Die fortschreitende Globalisierung der Unternehmen bedingt sowohl eine verstärkte internationale Kapitalverflechtung, als auch eine zunehmende Kapitalmarktorientierung. In der Regel schaffen Start-ups, sowie auch mittelständische Unternehmen eine Expansion auf internationaler Ebene nur über den Zugang zu den Kapitalmärkten. Für die Zulassung an der New Yorker Börse (NYSE) wird beispielsweise ein Jahresabschluss über drei Vergleichsjahre nach US-GAAP vorausgesetzt. Ferner ist die internationale Rechnungslegung innerhalb eines international operierenden Konzerns wesentlich effizienter und transparenter darzustellen, wenn in allen Gesellschaften eine einheitliche Norm zur Anwendung kommt. Selbst innerhalb Europas sind die bestehenden unterschiedlichen nationalen Rechnungslegungsnormen, für solche Bestrebungen hinderlich. Ein Vergleich oder eine Analyse von Jahresabschlüssen aus verschiedenen nationalen Rechtssystemen ist nicht möglich und potentiellen Anlegern wird ein Engagement erschwert. Durch die internationalen Rechnungslegungsnormen soll der Zugang zu den Börsenplätzen und somit zu den Kapitalgebern erleichtert werden.
Ein weiteres Motiv, sich mit den internationalen Bilanzierungsnormen zu beschäftigen, kann eine Refinanzierung durch internationale Kreditgeber und eine eventuell bessere Einstufung beim Rating der Banken sein1.
Seit 2005 sind außerdem neue gesetzliche Vorschriften zu beachten, die die internationalen Regelungen stärker berücksichtigen, um die Jahresabschlüsse aus Sicht der Investoren besser vergleichbar zu machen. Aus Unternehmenssicht führen somit nationale und internationale Börsenvorschriften sowie gesetzliche Regelungen, zur Anwendung internationaler Rechnungslegungsvorschriften2.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Bedeutung der internationalen Rechnungslegung
1.2. Historischer Rückblick
1.3. Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit
2. Die Rechnungslegungskonzepte und Institutionen
2.1. Das deutsche Handelsrecht
2.1.1. Gesetzgeber
2.1.2. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW)
2.1.3. Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC)
2.1.4. Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung
2.2. Die internationalen Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS
2.2.1. Allgemeines / Aufbau
2.2.2. International Accounting Standards Committee / Board (IASC/IASB)
2.2.3. Rechnungslegungsgrundsätze nach IAS/IFRS
3. Die Rechnungslegung der Vorräte nach IAS/IFRS
3.1. Zielsetzung und Anwendungsbereich IAS
3.2. Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
3.3. Ansatz
3.4. Bewertung
3.4.1. Bewertungsgrundsätze
3.4.2. Ermittlung der Zugangswerte
3.4.3. Einzelbewertung versus Bewertungsvereinfachungsverfahren
3.4.4. Analyse der Bilanzierungspraxis
3.4.5. Besonderheiten bei der Folgebewertung
3.5. Ausweis des Vorratsvermögens
4. Die Rechnungslegung der Vorräte nach HGB
4.1. Ansatz
4.2. Bewertung
4.2.1. Strenges Niederstwertprinzip
4.2.2. Maßstäbe für die Ermittlung des niedrigeren Wertes
4.2.3. Die Verfahren zur Bewertung gleichartiger Vorräte
4.2.3.1. Überblick über die Verfahren
4.2.3.2. Die Durchschnittsmethode
4.2.3.3. Die Verbrauchsfolgeverfahren
4.2.3.4. Handelsrechtliche Zulässigkeit von Verbrauchsfolgeunterstellungen
4.3. Ausweis
5. Die Rechnungslegung der Forderungen nach IAS/IFRS
5.1. Zielsetzung und Anwendungsbereich IAS
5.2. Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
5.3. Ansatz
5.4. Bewertung
5.4.1. Zugangsbewertung
5.4.2. Folgebewertung
5.4.3. Analyse der Bilanzierungspraxis
5.5. Ausweis
6. Die Rechnungslegung der Forderungen nach HGB
6.1. Ansatz
6.2. Bewertung
6.2.1. Zugangsbewertung
6.2.2. Folgebewertung
6.2.3. Die Bewertung abzuzinsender Forderungen
6.2.4. Fremdwährungsforderungen
6.3. Ausweis
7. Zusammenfassung und Vergleich zwischen IAS/IFRS und HGB
7.1. Die wesentlichen Unterschiede zwischen IAS/IFRS und HGB
7.2. Gegenüberstellung der beiden Rechnungslegungssysteme bei der Bewertung von Vorräten
7.2.1. Anschaffungs- / Herstellungskosten
7.2.2. Bewertungsvereinfachungsverfahren
7.3. Vergleich der beider Rechnungslegungssysteme bei der Forderungsbewertung
7.3.1. Anschaffungskosten
7.3.2. Wertberichtigungen / Abschreibungen
8. Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Anschaffungskosten nach IAS/IFRS, Ermittlung der Zugangswerte,
Abb. 2: Kostenbestandteile der Herstellungskosten nach IAS/IFRS, Ermittlung der Zugangswerte,
Abb. 3: Anwendung von Zuordnungs- und Verbrauchsfolgeverfahren 2003 – differenziert nach Branchen (in Klammern: Anzahl der Unternehmen), Analyse der Bilanzierungspraxis,
Abb. 4: Auszug aus dem Konzernabschluss 2005 der Volkswagen AG, Ausweis des Vorratsvermögens, S. 33 f
Abb. 5: Anschaffungskosten nach § 255 HGB, Maßstäbe für die Ermittlung des niedrigeren Wertes,
Abb. 6: Kostenbestandteile der Herstellungskosten nach HGB, Maßstäbe für die Ermittlung des niedrigeren Wertes,
Abb. 7: Die Verbrauchsfolgeverfahren, Die Verbrauchfolgeverfahren,
Abb. 8: Bewertung der Forderungen zum Stichtagskurs nach IFRS, Folgebewertung,
Abb. 9: Vornahme von pauschalen Wertberichtigungen in 2003 – differenziert nach Branchen (in Klammern: Anzahl der Unternehmen), Analyse der Bilanzierungspraxis,
Abb. 10: Auszug aus dem Geschäftsbericht 2005 der Fielmann AG, Ausweis,
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung, Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung,
Tab. 2: Konzeptionelles System der Rechnungslegungsgrundsätze nach IAS/IFRS, Rechnungslegungsgrundsätze nach IAS/IFRS,
Tab. 3: Die Bewertungskonzeption des HGB im Überblick, Maßstäbe für die Ermittlung des niedrigeren Wertes,
Tab. 4: Die Bewertungsvereinfachungsverfahren, Handelsrechtliche Zulässigkeit von Verbrauchsfolgeunterstellungen,
Tab. 5: Forderung wird zum Nennbetrag aktiviert und der Abzinsungsbetrag passiviert, Die Bewertung abzuzinsender Forderungen,
Tab. 6: Vergleich von Code Law und Case Law, Die wesentlichen Unterschiede zwischen IAS/IFRS und HGB
Tab. 7: Herstellungskosten nach HGB und IFRS, Anschaffungs- / Herstellungskosten,
1. Einleitung
1.1. Bedeutung der internationalen Rechnungslegung
Die fortschreitende Globalisierung der Unternehmen bedingt sowohl eine verstärkte internationale Kapitalverflechtung, als auch eine zunehmende Kapitalmarktorientierung. In der Regel schaffen Start-ups, sowie auch mittelständische Unternehmen eine Expansion auf internationaler Ebene nur über den Zugang zu den Kapitalmärkten. Für die Zulassung an der New Yorker Börse (NYSE) wird beispielsweise ein Jahresabschluss über drei Vergleichsjahre nach US-GAAP vorausgesetzt. Ferner ist die internationale Rechnungslegung innerhalb eines international operierenden Konzerns wesentlich effizienter und transparenter darzustellen, wenn in allen Gesellschaften eine einheitliche Norm zur Anwendung kommt. Selbst innerhalb Europas sind die bestehenden unterschiedlichen nationalen Rechnungslegungsnormen, für solche Bestrebungen hinderlich. Ein Vergleich oder eine Analyse von Jahresabschlüssen aus verschiedenen nationalen Rechtssystemen ist nicht möglich und potentiellen Anlegern wird ein Engagement erschwert. Durch die internationalen Rechnungslegungsnormen soll der Zugang zu den Börsenplätzen und somit zu den Kapitalgebern erleichtert werden.
Ein weiteres Motiv, sich mit den internationalen Bilanzierungsnormen zu beschäftigen, kann eine Refinanzierung durch internationale Kreditgeber und eine eventuell bessere Einstufung beim Rating der Banken sein[1].
Seit 2005 sind außerdem neue gesetzliche Vorschriften zu beachten, die die internationalen Regelungen stärker berücksichtigen, um die Jahresabschlüsse aus Sicht der Investoren besser vergleichbar zu machen. Aus Unternehmenssicht führen somit nationale und internationale Börsenvorschriften sowie gesetzliche Regelungen, zur Anwendung internationaler Rechnungslegungsvorschriften[2].
1.2. Historischer Rückblick
Bereits seit 1897 gibt es das Handelsgesetzbuch (HGB). Es erfolgten inzwischen einige Änderungen und Reformierungen, z. B. in Folge von EG-Richtlinien. Erste Diskussionen über eine Internationalisierung der Rechnungslegung gab es bereits in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts; jedoch folgte bis in die 90er Jahre kein entscheidender Durchbruch. Eine erste Regelung zur Internationalisierung der Rechnungslegung wurde 1998 durch das damalige Kapitalaufnahme-Erleichterungsgesetz (KapAEG) geschaffen. Im Rahmen dieses Gesetzes wurde eine Bestimmung in das HGB aufgenommen (§292a HGB Befreiung von Aufstellungspflicht), die es börsennotierten Mutterunternehmen eines Konzerns ermöglichte, erstmals mit befreiender Wirkung den Konzernabschluss nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen aufzustellen. Seitdem haben einige große deutsche Unternehmen ihre Rechnungslegung auf US-GAAP oder IFRS umgestellt. Beide Rechnungslegungssysteme wurden zunächst gleichwertig angesehen, wobei sogar ein erster Trend in Richtung der Anwendung der US-GAAP ging[3].
Seit 2002 eine EU-Verordnung aus dem Jahre 2002 für börsennotierte Unternehmen die Erstellung des konsolidierten Jahresabschlusses nach IFRS ab 2005 vorschreibt, tendieren jedoch deutsche Unternehmen eindeutig in Richtung IFRS und die Bedeutung der US-GAAP in der deutschen Bilanzpraxis nimmt folglich ab. Den Unternehmen, die bereits nach US-GAAP bilanzieren, wurde eine Übergangsfrist bis 2007 eingeräumt, um auf IFRS umzustellen[4].
1.3. Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit
Die vorliegende Diplomarbeit behandelt die Bilanzierung der Forderungen und Vorräte nach HGB und IFRS im Vergleich. Auf die Anwendung bei langfristiger Auftragsfertigung wird aufgrund des sonst zu großen Umfangs der Arbeit, nicht eingegangen. Obwohl die Rechnungslegung neben der Bilanz auch eine Gewinn- und Verlustrechnung, Eigenkapitalveränderungsrechnung, Kapitalflussrechnung und Segmentberichterstattung, sowie Anhang und Lagebericht umfasst, wird in dieser Diplomarbeit ausschließlich die Bilanzierung der o. g. Posten behandelt. Da hier die Unterschiede in den betrachteten Rechnungslegungssystemen zum Ausdruck kommen. Die Zielsetzung dieser Arbeit ist demnach, die Bilanzierung der Vorräte und Forderungen nach IAS/IFRS und nach HGB darzustellen.
Nachdem in Kapitel 1 „Einleitung“, die Bedeutung der Internationalen Rechnungslegung erläutert wurde und ein kurzer historischer Rückblick erfolgte, behandelt Kapitel 2 „Die Rechnungslegungskonzepte und Institutionen“ . Hierin wird ein einleitender Überblick über das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung, sowie über die Rechnungslegungsgrundsätze der internationalen Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS geschaffen.
Kapitel 3 und 4 behandeln als erster großer Hauptteil dieser Arbeit ausführlich „Die Rechnungslegung der Vorräte nach IAS/IFRS“ in Kapitel 3 und anschließend „Die Rechnungslegung der Vorräte nach HGB“ in Kapitel 4.
Den zweiten großen Hauptteil bilden Kapitel 5 und 6 dieser Diplomarbeit. Analog zum chronologischen Aufbau von Kapitel 3 und 4 wird hier die Rechnungslegung der Forderungen nach IAS/IFRS und anschließend nach HGB dargestellt.
In Kapitel 7 „Zusammenfassung und Vergleich zwischen IAS/IFRS und HGB“ werden die beiden betrachteten Rechnungslegungssysteme gegenübergestellt. Zuerst werden die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Rechnungslegungssysteme dargestellt und anschließend detailliert auf die Bewertungsunterschiede bei den Vorräten und Forderungen eingegangen.
Im Schlussteil dieser Arbeit (Kapitel 8) wird ein Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen gegeben.
2. Die Rechnungslegungskonzepte und Institutionen
2.1. Das deutsche Handelsrecht
2.1.1. Gesetzgeber
Die deutsche Rechnungslegung ist nach dem kontinental-europäischen System (dem römischen Rechtseinfluss unterliegenden Traditionen) aufgebaut, was bedeutet dass die Vorschriften der Rechnungslegung vom Gesetzgeber erlassen, sprich kodifiziert werden (sog. Code Law). Das vergleichsweise detaillierte HGB bildet die Basis der deutschen Rechnungslegung. Nur durch den Gesetzgeber können weitere Rechtsvorschriften erlassen oder bestehende verändert werden. Im Einzelfall bedürfen die handelsrechtlichen Vorschriften der Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH)[5].
2.1.2. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW)
Die Stellung konkreter, detaillierter Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, kommt in der Praxis den Verlautbarungen und Stellungnahmen des Hauptfachausschusses (HFA) sowie anderer spezialisierter Ausschüsse des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) zu. Daher ist das IDW in Deutschland ein Normen setzendes Gremium, also ein deutscher „Standardsetter“[6].
2.1.3. Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC)
Durch § 342 HGB wurde vom Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, ein privates Rechnungslegungsgremium anzuerkennen. Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) ist als sog. „Standardsetter“ anerkannt und erfüllt gemäß § 342 HGB folgende Aufgaben:
- Entwicklung von Empfehlungen zur Anwendung der Grundsätze über die Konzernrechnungslegung;
- Beratung des Bundesministeriums der Justiz bei Gesetzgebungsvorhaben und
- Vertretung der BRD in internationalen Standardisierungsgremien[7].
Der DRSC muss bei der Entwicklung neuer Standards darauf achten, dass bereits bestehende deutsche Rechnungslegungsvorschriften nicht verletzt werden. Es gilt die Vermutung, dass bei Anwendung eines durch das Bundesjustizministerium bekannt gemachten Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS) die GoB hinsichtlich der Konzernrechnungslegung beachtet werden[8].
2.1.4. Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung bilden einen Teilbereich der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB).
„Unter Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (GoB) sind diejenigen Gepflogenheiten und Prinzipien zu verstehen, die die ordentlichen und ehrbaren Kaufleute bei der Buchführung und beim Jahresabschluss anwenden bzw. anwenden sollen.“[9]
Weil eine umfassenden Fixierung der GoB fehlt, besteht in der Literatur keine einheitliche Meinung über Begriff, Inhalt und Systematik. Die im Folgenden behandelten Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung lassen sich - wie in Tabelle 1 dargestellt - systematisieren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung [10]
Rahmengrundsätze
Richtigkeit und Willkürfreiheit werden oft zusammen als Bilanzwahrheit bezeichnet. Unter Richtigkeit wird die sachbezogene Wahrheit verstanden, d. h. die objektive Übereinstimmung zwischen den Aussagen von Buchführung sowie Jahresabschluss und den zugrunde liegenden Sachverhalten. Dieser Grundsatz umfasst sowohl die formale als auch die materiell-inhaltliche Seite des Jahresabschlusses. Inhaltlich richtig müssen die im Jahresabschluss angegebenen Werte hinsichtlich richtiger Berechnungen sein. Formal geht es darum, die Jahresabschlussposten ihrem Inhalt und den gesetzlichen Vorschriften entsprechend zu bezeichnen[11].
Der Grundsatz der Bilanzklarheit ist zusammen mit dem aussagekräftigeren Begriff der Übersichtlichkeit in § 243 Abs. 2 HGB kodifiziert. Im Jahresabschluss soll sowohl die Gliederung als auch die Postenbezeichnung so gestaltet sein, dass der Bilanzleser ein übersichtliches Zahlenwerk vorfindet. Die Bilanzklarheit umfasst damit die drei Teilaspekte: angemessene Gliederungstiefe (von Bilanz und GuV), eindeutige Postenbezeichnung und Verrechnungsverbot (§ 246 Abs. 2 HGB)[12].
Der Grundsatz der Vollständigkeit ist recht ausführlich in § 246 Abs. 1 HGB niedergelegt. Sofern kein Bilanzierungsverbot besteht, sind sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge in den Jahresabschluss aufzunehmen[13].
Aus dem Vollständigkeitsprinzip ergibt sich die Bilanzidentität, die besagt, dass die Eröffnungsbilanz eines Jahres mit der Schlussbilanz des Vorjahres übereinstimmen muss.
Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip (Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit) zu beachten. Auf eine geringfügige Verbesserung der Genauigkeit und damit des Informationsgehalts darf verzichtet werden, wenn der Aufwand dazu unverhältnismäßig hoch ist[14].
Abgrenzungsgrundsätze
Die Bilanz ist als Zeitpunktrechnung (Stichtagsprinzip) auf einen bestimmten Bilanzstichtag bezogen darzustellen (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB).
Zeitraumbezogene Ausgaben und Einnahmen sind der Periode zuzuordnen, zu der sie wirtschaftlich gehören. Die Ausgaben werden in der Periode zu Aufwendungen, in der die sachlich dazugehörigen Erträge realisiert werden (Abgrenzung der Zeit und der Sache nach).
Das Prinzip der Vorsicht ( § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) resultiert aus der Auffassung, dass sich ein Kaufmann möglichst arm (oder zumindest „nicht reicher als er ist“) darstellen soll[15].
„Das Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne erst dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie durch Umsätze verwirklicht worden sind (§ 253 Abs. 1 Nr. 4 HGB)“[16]. Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB sind bis zum Abschlussstichtag verursachte, drohende Verluste jedoch bereits vor ihrem tatsächlichen Eintreten zu berücksichtigen (Imparitätsprinzip)[17].
Ergänzende Grundsätze
Der Fortführungsgrundsatz (das sog. Going-concern-Prinzip) besagt, dass normalerweise die Fortführung der Geschäftstätigkeit in einem überschaubaren zukünftigen Zeitraum (mindestens ein Jahr nach dem Bilanzstichtag) anzunehmen ist. Daher findet bei der Bewertung der Vermögensgegenstände eine mögliche Veräußerung des Gesamtunternehmens oder dessen Liquidation in Einzelteilen, keine Beachtung.[18]
In § 240 Abs. 1 und § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist der Einzelbewertungsgrundsatz kodifiziert. Jeder Vermögensgegenstand ist demnach einzeln zu bewerten. Damit soll die Nachvollziehbarkeit der Bilanzierung und Bewertung durch Dritte gewährleistet und Bilanzmanipulationen erschwert werden[19].
Die formale Bilanzkontinuität fordert, dass die Gliederung von Bilanz und GuV von Jahr zu Jahr unverändert bleiben. Sie beinhaltet aber auch die Forderung, den Ausweis der einzelnen Bilanzposten (oder GuV-Posten) nicht zu ändern (§265 Abs. 1 HGB)[20].
Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit, der in §252 Abs. 1 Nr. 6 HGB kodifiziert ist, soll gewährleisten, dass aufeinander folgende Jahresabschlüsse miteinander verglichen werden können. Er besagt, dass einmal für den Jahresabschluss gewählte Bewertungsmethoden beibehalten werden müssen[21].
2.2. Die internationalen Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS
2.2.1. Allgemeines / Aufbau
Die IAS/IFRS Rechnungslegung ist sehr stark anglo-amerikanisch ausgerichtet, wobei sowohl der Prozess ihrer Entwicklung als auch die inhaltliche Ausrichtung weitgehend dem Vorgehen in anglo-amerikanischen Staaten entspricht. Die Ausgestaltung der IAS/IFRS erfolgte jedoch bewusst weniger detailliert als beispielsweise in den US-GAAP. Dies folgt aus dem Ziel einer weltweiten Akzeptanz und Anwendung dieser Standards[22].
Das Gesamtkonzept des IASB besteht aus den folgenden Elementen:
- Vorwort (preface) zu den IFRS;
- Rahmenkonzept (framework);
- Standards (IAS/IFRS);
- Interpretationen (IFRIC/SIC);
- Anwendungsrichtlinien (implementation guidance)[23].
Wobei das Vorwort zu den IFRS nicht zu den sogenannten verbindlichen Veröffentlichungen (authoritative pronouncements) zählt. Im Rahmenkonzept „framework for the preparation and presentation of financial statement“ sind die grundsätzlichen Ziele und allgemeinen Rechnungslegungsgrundsätze geregelt. Diese Regelungen sind grundsätzlich verbindlich, wenn sie mit einem Standard jedoch in Konflikt stehen, geht der Standard dem Framework vor. Die Standards sind nicht sachlich geordnet, sondern (ebenso wie die Interpretationen) in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Verabschiedung nummeriert. Sie behandeln die Einzelfragen der Rechnungslegung, einzelne Bilanzposten oder auch Branchenprobleme. Die Interpretationen sorgen für eine Konkretisierung der in den Standards geregelten Rechnungslegungsproblemen[24].
2.2.2. International Accounting Standards Committee / Board (IASC/IASB)
Das International Accounting Standards Committee (IASC) wurde 1973 durch eine Vereinbarung von sich mit der Rechnungslegung befassenden Berufsverbänden aus Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Irland, Japan, Kanada, Mexiko, den Niederlanden und den USA gegründet. Der IASC ist eine privatwirtschaftliche Organisation mit Sitz in London. Die vom IASC konzipierten IAS, die später in IFRS umbenannt wurden, werden von keinem Gesetzgebungsorgan verabschiedet und gelten daher nicht automatisch für jede nationale Wertpapieraufsichtsbehörde. Sie müssen daher von den jeweiligen nationalen Gesetzgebern akzeptiert werden[25].
Der International Accounting Standards Board (IASB) ist für die Entwicklung und Veröffentlichung von Entwürfen neuer Standards sowie für deren verbindliche Verabschiedung zuständig. Da die Verlautbarungen des IASC der Genehmigung (bzw. Verabschiedung) durch den IASB bedürfen, ist dieser der eigentliche internationale Standardsetter[26]. Weiterhin gibt es einen sog. Standards Advisory Council (SAC), der dem Board beratend zur Seite steht. Vertreter nationaler Gremien, wie z. B. das DRSC können in dieser Kommission ihren Einfluss auf das IASC ausüben[27].
Die Ziele des IASC/IASB sind[28]:
- „Entwicklung eines einzigen gültigen Satzes an hochwertigen, verständlichen und durchsetzbaren globalen Rechnungslegungsstandards im öffentlichen Interesse, die zur Entscheidungshilfe für die Teilnehmer an den Kapitalmärkten der Welt und andere Nutzer zu hochwertigen, transparenten und vergleichbaren Finanzinformationen führen;
- Förderung der weltweiten Anwendung und Anerkennung dieser Standards;
- Konvergenz der nationalen Rechnungslegungsstandards mit den IAS/IFRS zu hochwertigen Lösungen.“
2.2.3. Rechnungslegungsgrundsätze nach IAS/IFRS
Die den IAS/IFRS zugrunde liegenden Rechnungslegungsgrundsätze lassen sich nach dem Framework zwischen den grundlegenden Annahmen (underlying assumptions) und den qualitativen Kriterien (qualitative characteristics of financial statements) unterscheiden. Zusammen mit den Nebenbedingungen (constraints) sowie mit dem Ergebnis „true and fair view/fair presentation“ werden diese in der folgenden Tabelle als das konzeptionelle System der Rechnungslegungsgrundsätze dargestellt[29].
[...]
[1] Vgl. Betten W. et al. (2003), S. 1
[2] Vgl. Buchholz R. (2004), S. 1
[3] Vgl. Haunerdinger M. et al. (2004), S. 1
[4] Vgl. ebd (bei anderer Seite)
[5] Vgl. Heno R. (2003), S. 24
[6] Vgl. ebd (bei gleicher Seite)
[7] Vgl. ebd (bei gleicher Seite)
[8] Vgl. ebd (bei anderer Seite)
[9] Vgl. Heno R. (2003), S. 53
[10] In Anlehnung an: Heno R. (2003), S. 55
[11] Vgl. Meyer C. (2004), S. 43
[12] ebd (bei gleicher Seite)
[13] ebd (bei gleicher Seite)
[14] ebd (bei anderer Seite)
[15] Vgl. Meyer C. (2004), S. 45
[16] Vgl. Bruschke G. (2003), S. 35
[17] Vgl. ebd (bei gleicher Seite)
[18] Vgl. Heno R. (2003), S. 67
[19] Vgl. ebd (bei anderer Seite)
[20] Vgl. Heno R. (2003), S. 72
[21] Vgl. Heno R. (2003), S. 73
[22] Vgl. Bruschke G. (2003), S. 24
[23] Vgl. Jordan M. (2005), Folie 11 ff.
[24] Vgl. Petersen K. (2003), S. 4 ff.
[25] Vgl. Haunerdinger M. et al. (2004), S. 9
[26] Vgl. Betten W. et al. (2003), S. 13
[27] Vgl. ebd (bei anderer Seite)
[28] Vgl. http://www.iasc.org.uk/ger/news/index/html, Stand 02.12.2006
[29] In Anlehnung an: Jordan M. (2005), Folie 27
- Quote paper
- Sandra Stocker (Author), 2007, Die Rechnungslegung der Vorräte und Forderungen nach IAS/IFRS und HGB im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73625
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