„Seelsorge durch Medien heute“ meint die Formen der Seelsorge, die sich mit und durch die Medien entwickelt haben: die Telefon- und E-Mailseelsorge. Seelsorge hat nach Michael Belzer vor allem die Aufgabe Heil zu vermitteln, indem sie den Menschen auf seinem Weg zum Heil begleitet und ihm alle zur Verfügung stehenden Mittel bereithält.
Woran denkt der Mensch auf der Straße zuerst bei dem Wort ‚Seelsorge’? Vielleicht an Kirche, vielleicht an eine persönliche Verantwortung, viele aber denken sicher an die vielen Banner und Aufkleber der TelefonSeelsorge in Telefonzellen oder U-Bahnen oder an die TelefonSeelsorge selbst. Tatsächlich ist die Telefonseelsorge die bekannteste Form der Seelsorge für die und in der säkularen Welt, aufgrund ihrer unschlagbaren Vorteile gilt dies vermutlich auch für die christliche Gemeinschaft. Dass es so etwas wie Chat- oder E-Mailseelsorge gibt, wissen wesentlich weniger Menschen. Während meiner Arbeit an dieser Ausarbeitung wurde ich nach der Frage des Themas oft mit großen Augen angeschaut und gefragt: „So etwas gibt es?“ Zwar ist die Internetseelsorge vergleichbar jung, jedoch ist sie die wohl niederschwelligste Form der Seelsorge und hat die gleichen Vorteile gegenüber herkömmlichen Seelsorgeeinrichtungen wie die Telefonseelsorge.
Der Hilfe- und Trostsuchende stellt sich vermutlich nicht die Frage, welche Einrichtung er kennt, sondern vielmehr welche er nutzt. Er fragt sich: „Wer gibt mir, was ich jetzt brauche und suche?“. Viele Menschen wählen hier wohl einen schnellen und unkomplizierten Weg als für sie passende Kontaktform, wie zum Beispiel das Telefon oder das Internet. Letztlich wird die entsprechende Kontaktform jedoch nur gewählt, wenn keine intensivere Form zur Verfügung steht. Das stellt auch die Besonderheit der medialen Seelsorge dar, sie führt selten zu langfristigen Kontakten und ist daher hauptsächlich zur kurzfristigen Hilfe und Unterstützung geeignet, so z.B. in Krisensituationen. Aus diesem Grund bedarf es auch anderer, neuer Methoden und Herangehensweisen, die sich der seelsorgerlichen Aufgabe und der eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten bewusst sind und für sich zu nutzen wissen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Problemhorizont
3. Vorbetrachtungen
3.1. Die Konsequenzen der heutigen Gesellschaft
3.2. gemeinsame Grundsätze
4. Telefonseelsorge
4.1. Vom Wesen der Telefonseelsorge
4.2. methodische Besonderheiten
4.3. Der Verdienst und der Sinn, Zahlen und Fakten
5. Internetseelsorge
5.1. Die Neuheiten des Internet und deren methodische Konsequenzen
5.2. Pro und Contra
5.3. Statistik
6. Conclusio
7. Quellennachweise
8. Anhang
1. Einleitung
„Seelsorge durch Medien heute“ meint die Formen der Seelsorge, die sich mit und durch die Medien entwickelt haben: die Telefon- und E-Mailseelsorge. Seelsorge hat nach Michael Belzer vor allem die Aufgabe Heil zu vermitteln, indem sie den Menschen auf seinem Weg zum Heil begleitet und ihm alle zur Verfügung stehenden Mittel bereithält.[1]
Woran denkt der Mensch auf der Straße zuerst bei dem Wort ‚Seelsorge’? Vielleicht an Kirche, vielleicht an eine persönliche Verantwortung, viele aber denken sicher an die vielen Banner und Aufkleber der TelefonSeelsorge in Telefonzellen oder U-Bahnen oder an die TelefonSeelsorge selbst. Tatsächlich ist die Telefonseelsorge die bekannteste Form der Seelsorge für die und in der säkularen Welt, aufgrund ihrer unschlagbaren Vorteile gilt dies vermutlich auch für die christliche Gemeinschaft. Dass es so etwas wie Chat- oder E-Mailseelsorge gibt, wissen wesentlich weniger Menschen. Während meiner Arbeit an dieser Ausarbeitung wurde ich nach der Frage des Themas oft mit großen Augen angeschaut und gefragt: „So etwas gibt es?“ Zwar ist die Internetseelsorge vergleichbar jung, jedoch ist sie die wohl niederschwelligste Form der Seelsorge und hat die gleichen Vorteile gegenüber herkömmlichen Seelsorgeeinrichtungen wie die Telefonseelsorge.
Der Hilfe- und Trostsuchende stellt sich vermutlich nicht die Frage, welche Einrichtung er kennt, sondern vielmehr welche er nutzt. Er fragt sich: „Wer gibt mir, was ich jetzt brauche und suche?“. Viele Menschen wählen hier wohl einen schnellen und unkomplizierten Weg als für sie passende Kontaktform, wie zum Beispiel das Telefon oder das Internet. Letztlich wird die entsprechende Kontaktform jedoch nur gewählt, wenn keine intensivere Form zur Verfügung steht. Das stellt auch die Besonderheit der medialen Seelsorge dar, sie führt selten zu langfristigen Kontakten und ist daher hauptsächlich zur kurzfristigen Hilfe und Unterstützung geeignet, so z.B. in Krisensituationen. Aus diesem Grund bedarf es auch anderer, neuer Methoden und Herangehensweisen, die sich der seelsorgerlichen Aufgabe und der eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten bewusst sind und für sich zu nutzen wissen.
2. Problemhorizont
Wir werden hier den Seelsorge-Einrichtungen nachgehen, die sich aus den Gegebenheiten der modernen Gesellschaft notwendigerweise entwickelt haben. Dabei werden uns folgende Fragen beschäftigen:
Welche Anforderungen hat die Gesellschaft an die Seelsorge gestellt, die neue Formen der Seelsorge hervorbrachten?
Was haben Telefon- und Internetseelsorge gemeinsam und warum werden sie hier zusammen aufgeführt?
Welche Vorteile haben die neuen Medien gegenüber herkömmlicher Seelsorge?
Welche Nachteile?
Welche methodischen Besonderheiten weisen diese Formen der Seelsorge auf?
Wie lassen sie sich aufgrund dessen einordnen oder auf Aufgabenbereiche beschränken?
3. Vorbetrachtungen
3.1. Die Konsequenzen der heutigen Gesellschaft
Nach Jürgen Ziemer[2] lassen sich für den Wandel unserer Gesellschaft drei grundlegende Entwicklungen festmachen. Einerseits lassen sich neue Differenzierungen in der Gesellschaft feststellen. Das Leben zweier Menschen kann sich nunmehr nicht nur in Familie, Schicht oder Kirche unterscheiden. Vielmehr hat der Mensch von heute mehrere Existenzen, die sich von denen anderer Menschen unterscheiden lassen, so z.B. Vater, Wähler, Arbeiter, Freund, Vereinsmitglied.[3]
Diese Entwicklungen haben zwangsläufig auch Einfluss auf unser eigenes Selbst- und Werteverständnis, was uns zur zweiten grundlegenden Entwicklung bringt: die Individualisierung. Die Lockerung der einstigen Zwänge und Grenzen bedeutet zunächst für jeden eine neue persönliche Freiheit, jedoch entziehen die fast grenzenlosen Entwicklungsmöglichkeiten dem Einzelnen auch eine grundlegende Sicherheit durch eindeutige Zugehörigkeit im Leben. Sosehr Religion, Tradition oder Klassengesellschaft auch einzwängen und nahezu unabänderliche Daten waren, sosehr haben sie auch Geborgenheit, Sicherheit und Orientierung geboten.[4]
Drittens halten wir die zunehmende Pluralisierung fest, die wir vor allem in der Fülle an Angeboten für Erziehung, Bewältigung von Lebenskrisen oder Weltanschauungen u. Ä. spüren können. Jürgen Ziemer führt hier den Vergleich mit Buridans Esel, der, nachdem er sich zwischen zwei Heuhaufen entscheiden musste, verhungerte. Das Leben bietet uns heute unzählige Möglichkeiten für Seele, Geist, Heimat, Beruf, Lebensweg, Lebensphilosophie, Religion oder gar Gesellschaftsgruppe, die es ermöglichen die zwei Redewendungen ‚vom Tellerwäscher zum Millionär’ und ‚was man wirklich will, das schafft man auch’ ernsthaft leben und auch erreichen zu können.[5]
3.2. gemeinsame Grundsätze
Den Nutzern der Telefon- und der Internetseelsorge werden die gleichen Grundsätze zugesichert.
Dazu gehört u.a. Anonymität und Verschwiegenheit. Neben der grundsätzlichen Schweigepflicht aller SeelsorgerInnen hat jeder das Recht anonym zu bleiben. In der Mail- und Chatberatung werden sämtliche Nachrichten verschlüsselt, sodass ein hoher Sicherheitsstandard gewährleistet und der Einblick eines Fremden in die Kontakte ausgeschlossen ist. Auch die Kompetenz der SeelsorgerInnen ist gewährleistet. Die Mitarbeiter werden sorgfältig ausgewählt, ausgebildet und können sich bei sog. Supervisionen über schwierige Fälle austauschen und informieren. Die SeelsorgerInnen zeigen sich offen gegenüber allen Problembereichen und üben weder konfessionellen, noch politischen oder ideologischen Druck aus.[6]
4. Telefonseelsorge
Das Besondere an der Telefonseelsorge ist wohl, dass sie, anders als andere kirchliche Seelsorgeeinrichtungen, weit über die Grenzen christlichen Gemeindelebens hinaus bekannt ist, was nicht zuletzt an ihren unbestechlichen Vorteilen liegen mag.
Der Pfarrer, Arzt und Psychotherapeut Klaus Thomas gilt als Erfinder der Telefonseelsorge in Deutschland. Er hatte 1956 mit den Worten ‚Rufen Sie mich an, bevor Sie sich das Leben nehmen’ die Idee Menschen in Notsituationen unkompliziert, zeiteffizient und überregional zur Seite zu stehen.[7] Der Erfolg dieser Idee eröffnet der Telefonseelsorge ihren Weg. Nachdem die ‚ärztliche Lebensmüdenberatung’ gegründet wird wirbt K. Thomas um das Leben derjenigen, die sich bereits aufgegeben haben. Der Ausgangspunkt der Telefonseelsorge war, ist und bleibt der Kampf mit dem und um das Leben. Von Anfang an bestand der besondere Auftrag der Telefonseelsorge darin den Einzelnen (wieder) wahrzunehmen, Gehör zu schenken und Anonymität zu garantieren.[8]
4.1. Vom Wesen der Telefonseelsorge
Die Aufgaben der Telefonseelsorge gliedern sich in 5 Kernpunkte:
1. Erste Hilfe, Anlaufpunkt für Menschen in Notsituationen;
2. Zuhören, den meisten aller Anrufer ist mit dem Zuhören und Verstehen wollen zunächst am Besten geholfen;
3. Transparenz, in das große Chaos der Gefühle und Geschehnisse ein bisschen Ordnung bringen, sodass eine Lösung überhaupt erst möglich wird;
4. Information, weiterführende Informationen können sehr wichtig sein, einerseits bieten sie eine Aufgabe und andererseits einen Lösungsweg;
5. Trost und Zuspruch, der Anrufer kann gestärkt aus dem Gespräch gehen.[9]
Über die Intentionen der Anrufer vermag uns ein Bericht über die kgi[10] aufzuklären. Warum begreift der Anrufer die Telefonseelsorge als für ihn geeigneten Ausweg aus der vorgefundenen Situation? Zuallererst ein ganz praktischer Grund, der Hemmungen vor einem Anruf nimmt: Es gibt keine Einschränkungen bezüglich der Anrufuhrzeit. Weder die Frage, ob man beim Essen, noch ob man beim Schlafen oder Arbeiten stört, muss den Anrufer bewegen. Auch nimmt die gewählte Anonymität des Anrufers, auch des Seelsorgers, Einfluss auf das Anrufverhalten bzw. die Entscheidung überhaupt anzurufen. Denn sie schafft letztlich die volle Bewegungs-, Verhaltens- und Gedankenfreiheit während des Gesprächs. Wenngleich die gesuchte und geliebte Anonymität als Spiegel unserer Gesellschaft dienen kann, bietet, was wir im Alltag ungern dulden oder gar verurteilen, in einer solchen Anrufsituation die Grundbedingung zum erfolgreichen Gespräch.[11]
[...]
[1] Michael Belzer, „Internetseelsorge, Der Leitfaden für die Praxis“, Verlag katholisches Bibelwerk, Stuttgart, 2004, S. 63
[2] Jürgen Ziemer, „Seelsorgelehre“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2000
[3] Ebd. S. 25
[4] Jürgen Ziemer, „Seelsorgelehre“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2000,. S. 25/26
[5] Ebd. S. 28
[6] „Beratung per Internet“, http://www.telefonseelsorge.de/beratung/internet.htm
[7] Wolfgang Huber, „Statement zum 50-jährigen Jubiläum der Telefonseelsorge“, www.ekd.de, 04.09.2006
[8] Klaus-Peter Jörns, „Telefonseelsorge, Nachtgesicht der Kirche“, Neukirchener Verlag, Neukirchen – Vluyn, 1995, S. 46
[9] Jürgen Ziemer, „Seelsorgelehre“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2000, S. 341
[10] Klaus-Peter Jörns, „Telefonseelsorge, Nachtgesicht der Kirche“, Neukirchener Verlag, Neukirchen – Vluyn, 1995
[11] Klaus-Peter Jörns, „Telefonseelsorge, Nachtgesicht der Kirche“, Neukirchener Verlag, Neukirchen – Vluyn, 1995, S. 21
- Arbeit zitieren
- Antje Kaczmarek (Autor:in), 2007, Seelsorge durch Medien heute - eine Abwägung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72921
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