Die Rechtschreibreform ist seit Jahren eines der umstrittensten Themen in Deutschland. Durch zahlreiche Veränderungen herrschte immer wieder große Verwirrung darüber, welche Version gerade gültig ist. Im August dieses Jahres soll nun die endgültige Fassung in Kraft treten. Allgemein verbindlich durchgesetzt wird sie aber nur in den Schulen und Behörden. In diesem ganzen Chaos muss kritisch hinterfragt werden, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, Orthographie und Grammatik in der Schule als großen Bestandteil des Deutschunterrichts zu betrachten und welche Formen der Rechtschreibarbeit und Leistungsmessung als zeitgemäß anzusehen sind.
Eine der ältesten und bekanntesten Formen der Rechtschreibmessung ist das Diktat, das bis heute trotz heftiger Kritik in den Schulen verwendet wird. Die Ablehnung richtet sich dabei vor allem gegen die reine Ergebnisorientierung des Diktats. Es ist jedoch die Frage zu stellen, ob das Diktat komplett aufgegeben werden sollte oder ob es neue Formen gibt, die durchaus eine wichtige Rolle im modernen Unterricht übernehmen können.
Diese Arbeit geht deshalb der Frage nach, welche Aufgabe und Zielsetzungen das Diktat in der heutigen Zeit noch erfüllen kann und ob die Kritikpunkte berechtigt sind.
Um diese problematische Auseinandersetzung zu erleichtern, soll im ersten Teil der Arbeit der Fokus auf dem herkömmlichen Diktat liegen. So wird diese Form vorgestellt und ihre Rolle im Rechtschreibprozess verdeutlicht. Anschließend werden die Realisierung der Diktate im Unterricht und die daraus entstehenden Probleme diskutiert.
Der zweite Abschnitt der Arbeit beschäftigt sich anschließend mit den Kritikpunkten am klassischen Diktat. Dabei werden sowohl die geforderten Modifikationen an der alten Form als auch neue Ideen für alternative Formen der Diktate vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Das traditionelle Diktat im Deutschunterricht
2.1 Definition und Beschreibung
2.2 Die Bedeutung des Diktats im Rechtschreiblernprozess
2.3 Anwendung und Realisierung im Unterricht
2.4 Probleme beim Diktat
2.4.1 Generelle Schwierigkeiten
2.4.2 Die Bewertung der Fehler und deren Korrektur
3. Die Kritik an der klassischen Form des Diktats
3.1 Die Ansatzpunkte der Fachwelt
3.2 Alternative Formen
3.2.1 Das Eigendiktat
3.2.2 Das Stufendiktat
4. Schlussbemerkung
5. Literaturverzeichnis
5.1 Verwendete Literatur
5.2 Internet
1. Einführung
Die Rechtschreibreform ist seit Jahren eines der umstrittensten Themen in Deutschland. Durch zahlreiche Veränderungen herrschte immer wieder große Verwirrung darüber, welche Version gerade gültig ist. Im August dieses Jahres soll nun die endgültige Fassung in Kraft treten. Allgemein verbindlich durchgesetzt wird sie aber nur in den Schulen und Behörden. In diesem ganzen Chaos muss kritisch hinterfragt werden, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, Orthographie und Grammatik in der Schule als großen Bestandteil des Deutschunterrichts zu betrachten und welche Formen der Rechtschreibarbeit und Leistungsmessung als zeitgemäß anzusehen sind.
Eine der ältesten und bekanntesten Formen der Rechtschreibmessung ist das Diktat, das bis heute trotz heftiger Kritik in den Schulen verwendet wird. Die Ablehnung richtet sich dabei vor allem gegen die reine Ergebnisorientierung des Diktats. Es ist jedoch die Frage zu stellen, ob das Diktat komplett aufgegeben werden sollte oder ob es neue Formen gibt, die durchaus eine wichtige Rolle im modernen Unterricht übernehmen können.
Diese Arbeit geht deshalb der Frage nach, welche Aufgabe und Zielsetzungen das Diktat in der heutigen Zeit noch erfüllen kann und ob die Kritikpunkte berechtigt sind.
Um diese problematische Auseinandersetzung zu erleichtern, soll im ersten Teil der Arbeit der Fokus auf dem herkömmlichen Diktat liegen. So wird diese Form vorgestellt und ihre Rolle im Rechtschreibprozess verdeutlicht. Anschließend werden die Realisierung der Diktate im Unterricht und die daraus entstehenden Probleme diskutiert.
Der zweite Abschnitt der Arbeit beschäftigt sich anschließend mit den Kritikpunkten am klassischen Diktat. Dabei werden sowohl die geforderten Modifikationen an der alten Form als auch neue Ideen für alternative Formen der Diktate vorgestellt.
2. Das traditionelle Diktat im Deutschunterricht
2.1 Definition und Beschreibung
Die Übungs- und Prüfungsform des Diktats gilt seit langer Zeit als sehr wichtiges Instrument für den Rechtschreibunterricht im Fach Deutsch. Es wird über alle Schularten hinweg praktiziert und immer wieder auch für Berufseignungstests verwendet. Dennoch ist das Diktat besonders in den letzten Jahren stark in die Kritik geraten. Um diese zu verstehen, erscheint es jedoch notwendig, zunächst die Charakteristika des klassischen Diktats zu betrachten.
Der Begriff „Diktat“ stammt von dem lateinischen Wort dictare (= diktieren) ab und bezieht sich im Allgemeinen auf einen vorgesprochenen Text, der niedergeschrieben werden muss. Paul Bischoff gibt eine tiefergehende Definition:
Ein Diktat ist die phonologisch-phonetische Kodierung eines Textes durch einen Sprecher (Sender) zum Zwecke der orthographisch richtigen Fixierung dieses Textes durch einen Schreiber (Empfänger + Reproduzent).[1]
Damit bezeichnet er das Diktat als eine Art Kommunikationsprozess, der zwischen den Beteiligten abläuft. Der Empfänger muss in der Lage sein, die Laute zu verstehen und in schriftlicher Form korrekt wiederzugeben.
Eine weitere Definition, die jedoch stärker auf die traditionelle Verwendung von Diktaten in der Schule bezogen ist, findet man bei Joachim Riehme folgendermaßen:
Das Diktat in der Disziplin Grammatik/Orthographie ist eine methodische Maßnahme, die die Schüler veranlasst, mündlich vorgetragenes Sprachmaterial als Übung oder Leistungskontrolle wortwörtlich aufzuschreiben.[2]
Diese Begriffsklärung kommt dem allgemeinen Verständnis von Diktaten sehr nahe. Fasst man beide Definitionen zusammen, so lässt sich sagen, dass es sich beim Diktat im schulischen Kontext um eine Methode des Rechtschreibunterrichts handelt. Dabei ist es die Aufgabe der Schüler einen Text oder Sätze, die von der Lehrkraft vorgesprochen werden, der Rechtschreibnorm gemäß aufzuschreiben.
Auf den ersten Blick erscheint das Diktieren als ein rein äußerliches Verfahren, bei dem Laute in Schriftzeichen umgesetzt werden müssen. Da das Deutsche jedoch keine reine Phonem-Graphem-Beziehung aufweist, müssen die Schüler noch weitere Prozesse bewältigen, die im Inneren ablaufen. Neben dem Verstehen der Bedeutungen der Klangeinheiten ist es nötig, sich an Analogbildungen, Wortverwandtschaften, Morphemstrukturen und gelernte Regularitäten zu erinnern, um das Wort richtig niederschreiben zu können. Somit stellt das Diktat sehr hohe Anforderungen und prüft trotzdem nur das Produkt und nicht den Prozess des Rechtschreiberwerbs.[3] Allerdings sehen viele Lehrer es bis heute als „das am besten geeignete Mittel [...], die Rechtschreibfähigkeit junger Menschen zu überprüfen“[4].
Sie werden durch die Lehrpläne verschiedener Schularten unterstützt, die trotz aller Proteste am Diktat festhalten. Als Beispiel soll der neue Lehrplan für das Gymnasium in Bayern dienen. So werden für den Rechtschreibunterricht in der fünften Jahrgangsstufe folgende Ziele und Ideen formuliert:
Die Schüler erlernen wesentliche Methoden der Grammatik und erweitern ihre Rechtschreibkenntnisse. [...] Sie üben und vertiefen das Gelernte systematisch an zusammenhängenden Texten und in Form von Diktaten.[5]
Das Diktat wird zwar nicht explizit als Prüfungsform genannt, es ist jedoch noch ein wichtiger Bestandteil des heutigen Rechtschreibunterrichts. Auch im Probeunterricht für den Übertritt an das Gymnasium oder die Realschule in Bayern wird das Diktat im Rahmen der Deutschprüfung gefordert.[6] Diese Beispiele zeigen deutlich die Aktualität des Themas „Diktate“ in der modernen Schule. Dies erscheint etwas überraschend, da in der aktuellen Deutschdidaktik immer mehr der Weggang vom traditionellen Diktat gefordert wird.
Es hat trotzdem eine wichtige Rolle im Rechtschreibunterricht und –lernprozess, welche im folgenden Abschnitt genauer erläutert werden soll.
2.2 Die Bedeutung des Diktats im Rechtschreiblernprozess
Die Zielsetzung des Rechtschreibunterrichts bis vor ca. 20 Jahren bestand darin, den Schülern die richtige Schreibung der Worte beizubringen und ihnen die größtmögliche Sicherheit mit den orthographischen Normen mitzugeben. Dies wollte man durch Üben erreichen, denn es herrschte in der Didaktik die Meinung, dass z.B. durch wiederholtes Schreiben eines Wortes sich dieses der Schüler als Bild einprägen und bei Bedarf wiedergeben könne. Somit war das Diktat ein wichtiges Instrument für den Rechtschreibunterricht. Man konnte es sowohl zu Übungszwecken als auch zur Überprüfung der Rechtschreibleistung der Schüler einsetzen. Man schien ein gutes Verfahren zur objektiven Messung der Rechtschreibleistung gefunden zu haben. Die Korrektur des Diktats ermöglicht eine Ermittlung der Orthographiefehler und damit eine Bewertung der Rechtschreibfähigkeit des Individuums.
Diese Einstellung gegenüber dem Rechtschreibunterricht hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt, wenn auch das Diktat immer noch vorhanden ist. Inzwischen wird in der Didaktik Rechtschreiben als „ein Element des komplexen schriftsprachlichen Handlungsprozesses“[7] verstanden. Dies bedeutet, dass das Erlernen des Rechtschreibens als kognitiver Prozess abläuft, bei dem der Schüler sich Worte nicht mehr nur einprägt, sondern orthographische Strukturen und Muster zu erkennen und sich diese anzueignen versucht. Damit soll er am Ende des Lernprozesses in der Lage sein, Transferleistungen zu erbringen. Wenn z.B. ein Wort unbekannt ist, kann der Schüler auf Grund seines prozeduralen Wissens Analogbildungen vollführen oder die Regeln richtig anwenden, sodass sogar komplett neue Wörter richtig geschrieben werden.
Das angestrebte Ergebnis eines modernen Unterrichts ist es somit nicht mehr, die Schüler durch monotone Rechtschreibübungen die Endprodukte der Orthographieregeln zu vermitteln, sondern ihnen Wege zum Verständnis der Strukturen und Denkprozesse aufzuzeigen. Ein weiteres Anliegen der modernen Sprachdidaktik ist zudem die Förderung der schülerindividuellen Rechtschreibfähigkeiten. Denn gerade im Bereich der Rechtschreibung gibt es große Leistungsunterschiede, die das Diktat zwar oberflächlich aufzeigt, deren Ursachen es jedoch nicht untersucht.
Somit hat sich auch die Aufgabe und Bedeutung des Diktats im Rechtschreibunterricht gewandelt. Da das Diktat alleine nur am Ergebnis des Rechtschreibens, nämlich der Korrektheit bzw. Fehleranzahl, interessiert ist, kann es nicht mehr ohne Umdenken in den modernen prozessorientierten Deutschunterricht integriert werden. Die Verwendung und der Umgang mit Diktaten haben sich deshalb verändert. Die traditionelle Übungs- oder Prüfungsform wird zwar immer noch verwendet, aber in Verbindung mit lerndifferenzierenden Verfahren kann es durchaus als gute Methode im Unterricht weiter benutzt werden. Auch die Fehlerarbeit nach der Korrektur des Diktats leistet einen wichtigen Beitrag im modernen Unterricht. Wenn die Fehler als Chance gesehen werden, die Strukturen der Rechtschreibung zu erkennen und sie individuell mit dem jeweiligen Schüler zu analysieren, kann das Diktat gute Anstoßpunkte für den differenzierten Unterricht geben.[8]
2.3 Anwendung und Realisierung im Unterricht
Da im bisherigen Teil der Arbeit der Schwerpunkt mehr auf die fachtheoretischen Überlegungen gelegt wurde, sollen sich die folgenden Abschnitte mit der tatsächlichen Unterrichtspraxis beschäftigen. Dabei werden die verschiedenen Formen des traditionellen Diktats vorgestellt und der mögliche Ablauf der Verwendung von Diktaten skizziert.
Grundsätzlich wird zwischen dem Übungs- und dem Prüfungsdiktat unterschieden. So hat der Schüler bei Ersterem noch die Möglichkeit zu testen, was er schon kann und wo noch Übungsbedarf besteht. Dagegen soll beim Prüfungsdiktat gezeigt werden, wieweit die Klasse in ihrer Rechtschreibleistung ist.
Das Übungsdiktat dient als eine wichtige Übungsform im Rechtschreibunterricht. Der Einzelne kann ohne Angst vor Notendruck seine Orthographiekenntnisse erproben. Die entstandenen Fehler können dann mit individueller Hilfestellung erarbeitet und verbessert werden. Zudem lernen die Kinder die Situation des Diktateschreibens kennen und können sich an die Art des Diktierens gewöhnen.
Das Prüfungsdiktat hat den Sinn, den Fortschritt der Lernenden im Bereich der Rechtschreibung zu überprüfen. Es scheint eine relativ objektive Vergleichsmöglichkeit der Schülerleistungen zu bieten. Dabei unterscheidet man jedoch noch zwischen geübten und ungeübten Diktaten. Laut Menzel hat ein geübtes Diktat die Kriterien zu erfüllen, dass „es kein Wort enthalten dürfe, das zuvor nicht geübt wurde und das nicht verstanden wird, und dass es den Schreibenden keine Strategie abverlangen darf, die nicht vorher gelernt wurde“[9]. Ab dem ca. vierten Schuljahr überwiegen allerdings die ungeübten Diktate. Es sollte darauf geachtet werden, dass auch in den ungeübten Diktaten nur Leistungen von den Schülern gefordert werden, die zuvor Inhalt des Unterrichts waren. Das bedeutet nicht, dass jedes Wort oder jede grammatische Struktur ausführlich behandelt worden sein muss, aber mit den Schülern müssen Denkstrategien zur Lösung von Problemfällen geübt worden sein.
Der Ablauf solcher Prüfungsdiktate ist meistens ähnlich gestaltet, obwohl es viele neue Ideen gibt. Zunächst wird das Diktat einmal komplett von der Lehrkraft vorgelesen. Dadurch wird den Schülern die Möglichkeit gegeben, sich mit dem Text vertraut zu machen. Der Lehrer notiert die Eigennamen und unbekannten Worte. Anschließend erfolgt das eigentliche Diktieren des Textes, Satz für Satz. Ob die Interpunktion mitdiktiert wird, hängt dabei von der Jahrgangsstufe ab. Am Ende liest der Lehrer den kompletten Text noch einmal vor, sodass die Kinder eventuelle Lücken füllen können. Nach der Korrektur erfolgt die Fehlerverbesserung, die entweder durch die Schüler individuell, mit der Klasse gemeinsam oder in Gruppenarbeit erfolgen kann.
Durch dieses relativ starre System entstehen jedoch viele Probleme, mit denen sich jeder gute Pädagoge auseinander setzen muss. Denn eine individuelle Arbeit mit jedem Schüler und eine Leistungsdifferenzierung wird sehr schwierig. Es ist daher sinnvoll, die Problematiken des Diktats im folgenden Punkt genauer zu erläutern, um sie in das Bewusstsein der Lehrer zu rufen.
[...]
[1] Bischoff, Paul: Das Rechtschreibdiktat – Formen der Übung, Kontrolle und Prüfung. Wolfenbüttel: Georg Kallmeyer Verlag 1978, S. 5
[2] Riehme, Joachim: Rechtschreibunterricht – Probleme und Methoden. Frankfurt a. M.: Diesterweg Verlag 1987, S. 145
[3] Eine genauere Analyse dieses Problems siehe Punkt 3.1
[4] Menzel, Wolfgang: Diktieren und Diktiertes aufschreiben. In: Praxis Deutsch 142 (1997), S. 15
[5] http://www.isb.bayern.de: Lehrplan für das bayerische Gymnasium vom 19.7.2004. Fachlehrplan Deutsch – 5. Jahrgangsstufe, S. 1
[6] Vgl. http://www.isb.bayern.de: Vergleichsarbeiten/Prüfungen
[7] Hanke, Petra: Methoden des Rechtschreibunterrichts. In: Didaktik der deutschen Sprache. Hrsg. von Ursula Bredel u.a. Paderborn/München: Schöningh Verlag 2003, S. 785
[8] Verschiedene neue Ansätze in der Diktatspraxis werden unter Punkt 3.2 vorgestellt.
[9] Menzel, Wolfgang: Diktieren und Diktiertes aufschreiben, S. 24
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2007, Das Diktat im Rechtschreibunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73402
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