Die vorliegende Arbeit vergleicht die ordoliberale Konzeption (Ordoliberalismus) Euckens mit dem Konzept der Sozialen Marktwirtschaft Müller-Armacks. Schwerpunkte sind hierbei die Bereiche der Ordnungspolitik, Wirtschaftspolitik, Gesellschaftspolitik sowie Sozialpolitik. Diese werden vorab aus der Perspektive der beiden Denker dargestellt und anschließend verglichen. Dabei werden sowohl konvergierende als auch divergierende Aspekte innerhalb der genannten Themenbereiche aufgezeigt.
Ein Vergleich zwischen Walter Eucken und Alfred Müller-Armack ist von Interesse, nicht nur weil letztgenannter in seiner Theorie der Sozialen Marktwirtschaft stellenweise in ein distanziertes Verhältnis zu Walter Eucken gerät, sondern, weil Müller-Armack Gedankengut von Walter Eucken aufgreift und in seine Theorie der Sozialen Marktwirtschaft einbindet. Hierbei ist das Verständnis der individuellen Freiheit beider Theoretiker von besonderer Bedeutung.
Darüber hinaus bietet sich ein Vergleich beider Theoretiker im Hinblick auf ihre
ordnungs-, wettbewerbs-, gesellschafts- und sozialpolitischen Vorstellungen insofern an, als die Soziale Marktwirtschaft die deutsche Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich geprägt hat.
Die Arbeit verzichtet auf eine Darlegung der Biographien Walter Euckens und Alfred Müller-Armacks sowie auf eine Ausführung des historischen Hintergrunds und setzt diese als bekannt voraus.
Bevorzugt verwandte Primärliteratur sind von Walter Eucken: “Die Grundlagen der Nationalökonomie“ und „Grundsätze der Wirtschaftspolitik“. Von Alfred Müller-Armack: „Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik“ und „Genealogie der Sozialen Marktwirtschaft“.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Zu den geistigen Grundlagen des Ordoliberalismus nach Walter Eucken
1.1 Vorstellungen zur Ordnungspolitik
1.2 Vorstellungen zur Wirtschaftspolitik und Gesellschaftspolitik
1.3 Vorstellungen zur sozialen Frage
2. Die Soziale Marktwirtschaft von Alfred Müller-Armack
2.1 Vorstellungen zur Ordnungspolitik
2.2 Vorstellungen zur Wirtschaftspolitik und Gesellschaftspolitik
2.3 Vorstellungen zur sozialen Frage
3. Vergleich zwischen Walter Eucken und Alfred Müller-Armack
3.1 Ordnungspolitik
3.2 Wirtschaftspolitik und Gesellschaftspolitik
3.3 Die soziale Frage
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang
Graphik 1: Konstituierende und regulierende Prinzipien nach Eucken
Einleitung
Die vorliegende Arbeit vergleicht die ordoliberale Konzeption (Ordoliberalismus) Euckens mit dem Konzept der Sozialen Marktwirtschaft Müller-Armacks. Schwerpunkte sind hierbei die Bereiche der Ordnungspolitik, Wirtschaftspolitik, Gesellschaftspolitik sowie Sozialpolitik. Diese werden vorab aus der Perspektive der beiden Denker dargestellt und anschließend verglichen. Dabei werden sowohl konvergierende als auch divergierende Aspekte innerhalb der genannten Themenbereiche aufgezeigt.
Ein Vergleich zwischen Walter Eucken und Alfred Müller-Armack ist von Interesse, nicht nur weil letztgenannter in seiner Theorie der Sozialen Marktwirtschaft stellenweise in ein distanziertes Verhältnis zu Walter Eucken gerät, sondern, weil Müller-Armack Gedankengut von Walter Eucken aufgreift und in seine Theorie der Sozialen Marktwirtschaft einbindet. Hierbei ist das Verständnis der individuellen Freiheit beider Theoretiker von besonderer Bedeutung.
Darüber hinaus bietet sich ein Vergleich beider Theoretiker im Hinblick auf ihre ordnungs-, wettbewerbs-, gesellschafts- und sozialpolitischen Vorstellungen insofern an, als die Soziale Marktwirtschaft die deutsche Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich geprägt hat. So wurde nach den negativen Erfahrungen mit den Ordnungskonzepten des klassischen Liberalismus im 19. Jahrhundert, dem Interventionismus der Weimarer Republik und der nationalsozialistischen Planwirtschaft und Diktatur, eine neue Idee zur Ordnung der Wirtschaft entwickelt. Walter Eucken übte einen starken Einfluss auf diese aus. Die Grundideen der Sozialen Marktwirtschaft werden der von ihm beeinflussten Freiburger Schule[1] zugerechnet. Dieses Konzept wurde durch den damaligen amtierenden Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack aufgegriffen und teilweise verwirklicht.
Die Seminararbeit wird versuchen zu zeigen, inwieweit die Ideen der Sozialen Marktwirtschaft als konform mit dem Konzept Walter Euckens angesehen werden können und inwieweit Abweichungen vorliegen.
Grundsätzliche Einigkeit beider Denker, so viel kann an dieser Stelle vorweggenommen werden, besteht in der kritischen Distanz zum „Laissez-faire“-Liberalismus, sowie gegenüber einer zentral geleiteten Wirtschaft.
Die Seminararbeit verzichtet auf eine Darlegung der Biographien Walter Euckens und Alfred Müller-Armacks sowie auf eine Ausführung des historischen Hintergrunds und setzt diese als bekannt voraus.
Bevorzugt verwandte Primärliteratur sind von Walter Eucken: “Die Grundlagen der Nationalökonomie“ und „Grundsätze der Wirtschaftspolitik“. Von Alfred Müller-Armack: „Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik“ und „Genealogie der Sozialen Marktwirtschaft“.
1. Zu den geistigen Grundlagen des Ordoliberalismus nach Walter Eucken
1.1 Vorstellungen zur Ordnungspolitik
Für Walter Eucken (im Folgenden nur Eucken) stellt die Bedrohung der Freiheit des Einzelnen durch wirtschaftliche und politische Macht das zentrale Problem der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik dar.[2] Dieses Problem soll in Gestalt eines funktionsfähigen und menschenwürdigen Ordnungsrahmens gelöst werden. Dieser Ordnungsrahmen soll sowohl der wirtschaftlichen Entwicklung als auch der Freiheit der Menschen zuträglich sein und sich jeder Form von Macht und Privilegiensuche entgegenstellen.[3]
Was versteht Eucken jedoch genau unter Ordnung? Für ihn bedeutet Ordnung sowohl "die Gesamtheit der realisierten Formen, in denen in concreto jeweils der alltägliche Wirtschaftsprozess abläuft"[4] als auch "Ordnung, die dem Wesen des Menschen und der Sache entspricht"[5]. Ordnung (lat. Ordo) wird also nach Eucken in zweierlei Bedeutung verwendet, und zwar als Ordnung, die die Wesensordnung der Gesellschaft abbildet und Ordnung im Sinne der tatsächlichen Wirtschaftsabläufe. Die darauf aufbauende Aufgabe der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ist es, die realen Erscheinungsformen der Wirtschaft dem Ordo-Gedanken anzunähern bzw. die Ordnung der Wirtschaft gemäß der Wesensordnung der Menschen herauszuarbeiten und zu gestalten.
Grundlegend für Euckens Ordo-Gedanken ist die Umsetzung einer eigenständigen Ordnungspolitik. Dabei ist die Gestaltung eines funktionsfähigen und menschenwürdigen Ordnungsrahmens elementar. Eucken definiert diesen wie folgt:
„In ihr soll die Knappheit an Gütern […] so weitgehend wie möglich und andauernd überwunden werden. Und zugleich soll in dieser Ordnung ein selbstverantwortliches Leben möglich sein.“[6]
Funktionsfähig bedeutet folglich für Eucken Effizienz, das heißt, eine bestmögliche Güterversorgung der Bevölkerung soll gesichert sein. Menschenwürdig bedeutet ein Leben in Eigenverantwortung. Wobei Eigenverantwortung als die Kehrseite der Freiheit zu verstehen ist und somit Eucken ein Leben in Freiheit fordert.[7] Freiheit, im Sinne Euckens, als die Freiheit zur Führung eines selbstverantwortlichen Lebens nach selbst gewählten individuellen Zielen.[8] Euckens Anliegen ist es demnach, eine Verbindung von individueller Freiheit und Ordnung zu erlangen.[9] Freiheit und Ordnung sind hierbei für Eucken kein Gegensatz. Sie bedingen einander. „Ordnen heißt in Freiheit ordnen [...]".[10] Individuelle Freiheit, nach Eucken, könne nur in einem System erhalten werden, welches von einer marktwirtschaftlichen Wettbewerbsordnung getragen wird. Durch Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik soll nun eine funktionsfähige und menschenwürdige Wirtschaftsordnung entwickelt werden, wobei die individuelle Freiheit das Fundament bildet.[11]
Eine weitere elementare Forderung Euckens ist, dass dieser Ordnungsrahmen der wirtschaftlichen Entwicklung zuträglich sein soll. Eucken unterscheidet explizit zwischen gesetzten und gewachsenen Ordnungen. Die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik soll von einer ordnungspolitischen Gesamtentscheidung ausgehen, diese Gesamtentscheidung soll jedoch nicht gegen die geschichtliche Entwicklung gerichtet sein. Vielmehr sollen sich die gesetzten Ordnungsformen den gewachsenen Ordnungen annähern.[12] Eucken schreibt dazu:
"Die Planung der Ordnungen geschieht also nicht im Gegensatz zum geschichtlichen Werden, sondern die Setzung der Ordnung geschieht, indem aus den geschichtlichen Tendenzen, die da sind, Ordnungsprinzipien gewonnen werden."[13]
Der Ordnungsrahmen kann und soll sich stets der gesellschaftlichen Entwicklung anpassen.
Eucken verlangt, von dieser oben genannten Argumentation ausgehend, von der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, dass sie eine Rahmenordnung schaffen und zu erhalten habe, welche die Frage der privaten und wirtschaftlichen Macht in einer freien Gesellschaft im Hinblick auf die Wesensordnung der Gesellschaft sowie der wirtschaftlichen Entwicklung löst. Besonders sieht Eucken eine Bedrohung der individuellen Freiheit in der Existenz wirtschaftlicher Monopole. “Ein tiefer Trieb zur Beseitigung von Konkurrenz und zur Erwerbung von Monopolstellungen ist überall und zu allen Zeiten lebendig.“[14] Der hieraus resultierende Machtmissbrauch kann nach seiner Meinung nur von einer wettbewerblichen Ordnung gelöst werden, da diese private Macht nicht so leicht entstehen lässt. Bedingung für eine erfolgreiche Beschränkung privater Macht durch eine Wettbewerbsordnung ist jedoch, dass diese in einen geeigneten Ordnungsrahmen eingebunden ist. Ergänzend fordert Eucken eine privilegienfreie Ordnung, in der für alle die gleichen Regeln gelten. Regeln, die aufgrund ihrer wünschenswerten allgemeinen Funktionseigenschaften die Zustimmung aller finden können.[15]
Im Zentrum des Ordo-Gedankens Euckens, welcher auch als Ordoliberalismus bezeichnet wird, steht demnach die Ausformung eines Ordnungrahmens, der als bewusst gesetzte Gesamtentscheidung über die Ordnung des Wirtschaftslebens einer Gesellschaft zu verstehen ist und der beiden Anliegen - Effizienz als auch Freiheit – gerecht wird. Hierbei sieht Eucken die Wirtschaftsform der Marktwirtschaft, eingebunden in diesen bestimmten Ordnungsrahmen, als ideal an.
1.2 Vorstellungen zur Wirtschaftspolitik und Gesellschaftspolitik
Wie oben aufgezeigt wurde, besteht für Eucken die Aufgabe der Wirtschaftspolitik hauptsächlich in der Gestaltung einer wettbewerblichen Wirtschaftsordnung. Eucken nennt eine Reihe von wirtschaftspolitischen Voraussetzungen (Prinzipien), die erfüllt sein müssen, damit eine Wettbewerbsordnung bestehen kann, und die insofern als Leitfaden der Wettbewerbsordnung dienen.[16] Eucken nennt explizit sieben konstituierende und vier regulierende Prinzipien (siehe Anhang, Graphik 1). Diese Prinzipien, zusammen mit der Marktform der vollständigen Konkurrenz, bilden einen Rahmen, in dem das freie Handeln des Einzelnen lediglich durch die Freiheitsrechte des Anderen begrenzt ist. Die individuelle Freiheit wird in den Prinzipien errichtet, erhalten und geschützt. Grundlegend ist, dass diese Ordnung die Wesensordnung der Gesellschaft abbildet.
Die sieben konstituierenden Prinzipien lauten:
־ Funktionsfähiges Preissystem vollständiger Konkurrenz (Das Grundprinzip): Die Preise müssen die tatsächlichen Knappheitsrelationen zuverlässig anzeigen. Vorraussetzung hierfür ist ein intensiver Wettbewerb („vollständige Konkurrenz“).
־ Geldwertstabilität („Primat der Währungspolitik“): Inflation führt dazu, dass das Preissystem kein zuverlässiger Indikator mehr für die Intensität der wirtschaftlichen Knappheit verschiedener Güter ist. Somit sieht Eucken die Sicherung der Stabilität des Geldwertes durch die Kopplung des Geldwertes an den Wert vieler Waren.
־ Freier Marktzutritt („Offene Märkte“): Jede Behinderung potenzieller Konkurrenten senkt die Wettbewerbsintensität.
־ Privateigentum: Wettbewerb findet nur statt, wenn die Teilnehmer über ihr Eigentum an Produktionsmitteln frei verfügen können.
־ Vertragsfreiheit: Nur wenn die Menschen selbst entscheiden können, mit wem sie Verträge schließen, kann Wettbewerb zwischen Konkurrenten entstehen. Allerdings darf die Vertragsfreiheit nicht dazu missbraucht werden, den Wettbewerb auszuschalten oder die Vertragsfreiheit anderer zu beschränken.
־ Haftung: Nur wenn die Wirtschaftsteilnehmer für ihre wirtschaftlichen Aktivitäten umfassend haften, werden sie im Wirtschaftsleben sorgsam und vorsichtig handeln.
־ Konstanz der Wirtschaftspolitik: Die Dynamik des Wirtschaftsprozesses beinhaltet bereits in sich viele Unsicherheitsfaktoren über die zukünftige Entwicklung. Diese inhärente Unsicherheit darf der Staat nicht noch weiter durch unstetige Politik vergrößern.
Die Verwirklichung der oben skizzierten wirtschaftspolitischen Prinzipien allein reicht oftmals nicht aus, um die Wettbewerbsordnung nachhaltig funktionsfähig zu erhalten.[17] Die regulierenden Prinzipien sollen eventuelle Mängel der Wettbewerbsordnung, die sich trotz der Verwirklichung der genannten Prinzipien ergeben, korrigieren.[18] Eucken schreibt in seinem Werk „Grundsätze der Wirtschaftspolitik“:
„Auch bei Anwendung bzw. Verwirklichung der konstituierenden Prinzipien können gewisse Mängel der Wettbewerbsordnung verbleiben, die der Korrektur bedürfen. Somit bedarf es gewisser, regulierender Prinzipien, deren Anwendung geboten ist, um die Wettbewerbsordnung funktionsfähig zu erhalten.“[19]
Die regulierenden Prinzipien umfassen die Monopolkontrolle, die Einkommenspolitik, die Wirtschaftsrechnung und das anomale Verhalten des Angebotes. Hierbei versteht Eucken unter Monopolkontrolle, dass wenn aus der Wettbewerbsordnung heraus kein wirtschaftlicher sinnvoller Wettbewerb aufkommt, ein unabhängiges Kartellamt die Monopolstellungen verhindert.[20] Das Unternehmen sollte dabei so geführt werden als ob Wettbewerb bestünde, um so dem Eigennutzen des Monopolisten entgegen zu wirken. Eine Verstaatlichung von Monopolen lehnt Eucken strikt ab. Unter Einkommenspolitik versteht Eucken eine Korrektur der in der Wettbewerbswirtschaft erzielten Einkommen, weil diese Verteilung nicht optimal ist. Die Verteilung über das anonyme Preissystem als „ethisch-gleichgültigen Automatismus“[21] führt zu Ungerechtigkeiten. Ein solcher Mechanismus ist nach Eucken jedoch „immer noch besser […] als die Verteilung auf Grund willkürlicher Entscheidungen privater oder öffentlicher Machtkörper“.[22] Allerdings sollte eine ordnungspolitische Korrektur eingeführt werden, der Haushalten mit geringerem Einkommen einen angemessenen Lebensunterhalt sichert. Die Wirtschaftsrechnung beinhaltet das Einbeziehen von externen Kosten. Externe Kosten sind Kosten, die nicht im Betrieb des Verursachers entstehen und deshalb nicht in dessen Kostenrechnung eingehen. Hier weist Eucken auf die Zerstörung von Wäldern und etwa auf „die gesundheitlichen Schäden, die durch chemische Fabriken und deren Abwässer in vielen Fällen hervorgerufen wurde“.[23] In solchen konkreten Fällen sei durch Verbote die Planungsfreiheit der Betriebe zu begrenzen. Als letztes regulierendes Prinzip nennt Eucken das anomale Verhalten des Angebotes. Anomales Verhalten bezieht sich nach Eucken vorrangig auf den Arbeitsmarkt. Ein großer Arbeitgeber in einer Region kann den Lohn beliebig drücken. Daraus resultiert, dass je geringer der Lohn ist, desto mehr Familienmitglieder müssen arbeiten, um eine Versorgung aufrechterhalten zu können. Plötzlich suchen bei sinkendem Lohn mehr statt, als auf normalen Märkten, weniger Nachfrager nach Arbeit. Dieses anomale Verhalten würde zur „Festsetzung von Minimallöhnen“[24] legitimieren.
Erst die gemeinsame Anwendung dieser konstituierenden und regulierenden Prinzipien stellt die Bedingungen her, welche die Wettbewerbsordnung zur Entfaltung bringen. Einzelne Prinzipien würden in isolierter Anwendung ihren Zweck völlig verfehlen. Diese Interdependenz der Ordnungen bezieht sich nicht nur auf die wirtschaftlichen Teilordnungen, sondern ebenfalls auf die Interdependenz von Wirtschaftsordnung mit anderen Lebensordnungen, wie zum Beispiel: der sittlichen und moralischen Ordnung, der religiösen Ordnung, der politischen Ordnung und der Rechtsordnung. Hier herrscht eine wechselseitige Beeinflussung und Abhängigkeit. Erst die Erkenntnis der Interdependenz aller Ordnungen, ist die Vorraussetzung für das Verständnis aller Probleme der Wirtschaftspolitik sowie Rechts- und Staatspolitik.[25]
Der Staat nimmt bei Eucken die Funktion der „ordnenden Potenz“[26] ein.
„Der Staat hat die Formen, in denen gewirtschaftet wird, zu beeinflussen, aber er hat nicht den Wirtschaftsprozeß selbst zu führen. […] Staatliche Planung der Formen – ja; staatliche Planung und Lenkung des Wirtschaftsprozesses – nein.“[27]
Entscheidend ist folglich die Unterscheidung zwischen Wirtschaftsordnung und Wirtschaftsprozess, also zwischen der Form in der gewirtschaftet wird, und den wirtschaftlichen Handlungen selbst.[28] Die Funktion des Staates, nach Eucken ist es, die Einhaltung der Rahmenbedingungen und damit der Form in welcher gewirtschaftet wird, zu beaufsichtigen und so einen Wettbewerb unter vollständiger Konkurrenz zu etablieren. Jedoch ist die Bedrohung durch Monopolbildungen allgegenwärtig. Auf Grund dessen hebt Eucken den Grundsatz hervor, dass staatliches Handeln darauf abzielen soll, Bedeutung und Funktionen privater Machtgruppen erheblich zu begrenzen.[29] Partikularinteressen dürfen keine Möglichkeit mehr haben, sich zu Ungunsten des Gesamtsystems durchzusetzen. Eine derart konzipierte Verfassung hat Eucken im Sinn, wenn er vom starken Staat spricht, keinesfalls jedoch meint er damit einen totalitären und allmächtigen Staat.[30]
[...]
[1] Die Freiburger Schule wurde im Jahre 1937 gemeinsam von Walter Eucken, Franz Böhm und Hans Großmann-Doerth gegründet und beschäftigt sich mit einer eigenständigen Ordnungspolitik, welche die Verbindung von Freiheit und Ordnung in den Vordergrund hebt.
[2] Vgl.: Blümle, Gerold; Goldschmidt, Nils 2003: S. 1.
[3] Vgl.: Ebenda: S. 1.
[4] Eucken, Walter 1990: S. 52.
[5] Ebenda: S. 372.
[6] Eucken, Walter 1940: S. 89, 240.
[7] Vgl.: Renner, Andreas 2001: S. 161.
[8] Vgl.: Lange-von Kulessa, J.; Renner, A. 1998: S. 97.
[9] Vgl.: Blümle, Gerold; Goldschmidt, Nils 2003: S.1.
[10] Eucken, Walter 1990: S. 179.
[11] Vgl.: Hoppmann, Erich 1991: S. 42.
[12] Vgl.: Eucken, Walter 1990: S. 373.
[13] Eucken, Walter 1990: S. 374.
[14] Ebenda: S. 292.
[15] Vgl.: Vanberg, Viktor 2002: S. 237.
[16] Vgl.: Eucken, Walter 1990: S. 254-289.
[17] Vgl.: Eucken, Walter 1990: S. 253.
[18] Vgl.: Ebenda: S. 291.
[19] Vgl.: Ebenda: S. 291.
[20] Vgl.: Ebenda: S. 291f.
[21] Eucken, Walter 1990: S. 300.
[22] Ebenda: S. 300.
[23] Eucken, Walter 1990: S. 291.
[24] Ebenda: S. 304.
[25] Vgl.: Hoppmann, Erich 1991: S. 43 und vgl.: Blümle, Gerold; Goldschmidt, Nils 2003: S. 1.
[26] Vgl.: Eucken, Walter 1991: S. 325-337.
[27] Eucken, Walter 1951: S. 72.
[28] Vgl.: Eucken, Walter 1940: S. 50.
[29] Vgl.: Volkert, Jürgen 1995: S.96.
[30] Vgl.: Vanberg, Viktor 1997: S. 710.
- Arbeit zitieren
- Myra Posluschny (Autor:in), 2006, Walter Eucken und Alfred Müller-Armack: Ein Vergleich ihrer Konzeptionen des Ordoliberalismus und der Sozialen Marktwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74051
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