In diesen Tagen wird Köln zum Wallfahrtsort für über eine halbe Million Pilger aus der ganzen Welt. Anläßlich des XX. Weltjugendtages reisen die jungen Gläubiger in die Domstadt, um die Ansprache des Papstes zu hören. Die katholische Kirche versammelt so im internationalen Rahmen die Angehörigen ihrer Glaubensgemeinschaft.[...] Auf ihrem Weg nach Köln machen die Pilger Halt in fast jeder europäischen Großstadt, um mit den ansässigen katholischen Kirchenmitgliedern ihren Glauben zu zelebrieren. Dabei ist es das Ziel der katholischen Kirche, dem Glauben nicht nur durch Worte, sondern gerade durch Taten Ausdruck zu verleihen. Die jungen Leute sollen mit sozialen Brennfeldern konfrontiert werden, von denen sie bisher größtenteils nur in den Medien erfahren haben. [...]
Die Menschen des Mittelalters kannten nur „eine Welt“, es wurde nicht nach Industrie- oder Entwicklungsländern entschieden. Armut war keine Randerscheinung, der Bettler, der im heutigen Sprachgebrauch als Obdachloser bezeichnet wird, gehörte zur Gesellschaft des Mittelalters, wie die Pest, Hungersnöte oder die Leibeigenschaft und das Lehnswesen. Dabei kristallisierte sich jedoch im Laufe der Entwicklung ein Unterschied zwischen Stadt und Land heraus. In den Städten wurde die keineswegs homogene Schicht der Armen spätestens seit Beginn des Spätmittelalters differenziert. Auch in der mittelalterlichen Gesellschaft war man bereits mit verschiedenen Formen der Armenfürsorge vertraut. Welche Rolle spielte dabei die katholische Kirche? Auf welche Weise wurde der Armut im Mittelalter begegnet? Warum half man in der rauen Welt des Mittelalters überhaupt einander? Diese Fragen werden im ersten Teil der vorliegenden Arbeit beantwortet und dienen zugleich als Überleitung zu den Gründen, warum sich die Vergabe von Almosen änderte. Die Differenzierung der Armenfürsorge wird am Beispiel der Stadt Köln erläutert. Es wird versucht eine Linie zu ziehen vom Betteln als Lebenserwerb zum Betteln als Schande.
Ein Überblick über die Umformung des Almosenwesens im Mittelalter bedingt vorausgehend die Begriffsbestimmung des Phänomens Armut und den Versuch, Ursachen und Auslöser von Armut in der Zeit des Mittelalters zu finden.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Armut im Mittelalter
- Begriffsbestimmung und quantitative Zugänge
- Ursachen und Formen von Armut
- Armenfürsorge im Früh- und Hochmittelalter als kirchlich organisierte Almosenvergabe - Betteln als anerkannte Lebensform
- Umformung des Almosengedankens im Spätmittelalter
- Köln vom Spätmittelalter bis zur Frühen Neuzeit
- Organisiertes Armenwesen in Köln
- „Hausarme“ und Bettler
- Der „fremde Bettler“ als Gefahr im Spätmittelalter - Maßnahmen des Rates der Stadt Köln
- Differenzierung der Einheimischen Bettler und Maßnahmen gegen das Betrugsbetteln - das Bild vom „starken Bettler“
- Nachwort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Umformung des Almosengedankens im Spätmittelalter am Beispiel der Stadt Köln. Sie analysiert die Entwicklung des Armenwesens von der kirchlich organisierten Almosenvergabe zur differenzierten Armenfürsorge, die verschiedene Formen des Bettelns und die Reaktion der Stadtgesellschaft darauf umfasste.
- Die Entwicklung des Armutsbegriffs im Mittelalter
- Die Rolle der Kirche in der Armenfürsorge
- Die Veränderung des Almosengedankens im Spätmittelalter
- Die soziale und rechtliche Situation von Bettlern in Köln
- Die Maßnahmen der Stadt Köln gegen Betrug und „starkes Betteln“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Untersuchung des Armutsbegriffs im Mittelalter und der verschiedenen Ursachen und Formen der Armut. Im Anschluss wird die Rolle der Kirche in der Armenfürsorge im Früh- und Hochmittelalter beleuchtet, wobei das Betteln als anerkannte Lebensform hervorgehoben wird. Das dritte Kapitel widmet sich der Umformung des Almosengedankens im Spätmittelalter am Beispiel der Stadt Köln. Es werden die Entwicklung des organisierten Armenwesens, die Unterscheidung zwischen „Hausarmen“ und Bettlern, die Maßnahmen der Stadt gegen „fremde Bettler“ und die Maßnahmen gegen Betrugsbetteln und „starkes Betteln“ analysiert.
Schlüsselwörter
Armut, Almosen, Armenfürsorge, Betteln, Köln, Spätmittelalter, Stadtgeschichte, Sozialgeschichte, Geschichte der Armenhilfe.
- Quote paper
- Constanze Michael (Author), 2005, Umformung des Almosengedankens - Das Bild vom Bettler im spätmittelalterlichen Köln, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72956