst. Gerade für den Einsatz neuer Medien bedeutet dies eine Beschäftigung mit zwei dynamischen und komplexen Themenbereichen. Um beantworten zu können, wie Unternehmen neue Medien unter einer besonderen Betrachtung eines veränderten Konsumentenverhaltens benutzen können, soll zunächst jeder Teilbereich isoliert betrachtet werden. Erst danach kann auf Handlungsempfehlungen für Marketingaktivitäten dieses Problembereichs eingegangen werden.
Da Unternehmen heutzutage in einem turbulenten wirtschaftlichen Umfeld agieren, ist die Erforschung des Konsumentenverhaltens heute wichtiger für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens als je zuvor. Daher wird hier im ersten Schritt das Verhalten von Konsumenten näher betrachtet. Bevor allerdings auf Änderungstendenzen in diesem Verhalten eingegangen wird, muss der allgemeine Ablauf menschlichen Verhaltens analysiert werden. Dafür wird dieses in psychische Variablen (aktivierende und kognitive Prozesse) und Umweltvariablen (physische und soziale Umwelt) unterteilt. Die Umweltvariablen finden ihren Einfluss auf das Verhalten über den Weg der psychischen Variablen (z. B. in einer Veränderung der Einstellungen). Nach dieser allgemeinen Betrachtung werden die in den letzten Jahren veränderten Einflussfaktoren auf das menschliche Verhalten reflektiert. Dazu werden drei Bereiche von Einflussfaktoren auf das Konsumentenverhalten herausgegriffen. Der zuerst betrachtete Einflussfaktor stellt einen in unserer Gesellschaft stattgefundenen Wertewandel dar, welcher sich durch die Tendenz zur Hedonisierung, die Tendenz zur Sublimierung und die Tendenz zur Individualisierung charakterisiert. Es hat allerdings nicht nur ein Wandel der Werte stattgefunden, sondern auch eine Veränderung sozialer Strukturen, die sich in einem veränderten Konsumentenverhalten niederschlagen. Einflüsse durch eine Veränderung der Informations- und Kommunikationsstrukturen stellt den zuletzt betrachteten Einflussbereich dar.
Im nächsten Schritt werden die veränderten Informations- und Kommunikations- strukturen im Bereich der Internetkommunikation und der mobilen Telekommunikation betrachtet. Dabei soll zunächst die Frage beantwortet werden, wie diese Medien durch Konsumenten genutzt werden und welche besonderen Eigenschaften diese Medien aufweisen. Danach wird betrachtet, welche neuen Marketinginstrumente (z. B. Online- Events oder Keyword Advertising) durch die neuen Medien existieren. Aufgrund einer Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten für das Marketing wird hier der Schwerpunkt auf Werbeformen dieses Bereichs gelegt und deren verschiedene Einsatzmöglichkeiten näher betrachtet.
Nach der Schaffung einer gemeinsamen Wissensbasis soll abschließend diskutiert werden, wie Unternehmen diese zwei Problembereiche innerhalb eines Gesamtkontextes so verbinden können, um die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Marketingstrategien zu erhöhen. Dafür soll zuerst der Begriff des systemischen Handelns und Denkens im Marketingkontext erläutert werden, um danach ein Vorgehen zur Gestaltung von Problemlösungsprozessen zu empfehlen. Bevor allerdings kritisch auf mögliche Handlungsempfehlungen für den Einsatz neuer Medien im Marketing unter einer besonderen Betrachtung eines veränderten Konsumentenverhaltens eingegangen werden kann, sollen zur besseren Orientierung noch die Instrumente neuer Medien in den Marketingkomplex eingeordnet werden.
1.2 [ Begriffliche Abgrenzung ]
Die Literatur bietet zahlreiche Definitionen zu den hier betrachteten Bereichen an, woher auch ein unterschiedliches Verständnis von Begriffen resultiert. Daher soll im Folgenden kurz ein gemeinsames Verständnis der wichtigsten Begriffe geschaffen werden. Dafür wurden im Anhang verschiedene Definitionen der einzelnen Bereiche aufgeführt.
Unter dem Begriff Konsumentenverhalten soll hier das Konsumentenverhalten i. w. S. nach der Definition nach Kroeber-Riehl verstanden werden, also das allgemeine Verhalten des Letztverbrauchers. Wobei in dieser Arbeit ein besonderer Augenschein auf die allgemeinen Funktionsabläufe des menschlichen Gehirns gelegt wird, aus denen ein Verhalten resultiert.1
Bei der Frage nach neuen Medien ist entscheidend, für wen welches Medium neu ist und zu welcher Zeit diese Definitionen Gültigkeit hatten. Daher existieren Definitionen, bei denen das Radio als neues Medium definiert wurde. In dieser Arbeit wird jedoch unter neuen Medien das Internet und mobile Telekommunikationsgeräte (Mobiltelefone) verstanden.2
Der Begriff des Marketings ist der älteste und weit differenzierteste hier betrachtete Begriff. Darunter wird im Folgenden die systemische Sicht des Marketings nach Bergmann verstanden.3
2 [ Verändertes Konsumentenverhalten ]
2.1 [ Bedeutung des Konsumentenverhaltens ]
Entgegen eines früheren relativ konsistenten Konsumentenverhaltens ist dieses heute von einer starken Eigendynamik bestimmt.4Gerade für die Marketingaktivitäten von Unternehmen ist dieser Tatbestand besonders brisant. Damit diese nachhaltig erfolgreich sein können, müssen Trends frühzeitig erkannt und es muss auf diese reagiert werden.5
Um erklären zu können, wodurch diese Veränderungen verursacht worden sind und wo diese hinführen könnten, ist es im systemischen Sinne notwendig, sich von den klassischen linearen Erklärungsmustern abzuwenden. Menschliches Verhalten ist ein komplexes System, bei dem die kleinste Veränderung einer Variablen zu Veränderung im Verhalten führen kann. Somit muss bei der Erforschung des Konsumentenverhaltens das System als Ganzes betrachtet werden, was eine Umstellung der Denkmuster erfordert. Zu beobachten ist eine derartige Tendenz in der Verhaltensforschung bereits durch ihre Interdisziplinarität. Sie setzt sich aus der Psychologie, Soziologie, Sozialpsychologie, Verhaltensbiologie und physiologischen Verhaltenswissenschaft zusammen. Leider arbeiten diese Wissenschaften nicht in allen Bereichen eng zusammen, weshalb auch mehrere Forschungsparadigmen um ihre Akzeptanz konkurrieren.6
2.2 [ Die Verhaltensforschung]
2.2.1 [ Aktueller Trend der Verhaltensforschung ]
Die Verhaltensforschung, wie auch andere wissenschaftliche Forschungsbereiche, befindet sich in einer permanenten Weiterentwicklung. Gerade in Krisenzeiten werden Theorien weiter geformt und bisher geltende Ansätze verworfen, da in diesen Zeiten oft eine Unzufriedenheit (vor allem der Praxis) mit vorherrschenden Lösungsansätzen besteht. Somit ist dieser Prozess weniger rational als sozial zu beurteilen.7
Um menschliches Verhalten umfassend erklären zu können, muss man dieses komplexe System in seine verschiedenen Subsysteme aufspalten. Psychische Prozesse des menschlichen Verhaltens unterteilen sich in aktivierende und kognitive Vorgänge. Aktivierende Vorgänge (Emotionen, Motivationen und Einstellungen) stellen eine innere Erregung dar und beeinflussen das Verhalten maßgeblich. Sie gehen immer in einer engen Verflechtung mit kognitiven Prozessen einher und umgekehrt. Um jedoch das Konsumentenverhalten umfassend beurteilen zu können, muss man neben den psychischen Prozessen auch die Variablen betrachten, die darauf einwirken wie die physische und soziale Umwelt. Gerade das soziale Umfeld beeinflusst das menschliche Verhalten nachhaltig und unbewusst.8
Die aktuelle Literatur wird sehr stark von kognitiven Methoden und Theorien dominiert, wobei häufig Totalmodelle mit der Betrachtung des Entscheidungs-, Informationsverarbeitungs- und Bewertungsprozesses angewendet werden. Allerdings tendiert die verhaltenswissenschaftliche Konsumentenforschung in der letzten Zeit immer stärker zu Erklärungsmodellen der Psychophysiologie (Verhaltensneuro- wissenschaft). Dabei wird untersucht, wie psychische und biologische Vorgänge im Bezug auf Emotion, Motivation, und Einstellung korrelieren. Diese Entwicklung resultiert aus Widersprüchen und Mängeln kognitiver Modelle im Bezug auf reaktives und unbewusstes Verhalten. Kognitive Modelle zielen darauf ab, menschliches Verhalten als Ergebnis eines bewussten informationsverarbeitenden Vorgangs zu beschreiben. Große Teile des Konsumentenverhaltens scheinen jedoch stärker emotional und unbewusst abzulaufen. Zwischen 80% und 90% aller empirischen Untersuchungen werden durch verbale Messmethoden (z. B. Befragungen) durchgeführt. Dieses Vorgehen erfasst vor allem kognitiv kontrollierte Verhaltensweisen und Einstellungen und vernachlässigt emotionales und unbewusstes Verhalten. Dieser Teil menschlichen Verhaltens lässt sich auch nur schwer mit kognitiven Modellen erklären. Diese Vernachlässigung erklärt auch die Kritik der Praxis an den vorherrschenden kognitiven Problemlösungsmodellen. Die Kritik resultiert also nicht aus einer Unbrauchbarkeit dieser Modelle, sondern aus dem Vernachlässigen einiger Teile des komplexen Vorgangs menschlichen Verhaltens. Somit können kognitive Totalmodelle dank der Psychophysiologie um die unbewusste und emotionale Komponente ergänzt werden.9
2.2.2 [ Funktionsprinzip menschlichen Verhaltens ]
2.2.2.1 [ Betrachtete Determinanten ]
Wie bereits beschrieben worden ist, stellt das menschliche Verhalten ein komplexes System dar, bei dem fraglich ist, ob alle Variablen umfassend betrachtet werden können. Daher beschränkt sich die vorliegende Arbeit im Nachfolgenden auf drei Einflussbereiche.10
Die ersten beiden Bereiche (aktivierende und kognitive Prozesse) bilden das System der psychischen Variablen des menschlichen Verhaltens.11Aktivierende Prozesse sind unterbewusste Vorgänge, die das Verhalten initiieren und es aufrecht erhalten. Kognitive Prozesse bilden dahingegen einen bewussteren informationsverarbeitenden Prozess ab. Bei der Erklärung dieser beiden Prozesse spielen neuere Erkenntnisse der Psychophysiologie eine große Rolle. Diese psychischen Prozesse können sowohl durch Außenreize der Umwelt (z. B. einer Konversation) oder durch Innenreize (z. B. spontaner Einfall, Hormonspiegel) des einzelnen Individuums ausgelöst werden. Da aktivierende und kognitive Prozesse vorwiegend miteinander einhergehen, werden diese Vorgänge als komplexe Prozesse beschrieben. Andernfalls handelt es sich um elementare Prozesse.12
Um beurteilen zu können, ob ein komplexer psychischer Prozess nun zu den aktivierenden oder kognitiven Variablen gehört, muss bestimmt werden, welche von beiden Einflussgrößen dominiert. Komplexe aktivierende Prozesse zeichnen sich durch ihre starke Aktivierungskraft auf das menschliche Verhalten aus. Kognitive komplexe Prozesse hingegen werden durch ein starkes bewusstes Verhalten charakterisiert.13
Den dritte betrachteten Einflussbereich auf das Konsumentenverhalten stellen Umwelteinflüsse dar. Diese setzen sich aus Einflüssen der physischen und sozialen Umwelt zusammen. Sie beeinflussen das Verhalten nur indirekt über die psychischen Variablen. Gerade in der heutigen Zeit sind immer stärker Einflüsse auf das Verhalten durch die Medienumwelt zu beobachten.14
2.2.2.2 [ Aktivierende Prozesse ]
Unter aktivierenden Prozessen werden Antriebskräfte verstanden, die dafür sorgen, dass das menschliche Verhalten initiiert und aufrechterhalten wird. Sozusagen sind aktivierende Prozesse die Zündkerze und der Motor menschlichen Verhaltens. Sie charakterisieren sich durch folgende drei aufeinander aufbauende Größen, mit denen man das Zustandekommen menschlichen Verhaltens erklären kann:15
- Emotion
- Motivation b Einstellung
Emotionen sind die Grundlage für Motivationen und Einstellungen. Sie stellen ein Empfinden nach innen auf das eigene Erleben dar. Motivationen weisen im Gegensatz zu Emotionen eine Handlungsorientierung auf und können somit als Emotionen mit einer direkten (kognitiven) Zielorientierung definiert werden. Einstellungen haben eine hohe Objektorientierung und stellen sich als Motivationen mit einer (kognitiven) Objektbeurteilung dar. Gekennzeichnet werden alle drei Zustände durch ihre Aktivierungsintention auf das menschliche Verhalten.16
Wie stark diese Größen das Verhalten initiieren und ihm eine Richtung geben, hängt davon ab, wie hoch die Antriebsstärke aus der freigegebenen psychischen Energie ist.
Mit erhöhter Antriebsstärke steigt die Wahrscheinlichkeit des Verhaltens. Wie die neuere Psychophysiologie zeigt, entstammen Emotionen, Motivationen und Einstellungen aus einem komplexen Miteinander verschiedener Bereiche des Zentralnervensystems und dem autonomen Nervensystem. Emotionen zeigen sogar Rückwirkungen auf das Immun- und Hormonsystem. Die psychoneuroimmunologische Forschung zeigt die Verbindung zwischen dem Nervensystem (zentral und peripher) und dem Immunsystem über das endokrine (Hormon-) System auf.17
Für die Konsumentenverhaltensforschung im Bezug auf Aktivierungsvorgänge sind insbesondere die beteiligten Gehirnbereiche der Formatio reticularis, des Hypothalamus und des limbischen Systems zu betrachten.18
Die Formatio reticularis, auch Retikularformation19genannt, ist eine anatomisch schwer zu bestimmende Struktur, die den Hirnstamm durchzieht. Sie zeigt eine Vielzahl an Verbindungen zu nahezu allen Sinnesorganen und zahlreichen Gehirnregionen. Darunter befinden sich auch das Limbische System und der Hypothalamus. Die vielzähligen Aufgaben dieser Gehirnregion sind bisher nur unvollkommen bestimmt worden, jedoch sind zwei Funktionen besonders wichtig für die Erforschung des Konsumentenverhaltens. Zum einem ist die Formatio reticularis dafür verantwortlich, den Organismus in einen allgemeinen, unspezifischen Aktivierungszustand zu bringen und zu erhalten. Im Gegensatz zu einer spezifischen Aktivierung umfasst der unspezifische Aktivierungszustand eine allgemeine tonische (lang anhaltende) Wachheit des Organismus. Dabei wird die Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit des Organismus in Funktionsbereitschaft versetzt. Zum anderen verstärkt oder schwächt die Retikularformation die Aufnahme von sensorischen und motorischen Reizen und leitet diese Informationen unter anderem an den Hypothalamus und das Limbische System weiter. Somit lenkt die Retikularformation die Aufmerksamkeit auf die verstärkten Reize (Selektion).20
Der Hypothalamus besteht aus mehreren Kernen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Grob gesagt ist dieser Bereich des Gehirns die Produktionsstätte für Hormone und Neuropeptide. Daher ist er unter anderem verantwortlich für die Regulation von homöostatischen Trieben. Diese homöostatischen Zustände werden nicht durch externe Reize ausgelöst, sondern durch innere wie z. B. den Hormon-, Blutzucker- oder Adrenalinspiegel. Allerdings zeigen einige Teile des Hypothalamus eine so enge Verbindung zum Limbischen System auf, dass sie diesem zugeordnet werden müssen und auch an dessen Funktionen (z. B. nicht homöostatischen Triebe) beteiligt sind.21
Das Limbische System22stellt ein Randgebiet zwischen dem Hirnstamm und dem Großhirn dar. Es ist neben den verschiedensten Aufgaben zentral an zwei hier hervorzuhebenden Funktionen beteiligt.23
Die emotionale Bewertung von Situationen und Speicherung von Emotionen24stellt die erste zentrale Funktion dar. Ist man mit einer Situation oder Information konfrontiert, wird im Limbischen System überprüft, ob es Erfahrungen mit diesem oder einem ähnlichen Tatbestand gab, und darauf hin die entsprechenden Emotionen abgerufen. Danach kann unterbewusst bewertet werden, ob der Tatbestand für das Individuum vorteilhaft (z. B. glücksbescherend) oder nachteilig (z. B. schmerzhaft) ist und das Verhalten daraufhin bewusst und unterbewusst ausgerichtet. Erst nach der unbewussten Bewertung des Tatbestandes wird über den Weg der Hippocampus-Formation diese Emotion gefühlt. Somit stellt die bewusste Wahrnehmung von Emotionen einen nachgelagerten Prozess dar. Dieses Bewertungssystem besitzen nicht nur die Menschen, sondern auch alle Wirbeltiere und sichert somit deren Überleben.25
Zudem stellt das Limbische System auch einen Funktionsbereich des Lernvorgangs dar. Über den Papez’schen Schaltkreis werden Informationen vom Kurz- in das Langzeitgedächtnis übertragen. Aufgrund der wechselseitigen Verbindung mit der Retikularformation kann durch emotional wirkende externe Reize die Lern- und Handlungsbereitschaft positiv aktiviert werden. Über den basolateralen limbischen Kreis werden die aufgenommenen Informationen emotional beurteilt und somit deren Wichtigkeit für die Aufnahme in das Langzeitgedächtnis festgelegt.26
In den vorhergehenden Ausführungen war zu erkennen, dass der menschliche Organismus durch Reize aktiviert werden kann. Dabei wird zwischen inneren und äußeren Reizen unterschieden. Innere Reize stellen Stoffwechselvorgänge (z. B. Blutzucker- oder Adrenalinspiegel) dar und äußere Reize können Töne, Bilder, Texte, Gerüche, Geschmäcke etc. sein. Dabei lösen äußere Reize nicht unmittelbar eine Aktivierung aus, sondern gehen den oben beschriebenen Weg über eine erste grobe emotionale Bewertung. Reize werden aber von Individuen sehr unterschiedlich emotional bewertet, wodurch der gleiche Reiz bei verschiedenen Personen unterschiedlich starke Aktivierungszustände auslösen kann. Bei schwachen Aktivierungszuständen verläuft der nachgelagerte kognitive Verarbeitungsprozess ebenfalls sehr schwach ab,27was sich dementsprechend in einer schwachen Auswirkung auf das Verhalten niederschlägt.28
Nachdem geklärt worden ist, welche neurologischen Bereiche bei der Aktivierung des menschlichen Organismus beteiligt sind, soll nun näher auf die einzelnen spezifischen Antriebskräfte eingegangen werden.
Emotionen stellen, wie bereits geklärt worden ist, die Grundlage für Motivationen und Einstellungen dar.29Es sind komplexe Vorgänge, zu deren Erklärung zahlreiche um ihre Akzeptanz konkurrierende Theorien existieren. Eine klassische Theorie stellt der kognitive Ansatz nach Schachter dar, bei dem allerdings biologische bzw. neurologische Aspekte fast gänzlich vernachlässigt werden. Komplexe Vorgänge wie Emotionen müssen umfassend betrachtet werden. Daher werden im Nachfolgenden Emotionen auf Grundlage des Modells von Plutchik betrachtet30, welches auch die biologische Komponente in seine Überlegungen miteinbezieht.31
Dieses Modell geht davon aus, dass acht Emotionen existieren, die im Evolutionsprozess entstanden sind, um den Menschen vor seiner Umwelt zu schützen und ihn auf Umwelteinflüsse reagieren zu lassen. Dabei handelt es sich um folgende so genannte primäre Emotionen, die im Menschen genetisch vorprogrammiert sind:32
Furcht b Akzeptanz
- Ärger b Ekel
- Freude b Erwartung
-Traurigkeit b Überraschung
Alle weiteren Emotionen sind sehr komplexe Konstrukte, die sich als Kombination aus den acht primären Emotionen darstellen und als gelernte Emotionen definiert werden können. Welche Emotionen und wie diese wahrgenommen werden (sowohl primäre, als auch erlernte Emotionen), ist individuell unterschiedlich. Diese unterschiedliche Wahrnehmung resultiert aus kulturellen und sozialen Einflüssen, die auf ein Individuum im Laufe seines Lebens einströmen. Somit zeigt sich hier bei der Basis aller aktivierenden Prozesse die Rolle der später genauer zu beschreibenden Umwelteinflüssen.
Die Wahrnehmung von Emotionen stellt einen mehr oder weniger bewussten Vorgang dar, der auch kognitive Elemente beinhaltet, wobei die Bewusstheit der Emotionalität einen in der Verhaltensforschung stark diskutierten Sachverhalt darstellt. Sicher ist ebenfalls noch nicht, inwiefern Emotionen sprachlich exakt geäußert werden können. Die neuere Gehirn- und Imagery-Forschung tendiert allerdings dazu, dass Emotionen weniger gut sprachlich geäußert werden können und sich stärker als Assoziationen (Farben, Bilder, Situationen, Gerüche etc.) im menschlichen Gehirn darstellen.33
Motivationen richten das menschliche Verhalten auf bestimmte Ziele aus und setzten sich aus einer aktivierenden Komponente (Emotionen oder Triebe34) und einer kognitiven Komponente zusammen. Motivationen besitzen also einen kognitiven Ausrichtungsmechanismus, der die emotionale (oder triebgesteuerte) Antriebskraft auf ein bestimmtes Ziel ausrichtet. Bei der Entstehung von Motivationen stehen Emotionen
(und/oder Triebe) und kognitive Prozesse in einem ständigen Kontakt und beeinflussen sich wechselseitig. Während der kognitiven Prozesse werden von dem Individuum zwei Einflussgrößen betrachtet. Diese Größen sind der Ziel-Mittel-Zusammenhang und der subjektive Wert des Ziels.35
Aktuelle Motivationstheorien versuchen Motivationen allgemein und wenig spezifisch zu kategorisieren. Die Vielzahl von Erklärungsmodellen zu dieser Thematik lässt sich auf die Wichtigkeit von Motiven für den Erfolg eines Unternehmens zurückführen. Motive weisen einen direkten Zielbezug auf, den sich ein Unternehmen zunutze machen möchte, um Menschen dahingehend zu beeinflussen, dass sie ihr Produkt konsumieren. Aufgrund der Vielzahl von Motivationstheorien und noch nicht endgültig geklärten
Fragestellungen der Motivationsforschung36werden hier nur zwei Kategorisierungsmöglichkeiten angeschnitten.
Maslow kategorisiert Motive in seiner polythematischen Motivtheorie37 nach physiologisch bedingten Grundmotiven (z. B. Hungerbefriedigung) und nach Motivationen höherer Klassen (soziale Ziele oder Ziele der Selbstverwirklichung).38Steven Reis dagegen unterteilt Motive in 16 Lebensmotive, die angeboren sind und aufgrund ihrer selbst willen ausgeführt werden. Dabei charakterisiert sich die Persönlichkeit eines Individuums aus einer einzigartigen Kombination einer begrenzten Anzahl aus eben diesen 16 Lebensmotiven.39
Einstellungen erweitern den Motivationsbegriff um eine kognitive Bestandsbeurteilung. Ein Individuum beurteilt somit mittels kognitiver Vorgänge ein Objekt40 bezüglich der Befriedigungseignung einer Motivation. Diese Beurteilung erfolgt durch subjektiv gefärbte Vorgänge, die auf im menschlichen Gehirn bereits gespeichertes Wissen und Emotionen zurückgreifen.41
2.2.2.3 [ Kognitive Prozesse ]
Kognitive Prozesse stellen gedankliche, mehr oder weniger rationale Vorgänge dar. Diese ermöglichen dem Individuum, sich und seine Umwelt zu erkennen und sein
Verhalten gewollt zu kontrollieren und zu steuern. Kognitive Prozesse können in folgende drei Bereiche unterteilt werden:42
- Informationsaufnahme (Wahrnehmen)
-Informationsverarbeitung (Wahrnehmen, Denken, Entscheiden) b Informationsspeicherung (Lernen, Gedächtnis)
Allgemein lassen sich diese Vorgänge mittels des zeitabhängigen Dreispeichersystems43 erklären. Dabei werden die aufgenommenen Reize durch eine Umwandlung in bioelektrische Impulse in einem Ultrakurzzeitspeicher (sensorischer Speicher) abgelegt. Aufgabe dieses Speichers ist, Reize passiv vorzuhalten, damit die verschiedenartigen Reize einer Situation zu einem Gesamtbild zusammengesetzt werden können. Abhängig von dem Aktivierungspotential der Reizkonstellationen wird nur ein bestimmter Teil der aufgenommenen Reize zur weiteren Verarbeitung in den Kurzzeitspeicher transferiert (Selektion). Dort werden die Reize durch Entschlüsselung in kognitiv verarbeitbare Informationen umgewandelt und für die weitere Verarbeitung vorgehalten. Im Kurzzeitgedächtnis wird die aktive Informationsverarbeitung initiiert und durchgeführt, indem die aufgenommen Informationen mit bereits abgespeicherten Informationen des Langzeitgedächtnisses abgeglichen werden.44Erst hier erlebt das menschliche Individuum eine bewusste aktive Verarbeitung der Informationen. Im Langzeitspeicher (Gedächtnis) werden die zuvor verarbeiteten Informationen dauerhaft abgespeichert, indem die zugrunde liegenden bioelektrischen Impulse in Form von biochemischen Substanzen dauerhaft gebunden werden.45
Die Informationsaufnahme umfasst alle Vorgänge bis zur Transferierung von internen und externen Reizen (oder Informationen) ins Kurzzeitgedächtnis. Dabei kann ein Individuum Informationen absichtslos (z. B. bei einer Face-to-Face Kommunikation oder durch Massenkommunikation) aufnehmen oder aktiv (impulsiv, gewohnheitsmäßig oder aufgrund von Konflikten) nach Informationen suchen.46
Die Informationsverarbeitung umfasst neben der Wahrnehmung und Beurteilung von Informationen auch das Treffen von Entscheidungen. Unter Wahrnehmung wird in diesem Prozessabschnitt eine aktive, selektive und subjektiv eingefärbte Entschlüsselung der vorher empfangenen Reize verstanden. Verwertbare klare Informationen entstehen durch die Interpretation der wahrgenommen Reize innerhalb eines Gesamtzusammenhangs bestehend aus weiteren Reizen und bereits abgespeicherten Informationen. In diesem Prozess des Denkens konstruiert das Individuum aus der komplexen Umwelt eine vereinfachte subjektive. Dabei gelangen selektiv nur bestimmte Reize in diesen Verarbeitungsprozess, insbesondere diese, die eine aktivierende Wirkung besitzen und Aufmerksamkeit erzeugen, d. h. Reize, die den Bedürfnissen und Motiven der jeweiligen Rezipienten entsprechen. Die Beuteilung des wahrgenommenen Objektes stellt einen eng mit dem Wahrnehmungsprozess verflochtenen Vorgang dar. Beurteilungen entstehen durch die kognitiven Prozesse des Ordnens und Bewertens der zur Verfügung stehen Objektinformationen.47
Bei der Erklärung von Konsumentenentscheidungen werden häufig rein kognitive Modelle in den Mittelpunk gestellt, allerdings ist zu bedenken, dass das komplexe Konsumentenverhalten sich stets aus mehreren Determinanten zusammensetzt. Wie bereits in den vorhergehenden Abschnitten beschrieben, tendiert die Verhaltensforschung aktuell zu einer Abkehr von reinen kognitiven Erklärungsmodellen. Auch aufgrund der hohen Marktsättigung, der hohen Austauschbarkeit von Produkten und der vielzähligen Informationsmöglichkeiten von Konsumenten rücken immer stärker subjektive und emotionale Aspekte in das Betrachtungsspektrum. Zur Erklärung von Konsumentenentscheidungen existiert eine Vielzahl an Erklärungsmodellen, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Sinnvoll scheint es hier, Konsumentscheidungen nach ihrer kognitiven Ausrichtung zu kategorisieren. Dabei lassen sich extensive und limitierte Kaufentscheidungen nennen, die eine starke kognitive Ausrichtung besitzen. Eine schwächere kognitive und somit stärkere emotional reaktive Ausrichtung besitzen habitualisierte und impulsive Entscheidungen.48
Die selektive Speicherung der verarbeiteten Information erfolgt im menschlichen Gedächtnis. Aktuelle Forschungen zeigen dabei eine Abkehr von der Betrachtung des Gedächtnisses als ein einheitliches Repräsentationssystem hin zu einer Einteilung des Gedächtnisses in verschiedene Subsysteme. Nach Tulving wird das Langzeitgedächtnis in vier verschiedene Systeme49unterteilt. Das episodische Gedächtnis speichert vor allem kontextgebundene autobiographische Erlebnisse ab. Das semantische Gedächtnis speichert kontextunabhängig generalisiertes Welt- und Schulwissen ab. Das prozedurale Gedächtnis speichert vor allem motorische Fertigkeiten ab, dazu kommen routiniert und automatisch ablaufende Gedächtnisinhalte, die verstärkt unbewusst abgerufen werden (z. B. Klavierspielen). Die Priming-Form des Gedächtnisses stellt ein Gedächtnis dar, in dem Informationen abgespeichert werden, die die Wiedererkennungswahrscheinlichkeit von früher unbewusst wahrgenommen Reizen erhöht.50Zu dem Bereich des Informationsspeicherns gehört auch der Lernprozess, bei dem Erfahrungen aus den verarbeiteten Informationen im Gedächtnis abgespeichert werden und eine Auswirkung auf zukünftiges Verhalten ausüben kann. Lernen wird also als eine „relativ überdauernde Änderung einer Verhaltensmöglichkeit aufgrund von Erfahrungen oder Beobachtungen“51definiert.
Kognitive Prozesse sprechen bei ihren Aktivitäten zahlreiche Gehirnareale an. Zugriffe auf Ultrakurz- und Kurzzeitspeicher werden vor allem Bereiche der parietale Cortexregionen, Teilen des Thalamuskomplexes und Teilen der Formatio reticularis zugesprochen. Für die langfristige Abspeicherung von Informationen bietet sich auch hier die Einteilung nach Tulving an. Bei der Abspeicherung und dem Abruf von episodischen und semantischen Gedächtnisinhalten sind die Bereiche des limbischen Systems, des Präfrontalen Cortex und des Temporo-frontalen Cortex beteiligt. Prozedurale Gedächtnisinhalte weisen eine Beteiligung der Basalganglien, des Cerebellum und der prämotorischen Areale auf. Die Abspeicherung und der Abruf von Priming Gedächtnisinhalten konzentrieren sich auf den cerebralen Cortex.52
2.2.2.4 [ Umwelteinflüsse auf das menschliche Verhalten ]
Wie bereits in den vorhergehenden Abschnitten beschrieben, stellen Reize der Umwelt, in der ein Individuum agiert, einen großen Einflussfaktor auf das aktuelle und zukünftige Verhalten dar. Dabei hängt die Intensität der Beeinflussung davon ab, wie stark involviert das Individuum in dem jeweiligen Umweltbereich ist. Daher lässt sich die Umwelt in eine nähere und eine weitere Umwelt unterscheiden. Aber nicht nur nach der Intensität der Involvierung lässt sich die Umwelt kategorisieren, sondern auch nach der Form des Kontaktes mit ihr. Als Erfahrungsumwelt wird die Umwelt verstanden, die das Individuum durch einen direkten Kontakt wahrnimmt. Dabei lässt sich diese Erfahrungsumwelt weiter nach der physischen Umwelt (z. B. Landschaft, Klima, Gebäude) und nach der sozialen Umwelt (z. B. Familie, Arbeitskollegen, Werte, Normen) unterteilen. Im Gegensatz zur der Erfahrungsumwelt besteht bei der Medienumwelt kein direkter Kontakt des Individuums mit der wahrgenommen Umwelt. Gerade die Medienumwelt kann die Wahrnehmung von Umwelteindrücken des Individuums verändern. Beispielhaft soll hier die Zwischenschaltung von Telekommunikationsmitteln genannt werden, welche keine nonverbalen Reize bei der Kommunikation zwischen zwei Individuen übermitteln kann. Auch die Wahrnehmung von Umwelten über die Zwischenschaltung von Massenmedien kann beim Individuum ein verzerrtes Bild der Realität entstehen lassen.53Wobei hier kritisch nach der Existenz einer objektiven Realität zu fragen ist. Ein Individuum nimmt Umweltreize auf und verarbeitet diese auf der weiter oben beschriebenen Weise selektiv und höchst subjektiv, indem es die aufgenommenen Informationen mit bereits abgespeichertem Wissen in Relation setzt und so seine Realität konstruiert. Somit ist nicht davon auszugehen, dass ein und derselbe Reiz von verschiedenen Individuen auch gleich aufgenommen und interpretiert wird, wodurch die Wahrscheinlichkeit der Existenz einer objektiven Realität sich hin zu einer subjektiven verschiebt.54Allerdings wird weiter lediglich eine subjektiv eingefärbte und somit mehr oder weniger objektive Realität vorausgesetzt, da diese Detrivialisierung des Realitätsbegriffes den Umfang dieser Arbeit sprengen würde.
Im nachfolgenden Punkt 2.3 wird die Veränderung des Konsumentenverhaltens anhand einer Veränderung der persönlichen Werte, einer Veränderung von sozialen und kulturellen Strukturen als auch der Veränderung von Informations- und Kommunikationsstrukturen erläutert. Diese drei Bereiche stellen eine Veränderung im Verhalten aufgrund von veränderten Umweltbedingungen dar, wobei dort auch näher auf diese Umweltfaktoren eingegangen wird.
Allerdings ist anzumerken, dass alle drei nicht unabhängig von einander zu sehen sind, sie weisen eine gegenseitige Verzahnung auf. Aber aufgrund ihrer Eigendynamik werden sie gesondert betrachtet.55
2.3 [ Veränderung des Konsumentenverhaltens ]
2.3.1 [ Wandel der persönlichen Werte ]
Als erste Determinante der Veränderung des Konsumentenverhaltens wird der Wandel von individuellen Werten betrachtet. Diese Theorie beruht auf Grundlagen der Arbeit des Politologen Ronald Inglehart, der besagt, dass die jüngere Generation sich von materialistischen Zielvorstellungen distanziert. Erklärt wird dies mit der Gewöhnung an einen materialistisch hohen Lebensstandard und der Selbstverständlichkeit eines solchen. Zu dieser Grundaussage von Inglehart existieren viele kritische Meinungen von Forschern. Allerdings konnte zumindest die Abkehr von materialistischen Werten empirisch bestätigt werden. Jedoch zeigt sich in letzter Zeit aufgrund der momentanen schlechten wirtschaftlichen Lage wieder ein Aufkommen einer Diskussion diesbezüglich.56
Es zeigte sich, dass sich dieser Wertewandel nicht durch alle Bevölkerungs- und Altersschichten gleichmäßig zieht. Dabei findet ein Wandel in manchen Schichten stärker und in manchen Schichten schwächer statt. Das Alter scheint dabei eine untergeordnete Rolle zu spielen, sinnvoller ist es, die unterschiedlichen Ausprägungen des Wertewandels an den verschiedenen Milieus des Sinus-Milieus-Modells aufzuzeigen. Dieses Modell nimmt einen direkten Bezug zu den Werten in unserer Gesellschaft, indem es einen Raum zwischen dem sozialen Status und Werteorientierung aufspannt, wo die verschiedenen Milieus eingeordnet werden. Leider eignet sich diese Darstellungsweise nicht sehr gut, um die Entwicklung des Wertewandels zu verdeutlichen. Daher basieren die Ausführungen zu einem individuellen Wertewandel auf dem relativ neuen Trendsensor Konsum. Dort konnten drei Wertewandeltendenzen eruiert werden, die einen dreidimensionalen Raum aufspannen. Die Tendenz zur Hedonisierung, die Tendenz zur Sublimierung und die Tendenz zur Individualisierung.57
Die wissenschaftlich gut abgesicherte Tendenz zur Hedonisierung charakterisiert die stärkste Wertewandeltendez in unserer Gesellschaft. Der Konsum bewegt sich in Richtung Erlebnis und Genuss. Die Orientierung am Hier und Jetzt und eine geringe Zukunftsorientierung sind für Hedonisten ebenfalls typisch. Der Konsum wird danach beurteilt, ob er mehr oder weniger unmittelbar Spaß und Unterhaltung bietet. Allerdings zeigt die Tendenz zur Hedonisierung keine schrankenlosen Ausprägungen auf, Vernunft und Verantwortung spielen dennoch eine große Rolle. Deshalb leben hedonistisch orientierte Menschen auch eine Art Doppelleben in dem Spannungsfeld zwischen Beruf und Freizeit. Bevorzugte Konsumtionen von Hedonisten sind TV, Video, Musik, Computerspiele, Sport, Kino-, Disco- und Kneipenbesuche. Für Marketingstrategien bedeutet dies, dass Emotionen und Werte, die Spaß und Unterhaltung vermitteln, positiv genutzt werden müssen, ohne dass diese das Auftreten von Schuldgefühlen fördern.58
Die Tendenz zur Sublimierung bedeutet, dass Konsumenten versuchen, sich mit ihrem Lebensstil von allen anderen abzuheben. Dieser Lebensstil definiert sich nicht primär durch beruflichen Status und Einkommen, sondern durch Wissen, Alltagsästhetik und Geschmack. Dadurch symbolisiert der Konsument seine Zugehörigkeit zu einem bestimmten Milieu. Da eine Differenzierung gerade im sozialen Bereich besonders gut möglich ist, steht nicht der Konsum, sondern die Verwendung des Konsumierten im Vordergrund. Dies bedeutet, dass der Konsument sich nicht durch die Präsentation des Konsumierten abheben möchte, sondern vielmehr zeigt sich die Einzigartigkeit in der Verwendung. Daraus resultiert auch die Überschwemmung des Marktes mit Konsumgütern jeglicher Art, die vor Jahren noch als nicht konsumierbar galten (Sonnenstunden, Informationen, Politik, Gefühle). Dabei werden Konsumgüter mit einer starken sozialen und psychischen Symbolik aufgeladen, so dass diese neue Ausdrucksmöglichkeiten und Lebensstile suggerieren. Für Marketingstrategien bedeutet dies, eine geschickte psychologische Differenzierung der Konsumgüter zu betreiben. Dabei muss die soziale Differenzierungsmöglichkeit über feine Unterschiede hervorgehoben werden (z. B. eine Handtasche nur für „Vamps“).59
Die Tendenz zur Individualisierung zeigt sowohl Auswirkungen auf die Veränderung von sozialen Strukturen als auch auf den Wertewandel.
[...]
1S. a. Anhang 1 „Definitionen“.
2S. a. Anhang 1 „Definitionen“.
3S. a. Anhang 1 „Definitionen“.
4Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 5 f.
5 Vgl. Fischer, L.; Wiswede, G. (2002), S. 1.
6Vgl. Waskewitz, B. (2003), S. 18 ff; Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 8, S. 22 f.
7Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 21 f.
8 Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 49 ff, S. 419, S. 440; Trommsdorff, V. (2003), S. 20 f.
9Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 24 f; Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 12, S. 23 ff, S. 49 ff.
10Vgl. Waskewitz, B. (2003), S. 20.
11S. a. Anhang 2 „Psychische Determinanten des Verhaltens“.
12 Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 49; Pritzel, M.; Brand, M.; Markowitsch, H. J. (2003), S. 387.
13Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 49 f.
14Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 419 ff.
15Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 53.
16 Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 53 ff.
17Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 55; Pritzel, M.; Brand, M.; Markowitsch, H. J. (2003), S. 385; Birbaumer, N.; Schmidt, R. F. (2003), S. 51; S. a. Anhang 1: „Definitionen“.
18Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 56.
19S. a. Anhang 3: „Die Anatomie der Formatio reticularis“.
20 Vgl. Pritzel, M.; Brand, M.; Markowitsch, H. J. (2003), S. 31; Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 58 ff; Birbaumer, N.; Schmidt, R. F. (2003), S. 314 f, S. 532 f.
21Vgl. Birbaumer, N.; Schmidt, R. F. (2003), S. 462 ff; Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 56.
22S. a. Anhang 4: „Die Anatomie des Limbischen Systems“.
23Vgl. Pritzel, M.; Brand, M.; Markowitsch, H. J. (2003), S. 28 f.
24Wobei noch nicht endgültig geklärt ist, ob Emotionen auch wirklich im limbischen System abgespeichert werden oder ob dort nur eine Verknüpfung stattfindet.
25Vgl. Stangl, W. F. J. (2004 a), Webseite; Behrens, G. (2003), S. 3 f.
26 Vgl. Baumgart, E.; Bücheler, H. (2004), Webseite; Pritzel, M.; Brand, M.; Markowitsch, H. J. (2003), S. 28 f; Bösel, R. (1986), S. 16; Behrens, G. (2003), S. 3 f.
27Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 70 f.
28Vgl. Trommsdorff, V. (2003), S. 48 f.
29Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 51 ff.
30Das Konzept der primären Emotionen des Modells von Plutchik ähnelt den Modellen von Izard, Ekman und McDougall, weshalb auf diese hier nicht näher eingegangen wird.
31 Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 102 f.
32Vgl. Bundschuh, K. (2003), S. 37; Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 103 f.
33Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 44 f; Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 103 ff.
34Häufig werden in der Literatur Triebe gesondert zu Emotionen ausgewiesen, sie unterscheiden sich aber vereinfacht gesagt darin, dass Emotionen durch externe Reize ausgelöst werden. Triebe hingegen werden durch innere Reize ausgelöst. z. B. zeigen homöostatische Signale aufgrund eines niedrigen Bluzuckerspiegels dem Organismus an, dass er Nahrung zu sich nehmen muss, was sich in einem Hungertrieb äußert.
35Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 141 ff; Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 52; Trommsdorff, V. (2003), S. 114.
36Vgl. Stangl, W. F. J. (2004 b), Webseite.
37Oder auch Maslows Bedürfnispyramide genannt.
38Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 52 ff.
39Vgl. Stangl, W. F. J. (2004 b), Webseite.
40Wobei unter einem Objekt nicht nur Gegenstände zu verstehen sind, sondern auch festgelegte Verhaltensweisen.
41 Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 168 ff; Trommsdorff, V. (2003), S. 150 f.
42Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 225; Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 74.
43S. a. Anhang 5: „Das menschliche Gedächtnis“.
44Z. B. um zu erkennen, ob die wahrgenommen Marke bereits bekannt oder neu ist.
45Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 73 ff; Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 226 ff.
46 Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 77 f.
47Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 268 ff; Foscht, T.; Swoboda, B. (2004), S. 87 ff.
48 Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 368 ff.
49S. a. Anhang 5: „Das menschliche Gedächtnis“.
50Vgl. Welzer, H.; Markowitsch,H. J. (2001), S. 2.
51Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 322.
52 Vgl. Pritzel, M.; Brand, M.; Markowitsch, H. J. (2003), S. 419 ff.
53Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 419 f.
54 Vgl. Kroeber-Riehl, W.; Weiberg, P. (2003), S. 570; Porr, B. (1997), Webseite; Waskewitz, B. (2003), S. 53 f.
55Vgl. Fischer, L.; Wiswede, G. (2002), S. 309.
56Vgl. Fischer, L.; Wiswede, G. (2002), S. 309 f.
57 Vgl. Fischer, L.; Wiswede, G. (2002), S. 309 f.
58Vgl. Sociovision (2004), Webseite; Fischer, L.; Wiswede, G. (2002), S. 311.
59 Vgl. Fischer, L.; Wiswede, G. (2002), S. 312.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Kaufmann Michael Flöter (Autor:in), 2005, Marketingstrategien für den Einsatz neuer Medien - eine Studie unter besonderer Berücksichtigung eines veränderten Konsumentenverhaltens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74203
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