Die „Zigeuner“ in Ost- und Südwesteuropa hatten, wie auch in anderen Ländern, keine einfache Stellung in ihrem jeweiligen Aufenthaltsland. Grund hierfür war ihre nicht angepasste Lebensweise an ihre Umgebung, wie auch die dadurch hervorgerufene Abwehrhaltung des jeweiligen Landes und der Bevölkerung, was bis zur Verfolgung der „Zigeuner“ hin reichte.
Die „Zigeunerfrage“ wird ursprünglich als eine Rassenfrage verstanden, in Ungarn war diese allerdings nicht so radikal wie beispielsweise während des Nationalsozialismus in Deutschland.
Die Lebensweise der „Zigeuner“ ergab sich, nach der Kommunistischen Partei in Ungarn, aus deren historischen Situation, die erst in der feudalen und anschließend in der kapitalistischen Gesellschaft vorzufinden war. Die nützlichen Funktionen, die die „Zigeuner“ nach den Angaben der Kommunisten in der Vergangenheit hatten, waren unter kapitalistischen Umständen nicht mehr vorhanden und da ihre Fähigkeiten überflüssig wurden, war der Alltag der „Zigeuner“ von Betteln, Hausieren und Faulheit geprägt. Dies schaffte die große Kluft zwischen „Zigeunern“ und „Nicht-Zigeunern“, was zu einer tiefen gegenseitigen Abneigung und zu Misstrauen führte.
Im Folgenden werde ich zuerst auf die Nachkriegsjahre im kommunistischen Ungarn eingehen, bevor ich die ungarische „Zigeunerpolitik“ bis 1989 beschreibe, die sowohl die Eingliederungsversuche als auch den Kampf gegen die Diskriminierung der „Zigeuner“ beinhaltet. Anschließend erläutere ich die zwei verschieden Blickwinkel auf die „Zigeunerproblematik“: die Sicht der ungarischen Regierung mit der sozialistischen Arbeitstheorie und die Politik aus der Sicht der „Zigeuner“ in Ungarn. Zuletzt gehe ich noch auf den Antiziganismus im Allgemeinen ein und setze ihn dem ähnlich aufgebauten Antisemitismus gegenüber.
Inhaltsverzeichnis
- A) Antiziganismus und die „Zigeunerfrage“
- B) Die Lösung der „Zigeunerfrage“ in Ungarn
- 1) Die Nachkriegsjahre in Ungarn (1945-1957)
- 1.1. Die Manipulation und die Verschlechterung der Lage der „Zigeuner\" nach 1945
- 1.2. Die Gründung des „Kulturverbands der Zigeuner Ungarns“
- 2) Der Lösungsversuch der „Zigeunerfrage\" von 1957-1989 in Ungarn
- 2.1. Die Eingliederungsversuche der „Zigeuner“ ins ungarische Proletariat und der Kampf gegen die Diskriminierung
- 2.2. Die sozialistische Theorie von Arbeit
- 2.3. Die Unvereinbarkeit der sozialistischen Theorie mit der Ideologie der „,Zigeuner“
- 1) Die Nachkriegsjahre in Ungarn (1945-1957)
- C) Vergleich zwischen Antiziganismus und Antisemitismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die ungarische Politik gegenüber den Roma im 20. Jahrhundert. Sie analysiert die „Zigeunerfrage“ im Kontext des kommunistischen Regimes und beleuchtet die Versuche der Eingliederung der Roma in die sozialistische Gesellschaft.
- Manipulation der Roma zur Integration in die sozialistische Ideologie
- Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Roma nach 1945
- Gründung des „Kulturverbands der Zigeuner Ungarns“ und seine Rolle bei der Interessenvertretung der Roma
- Eingliederungsversuche der Roma in das ungarische Proletariat
- Vergleich zwischen Antiziganismus und Antisemitismus
Zusammenfassung der Kapitel
A) Antiziganismus und die „Zigeunerfrage“
Dieses Kapitel erläutert die schwierige Stellung der Roma in Ost- und Südwesteuropa, die sich aus ihrer Lebensweise und der daraus resultierenden Abwehrhaltung der jeweiligen Gesellschaften ergab. Die „Zigeunerfrage“ wird als Rassenfrage verstanden, die jedoch in Ungarn weniger radikal war als beispielsweise im Nationalsozialismus in Deutschland. Die Lebensweise der Roma wird aus ihrer historischen Situation im Kontext von Feudalismus und Kapitalismus erklärt, wobei die Kommunistische Partei Ungarns ihre nützlichen Funktionen in der Vergangenheit hervorhebt, die unter kapitalistischen Umständen nicht mehr vorhanden waren.
B) Die Lösung der „Zigeunerfrage“ in Ungarn
1) Die Nachkriegsjahre in Ungarn (1945-1957)
Die Debatten über „Zigeunerpolitik“ der ungarischen Arbeiterpartei in den Nachkriegsjahren waren theoretisch und fanden in politischen Manifesten keine Erwähnung. Die Kommunistische Partei sah die Roma als ethnische Gruppe mit spezifischen Interessen an und nutzte die Unterstützung der Roma in den Parlamentswahlen, um die soziale Ungerechtigkeit und Diskriminierung zu bekämpfen. Die Freilassung der Roma aus Konzentrationslagern durch die Rote Armee und das Verbot der Rassentrennung in Ungarn stärkten die Zustimmung der Roma zur Kommunistischen Partei.
1.1. Die Manipulation und die Verschlechterung der Lage der „Zigeuner\" nach 1945
Trotz anfänglicher Unterstützung zeigte sich schnell, dass das Interesse an den „Zigeunern“ eine Manipulation der ungarischen Arbeiterpartei war, um sie in die sozialistische Ideologie zu integrieren. Die wirtschaftliche Lage der Roma verschlechterte sich in den Jahren 1945-1948, da sie durch die Aufteilung des Großgrundbesitzes eine bedeutende Arbeitsmöglichkeit verloren. Die Roma wurden in der erzwungenen Industrialisierung meist nur als Hilfskräfte eingesetzt.
1.2. Die Gründung des „Kulturverbands der Zigeuner Ungarns“
Im Jahr 1957 wurde der „Kulturverband der Zigeuner Ungarns“ gegründet, der sich für die Schaffung von Arbeitsplätzen, bessere Schulbildung und eine allgemeine Verbesserung der Lebensweise einsetzte. Der Verband versuchte, den Minderheitenstatus der Roma anzuerkennen, was jedoch vom Staat als Machtpolitik verstanden wurde. Der Kulturverband sollte die Probleme der „Zigeuner“ selbst lösen, wobei die Staatsorgane ihnen unterstützend zur Seite stehen sollten.
2) Der Lösungsversuch der „Zigeunerfrage\" von 1957-1989 in Ungarn
Dieser Abschnitt befasst sich mit den Eingliederungsversuchen der Roma in das ungarische Proletariat und dem Kampf gegen die Diskriminierung.
2.1. Die Eingliederungsversuche der „Zigeuner“ ins ungarische Proletariat und der Kampf gegen die Diskriminierung
Es werden die Strategien und Maßnahmen des kommunistischen Regimes zur Integration der Roma beleuchtet.
2.2. Die sozialistische Theorie von Arbeit
Diese Sektion analysiert die sozialistische Arbeitstheorie und ihren Einfluss auf die Politik gegenüber den Roma.
2.3. Die Unvereinbarkeit der sozialistischen Theorie mit der Ideologie der „,Zigeuner“
Hier wird die Diskrepanz zwischen der sozialistischen Ideologie und der Lebensweise der Roma aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen dieser Arbeit sind Antiziganismus, Roma, „Zigeunerfrage“, ungarische Politik, Kommunismus, Eingliederung, Diskriminierung, sozialistische Theorie, Arbeit, Kulturverband, Interessenvertretung.
- Quote paper
- Katharina Bindl (Author), 2007, Die Lösung der Zigeunerfrage in Ungarn während des Kommunismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73822