Das wirtschaftliche Umfeld für europäische Untenehmen hat sich in den letzten Jahren zunehmend verändert. Die Aufnahme weiterer Länder in die Europäische Union verstärkte die Wettbewerbssituation und forderte oft Verlagerungen von Produktionsstätten in Billiglohnregionen um dem ernormen Kostendruck stand zu halten. Daneben sind die neuen Anforderungen aus Basel 2, welche von den Kreditinstituten eine ratingbezogene Mindestkapitalquote für Kapitalbereitstellungen fordern, noch eine zusätzliche Belastung für deutsche Unternehmen. Vor diesem Hintergrund rückt neben der Renditesteigerung der effiziente Umgang mit liquiden Mitteln immer mehr in den Vordergrund.
Dieses Werk beschäftigt sich mit der Frage: Wie muss das Working Capital Management ausgerichtet sein um so wenig wie möglich, aber so viel wie notwendig Liquidität in Lagerbeständen, Forderungen aus Lieferung und Leistung und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gebunden zu halten. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse, Kennzahlen zur Messung und anschließender Optimierung der besagten Working-Capital-Posten. Um einen ganzheitlichen Ansatz zu liefern, wird auch noch auf Teile des Cash Managements, wie die Optimierung des Kassenbestands und die effiziente Anlage von Liquidität, eingegangen. Außerdem werden generelle Finanzierungsstrategien und zur Finanzierung des Working Capitals geeignete Finanzprodukte erläutert.
Ziel dieses Werks ist es den Einfluss des Working Capitals auf die Rentabilität eines Unternehmens verständlich zu machen und quantitative als auch qualitative Optimierungsansätze aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Definition
1.2 Relevanz und Ziele
2 Analyse und Optimie rung der Posten des Working Capitals
2.1 Lagerbestände
2.1.1 Die Höhe der Lagerbestände Messen und Vergleichen
2.1.2 Die Einflussfaktoren auf die Lagerbestände
2.1.3 Den Lagerbestand optimieren
2.2 Forderungen aus Lieferung und Leistung
2.2.1 Die Höhe der Forderungen Messen und Vergleichen
2.2.2 Die Einflussfaktoren auf die Forderungen
2.2.3 Die Debitorenlaufzeit optimieren
2.3 Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung
2.3.1 Die Höhe der Verbindlichkeiten Messen und Vergleichen
2.3.2 Die Einflussfaktoren auf die Verbindlichkeiten
2.3.3 Die Kreditorenlaufzeit optimieren
2.4 Der Cash Conversion Cycle
2.5 Drei generelle Working Capital Strategien
3 Cash Management
3.1 Unternehmerische Motive Liquide Mittel zu halten
3.2 Bestimmung des optimalen Kassenbestandes
3.3 Investition überschüssiger liquider Mittel
4 Finanzierung des Working Capitals
4.1 Drei generelle Strategien zur Finanzierung des Working Capitals
4.2 Instrumente zur Finanzierung des Working Capitals
4.2.1 Lieferantenkredit
4.2.2 Aktzeptkredit
4.2.3 Dispositionskredit
4.2.4 Commercial Papers
4.2.5 Asset Backed Securities
4.2.6 Factoring
5 Schlussbetrachtung
6 Referenzliste
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 2.2 Besley S. & Brigham E. F. (2005), Essentials of managerial finance, 13. Edition, Mason
Abbildung 2.1 Steinhardt, T. (2006): Working Capital Management, Controlling Heft 8/9 2006
Abbildung 4.1 Emery, D. R.; Finnerty, J. D. & Stowe, J. D. (2004): Corporate financial management, 2. Auflage, Upper Saddle River
Abbildung 4.2 Emery, D. R.; Finnerty, J. D. & Stowe, J. D. (2004): Corporate financial management, 2. Auflage, Upper Saddle River
Abbildung 4.3 Emery, D. R.; Finnerty, J. D. & Stowe, J. D. (2004): Corporate financial management, 2. Auflage, Upper Saddle River
Tabelle 2.1 Keown, A. J. (2005): Financial Management: principles and applications , 10. Auflage, Upper Saddle River
Tabelle 2.2 Damodaran, A. (2001): Corporate Finance: theory and practice, 2. Auflage, New York
Tabelle 2.3 Damodaran, A. (2001): Corporate Finance: theory and practice, 2. Auflage, New York
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Das wirtschaftliche Umfeld für europäische Untenehmen hat sich in den letzten Jahren zunehmend verändert. Die Aufnahme weiterer Länder in die Europäische Union verstärkte die Wettbewerbssituation und forderte oft Verlagerungen von Produktionsstätten in Billiglohnregionen um dem ernormen Kostendruck stand zu halten. Daneben sind die neuen Anforderungen aus Basel 2, welche von den Kreditinstituten eine ratingbezogene Mindestkapitalquote für Kapitalbereitstellungen fordern, noch eine zusätzliche Belastung für deutsche Unternehmen. Vor diesem Hintergrund rückt neben der Renditesteigerung der effiziente Umgang mit liquiden Mitteln immer mehr in den Vordergrund.[1]
Aber genau dieser effiziente Umgang mit den Barbeständen gelingt vielen Unternehmen laut wirtschaftlichen Untersuchungen nicht, wo es heißt, dass Unternehmen in Europa und den USA durchschnittlich ein Viertel mehr liquide Mittel in Posten des Working Capitals gebunden halten als notwendig wäre.[2]
In diesem Zusammenhang stellt sich für Unternehmer derzeit die Frage: Wie muss das Working Capital Management ausgerichtet sein um so wenig wie möglich, aber so viel wie notwendig Liquidität in Lagerbeständen, Forderungen aus Lieferung und Leistung und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gebunden zu halten. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Analyse und anschließender Optimierung der einzelnen Working-Capital-Posten. Kennzahlen zur Messung und daraufhin mit der Optimierung der oben genannten Bilanzposten. Ferner wird für eine vollständige Betrachtung noch kurz auf Teile des Cash Managements eingegangen. Zuletzt werden noch drei generelle Strategien zur Finanzierung des Working Capital erläutert und verschiedene zur Umsetzung dieser Strategien geeignete, kurzfristige Finanzierungsinstrumente abgehandelt.
1.1 Definition
Das Working Capital wird auch Net Working Capital oder hier zu Lande auch Netto Umlaufvermögen genannt setzt sich im groben aus dem Umlaufvermögen abzüglich der kurzfristigen Verbindlichkeiten und der erhaltenen Anzahlungen zusammen. Auf letztere wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen, da das optimierungspotenzial eher gering ist. Allerdings bezieht sich das Working Capital nur auf nicht-zinstragende Posten des Umlaufvermögens und nicht-zinstragende kurzfristige Verbindlichkeiten. Als grobe Faustregel kann man sich also merken: Ob ein Bilanzposten Teil des Working Capitals ist, kann mithilfe der zwei Kriterien, kurzfristig und nicht-zinstragend, festgemacht werden.[3]
1.2 Relevanz und Ziele
Die im Working Capital gebundenen Mittel betragen bei einem produzierenden Unternehmen im durchschnitt etwa die Hälfte des Gesamtvermögens, bei Vertriebsunternehmen sogar noch mehr.[4] Zu hoch angesetzte und suboptimal gemanagte Working Capital Bestände können schnell zu niedrigerer Rentabilität und sogar zu ernsten Liquiditätsproblemen führen. Gerade bei Start-Up Unternehmen sind letztere eine häufige Ursache für frühzeitige Insolvenz und auch im Mittelstand sorgen lange Forderungslaufzeiten für die Notwendigkeit Inputfaktoren wie Rohstoffe vorzufinanzieren was wiederum ein hohes Maß an liquiden Mitteln erfordert. Sind nicht genügend liquide Mittel zur Vorfinanzierung vorhanden und wirken unnötig hohe Lagerbestände zusätzlich noch liquiditätsmindernd, so kann das Unternehmen schnell in Zahlungsschwierigkeiten geraten, welche unter Umständen sogar in der Insolvenz enden können. Diese Problematik wird im Folgenden noch einmal an einem einfachen Beispiel erörtert.
Das Unternehmen XYZ aus dem Stuttgarter Großraum ist ein Zulieferer eines großen Automobilkonzerns. Durch die dominierende Marktstellung des Automobilkonzerns, kann es sich dieser erlauben seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Zulieferer erst 3 Monate nach Erhalt der Ware zu begleichen. Dadurch ist der Zulieferer gezwungen seine Verbindlichkeiten gegenüber seinen Lieferanten hinauszuschieben, was einen Verzicht auf eventuelle Skontogewährung mit sich bringt. Außerdem muss er seine kompletten Fixkosten für diese 3 Monate vorfinanzieren. Die Vorfinanzierung erfordert einen erheblichen Kassenbestand, ist dieser nicht vorhanden, so muss zu teilweise teuren kurzfristigen Finanzierungsmittel zur Vorfinanzierung gegriffen werden. Trifft der Zulieferer keine Maßnahmen seine Liquiditätslage durch ein Optimierungen der jeweiligen Working Capital Posten zu verbessern, wird er auf Kurz oder Lang Insolvenz anmelden müssen.
Generell kann man sagen, dass das Working Capital Management darauf abzielt die Durchlaufzeit des im nicht-zinstragenden Unlaufvermögens gebundenen Kapitals zu minimieren und folge dessen liquide Mittel freizusetzen. Mit anderen Worten gesagt, soll die Zeitspanne zwischen Zahlungsausgang für Material und Zahlungseingang aus verkauften Fertigerzeugnissen so kurz wie möglich gehalten werden.[5] Gleichzeitig gilt es ein Niveau der Lagerbestände zu ermitteln, bei dem zum einen sichergestellt werden kann, dass es nicht zu Produktionsausfällen kommt und zum anderen die Lagerhaltungskosten minimiert werden. Im Grunde genommen verfolgen all die Maßnahmen ein Hauptziel: Freisetzung von liquiden Mitteln und somit Reduzierung des Insolvenzrisikos.
2 Analyse und Optimierung der Posten des Working Capitals
2.1 Lagerbestände
Die Lagerbestände eines produzierenden Unternehmens werden üblicherweise nach ihrem Produktionsfortschritt unterschieden, nämlich in Rohstoffe, unfertige Erzeugnisse und Fertigerzeugnisse. Firmen halten jede Lagerart aus unterschiedlichen Gründen.
Durch Rohstofflager wird soll eine gewisse Unabhängigkeit zwischen der Einkaufsabteilung und der Produktion hergestellt werden. Das heißt, selbst wenn es zu Lieferverzögerungen von Rohstoffen kommt, kann ein Produktionsausfall durch ein angemessenes Rohstofflager verhindert werden.
Bestände an unfertigen Erzeugnissen treten während des Produktionsprozesses auf wobei man generell sagen kann, dass der Bestand dieser unfertigen Erzeugnisse mit steigender Komplexität und Dauer des gesamten Produktionsprozesses ansteigt. Durch einen Lagerbestand an unfertigen Erzeugnissen wird eine Unabhängigkeit zwischen den einzelnen Produktionsprozessen geschaffen wodurch gewährleistet wird, dass beispielsweise ein Maschinenschaden in einem frühen Produktionsschritt nicht zu einem Produktionsstillstand führt.
Den monetär größten Teil des Lagers nehmen üblicherweise die Fertigerzeugnisse in Anspruch. Die Funktion des Fertigerzeugnislagers ist eine Unabhängigkeit zwischen Produktion und Vertrieb herzustellen. Unternehmen mit einem Minderbestand an Fertigerzeugnissen gehen das Risiko ein unter Umständen die Kundennachfrage nicht befriedigen zu können und so Ertragsmöglichkeiten an Wettbewerber zu vergeben.[6] Natürlich ist das Volumen der verschiedenen Lagerbestände Branchenabhängig und wird zudem von externen sowie internen Faktoren beeinflusst, was im Teil 2.1.2 noch näher betrachtet wird.
2.1.1 Die Höhe der Lagerbestände Messen und Vergleichen
Im Rahmen des Working Capital Management interessiert uns die Fragestellung: Wie lang dauert es, bis das in den Lagerbeständen durchschnittlich gebundene Kapital wieder freisetzt wird. Man möchte also die für die Umwandlung von Rohstoffen zu Fertigerzeugnissen und deren Vertrieb benötigte Zeitspanne wissen. Noch mal anders ausgedrückt, ist für das Management interessant, wie lange sich Rohstoffe, unfertige Erzeugnisse und Fertigerzeugnisse durchschnittlich im Lager befinden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zählt man die Ergebnisse der drei oben dargestellten Berechnungen zusammen so erhält man den Lagerumschlag oder in der englischsprachigen Literatur auch „Inventory Conversion Period“ (ICP) genannt. Somit ist die ICP als die Zeit zu interpretieren, die benötigt wird Rohstoffe in Fertigprodukte umzuwandeln.[7] Anhand dieser Kennzahl kann ein Untenehmen sich zum Branchendurchschnitt vergleichen und daraufhin entscheiden ob es notwendig ist, Optimierungsmaßnahmen zu treffen.
Wie schon angedeutet ist die Länge der Inventory Conversion Period stark branchenabhängig und sollte daher von Branche zu Branche differenziert betrachtet werden. Folgende Tabelle zeigt die industriell bedingten Unterschiede bei dem durchschnittlich in Lagerbestände investierte Kapital im Verhältnis zum Gesamtvermögen:
Tabelle 2.1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Vgl. Keown, A. J. (2005), S. 667
In der Automobilindustrie haben wir monetär relativ wertvolle und auch quantitativ hohe Lagerbestände an Rohstoffen, unfertigen Erzeugnissen und vor allem Fertigerzeugnissen. Im Gegensatz dazu ist in Hotels nur ein sehr geringer Anteil Lagerbestände notwendig, da es sich in diesem Sektor größten Teils um verderbliche Lagerbestände handelt und somit die Einkaufspolitik auf kurze Bestellzyklen ausgerichtet ist. In der Weiterverarbeitung von Kohle und Öl sind hohe Lagerbestände in den sehr großen Liefermengen und den niedrigen Lagerhaltungskosten von Kohle und Öl zu begründen. Eine Lagerreichweite von über einem Jahr ist in dieser Industrie keine Seltenheit.[8] Zusätzlich ist zu erwähnen, dass in Unternehmen bei denen die Lagerbestände nur einen sehr geringen Anteil am Gesamtvermögen ausmachen, ein effizientes und optimal gestaltetes Lagermanagement von eher geringer Bedeutung ist.
2.1.2 Die Einflussfaktoren auf die Lagerbestände
Neben den branchenspezifischen Einflüssen wirken auch noch externe Einflussfaktoren auf die Lagerbestände. Beispielsweise fällt der durchschnittliche Rohstofflagerbestand numso höher aus, je länger die Beschaffungsdauer ist. Zudem spielt die Zuverlässigkeit des Lieferanten eine Rolle: je größer die Unsicherheit, dass benötigte Rohstoffe pünktlich geliefert werden, desto größer sollte der Sicherheitsbestand angesetzt werden um sich vor den Konsequenzen mangelnder Zuverlässigkeit zu schützen. Bei den Lagerbeständen von Fertigerzeugnissen kann man generell sagen, dass Unternehmen mit einer breiten Produktpalette mehr Kapital in Fertiglagerbeständen gebunden halten. Des Weiteren ist die Wettbewerbssituation des Unternehmens entscheidend für die Bedeutung des Fertigproduktbestandes. Firmen dessen Wettbewerber substitutive Produkte zu gleichen Preisen anbieten erleiden im Falle einer Nachfrageunterdeckung größere Gewinneinbußen als beispielsweise Monopolisten. Daneben müssen so genannte zyklische oder saisonale Bestände für besonders absatzstarke Perioden eingerichtet werden. Ein Sportgeschäft wird im Winter einen größeren Lagerbestand an Wintersportartikeln führen als in den Sommermonaten um sich so an den Nachfragezyklus anzupassen.
Die Lagerbestände werden zudem auch von internen Faktoren beeinflusst. So darf die Höhe der Lagerbestände nicht unabhängig vom Vertrieb bestimmt werden. Eher im Gegenteil: Werden zyklische Lagerbestände angelegt, so richtet sich die Höhe nach den Prognosen des Vertriebs. Folge dessen kann mangelnde Prognosequalität der Grund für zu hoch angesetzte Lagerbestände sein.[9]
2.1.3 Den Lagerbestand optimieren
Bevor wir uns verschiedene Maßnahmen zur Optimierung der Lagerbestände anschauen, sollte uns klar sein dass diese Optimierung immer nur den besten Kompromiss Risiko und Kosten darstellt. So reduziert sich beispielsweise mit einem hohen Bestand an Fertigerzeugnissen das Risiko einer plötzlich ansteigenden Kundennachfrage nicht nachkommen zu können. Außerdem wird, wie schon im Obigen erwähnt, vermieden dass ein Produktionsausfall auch Ausfälle im Vertrieb zur folge hat. Diese Vorteile eines hohen Lagerbestandes haben natürlich ihren Preis, welcher sich aus den folgenden Komponenten zusammen setzt: Den zur Finanzierung der Lagerbestände anfallenden Kapitalkosten, den fixen Lagerkosten und den variablen Lagerhandlingkosten, Lagerversicherungskosten und den Kosten verursacht durch obsolete oder abhanden gekommene Lagerbestände.[10] Da ein großer Teil dieser Kosten sich proportional zu dem Wert der Lagerbestände verhält, wird im folgenden Model angenommen, dass die variablen Lagerhaltungskosten pro Periode, auch Carrying Costs genannt, einen gewissen Prozentsatz vom Bezugspreis der Güter ausmachen.
Die „Economic Ordering Quantity“ (EOQ) wird in der angloamerikanischen Literatur[11] immer wieder als wichtiges Konzept zur Bestimmung der optimalen Ordermenge dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass eine Order den Fremdbezug von Gütern, welche zumeist Rohstoffe sind, oder die Produktion von Fertigerzeugnissen sein kann. Das Model ist durch folgende Prämissen gekennzeichnet. Zunächst wird angenommen, dass die für eine Planungsperiode benötigte Menge des betrachteten Gutes genau prognostiziert werden kann. Des Weiteren werden mengenunabhängige Ordergebühren (O) pro Order vorausgesetzt. Bei den Fertigerzeugnissen würden die mit der Produktionsplanung in Verbindung stehenden Kosten ein Äquivalent zu den Ordergebühren darstellen. Auch die oben genannten prozentualen Lagerhaltungskosten, in der Literatur auch Carrying Costs genannt, werden im Model als konstant pro Lagereinheit und pro Planungsperiode angenommen. Als weitere und wohl realitätsfremdeste Annahme wird die unverzügliche Erfüllung von Lieferaufträgen ohne jegliche Lieferzeit im Model unterstellt.
Da nun die, eventuell zunächst sehr restriktiv wirkenden, Prämissen des Konzepts feststehen, wollen wir uns der Berechnung der EOQ zuwenden. Da die Carrying Costs (C) sich auf die durchschnittlichen Lagerbestand beziehen, sollte dieser als erstes berechnet werden. Wird der betrachtete Rohstoff linear über die Planungsperiode hinweg verbraucht und sind keine so genannten Sicherheitsbestände, auf die später noch eingegangen wird, vorhanden, so kann der durchschnittliche Lagerbestand wie folgt ermittelt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Q ist als die zu ordernde Menge definiert, welche im Rahmen einer Planungsperiode als konstant angenommen wird. Demzufolge setzen sich die gesamten Carrying Cost aus den Carrying Costs pro Stück multipliziert mit dem durchschnittlichen Lagerbestand zusammen, oder C(Q/2). Die Orderanzahl pro Planungsperiode (S) ergibt sich aus dem gesamten Verbrauch der Planungsperiode dividiert durch Q. Folglich können nun die gesamten Lagerkosten pro Periode berechnet werden, nämlich die Summe aus gesamten Carrying Costs und der gesamten Orderkosten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie man aus der vorangegangenen Gleichung erkennen kann, steigen die gesamten Carrying Costs und sinken die gesamten Orderkosten mit steigender Ordermenge. Daraus ergehend stellt die EOQ die Ordermenge dar, bei der die Lagerkosten pro Periode minimiert sind und wird berechnet wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Model geht von einem fixen Bezugspreis pro Stück aus, da sich C aus dem Preis pro Stück multipliziert mit dem Prozentsatz der die Carrying Costs ausdrückt, ergibt. Jedoch sind in der Praxis Mengenrabatte für großvolumige Bestellmengen üblich. Außerdem wird es in der realen Welt kaum möglich sein, die Nachfrage genau und mit Sicherheit zu prognostizieren. Somit halten Unternehmen einen „ Safety Stock“, oder hierzulande auch eiserner Bestand genannt, womit Produktionsausfälle vermieden werden sollen und selbst bei unerwarteten Nachfrageschwankungen das Bereitstehen ausreichender Fertigprodukte garantiert werden soll.[12]
Eine weitere Methode Lagerbestände erheblich zu reduzieren ist das „Just-in-time“ (JIT) Prinzip. Nach dem Grundgedanken des JIT sollen die zur Produktion benötigten Güter und Bauteile direkt und möglichst Zeitgenau an das Fließband geliefert werden. Ziel des JIT Systems ist es die durchschnittlichen Lagerbestände auf ein absolutes Minimum herunterzufahren was in der Praxis eine sehr sorgfältige Produktionsplanung sowie eine alles umfassende Kooperation mit Lieferanten erfordert, da diese für Qualitätsprüfung und vor allem rechtzeitige Lieferung der richtigen Menge verantwortlich sind. Ein JIT System ist auch für Fertigproduktlager denkbar. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Computerhersteller Dell, der keinerlei Fertigproduktlager hält, da die Computer direkt auf Kundenanfrage gebaut werden. Wenngleich durch JIT große Reduzierungen der gesamten Lagerkosten erreicht werden können, sollte klar sein, dass ein Ausfall in der Belieferung drastische Folgen haben kann. So wurde General Motors 1996 durch einem Streik eines zuliefernden Unternehmens, welches die Bremsen für General Motors produzierte, gezwungen die Produktion mit über 175000 Arbeitern still zu legen.[13]
Neben den Einsparungen an Lagerkosten fallen auf der anderen Seite Kontroll- und Überwachungskosten an. Um diese zu reduzieren, begrenzen Unternehmen die ein JIT System verwenden die Anzahl Ihrer Lieferanten. Zudem ist bei JIT-Bezug mit höheren Bezugspreisen zu rechnen. Des Weiteren ist bei der Umstellung auf JIT ein elektronisches Datenaustauschsystem (EDI) einzurichten, um dem hohen Planungs- und Koordinationsaufwand bewältigen zu können. Trotz dieser Kostenfaktoren hat sich das JIT-System bei durchdachter und professioneller Umsetzung als durchaus profitabel erwiesen.
Zusätzlich ist noch zu erwähnen, dass eine Optimierung der Lagerbestände die komplette Versorgungskette, also vom Einkauf über Produktion bis hin zum Vertrieb betrifft. Diese Zusammenhänge hier im Einzelnen noch abzuhandeln würde den Rahmen dieser Arbeit sprichwörtlich sprengen, daher verweise ich auf die einschlägige Literatur[14].
2.2 Forderungen aus Lieferung und Leistung
Die meisten Unternehmen gewähren ihren Kunden Lieferantenkredite um diese zu ermutigen mehr Produkte von ihnen zu beziehen. Forderungen sind mit Kosten verbunden, die zum einen aus der Kapitalbindung beim Kunden resultieren. So können mit diesem gebundenen Kapital für die Dauer der Kapitalbindung keine Erträge erzielt werden. Zum anderen birgt die Vergabe von Lieferantenkrediten ein Forderungsausfallrisiko durch welches Kosten in Form von abzuschreibenden Forderungen verursacht werden können. Deshalb darf, wenngleich die Devise vieler Unternehmen „Der Kunde ist König“ lautet, ein effizientes Working Capital Management auch vor dem Kunden nicht halt machen. Wobei eine Optimierung des Forderungsbestandes sicherlich kein „Russisches Inkasso“ bedeutet, also das eintreiben von Forderungen mit allen Mitteln. Viel mehr sollte jeder Kunde nach Umsatz, Gewinnmarge und Zahlungsverhalten analysiert werden und ein individuell angepasstes Forderungsmanagement für verschiedene Kundengruppen umgesetzt werden.[15]
2.2.1 Die Höhe der Forderungen Messen und Vergleichen
Die zur Messung der Forderungen am häufigsten verwendete Kennzahl ist die Debitorenlaufzeit, oder in der angloamerikanischen Literatur auch „Days Sales Outstanding“ (DSO) genannt . Die in Tagen bemessene Kennzahl gibt die durchschnittliche Bindung der Umsätze in Forderungen an. Weitergehend kann die Debitorenlaufzeit noch in „Days in Terms“ (DIT), welche für die fälligen Forderungen, und „Days Past Due“ (DPD), welche für die überfälligen Forderungen stehen, unterschieden werden.[16] Die DSO kann aus Bilanzwerten wie folgt berechnet werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Setzt man als Zähler beispielsweise nur die überfälligen Forderungen ein, ergeben sich aus der Formel die DPD. Dieser Wert sollte nun in einem Branchenvergleich gestellt werden um zu sehen ob er durch Brancheneigenschaften zurechtfertigen ist. So sind im Einzelhandel sehr kurze Debitorenlaufzeiten von etwa 14 Tagen üblich, da der Kunde in der Regel die Ware schon beim verlassen des Ladens bezahlt. Ausgesprochen hohe Laufzeiten dagegen weisen die Branchen Maschinenbau mit ungefähr 80 Tagen und Werbung mit über 200 Tagen auf. In der Werbebranche sind die Forderungslaufzeiten so hoch, da die Zeitspanne von der ersten Inanspruchnahme der Dienstleistung zur Fertigstellung des kompletten Werbeauftrags relativ groß ist und Zahlungen in der Regel erst mit abgeschlossenem Auftrag vom Kunden eingehen.[17]
Des Weiteren ist die Bedeutung des Forderungsmanagements davon abhängig in wieweit ein Unternehmen auf Kredit verkauft. Mit anderen Worten: Je höher der Verkauf auf Kredit, desto mehr Kapital ist auch in den Forderungen gebunden und desto wichtiger ist daher ein effektives Forderungsmanagement. Wie die Höhe der Forderungen relativ zum Gesamtvermögen zwischen den Branchen variiert zeigt folgende in den USA durchgeführte Untersuchung:
Tabelle 2.2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Obwohl das Maß an Kreditverkäufen einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Höhe der Forderungen hat, liegt es normalerweise nicht in den Händen des Financial Managers wie viel letztendlich auf Kredit verkauft wird. Vielmehr wird durch die Natur der jeweiligen Branche bestimmt in welchem Maße Kreditverkäufe notwendig sind. So erzielen Lebensmittelläden ihren Umsatz fast ausschließlich mit Barverkäufen, wohingegen in der Baubranche Leistungen auf Kredit üblich sind.
2.2.2 Die Einflussfaktoren auf die Forderungen
Neben den Branchenbedingten Einflüssen haben noch weitere Faktoren Auswirkungen auf die Forderungsbestände und Debitorenlaufzeiten. So wird in der Literatur das Vertrags- und Konditionenmanagement als wichtigster interner Hebel zur Beeinflussung der Forderungsbestände genannt. In der Praxis ist die Überfälligkeit von Forderungen oft auf ein nicht konkret vereinbartes Zahlungsziel oder auf lückenhafte Abläufe im Mahnwesen zurück zu führen. Inkonsequenz im Mahnwesen kann dazu führen, dass Kunden sich es zur Angewohnheit machen später zu zahlen um so beispielsweise einen positiven Effekt auf Ihr eigenes Working Capital zu erzielen.[18]
Des Weiteren besteht ein Zusammenhang zwischen Umsatz und Forderungen. So werden sich generell mit steigendem Umsatz auch die Forderungen in etwa der gleichen Proportion mit dem Umsatz bewegen.
Zusätzlich hängt die Höhe der Forderungen auch von der Bonität der Kunden ab. So wird ein Unternehmen welches auch an sehr bonitätsschwache Abnehmer auf Kredit verkauft zwar seine Absatzmenge dadurch steigern können, aber zugleich erhöhte überfällige Forderungsbestände aufweisen. Großkunden mit einer starken Marktstellung, wie der Automobilhersteller im anfänglichen Beispiel, werden in der Regel Ihre Marktmacht ausnutzen und sehr lange Zahlungsziele aushandeln, was wiederum in höheren Forderungsbeständen resultiert bei den Lieferanten resultiert.
2.2.3 Die Debitorenlaufzeit optimieren
Um die durchschnittliche Debitorenlaufzeit zu optimieren sollte jeder Kunde ab einem bestimmten Auftragsvolumen genau auf seine Bonität geprüft und daraufhin entschieden werden ob ihm ein Lieferantenkredit gewährt werden kann. Der grundsätzliche Ansatz für Lieferantenkreditgewährungsentscheidungen funktioniert analog zur Kapitalwertmethode bei Investitionsentscheidungen, nämlich:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zum heutigen Zeitpunkt wird bei einem Verkauf auf Kredit der Betrag C in Forderungen investiert, wobei C die Selbstkosten der Verkauften Ware darstellen. R steht für den Rechnungsbetrag und p für die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde diesen auch pünktlich begleicht. So ergibt sich der zu erwartende Cashflow aus pR. Der Zinssatz auf Anlagen alternativ zum Kreditverkauf fließt als i mit in die Formel ein. Ergibt sich ein KW > 0 so kann ein Lieferantenkredit gewährt werden.[19]
Ebenfalls kann, gemäß dem Vorgehen bei der Berechnung des internen Zinsfußes, die Zahlungswahrscheinlichkeit p* berechnet werden, bei welcher der Kapitalwert des Lieferantenkredits gleich 0 ist. Weist der Kunde eine Wahrscheinlichkeit p > p* auf so kann ihm ein Lieferantenkredit gewährt werden. Wobei das Kriterium des KW aus Gründen der der beiden Modelle zugrunde gelegten Prämissen das bevorzugte sein sollte.[20]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Praxis jedoch ist gerade die Zahlungswahrscheinlichkeit p eines Kunden problematisch zu bestimmen. Folgende Informationsquellen könnten zur Ermittlung des Zahlungsverhaltens und der Bonität eines Kunden behilflich sein:
- Bank Referenzen. Die Bank des Kunden sollte über Informationen über die finanzielle Situation und somit über die Bonität des Kunden verfügen. Nur werden diese in der Praxis schwer zugänglich sein und stattdessen wird die Bank mit einem verhalten formuliertes Standardschreiben antworten.
- Rating Agenturen. So genannte Rating Agenturen analysieren Großunternehmen auf Ihre Bonität und veröffentlichen die Ergebnisse anhand von Ratings oder teilweise als Berichte welche mehr detaillierte Informationen beinhalten. Allerdings sind Ratings oft nurt nur bei börsennotierten bzw. sehr großen Unternehmen vorhanden.
- Früheres Zahlungsverhalten. Bei bereits bestehenden Kunden kann das Zahlungsverhalten aus früherer Geschäftsbeziehung abgeleitet werden.[21]
Nichtsdestotrotz sollten bei großvolumigen Aufträgen von Neukunden eigene Recherchen und Bemühungen angestellt werden um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Eine sehr kostengünstige Methode ist das so genannte „Credit Scoring“, womit jeder Kreditnehmer numerisch bewertet werden kann. Es existiert eine breite Vielfalt von Credit Scoring Methoden, welche von einfachen Fragebögen bis hin zu komplexen statistischen und finanzmathematischen Analysen reichen. In der angloamerikanischen Literatur wird das vom New Yorker Professor Edward Altmann entwickelte Modell hervorgehoben. Grundgedanke ist es anhand empirischer Merkmale, welche bei den untersuchten Unternehmen, kurz bevor diese Insolvenz anmeldeten auftraten, auf zukünftig betrachtete Unternehmen zu schließen. Hierbei betrachtete E. Altman finanzmathematische Kennzahlen einer Vielzahl amerikanischer Unternehmen über 20 Jahre hinweg und interpretiert diese jeweils als normalverteilte Zufallsvariable um dann durch die sich ergebende Wahrscheinlichkeitsverteilung einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Merkmalen (hier Finanzkennzahlen) und den beiden Klassen (insolvent und nicht insolvent) zu erkennen. Dieses Vorgehen nennt man in der Statistik Diskriminanzanalyse[22]. So entwickelte E. Altman folgenden Index:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Altman fand heraus, dass von den Unternehmen die während der Periode von 20 Jahren Insolvenz anmeldeten, 94% ein Z unter 2,7 im Jahr vor der Pleite aufwiesen. Nur 6% der Insolventgänger hatten einen Wert von über 2,7. Bei den nicht insolvent gegangenen Firmen wiesen nur 3% einen Z Wert unter und folglich 97% einen Z Wert über 2,7 auf.[23] Somit gelang es Edward mit einer relativ geringen Abweichung Insolvenz vorherzusagen was selbstverständlich auch im Forderungsmanagement eine große Hilfe bezüglich der Entscheidung der Lieferantenkreditvergabe ist. Das Modell kann noch durch Veränderungen bei den Gewichtungen der einzelnen Kennzahlen an verschiedene Branchen angepasst werden.
Nachdem nun Methoden zur finanzmathematischen Bewertung von Lieferantenkrediten und zur Bonitätsmessung der Schuldner abgehandelt wurden, müssen noch wichtige betriebswirtschaftliche Aspekte in die Optimierung der Forderungsbestände mit einfließen. So sollte bereits bei der Rechnungsstellung über Kosteneinsparungen nachgedacht werden. Eine Möglichkeit wäre es, ein IT-unterstüztes System einzurichten das sicherstellt, dass bei Versandt von Gütern der Abrechnungsprozess automatisch ausgelöst wird. Wenn durchzusetzen, sollte als Zahlungsmedium ein Lastschrifteinzugsverfahren verwendet werden. In der Praxis kommt immer wieder vor, dass Kunden mit der Höhe der Rechnung nicht einverstanden sind und diese dann reklamieren. In diesem Fall sollte eine standardisierte Vorgehensweise und die Verantwortung in einer Person zu bescheunigter Rechnungsabwicklung führen. Aber auch die Abrechnung als solches muss soweit wie möglich vereinfacht dargestellt werden um Missverständnisse zu vermeiden. Teilweise können sogar Kunden ausgemacht werden, die an sie gestellte Rechnungen grundsätzlich reklamieren um so einen Zahlungsaufschub zu erreichen.[24] In Kooperation mit der Vertriebsabteilung sollte eine Minimierung der Zahlungsfristen auf ein aus verkaufstrategischer Sicht notwendiges Maß angestrebt werden.
Auch im Mahnwesen ist meist großes Optimierungspotenzial vorhanden. So können mit einem standardisierten Mahnverfahren, welches strikte Mahnfristen und Sanktionierungsmaßnahmen bei Verletzung dieser beinhaltet, die Forderungsbestände und die daran gekoppelten DSO nachhaltig reduziert werden. Bei mehrmaligem Zahlungsverzug kann beispielsweise die zukünftige Gewährung eines Lieferantenkredits ausgeschlossen werden.[25]
Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der DSO wie etwa der Verkauf von Forderungsbeständen an ein eine Factoring- oder Asset Backed Securities-Gesellschaft, werden unter Punkt 4, Finanzierung des Working Capitals, abgehandelt.
2.3 Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung
Betrachtet man die Forderungen aus Lieferung und Leistung von der Perspektive des Schuldners, stellen diese für ihn Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung dar und somit eine Reduzierung der im Working Capital gebundenen Mittel. Verbindlichkeiten können aus finanzwirtschaftlicher Sicht als kurzfristige Finanzierungsquelle betrachtet werden. In der Praxis herrscht leider noch oft der Missglauben, dass diese eine zinsfreie und somit kostenfreie Kapitalquelle darstellen und folglich werden blind Lieferanten mit längst möglichen Zahlungsfristen bevorzugt. Obwohl auf Lieferantenkredite üblicherweise kein expliziter Zins berechnet wird, ist dieser trotzdem nicht kostenlos. Oft gewähren Lieferanten einen Rabatt in Höhe von 2-5% vom Auftragswert, den so genannten Skonto. So entstehen beispielsweise Opportunitätskosten wenn auf eine fristgerechte Zahlung unter Ausnutzung des Skontos verzichtet wird. Des Weiteren werden Lieferanten mit besonders langen Zahlungsfristen sich diese in Form von Höheren Produktpreisen kompensieren lassen. Bei zu intensiver Ausnutzung von Zahlungszielen, also wenn Rechnungen erst nach Eingang von Mahnungen mit Konsequenzandrohungen bei nicht Zahlung beglichen werden, kann dies zukünftig Kosten verursachen indem der betreffende Lieferant entweder zukünftige Aufträge zurückweist oder auf Barbezahlung besteht. Trotz alledem bietet der Lieferantenkredit eine Reihe von Vorteilen. Sollte ein Unternehmen einen kurzfristigen Liquiditätsengpass haben, so wird durch Materialbezug auf Kredit Zahlungsflexibilität geschaffen und eine finanzielle Handlungsunfähigkeit verhindert. Außerdem sind die Bonitätsansprüche für Lieferantenkredite in der Regel sehr gering im Vergleich zu kurzfristigen Bankkrediten und können somit auch von minder liquiden Unternehmen in Anspruch genommen werden.[26]
2.3.1 Die Höhe der Verbindlichkeiten Messen und Vergleichen
Die am häufigsten verwendete Kennzahl zur Messung der Höhe der Lieferantenverbindlichkeiten ist die Kreditorenlaufzeit oder auch „Days Payble Outstanding“ (DPO) genannt , welche die durchschnittliche Zahlungsdauer von Lieferantenverbindlichkeiten in Tagen angibt. Lieferantenkredite schaffen kurzfristige Liquidität des schuldenden Unternehmens, da der Mittelabfluss um die Zahlungsfrist aufgeschoben wird. Demzufolge ist grundsätzlich eine Erhöhung der DPO anzustreben. Die Kreditorenlaufzeit kann wie folgt berechnet werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Jedoch kann eine hohe Kreditorenlaufzeit auch ein Indiz für Liquiditätsprobleme sein, da man unterstellen könnte, dass bei ausreichenden Barmitteln der Skontorabatt ausgenützt werden würde. Generell ist eine Kreditorenlaufzeit von mehr als 90 Tagen kritisch zu betrachten, wobei aber auch bei den DPO große Unterschiede zwischen verschiedenen Branchen festzustellen sind. Folgende Daten ergaben sich bei einer amerikanischen Wirtschaftsstudie:
Tabelle 2.3
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auffallend hoch sind die DPO in der Automobilindustrie was darin erklären zu sein könnte, dass der Zyklus von der Lieferung der in das Fahrzeug einfließende Bestandteile, über die Fertigung, bis hin zum Zahlungseingang für das verkaufte Fahrzeug relativ lang ist. Daraus abgeleitet können Lieferantenverbindlichkeiten erst beglichen werden, wenn die Zahlungen aus dem Verkauf der Fahrzeuge eingegangen sind. Hingegen ist in der Gastronomie und im Lebensmittelhandel dieser Zyklus sehr kurz. Hinzu kommt dass in letzteren Branchen der Wert einer Lieferung für gewöhnlich geringer ist als in der Automobilbranche und somit Barbezahlung eher möglich ist.
[...]
[1] Vgl. KPMG (2005), online http://www.kpmg.de/library/pdf/050523_working_capital_
management_de.pdf (10.12.2006), S. 3
[2] Vgl.Sure, M. (2004), S. 393ff
[3] Vgl. Ernst, D (2005), S. 33
[4] Vgl. Arnold, G (2005), S. 660
[5] Vgl. KPMG (2005), S. 3
[6] Vgl. Domodaran A. (2001), S.403f
[7] Vgl. Besley S. & Brigham E. F. (2005), S. 558
[8] Vgl. Emery, D. R.; Finnerty, J. D. & Stowe, J. D. (2004), S.733
[9] Vgl. Pernsteiner, H. & Guserl, R. (2005), S.431
[10] Vgl. Cooper, S. (1985), S.268
[11] Vgl. Van Horne, J. C & Wachowicz, J. M. (2001), S.270
[12] Vgl. Cooper, S. (1985), S.271
[13] Vgl. Keown, A. J. (2005), S. 684f
[14] Arndt, H. (2005): Supply Chain Management. Optimierung logistischer Prozesse, 2. Aufl., Wiesbaden
[15] Vgl. Pernsteiner, H. & Guserl, R. (2005), S. 429
[16] Vgl. Pernsteiner, H. & Guserl, R. (2005), S. 430
[17] Vgl. Pernsteiner, H. & Guserl, R. (2005), S.436
[18] Vgl. Pernsteiner, H. & Guserl, R. (2005), S.437
[19] Vgl. Emery, D. R.; Finnerty, J. D. & Stowe, J. D. (2004), S. 719
[20] Vgl. Emery, D. R.; Finnerty, J. D. & Stowe, J. D. (2004), S. 719
[21] Vgl. Cooper, S. (1985), S.259
[22] Vgl. Brosius, F. (1998), S. 591ff
[23] Vgl. Keown, A. J. (2005), S. 670
[24] Vgl. Pernsteiner, H. & Guserl, R. (2005), S.345
[25] Vgl. Sure, M. (2004), S.397
[26] Vgl. Cooper, S. (1985), S.265
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- Sebastian Walter (Author), 2006, Working Capital Management, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73331
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