Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Gumbrechts zweisprachige Ausgabe des mittelalterlichen Textes Libro de buen amor, der wahrscheinlich von Juan Ruiz verfasst wurde. Es soll überprüft werden, in welchem Verhältnis die im Werk erwähnten Kulturkreise, insbesondere die christliche, die jüdische und die arabische Kultur, zueinander stehen.
Dabei erscheint es sinnvoll, zunächst auf den Kultur-Begriff näher einzugehen, um daran anschließend einen historischen Überblick zu der Zeit zu geben, während der das libro de buen amor geschrieben wurde.
Im darauf folgenden Kapitel sollen konkrete Beispiele anhand von Textstellen im Buch für das Verhältnis der dort erwähnten Kulturkreise zueinander beleuchtet werden, insbesondere die christliche, die jüdische und die arabische. Auf die Fülle von Arabismen , die der Text beinhaltet –und deren detaillierte Beleuchtung sich eher auf eine sprachliche Ebene bezöge- soll nicht näher eingegangen werden. Der Focus richtet sich daher auf die inhaltliche Ebene.
Inhalt
1. Einleitung
2. Zum Kultur-Begriff
3. Betrachtung des Libro de buen amor vor dem historischen Hintergrund
4. Beispiele für das Mit- und Nebeneinander der verschiedenen Kulturen am Text
4.1 Außerhalb der drei fokussierten Kulturkreise
4.2 Allegorie als Mittel der Darstellung für verschiedene Kulturen
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Gumbrechts zweisprachige Ausgabe des mittelalterlichen Textes Libro de buen amor, der wahrscheinlich von Juan Ruiz verfasst wurde. Es soll überprüft werden, in welchem Verhältnis die im Werk erwähnten Kulturkreise, insbesondere die christliche, die jüdische und die arabische Kultur, zueinander stehen.
Dabei erscheint es sinnvoll, zunächst auf den Kultur-Begriff näher einzugehen, um daran anschließend einen historischen Überblick zu der Zeit zu geben, während der das libro de buen amor geschrieben wurde.
Im darauf folgenden Kapitel sollen konkrete Beispiele anhand von Textstellen im Buch für das Verhältnis der dort erwähnten Kulturkreise zueinander beleuchtet werden, insbesondere die christliche, die jüdische und die arabische. Auf die Fülle von Arabismen[1], die der Text beinhaltet –und deren detaillierte Beleuchtung sich eher auf eine sprachliche Ebene bezöge- soll nicht näher eingegangen werden. Der Focus richtet sich daher auf die inhaltliche Ebene.
2. Zum Kultur-Begriff
Kultur ist kein vereinheitlichender Begriff. In der Literatur gibt es eine Fülle von Definitionen für den Kultur-Begriff.
Kultur soll im Folgenden verstanden werden als „Gesamtheit der erlernten Normen und Werte, des Wissens, der Sprache und Symbole, die ständig zwischen Menschen einer gemeinsamen Lebensweise ausgetauscht werden“[2]
Es gibt viele menschliche Verhaltensweisen, mit denen sich sozialer Status und regionale, religiöse, ethnische und nationale Zugehörigkeit dokumentieren lassen, insbesondere kann dies durch Kleidung, Schmuck, Waffen, Sprache, Musik, Wohn- und Heiratsformen geschehen.
Ess- und Trinkgewohnheiten bilden heute ebenso wie im Mittelalter einen wesentlichen Bereich des Alltagslebens. Sie verweisen auf ethnische und kulturelle (und somit auf religiöse und soziale) Regeln einer Gesellschaft. Gerade hier können sich Kulturen voneinander unterscheiden; Ernährung ist meistens an ein bestimmtes Normensystem gekoppelt.
Dies zeigt sich u. a. deutlich an religiösen Essensvorschriften und Nahrungstabus (z. B. die katholische Fastenzeit) und an der Bedeutung von Nahrung in Bezug auf Integration oder Ausgrenzung einer religiösen, ethnischen oder sozialen Gruppe.
Außerdem gibt es eine Verbindung von Nahrungsaufnahme zu sozialem Prestige und eine Abhängigkeit von Nahrung zu nationaler, ethnischer oder sozialer Zugehörigkeit.
Die Art der Zubereitung, der Darbietung, der Speisenauswahl und der Tischsitten waren vor allem im Mittelalter eine öffentliche Demonstration von Wertschätzung, Abneigung und sozialer Stellung der Menschen.
Aufgrund der bisherigen Überlegungen zeigt sich, dass Kultur stark in alimentären und religiösen Codes verankert ist. Es stellt sich nun die Frage, ob und inwieweit sich diese alimentären und religiösen Codes im vorliegenden Text zeigen.
3. Betrachtung des Libro de buen amor vor dem historischen Hintergrund
Das libro de buen amor wird häufig als ein Beispiel für die literarische Fruchtbarkeit der convivencia angesehen.[3] Vor allem scheint die inhaltliche Ambivalenz des Textes, die Verteufelung der weltlichen Liebe einerseits und dem Lob ebendieser andererseits dafür zu sprechen, was besonders im Prolog deutlich wird.
Das Werk wurde in den vierziger Jahren des 14. Jahrhunderts verfasst, ein Zeitraum der im Allgemeinen als „Endphase der convivencia“ bezeichnet wird. Als ‚Convivencia’ bezeichnet man das soziologische Modell des Zusammenlebens der drei ethnischen Gruppen Juden, Islamisten und Christen während der Zeit der maurischen Vorherrschaft und der darauf folgenden Reconquista in Spanien.
Von Pluralität kann man in gesellschaftlicher und in religiöser Hinsicht sprechen; über acht Jahrhunderte lebten Gläubige der drei monotheistischen Religionen zusammen[4], was den täglichen Umgang miteinander zweifellos beeinflusste.
Castro schreibt in diesem Zusammehang: „[…] La historia entre los siglos X y XV fue una contextura cristiano-islámico-judía. [...]”[5]
Nach Stallaert kann die spanische Ethnogenese –die Entstehung eines neuen Volkes- in mehrere Hauptetappen eingeteilt werden:
Die erste Etappe, die den Schlüssel zur darauf folgenden Entwicklung der spanischen Gesellschaft bildet, ist die Zeit der ‚Convivencia’: „Es en la España de la Convivencia […] que cabe buscar los gérmenes de la originalidad étnica española.“[6]
Die zweite Etappe stellt den Zeitraum der Massenkonversionen im 15. Jahrhundert dar.
Mit dem Jahr 1492, in dem einerseits die letzte maurische Bastion Granada erobert und andererseits das Expulsionsedikt gegen die spanischen Juden erlassen wird, beginnt die letzte Etappe der spanischen Ethnogenese: die Vorherrschaft der Altchristen, die mit der Ideologie des ‚Casticismo’ einher geht.
Eine Hoch-Zeit der Convivencia zwischen Christen, Juden und Mauren im christlichen Herrschaftsbereich Spaniens begann mit dem Fortschreiten der Reconquista im letzten Drittel des 11. Jahrhunderts.[7]
Jüdische Gemeinden erlebten mit dem Übergang vom 13. zum 14. Jahrhundert die ersten Progrome.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zerbrach die bisherige Gesellschaftsordnung in Spanien offensichtlich, was sich besonders an den Judenprogromen im Jahr 1348 in Katalonien und im Jahr 1391 in Sevilla zeigt.
Als nächste Etappe, in der dieses multiethnische Gesellschaftsmodell allmählich
zerbricht, nennt Stallaert die Zeit der Massenkonversionen im 15. Jahrhundert.
Das Libro de buen amor wurde in einer Gesellschaft und Kultur geschrieben, die aus drei Kulturkreisen bestand. In erster Linie ist es dem christlichen Kulturkreis zuzuordnen[8], doch es verweist auf die damalige Gesamtkultur, zu der ebenso die jüdische wie die arabische Kultur gehörte.
Inwieweit das Buch konkret die Mechanismen und Konflikte dieser multikulturellen und multiethnischen Gesellschaft zeigt, soll im Folgenden auf der Ebene des Textes überprüft werden.
[...]
[1] Vgl. hierzu u.a. Villanueva, F. M , Nuevos Arabismos En Un Pasaje Del Libro De Buen Amor in: El Arcipreste de Hita. El Libro, El Autor, La Tierra, La Epoca. Actas del I Congreso Internacional sobre el Arcipreste de Hita, Barcelona, 1973, S.202 ff.
[2] Vgl. eigene Aufzeichnungen zur Vorlesung „Einführung in die Landes- und Kulturwissenschaft Spaniens“; Sommersemester 2005.
[3] Vgl. Stenzel, H., Einführung in die spanische Literaturwissenschaft, 2001, S.117f.
[4] Vgl. Gimber, A., Kulturwissenschaft Spanien, 2003, S.29.
[5] Castro, A., Espana en su historia. Cristianos, moros y judíos, 1984, S. 448.
[6] Stallaert, C., Etnogénesis y etnicidad en España. Una aproximación
histórico-antropológica al casticismo , Barcelona ,1998, S. 19.
[7] Vgl. Heinen, E., Sefard. Das jüdische Spanien, aus: Terror oder Toleranz; Raimund Allebrand (Hg.) Bad Honef, 2004, S.100.
[8] Dies wird besonders im Prolog durch die Auseinandersetzung mit einem Psalm deutlich.
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