Die separatistischen Konflikte im Baskenland und in Nordirland sind dem politisch interessierten Leser seit Jahren aus Fernsehen und Printmedien bekannt. Auch nationalistisch geprägte Konflikte zur Verteidigung einer Ethnie sind nichts Neues.
Und doch werfen sie viele unbeantwortete Fragen auf. So mangelt es in den Konfliktherden in Nordirland und dem Baskenland keineswegs an Bemühungen diese mit friedlichen Mitteln beizulegen. Doch kommt es nach wie vor zu Anschlägen der Separatistenorganisationen ETA und IRA.
Um diese Konflikte zu verstehen ist eine Auseinandersetzung mit den Hintergründen, insbesondere mit den historischen unverzichtbar. Wo kommen die Nationalismen her? Wie prägt ihre Entstehung den heutigen Konflikt und was hat zur Radikalisierung und letztlich zum bewaffneten Kampf geführt? In diesem Zusammenhang sind die ideologische Konzeption, welche sich aus den historischen Wurzeln ableitet und die Zielsetzung der Organisationen interessant. Wie schaffen es ETA und IRA trotz staatlicher Intervention materielle und personelle Ressourcen zu mobilisieren? Wie sind die Gewaltorganisationen überhaupt aufgebaut und welche Strategie wenden sie an, um ihre Ziele zu erreichen? Dem Aspekt Rückhalt in der Bevölkerung soll hierbei besonderes Interesse gewidmet werden. Warum können sich ETA und IRA eines steten Mitgliedernachschubs bedienen und „hungern“ nicht einfach aus? Wie stark ist der Rückhalt in der Bevölkerung? Letztlich stellt sich die Frage in wie weit die beiden Terrororganisationen vergleichbar sind und wie stark die zu vergleichenden Merkmale ausgeprägt sind.
Der Vergleich soll Strukturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Gewaltorganisationen anhand zentraler Vergleichsaspekte herausarbeiten. Die Struktur der Arbeit gliedert sich wie folgt: Zuerst soll ein Überblick über die historischen Wurzeln der nationalistischen Strömungen zum besseren Verständnis der heutigen Konfliktsituation gegeben werden. Daraufhin wird der Fokus auf die Gewaltorganisationen der beiden Regionen verengt und die Geschichte der Organisation, ihre Ziele und zu Grunde liegende Ideologien, der Aufbau, die Strategie zum erreichen der Ziele, die Opfer der Gewaltaktionen und ihre Täter und schließlich der Rückhalt in Bevölkerung untersucht werden.
Gliederung
1 Einleitung
2 Vorbemerkung
3 Konfliktanalyse Baskenland
3.1 Geschichte des baskischen Nationalismus
3.2 ETA
3.2.1 Ziele, Ideologie
3.2.2 Organisation
3.2.3 Strategie
3.2.4 Opfer und Täter
3.2.5 Rückhalt in der Bevölkerung
4 Konfliktanalyse Nordirland
4.1 Geschichte des nordirischen Nationalismus
4.2 I R A
4.2.1 Ziele, Ideologie
4.2.2 Organisation
4.2.3 Strategie
4.2.4 Opfer und Täter
4.2.5 Rückhalt in der Bevölkerung
5 Vergleich
6 Schlussbemerkung
7 Literaturverzeichnis:
7.1 Buchtitel oder Sammelbände:
7.2 Zeitschriftenartikel:
7.3 Beiträge in Sammelbänden:
7.4 Dokumente, Quellen und Gesetzestexte:
8 Anhang
1 Einleitung
Die separatistischen Konflikte im Baskenland und in Nordirland sind dem politisch interessierten Leser seit Jahren aus Fernsehen und Printmedien bekannt. Auch nationalistisch geprägte Konflikte zur Verteidigung einer Ethnie sind nichts Neues.
Und doch werfen sie viele unbeantwortete Fragen auf. So mangelt es in den Konfliktherden in Nordirland und dem Baskenland keineswegs an Bemühungen diese mit friedlichen Mitteln beizulegen. Doch kommt es nach wie vor zu Anschlägen der Separatistenorganisationen ETA und IRA. Um diese Konflikte zu verstehen ist eine Auseinandersetzung mit den Hintergründen, insbesondere mit den historischen unverzichtbar. Wo kommen die Nationalismen her? Wie prägt ihre Entstehung den heutigen Konflikt und was hat zur Radikalisierung und letztlich zum bewaffneten Kampf geführt? In diesem Zusammenhang sind die ideologische Konzeption, welche sich aus den historischen Wurzeln ableitet und die Zielsetzung der Organisationen interessant. Wie schaffen es ETA und IRA trotz staatlicher Intervention materielle und personelle Ressourcen zu mobilisieren? Wie sind die Gewaltorganisationen überhaupt aufgebaut und welche Strategie wenden sie an, um ihre Ziele zu erreichen? Dem Aspekt Rückhalt in der Bevölkerung soll hierbei besonderes Interesse gewidmet werden. Warum können sich ETA und IRA eines steten Mitgliedernachschubs bedienen und „hungern“ nicht einfach aus? Wie stark ist der Rückhalt in der Bevölkerung? Letztlich stellt sich die Frage in wie weit die beiden Terrororganisationen vergleichbar sind und wie stark die zu vergleichenden Merkmale ausgeprägt sind.
2 Vorbemerkung
Der Vergleich soll Strukturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Gewaltorganisationen anhand zentraler Vergleichsaspekte herausarbeiten. Die Struktur der Arbeit gliedert sich wie folgt: Zuerst soll ein Überblick über die historischen Wurzeln der nationalistischen Strömungen zum besseren Verständnis der heutigen Konfliktsituation gegeben werden. Daraufhin wird der Fokus auf die Gewaltorganisationen der beiden Regionen verengt und die Geschichte der Organisation, ihre Ziele und zu Grunde liegende Ideologien, der Aufbau, die Strategie zum erreichen der Ziele, die Opfer der Gewaltaktionen und ihre Täter und schließlich der Rückhalt in Bevölkerung untersucht werden (vgl. Gliederung). Diese Gliederung ist für beide Terrororganisationen explizit in Kapitel aufgeschlüsselt. In der Synthese wird sich der Autor ebenfalls an diese Gliederung halten, diese aus gründen der Lesbarkeit jedoch nicht einzeln aufschlüsseln. Alle verwendeten Abkürzungen sind bei erstmaliger Verwendung an entsprechender Stelle in Fußnoten erläutert. Es wird davon ausgegangen, dass der Leser über Basiskenntnisse in Englisch verfügt. Zur besseren Verständlichkeit sind Zitate und Namen anderer als der deutschen Sprache in Fußnoten von Autor frei übersetzt, oder es wird sich auf eine Übersetzung anderer Autoren bezogen. Übersetzungen anderer Autoren sind also solche gekennzeichnet. Der Autor erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit der Übersetzungen, versichert jedoch diese nach bestem Wissen vorgenommen zu haben. Sinnvolle, für das Verständnis oder die Argumentation jedoch nicht zwingend erforderliche Zusatzinformationen sind ebenfalls in Fußnoten angemerkt.
3 Konfliktanalyse Baskenland
Das Baskenland (baskisch „Euskadi“) (Hirschberger, 2003) hat eine Fläche von ungefähr 20.000 m². Es wird im Norden durch das Flusstal Adour und im Süden durch den Strom Ebro begrenzt. Westliche Grenze ist das Gebiet der Encartaciones nahe dem Fluss Nevión, gegenüber dem Berg Auñamendi im Osten. (vgl. Kasper, 1997, 3)
3.1 Geschichte des baskischen Nationalismus
Die baskische Geschichte erstreckt sich nach heutigem Forschungsstand auf einen Zeitraum von vor 150.000 Jahren bis heute (vgl. Kasper, 1997, 12). Ein Blick zurück in die baskische Vergangenheit lohnt, weil sich viele Nationalismen und Ideologien aus teilweise mythischen Geschichtsinterpretationen ableiten. Fest steht, dass die Volksgruppe, welche seit dem Mesolithikum[1] im Raum des Baskenlandes siedelt, sich seither kaum mehr verändert hat und sich in hämotypologischen[2] Eigenschaften stark von den restlichen westeuropäischen Volksgruppen abhebt (vgl. Kasper, 1997, 12-13). Das baskische Volk zeichnet sich seit jeher durch einen großen Drang zur Autonomie und Autarkie aus. Zwar standen die Basken z.B. im Mittelalter abwechselnd unter Einflüssen verschiedener Großreiche, zeichnen sich jedoch auch durch eine weit reichende Resistenz gegen feudale Strukturen und Hochadel aus (vgl. Kasper, 1997, 30-39 und 42). Die katholische Kirche setzte sich früh durch und konnte von den Protestanten nicht reformiert werden. Das Baskenland ist bis heute katholisch (vgl. Kasper, 1997, 50). Die Durchsetzung und spätere schriftliche Fixierung des sog. Fuero[3] sorgte im Baskenland ab dem Spätmittelalter für Stabilität und sicherte gewisse Autonomie- und Sonderrechte gegenüber der spanischen Krone. Die Fueros regelten für Jahrhunderte die rechtlichen- und politischen Beziehungen der, nach der gesamteuropäischen ökonomischen und ökologischen Krise (Mitte 14. Jh. bis Mitte 15. Jh.), prosperierenden baskischen Regionen zu dem spanischen Staat (vgl. Kasper, 1997, 51).
Bemerkenswert ist die wirtschaftliche Stabilität der Region. So konnten die Basken viele Krisen, die Kastilien erfassten unbeschadet überstehen, sich schneller als der Rest der Iberischen Halbinsel erholen (vgl. Kasper, 1997, 65f.), oder sogar eine ökonomische Vorreiterrolle übernehmen. Dies wurde unter anderem durch das gemäßigte mediterrane Klima und andere geographische Vorteile, die Freiheit der Steuererhebung durch das Fuerosystem und später die reichen Erzvorkommen (vgl. Kasper, 1997, 119) ermöglicht. Der erste Nationalismusschub ging von Sabino Arana Goiri (Geb. 1865 in Bilbao, gestorben 1903) aus. Er formulierte die nationalistischen Separationsansprüche und stellte sie auf eine, zugegebenermaßen schwache, auf den Rassenbegriff und mythische Sprachherkunftstheorien aufbauende, Argumentation. (vgl. Kasper, 1997, 128 und Valandro, 2001, 30). Die baskische Sprache „Euskera oder Euskara [ist, J.L.], die einzige noch gesprochene vorindoeuropäische Sprache Europas“ (Valandro, 2001, 27) und ist, das von Nationalisten am häufigsten angeführte Argument zur Rechtfertigung der baskischen Besonderheit als eigener Volksstamm. Die Sprache als Bewahrer des Exklusivitätscharakters wurde oft, auf mythisch verzerrte Weise[4], von Sabino Arana Goiri verwendet. Auf Goiri geht auch die „ Partido Nacionalista Vasco “ (dt. Baskische Nationalistische Partei, kurz PNV, gegründet 1895) zurück. Sie spielte auch noch lange nach seinem Tod eine wichtige Rolle für das Baskenland, fand anfangs jedoch fast ausschließlich Anhänger in „der Kleinbourgeoisie und der Landbevölkerung“ (Valandro, 2001, 31). Die PNV spaltete sich intern in einen radikalen- und einen liberalen Flügel und es kam unaufhörlich zu Konfrontationen. Die Zeit der autoritären Diktatur des Generalkapitäns Miguel Primo Rivera, von 1923 bis 1930, überstand der baskische Nationalismus weitgehend unbeschadet, da der Nationalismus, zwar illegalisiert, aber inoffiziell gebilligt wurde. Im spanischen Bürgerkrieg (1936 bis 1939) schlug sich die PNV auf die Seite der republikanischen Regierung, weil sie großzügige Autonomiestatute angeboten bekam. Während des Bürgerkriegs konstituierte sich sogar kurzzeitig die „Provisorische Regierung von Euskadi“ unter dem damaligen PNV Führer José Antonio Aguirre. Den Verrat an Franco sollte das Baskenland, nach dem Sieg der Konservativen, teuer bezahlen. „Die Vergeltung, welche Franco übte, war brutal und systematisch.“ (Waldmann, 1992, 67) „Die Repressionsmaßnahmen setzten unmittelbar nach der Eroberung der beiden Gebiete (Baskenland 1937; Katalonien 1939) ein. In beiden Regionen wurden Hunderte von Personen hingerichtet, Tausende eingesperrt, Hunderttausende flüchteten ins Exil. Die öffentliche Verwaltung wurde „gesäubert“, sämtliche lokale Beamte wurden durch Funktionäre aus anderen Teilen Spaniens ersetzt. Alle Zeugnisse der Regionalkultur wurden entfernt, zerstört, verboten: aus Bibliotheken und Buchhandlungen verschwanden Bücher und Zeitschriften in der Regionalsprache, Institute und Akademien, die der Pflege und Erforschung der regionalen Tradition gewidmet waren, wurden geschlossen, regionalistische Denkmäler zerstört, Straßen und Geschäftsnamen ins Kastilische übersetzt. Der Gebrauch des Katalanischen bzw. Baskischen bei Behörden und im öffentlichen Verkehr wurde mit Strafe belegt und die regionale Sprache und Kultur konsequent aus dem Erziehungswesen verbannt. Den Unterricht an Schulen übernahmen Lehrer aus anderen Gebieten Spaniens, die Kinder durften sich nicht einmal untereinander in ihrer Muttersprache verständigen. Darüberhinaus ergriff die Zentralregierung gezielte Maßnahmen, um den wirtschaftlichen Einfluß [...] einzudämmen.“ (Waldmann, 1992, 67). Erst in „der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Baskenland von einer Wirtschaftskrise erfasst“ (Valandro, 2001, 28), welche mit einer Einschränkung des Fuerosystems und einer zunehmenden Zentralisierung der Macht einherging.
Während der Industrialisierung und sogar unter den Repressionen der Franco Diktatur blühte die Wirtschaft und erzeugte einen starken Strom von Binnenmigranten. Waldmann bemerkt hierzu:
„Umso erstaunlicher ist es, das bei Minderheiten [Basken und Katalanen, J.L.], der gezielten Zurücksetzung durch die Zentralregierung zum Trotz, ihre wirtschaftliche Führungsposition innerhalb Spaniens halten konnten.“ (Waldmann, 1992, 67).
Mit der Industrialisierung sollte der baskische Nationalismus einen neuen Vorwärtsschub erhalten. „It was this environment of rapidly changing and industrializing [...] that modern Basque nationalism was born“[5] (Payne, 1975, 63). Der baskische Nationalismus fand, unter dem Veränderungsdruck der Industrialisierung, breite Unterstützung in der Bevölkerung. Dieser Veränderungsdruck ging einher mit den für diese Zeit typischen gesellschaftlichen Umschichtungen. Neue Arbeiter kamen in die Region, zunehmende Urbanisierung, Industrialisierung, Aufkommen einer neuen Mittelschicht und Atomisierung der Gesellschaft (vgl. Payne, 1975, 64). Die Industrialisierung kam dem Baskenland wirtschaftlich zugute, “but it disconcerted a few elements of the younger intelligentsia searching for identity and meaning after the shipwreck of royalist-apostolicist foralism“[6] (Payne, 1975, 64).
“Die Entwicklung des baskischen Nationalismus erreichte damit einen entscheidenden Wendepunkt: Die als Bedrohung der ethnischen Identität empfundene Modernisierung, sowie die Umwandlung der agrarisch-traditionell strukturierten baskischen Gesellschaft in eine Industrie- und Immigrationsgesellschaft bedingten eine Suche und eine Revitalisierung der „ursprünglichen“ baskischen Identität und Tradition“ (Valandro, 2001, 28). Die Führungsspitze der PNV war im Exil, zu Beginn des 2. Weltkriegs zuerst in Paris und später in New York und versuchte von dort die Staatengemeinschaft zu mobilisieren und Druck auf die franquistische Diktatur auszuüben, war faktisch aber machtlos[7]. „In diesem Umfeld entstand 1959 eine neue nationalistische Gruppe: Euskadi at Askatasuna (dt. „Baskenland und Freiheit“), kurz ETA genannt“ (Kasper, 1997, 174). Sie entstand aus einer Gruppe von Intellektuellen, die sich Ekin (dt. etwa „Aktion“) nannte und kurze Zeit mit der Jugendorganisation der PNV assoziiert war. Die Methoden des nationalistischen Widerstands der PNV ging der Gruppe Ekin allerdings nicht weit genug. Sie entwickelte die Vorstellung des bewaffneten Widerstands und gründete am 31.Juli 1959 die ETA (vgl. Kasper, 1997, 175).
3.2 ETA
Die ETA entwickelte sich aus dem als unzureichend empfundenen Widerstand der PNV gegen Franko und der für die baskische Identität als lebensbedrohlich empfundenen Repressionen des Regimes.
Die Untergrundorganisation wuchs, nicht zuletzt durch ihre Unnachgiebigkeit und „Kompromisslosigkeit“ (Waldmann, 1992, 13), zu einer „Gruppe mit größter Wirksamkeit auf die Öffentlichkeit“ (Kasper, 1997, 174). Der Terrorismus der ETA wird mit einer „merkwürdigen Hartnäckigkeit“ fortgeführt, „obwohl es sie der Verwirklichung ihrer separatistischen Pläne keineswegs näher zu bringen scheint“ (Waldmann, 1992, 15). Die konstituierende Versammlung fand 1962 statt. Das Ergebnis war eine klare Zieldefinition: „Das Ziel war die Unabhängigkeit der sieben Territorien des Baskenlandes; Euskera sollte die offizielle Sprache sein“ (Kasper, 1997, 175). „Zunächst beschränkte sich die ETA auf Propaganda und einzelne Anschläge. Ab 1967 wurden erstmals auch im größeren Ausmaß Bombenanschläge [...] durchgeführt“ (Valandro, 2001, 37). Die Hinrichtung eines Kommissars der politischen Polizei im Baskenland, Melitón Manzanas verursachte eine massive Repressionswelle, in deren Verlauf hunderte Personen festgenommen und gefoltert wurden. Diese Folterungen gruben sich tief in das Gedächtnis der Basken ein und riefen eine breite Welle an Streiks, Demonstrationen und Sympathiebekundungen hervor. Die Verhaftungen gipfelten in dem „Prozess von Burgos im Jahr 1970“ (Valandro, 2001, 38), indem 16 Etarras[8] verhaftet und 6 zum Tode verurteilt werden sollten. Der Prozess von Burgos „was undoubtedly the most crucial event in ETA`s history. The trial, and the very strong campaign to save the lives of those six accused who were condemned to death, had the effect of bringing the ideas of ETA-VI[9] before the entire population of the Basque country, and indeed of the world”[10] (Sullivan, 1988, 92). Die als Schauprozess zur Stützung des Franko Regimes geplanten Verurteilungen schlug ins Gegenteil um; bot sie den Etarras doch die Möglichkeit ihre Ziele und die an ihnen begangenen Verbrechen öffentlich zu machen. Die Sympathie, welche die ETA durch die Bevölkerung im Baskenland erfuhr, war auf einem Höherpunkt angelangt. Die durch die Verhaftungen und verschärften Repressionen in ihrer Mitgliederzahl schwer angeschlagene ETA, konnte sich als Folge des Prozesses neuem Mitgliederzustrom erfreuen.
Die weiter unten im Kapitel „Ziele, Ideologie“ skizzierten internen ideologischen Differenzen führten im Jahre 1974 zur Spaltung der ETA in eine „eher nationalistische Ziele verfolgenden“ Fraktion ETA-militar[11] und eine „eher sozialistisch ausgerichtete“ Fraktion ETA político-militar (Valandro, 2001, 39). Die ETA verlor durch die Aufspaltung jedoch nicht an Schlagkraft. Im Gegenteil konnte sie durch verstärkte interne Kommandostrukturen und einen Ausbau des Rückzugsgebietes hinter der französischen Grenze, ihre Aktivitäten Ende der 70´er Jahre massiv ausweiten (vgl. Valandro, 2001, 40). Die hartnäckige Versteifung auf die Autonomieziele zeigte sich 1978, als die ETA die, von der ETA político-militar mit der spanischen Regierung ausgehandelten Autonomiestatute, kategorisch ablehnte. In den 80´er Jahren musste die ETA viele Verluste hinnehmen. Der von der spanischen Regierung geführte „schmutzige Krieg“ (Valandro, 2001, 42), bei dem die sog. GAL[12] 28 mutmaßliche Etarras ermordete und verstärkt mit der französischen Regierung zur Aushebung der Verstecke und Versorgungslager in Frankreich zusammenarbeitete, brachte die ETA fast an das Ende des organisierten Widerstands. Ende der achtziger Jahre konnte sich die ETA erholen und neue Organisationsstrukturen aufbauen; geriet jedoch zunehmend unter Druck: Die Bevölkerung war nicht mehr bereit die inzwischen auf systematische Gewalt ausgeweitete Strategie der ETA zu akzeptieren (vgl. Valandro, 2001, 44). Spätesten seit der Ermordung eines junges baskischen Stadtrats 1997 ist die ETA zunehmend marginalisiert (vgl. García-Ziemsen, 2004). Die ETA ist jüngst durch die Verständigungspolitik der sozialistischen Zentralregierung, den Verlust der exklusiven Ziele einen autonomen baskischen Staat durchzusetzen (die gemäßigte nationalistische Baskenpartei zog in den Regionalwahlkampf 2005 mit der Forderung nach einem „Freistaat“ (vgl. Elvers, 2005)) und die Verhaftung mehrerer Führungsspitzen so geschwächt wie nie zuvor. Trotzdem konnte die „Kommunistische Partei der Baskischen Lande“ (Glaap, 2005), die als Nachfolgeorganisation der Herri Batasuna gilt, einen Stimmenzuwachs verbuchen (vgl. Glaap, 2005). Bis heute sind rund 850 Menschen Opfer des ETA Terrorismus geworden (Elvers, 2005).
3.2.1 Ziele, Ideologie
Das Primärziel der ETA ist schnell erläutert: „staatliche Unabhängigkeit des Baskenlandes“ (Valandro, 2001, 36) von Spanien und Frankreich durch Volksaufstand. Dieses Primärziel mixt sich jedoch mit mindestens einem Sekundärziel: Das Baskenland sollte souverän sein und es sollte eine sozialistischer Staat errichtet werden. Intern führte diese Interessendiversität zu Auseinandersetzungen, da das Hauptziel nicht von allen Mitgliedern als ein solches akzeptiert wurde. Insbesondere die Anhänger aus der Unterschicht hatten eine Neigung zu marxistisch-revolutionären Prinzipien. Die anfängliche Ideologie der ETA zeichnet die mannigfaltigen und häufig vagen Ansichten ihrer Führer, welche von einer Fusion der primitiven nationalistischen Ideen Goiris und sozialistischen Gedankenguts inspiriert waren, nach. Die ETA definiert sich selber als „abertzale“ (patriotisch), demokratisch und anders als die PNV und die Priesterschule vielen ihrer Anhänger zu trotz, als unkonfessionell. Ein Faktor war für den Ruck in Richtung extreme Linke der ETA Ideologie entscheidend wie kein zweiter: Die Vorbilder Cuba, Algerien und Vietnam. Diese revolutionären Befreiungskriege wurden als nationalistisch, progressiv und als Kombination von drei wesentlichen Elementen gesehen, welche die ETA übernahm: Bewaffneter Kampf, Unabhängigkeit und Sozialismus (vgl. Valandro, 2001, 37). Die oben beschrieben Spaltung der ETA bedingte zwei Gruppen mit verschiedener Methoden- und Zielorientierung. Die ETA-militar wollte den bewaffneten Kampf kompromisslos weiterführen und berief sich unbeirrbar auf die Separationsansprüche. Die ETA político-militar hingegen wollte den Kampf eher auf die politische Ebene verlagern und war auch zu Kompromissen, z.B. Teilautonomie, bereit. Seit 1977 ist „Alternativa KAS“[13] eine wichtige fünf Punkte umfassende ideologische Zieldefinition:
[...]
[1] Mesolithikum (auch Mittelsteinzeit): Mittlere Epoche von Drei der Steinzeit. Beginn ca. vor 10.000 Jahren
[2] Hämotypologie: Blutgruppenforschung, welche darauf abzielt besondere Charakteristika einzelner Ethnien aufzudecken. Im Falle der Basken ist der Rhesusfaktor am häufigsten von allen Ethnien der Welt negativ.
[3] Gewohnheitsrecht
[4] Es wurde sogar behauptet die Basken wären die letzten Überbleibsel der Arche Noah (vgl. Kasper, 1997, 125f.)
[5] Es war diese Umgebung aus rapider Veränderung und Industrialisierung, in der der baskische Nationalismus entstand.
[6] Aber sie verunsicherte einige Teile der jungen Intellektuellen, welche nach dem Schiffbruch des royalistisch-apostolischen Foralismus, nach Identität suchten.
[7] Mit Ausnahme „der erfolgreichen Steuerung des Streiks von 1947“ (Kasper, 1997, 174)
[8] ETA-Mitglieder
[9] ETA-VI entspricht ETA-militar (ETA-m), siehe unten
[10] Der Prozess von Burgos war unzweifelhaft das entscheidendste Ereignis in der Geschichte der ETA. Das Gerichtsverfahren und die starke Kampagne zur Rettung der Leben dieser sechs zum Tode verurteilten Angeklagten, hatte den Effekt die Ideen der ETA der gesamten baskischen Öffentlichkeit und in der Tat der Welt zu präsentieren.
[11] Folgend ETA genannt
[12] „Groupos Antiterroristat de Liberación“ (dt. Antiterroristische Befreiungsgruppen) (vgl. Valandro, 2001, 42)
[13] Radikal-nationalistische Plattform „Koordinadora Abertzale Sozialista“ (dt. Patriotische Sozialistische Koordinationsgruppe, kurz KAS) (vgl. Valandro, 2001, 41)
- Quote paper
- Julian Lenk (Author), 2004, Das Baskenland und Nordirland - Eine vergleichende Analyse der Konflikte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74189
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