Im Wintersemester des Jahres 2006 auf 2007 erfolgte an der Friedrich-Schiller-Universität zu Jena, im Rahmen eines Hauptseminars zur Frühbronzezeit Europas, die Auseinanderssetzung mit Fundplätzen und Funden, hinsichtlich der Auswertbarkeit und Beurteilung sich herausbildender und differenzierbarer sozialer Eliten. Am Institut für Ur- & Frühgeschichte der Universität sollten in mehreren Vorträgen Studierender verschiedene beispielhafte Fundplätze, Befunde und Funde aus dem europäischen Kulturraum, genauer Nordwest-, Nord-, Mittel- und Südosteuropas vorgestellt werden und in einer anschließenden Diskussion darauf hin überprüft werden, in wieweit sich an den referierten Projekten eine soziale Differenzierung gegenüber der im regionalen Milieu bestehenden archäologischen Befund- und Fundsituation, erschließen lässt und wie diese sich im übergeordneten, also überregionalen Kontext, zu anderen Kulturräumen darstellt.
In diesem Zusammenhang sind sowohl qualitativ, als auch quantitativ hervorstechende archäologische Befunde und Funde von Bedeutung – diese eben gerade auch bei der Herausstellungen reichhaltiger Depots. An diesem Punkt stellt sich die prinzipielle Frage danach, was sich hinter einer sozialen Elite per definitionem überhaupt verbirgt und ob eine solche, sich zwangsläufig immer primär über einen materiellen Status zu erkennen geben muss! Letztlich kann es in der wissenschaftlich-archäologischen Auseinandersetzung auch nicht gelingen, aus schriftlosen Epochen der Menschheitsgeschichte, immaterielle Eliten zu formulieren. Ergo bleiben dem Archäologen n u r die hinterlassenen materiellen Dinglichkeiten zur Erarbeitung sozialer gesellschaftlicher Verhältnisse, was wiederum voraussetzt, dass eben jene vergangenen Gesellschaften mit ihren komplexen Kulturerscheinungen m a t e r i e l l – im Sinne der marxistischen Dialektik – ausgerichtet waren.
Im thematischen Brennpunkt meiner Hausarbeit soll der Versuch unternommen sein, eine zusammenfassende Auswertung der Quelle Hort- bzw. Depotfunde der Frühbronzezeit für Mitteldeutschland anzustellen und diese auf den indikatorischen Wert für die Herausstellung ehemals bestandener sozialer Eliten zu untersuchen.
Gliederung
I. Einleitung
II. Zusammensetzung der Inventare, Fundplätze und Interpretation
III. Chronologie, Leitfunde und Technologie
IV. Aspekte überregionaler Kontakte
V. Essay
VI. Bibliographie
I. Einleitung
Im Wintersemester des Jahres 2006 auf 2007 erfolgte an der Friedrich-Schiller-Universität zu Jena, im Rahmen eines Hauptseminars zur Frühbronzezeit Europas, die Auseinanderssetzung mit Fundplätzen und Funden, hinsichtlich der Auswertbarkeit und Beurteilung sich herausbildender und differenzierbarer sozialer Eliten. Am Institut für Ur- & Frühgeschichte der Universität sollten in mehreren Vorträgen Studierender verschiedene beispielhafte Fundplätze, Befunde und Funde aus dem europäischen Kulturraum, genauer Nordwest-, Nord-, Mittel- und Südosteuropas vorgestellt werden und in einer anschließenden Diskussion darauf hin überprüft werden, in wieweit sich an den referierten Projekten eine soziale Differenzierung gegenüber der im regionalen Milieu bestehenden archäologischen Befund- und Fundsituation, erschließen lässt und wie diese sich im übergeordneten, also überregionalen Kontext, zu anderen Kulturräumen darstellt.
Um der Problematik über prähistorische Eliten im archäologischen Sinne überhaupt begegnen zu können – ohne dabei in eine ideologische Grundsatzdebatte zu verfallen – müssen wir uns fragen, welcher geeigneter methodischer Mittel wir uns bedienen können, um aus einer prähistorischen Epoche die soziale Vielschichtigkeit herauszukristallisieren, die es mit Sicherheit gegeben haben wird. In der Archäologie geschieht dies Vorzugsweise mit Hilfe von Fundplätzen, Befunden und Funden, die sich in ihrer Diagnose deutlich von der lokal bzw. auch regional umgebenen Situation abheben. In diesem Zusammenhang sind sowohl qualitativ, als auch quantitativ hervorstechende Befunde und Funde von Bedeutung – diese eben gerade auch bei der Herausstellungen reichhaltiger Depotfunde. An diesem Punkt stellt sich die prinzipielle Frage danach, was sich hinter einer sozialen Elite per definitionem überhaupt verbirgt und ob eine solche, sich zwangsläufig immer primär über einen materiellen Status zu erkennen geben muss! Zu einer geeigneten Definition in Anwendung auf bronzezeitliche Eliten gelangten wir während des Hauptseminars nicht. Letztlich kann es in der wissenschaftlich-archäologischen Auseinandersetzung auch nicht gelingen, aus schriftlosen Epochen der Menschheitsgeschichte, immaterielle Eliten zu formulieren. Ergo bleiben dem Archäologen n u r die hinterlassenen materiellen Dinglichkeiten zur Erarbeitung sozialer gesellschaftlicher Verhältnisse, was wiederum voraussetzt, dass eben jene vergangenen Gesellschaften mit ihren komplexen Kulturerscheinungen m a t- e r i e l l – im Sinne der marxistischen Dialektik – ausgerichtet waren. Ist dies wirklich der Fall? Nun, spätestens seit dem Hinübergreifen griechischer und lateinischer Schriftpotentaten um die Zeitenwende – maßgeblich durch Caius Iulius Caesar und Tacitus – auf das restliche schriftlose Europa (Arbeitsgebiet), wissen wir, dass es z.B. bei den Kelten eine s o z i a l e l i t ä r e Priesterkaste der Druiden gab, die sich für den heutigen Archäologen nicht mehr aus dem Fundus herausstellen lässt (Caes. Bell. Gall. VI, 13 u. 14). Ebenso verhält es sich mit schriftlichen Angaben des Tacitus’, der davon berichtet, dass die Germanen Silber und Gold nicht zu schätzen wussten (Germ. 5) und ihre Toten – auch „berühmte Männer“ – nur in aller Schlichtheit beisetzten (Germ. 27). Bei den Germanen gingen die Praktiken soweit, dass sie erbeutete Cimelia vorwiegend im feuchten Milieu an ihre Gottheiten übergaben, alias opferten, und das Material somit einem neuen, völlig gegensätzlichen Interpretationsansatz zuführten. Nämlich dem, dass nicht Anhäufung von Reichtümern, sondern die Entledigung und Vernichtung solcher im Vordergrund stehen kann. Also eine Abkehr von allgemeinen Wertvorstellungen, wie sie in unserem Zeitalter vorherrschen und damit nicht fixierbar und übertragbar auf ehemals bestandene Kulturphänomene sind. Ein Wertekanon ist überdies grundsätzlich an gesellschaftliche Verhältnisse und religiöse Vorstellungen der Zeit gebunden. Dieser Wertekanon muss gerade – auch auf Grund der unterschiedlichen gesellschaftlichen und spirituellen Verhältnisse – während der Zeitenwende grundverschieden zwischen Nord-/West- und Südeuropa gewesen sein und hat sich in Fortfolge der geopolitischen Entwicklung nur allmählich über die Diffusion der Romanitas und des Christentums konsolidiert. Ergo müssen wir prinzipiell davon ausgehen, dass das bronzezeitliche Verständnis über materielle Werte, ein grundverschiedenes von dem unserigem und in Annäherung mit den nachweislichen Verhältnissen bei den Kelten und Germanen, wie sie die zitierten antiken Autoren rezipierten, vergleichbar war. Ebenso wird dieses prähistorische Werteverständnis nicht uniform von dem einen bronzezeitlichen Kulturmilieu auf das andere übertragen werden können. Ohne hinreichende Quellen wird es wohl auch in Zukunft bezweifelt werden müssen, ob prähistorische „besitzende Eliten“ (Terminus: „Fürstengräber“ oder „Fürtsensitze“) auch tatsächlich real-existierende s o z i a l e E l i t e n waren. Wissen wir doch aus Hochrechnungen über den Einsatz von Humankapital für den Bau z.B. eines frühbronzezeitlichen Fürstengrabes, wie jenes in Leubingen (Thüringen), dass es eines bedeutenden menschlichen Arbeitseinsatzes einer großen Gemeinschaft bedurfte, um eine solch mächtige Grabanlage zu errichten.[1] Dem halte ich entgegen, dass es zwar eines Einsatzes an Arbeitskräftepotential bedurfte, aber eben auch von nur wenigen Menschen, dann aber allerdings über einen länger währenden Zeitraum, geleistet worden sein kann!
Dennoch stehen dem Archäologen nur die spärlichen nichthistorischen Befunde und Funde beredt Zeugnis für die Rekonstruktion einer imaginären mitteleuropäischen Vorgeschichte.
Im thematischen Brennpunkt meiner Hausarbeit soll der Versuch unternommen sein, eine zusammenfassende Auswertung der Quelle Hort- bzw. Depotfunde der Frühbronzezeit für Mitteldeutschland anzustellen und diese auf den indikatorischen Wert für die Herausstellung ehemals bestandener sozialer Eliten zu untersuchen.
Unter einem Hort oder Depot versteht man im archäologischen Kontext, die im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang aufgefundenen Kleinaltertümer, vor allem Waffen, Geräte und Schmuck, ebenso Halbfabrikate und Rohmaterialien (Eggert 2001). Erstmals führte Sophus Müller (1897) den Begriff „Depotfund“ in die archäologische Terminologie ein. Er differenzierte jedoch noch zwischen einem „Depotfund“, auf welchen man im irdischen Leben abermals nach seiner Verbergung zurückgreifen konnte und zwischen „Opfer- und Votivfunden“, die für die Götter oder die Jenseitsausstattung Verstorbener bestimmt waren. Wilhelm Albert von Brunn verstand unter einem Hortfund jeden Fund “der mehr als ein Metallgegenstand enthält, ohne daß ein Grabzusammenhang anzunehmen wäre“ (1959, S. VII). Im heutigen wissenschaftlichen Verständnis bezieht sich der Terminus technicus „Hort- oder Depotfund“ weitläufig auf:
- Opfer- bzw. Weihegaben (z.B. Gewässer- oder Moorfunde)
- Schatzdepots (Problematik: „nichtgeschlossener Fund“, da erneutes Ein- und Ausbringen des Inhalts möglich)
- Händler- / Bronzegießerdepots (z.B. Schmuck- und Halbfabrikate, sowie Gusskuchen und Brucherze)
- Funeraldepots (z.B. Zusammensetzung des Inventars nach Grabbeigaben, eventuell in Verbindung mit aufgefunden Gräbern)
- Einzelstückhort bzw. -deponat (z.B. vereinzelter Fund in einer Siedlungsgrube)
- Einzelfunde mit Hortcharakter (z.B. Einzelfunde von hohem materiellem Wert, bei denen ein Verlorengegangensein ausgeschlossen werden kann)
Hortfunde gelten, sonderlich ihres massierten Auftretens in der Bronzezeit, vor allem in jener Epoche des Metallzeitalters als ausgeprägtes Phänomen der Frühbronze- und Urnenfelderzeit.
In der früheren Forschung wurde das Motiv für die Niederlegung von Horten, in ungünstigen, äußeren Bedingungen wie Unruhezeiten gesehen; heute liegt der Interpretationsschwerpunkt in religiösen Deutungsversuchen. So vertritt B. Hänsel die These, dass das Gros der bronzezeitlichen Horte, das Resultat einer „überall in der Bronzezeitwelt Europas“ belegbaren „Opferpraxis“ und somit „eine heute noch sichtbare Form der Kommunikation mit den Göttern“ sein soll (1997, S. 13). Andere Erklärungsversuche stehen hinter der Deutung als Wiedergutmachungsopfer für den mit der Innovation der Bronzemetallurgie und Salzsiederei einhergehendem Raubbau. Denn in jenen Regionen Mitteleuropas, wo Erzabbau, Metallurgie, Salzsiederei eine immanente Rolle spielte und auch Erzlagerstätten und Salzvorkommen zumindest nachgewiesen wurden, zeigen sich auch die reichhaltigsten Depots (Simon 1990 u. 1993, Abb. 12; Krause 2003 u. Meller 2004). Andererseits können die reichen Hortfunde in Nordeuropa im Kontext geopferter Kriegsbeute zu verstehen sein (Hänsel 1997).
Deponiert wurde in Sümpfen, Mooren, sumpfigen Niederungen oder moorigen Gebieten,[2] Flüssen,[3] unbefestigten[4] oder befestigten Siedungen, in der Nähe von Gräbern,[5] kultisch gedeuteten Anlagen[6] und natürlichen Verstecken[7]. Die Deponierungen erfolgten vermutlich im Zuge ritueller Aktionen, wobei auch Trankspenden, tierische und pflanzliche Nahrungsmittel und Menschen geopfert und vertilgt worden sind (letzteres z.B. in der Schachthöhle im Kyffhäuser und in der Diebeshöhle bei Uftrungen, Kr. Sangerhausen/Sachsen-Anhalt).[8]
Zur Forschungssituation lässt sich kurz und knapp das festhalten, was Rüdiger Krause in seiner naturwissenschaftlichen Analyse zur Metallurgie zwischen Ostsee und Karpatenbecken beurteilt. Die Depotfunde sind in Mitteldeutschland außerordentlich reich, doch seit der grundlegenden Arbeit und Zusammenstellung des Materials durch W. A. v. Brunn (1959) wurden die Depotfunde durch jüngere Arbeiten zu den nördlichen Aunjetitzer-Gruppen „nicht oder nur am Rande behandelt […] eine weiterführende Auseinandersetzung fehlt“ bislang.[9] W. A. v. Brunn hat mit seinem 1959 erschienenen Werk die grundlegendste Auseinandersetzung zu den mitteldeutschen Hortfunden der Bronzezeit vorgenommen. In seine Arbeit flossen vornehmlich seit dem 18. Jahrhundert gemachte Funde ein. Überdies setzte er sich kritisch mit den zu den Funden gemachten Angaben auseinander und differenzierte innerhalb aller von ihm durchgegangenen Funde in eine „Gruppe A“, deren Inhalt entweder „unbekannt“, als „sicher nicht geschlossen“ anzusehen oder „fremder Provenienz“ ist. Unter eine weitere „Gruppe B“ ordnete er alle die Funde, die „möglicherweise Grabfunde“ sind, und in „Gruppe C“ schloss er die Funde zusammen, deren „Zusammengehörigkeit nicht sicher“ schien. Letztlich stellte er für die Frühbronzezeit gut 100 Depots zusammen, die überwiegend als „echte“ Niederlegungen anzusehen und nur vereinzelt einer seiner drei Gruppen zuzuordnen sind.[10]
II. Zusammensetzung der Inventare, Fundplätze und Interpretation
II. a) Frühbronzezeit (A1a bis A2c; 2300 bis 1600 v. u. Z.)[11]
Depotfunde sind schon aus dem Neolithikum bekannt und in ganz Europa verbreitet. Mitteldeutschland bildet innerhalb Europas einen Fundschwerpunkt für die gesamte Bronzezeit, wobei die Depots der Frühbronzezeit – sowohl qualitativ als auch in der Quantität – einen Konzentrationsschwerpunkt charakterisieren (v. Brunn 1959, Karte 3; Zich 1996, Karte 2). Die Hauptform für die Frühbronzezeit stellen so genannte „Barrendepots“ dar, die sich aus weitestgehend „normierten“ Inventaren, wie bronzenen Ösenring-, Spangenbarren, Beilklingen (überwiegend Randleistenbeile) und massiven Ringformen[12] zusammensetzen – häufig massiert und ohne Gebrauchsspuren.[13] Die Vielzahl der Deponierungen fanden sich in Tongefäßen[14], allerdings ohne nachweisliche Abdeckung[15] ; oft intendierten die Funde sorgfältig angeordnet und bewusst niedergelegt.[16] Ebenso zeigen gerade die reichhaltigsten mitteldeutschen Depotfunde häufig eine räumliche Nähe zu Wasserläufen (z.B. Elbe u. Saale)[17] und weisen eine Funddichte in jenen Regionen auf, wo bronzezeitliche Salzsiederei und teilweise auch Siedlungsspuren nachgewiesen werden konnten.[18] Überdies kann postuliert werden, dass das Gros der mitteldeutschen Funde aus dem Gebiet stammt, welches schon seit dem Neolithikum – auf Grund der günstigen landwirtschaftlich nutzbaren Bodenverhältnisse – besiedelt worden war. Nur wenige Funde stammen aus sumpfigem, also unzugänglichem Milieu.[19]
Die Normierung und Typisierung der Depotinventare wird zum einen mit Tauschhandel und Warenverkehr, und zum anderen mit einem stereotypen Verständnis über die gängige Opferpraxis der Zeit erklärt. Als Nachweis für eine Normierung kann z.B. das so genannte „Ösenringnormgewicht“ herangezogen werden, welches sich anhand maßlicher Untersuchungen an frühbronzezeitlichen Ösenringbarren süddeutscher, österreichscher und böhmisch-mährischer Depotfunde gewinnen ließ. Das „Normgewicht“ dieser Ösenringbarren liegt nach empirischer Auswertung des Materials zwischen 180g bis 200g und für jüngerfrüh- bis mittelbronzezeitliche Spangenbarren etwa zwischen 70g und 100g.[20] Frühbronzezeitliche Beilbarren aus Mitteldeutschland hingegen zeigen erhebliche Gewichtsunterschiede. Neben „normierten“ Größen finden sich in den Depots Inventare wie z.B. bronzene Stabdolche/Stabdolchklingen[21], trianguläre Dolche/Dolchklingen, Schwertklingen, Armstulpen & -manschetten, massive gerippte Doppeläxte, Nadeln, Bernsteine und Gefäße. Ausschließlich aus keramischen Gefäßen bestehende Gefäßdepots sind selten und so z.B. von einem Fund bei Gerwisch in Sachsen-Anhalt bekannt (Hänsel 1997). Bemerkenswert ist die Tatsache, dass metallisches Material der Frühbronzezeit hauptsächlich aus Hortfunden, seltener aus Gräbern zu tage kam und Keramik wiederum eine vordergründige Rolle in Gräbern, weniger in Horten spielte (z.B. „klassische“ Aunjetitzer Tasse).[22]
In Sachsen-Anhalt und Thüringen dominieren in den Depots bronzene Randleistenbeile, in Sachsen sind überwiegend Ringschmuckelemente in solchen aufgefunden worden.[23] Aus dem Arbeitsgebiet sind etwa 2000 Äxte und Beile, und etwa 200 Ösenringbarren hauptsächlich aus Horten bekannt.[24] Die Depotfunde Mitteldeutschlands zeigen, wie schon erwähnt, eine Funddichte an verkehrsgünstigen Lagen, wie Flüssen und wichtigen schon in prähistorischen Zeiten genutzten Überlandverbindungen, wobei sie nach R. Krause in „krassem Widerspruch“ zur Verbreitung von Siedlungen und Grabfunden stehen.[25] Die Region um Halle zeigt dabei die auffälligste Fundkonzentration reichhaltiger Horte, welche hier sicherlich auch mit der Sohlsalzgewinnung in Verbindung zu bringen ist.[26] Zur Sohlsalzgewinnung benötigte Briquetage aus frühbronzezeitlichen Siedlungen ist z.B. aus Halle-Giebichenstein, -Queis und -Trotha belegt und im Mittelelbe-Saale-Gebiet schon aus der neolithischen Bernburger Kultur evident geworden.[27]
[...]
[1] P. Höfer, Der Leubinger Grabhügel. Jahresschrift Vorgeschichte sächsisch-thüringischer Länder 5, 1906.
[2] v. Brunn 1959, S. 8, aus sumpfigen oder moorigen Gebiet stammen hauptsächlich Funde aus dem nördlichen Elbgebiet und der Lausitz; z.B. der Fund von Gladau (Taf. 28) mit 3 bronzenen Vollgriffdolchen des Malchiner Typs, der Fund von Krüden (Taf. 57, 3 – 5) mit 3 bronzenen Randleistenbeilen, der Fund von Osterburg (Taf. 72, 5 – 10) mit einem Ösenhalsring, 2 Thüringer Ringen, 6 schweren ovalen geschlossenen Ringen, einem Blutegelring, einer Armspirale und 3 Randleistenbeilen, der Fund von Radewitz (Taf. 79, 1 – 3) mit einem Thüringer Ring und 2 schweren ovalen offenen Ringen und der Fund von Tuchheim (Taf. 93, 6 – 9) mit einem Thüringer Ring, einem schweren ovalen geschlossenen Ring, einer Armspirale und einem Ostdeutschem gegossenem Schmuckschild von dreieckiger Form.
[3] Ders., S. 8, z.B. im Flussbett der „Schwarzen Lache“ wurde 1921 der Fund von Schkopau 1 gemacht (weiter unten S. 11 besprochen).
[4] Ders., S. 8 u. Taf. 25, 8 – 26, z.B. der 1953 in einer Siedlungsgrube der Aunjetitzer Kultur gemachte Fund von Dresden-Prohlis befand sich auf einem Tongefäßunterteil zusammen mit einem großen langen Mahlstein, 2 Reibekugeln, 1 Schieferstein mit beidseitigen Sägeschnitten, Hüttenbewurf und Scherben anderer Gefäße. Zusammensetzung des Bronzefundes: 2 Randleistenbeile, 2 schmale längsgerippte Armbänder mit abgerundeten Enden, 1 breiteres längsgeripptes Armband mit gerade abschließenden Enden, 5 rundstabige Halsringe mit Ösenenden und 4 kleinere Thüringer Ringe mit wenig betonten Pfötchenenden.
[5] v. Brunn 1959, S. 7, zu den Hortfunden welche im Grabzusammenhang geborgen wurden, gehören z.B. der Fund 1 von Dederstedt (Taf. 8 – 9) mit 14 bronzenen Randleistenbeilen, der Fund 1 von Halle-Giebichenstein (Taf. 38, 4 – 14) mit bronzenen Schleifenringen und 2 „zyprischen“ Schleifennadeln, der Fund von Tarthun (Taf. 90, 8 – 91, 2) mit 4 bronzenen Ringen und getriebener verzierter Schmuckscheibe, der Fund von Unterrißdorf 1 (Taf. 94, 4 – 11) mit 3 Ösenhalsringen, einem rundstabigen Armring mit kaum verdickten Pufferenden, 2 „zyprischen“ Schleifennadeln, einer verzierten Scheibennadel und weiteren 3 verschollenen Nadeln, und der Fund von Kläden (Taf. 54 – 55, 3), der 1843 angeblich beim Abtragen eines Grabhügels gemacht wurde und sich u. a. aus so genannten bronzenen „Löffelbeilen“ zusammensetzt.
[6] Hier währe im besonderem der Hortfund von Kyhna hervorzuheben (weiter unten besprochen).
[7] v. Brunn 1959, S. 7, siehe da Anmk. 3), Funde in der Nähe von großen Steinen oder Felsklippen werden für Funde jüngerer Zeitstellung erwähnt.
[8] Probst 1999.
[9] Krause 2003, S. 188.
[10] v. Brunn 1959, S. 10 ff.
[11] Datierungsterminologie im folgenden nach W. Ruckdeschel (1978) in Anlehnung an die Reinecke’sche Chronologie (1924) für den nordalpinen Raum, da B. Zich (1996) in seiner wegweisenden chronologischen Gliederung für die mitteldeutsche Aunjetitzer Kultur „bedauerlicherweise darauf verzichtete, [sein chronologisches Gerüst] mit den absolutchronologischen Anhaltspunkten dendrochronologischer und kalibrierter Radiocarbondten zu konfrontieren“ (Krause 2003, S. 71).
[12] Thüringer, Blutegel-, offene und geschlossene Ringe.
[13] Im nachfolgendem verstehen sich alle Depotinventare, wenn nichts anderes dazu ausgeführt ist, aus Bronze.
[14] v. Brunn 1959, S. 8 f., siehe Anmk. 8), v. Brunn nennt 36 Depots von seinen gut 100 aufgeführten frühbronzezeitlichen Hortfunden, die nachweislich in einem Tongefäß gelegen haben sollen. Ein Großteil der Funde wird vermutlich in, heute nicht mehr nachweislichen, Behältern aus organischem Material Platz gefunden haben.
[15] Ders., S. 7, siehe Anmk. 2), mit Steinschutz bzw. Steinabdeckung traten z.B. der Fund von Groß Schwechten (Taf. 35 – 37, 15) u. a. mit 10 bronzenen Stabdolchklingen, der Fund von Orlishausen (Taf. 71 – 72, 4) mit ehemals 20 „Halsringen“ und 8 Randleistenbeilen und der Fund von Walsleben (Taf. 95) u. a. mit 4 Thüringer Ringen und Bruchstücken von Armspiralen; S. 9, siehe Anmk. 1), mit „Deckeln“ aus Ton waren abgedeckt der Fund von Hoym (Taf. 46, 1 – 14) mit 8 kleinen Armringen, 6 Noppenringen und einem Doppelpfriem, und der Fund von Röderau mit einem Armring, 2 Miniaturhalsringen, 2 Drahtarmspiralen, einem rundstabigem Armring mit spitzen Enden, einem schmalem längsgerippten Armband mit abgerundeten Enden, 3 goldenen Noppenringen, einer kleinen Dolchklinge mit 5 Nietlöchern, mit 2 böhmischen Ösennadeln, 24 Bernsteinperlen und Knochenröhrchen.
[16] Ders., auf eine bewusste und sorgfältige Niederlegung weisen im besonderem der Fund 1 von Dederstedt (Taf. 8 – 9) und der von Schkopau 1 (Taf. 84) hin.
[17] Krause 2003, S. 34 f., zur Bedeutung von Depotfunden entlang von Wasserläufen z.B. im alpinen Frühbronzezeitmilieu: „Die Verbreitung von Depotfunden mit frühbronzezeitlichen Salezer Beilen entlang des Unterlaufs des Alpenrheins, gewissermaßen bis an den Fuß der Erzlagerstätten, ist ein wichtiges Kriterium, eine Metallurgiekette auf dieser Route bis in die Zentralalpen nach Graubünden hinein zu rekonstruieren.“
[18] Simon 1990 u. 1993, Abb. 12.
[19] v. Brunn 1959; Probst 1999; Meller 2004 u. zusammenfassend Krause 2003, S. 225 ff., und da im besonderem Abb. 214 u. 215.
[20] Mykene, Nürnberg, Stonehenge 2000.
[21] Probst, S. 49 f., Stabdolche gehören zur Ausstattung höhergestellter Individuen; es sind Waffen mit Kult- & Zeremonialcharakter; ihre Verbreitung finden sie von der iberischen Halbinsel bis zum Balkan, sowie von Skandinavien bis Italien.
[22] Zur Problematik der chronologischen Gliederung des mitteldeutschen Depotfundus auch Krause 2003, S. 64 f. „Für unsere Fragestellungen ergeben sich dort beträchtliche Probleme, wo einerseits Metallfunde der älteren Phasen aus den Gräbern fehlen und anderseits der große Bestand an Metallartefakten aus den Depotfunden chronologisch bislang kaum oder gar nicht gegliedert ist.“; zusammenfassend S. 67 ff.
[23] v. Brunn 1959, S. 16, „Beile und Ringe schließen sich in den Funden häufig aus“; Beile waren in 35, sämtlich beschriebene Ringformen in 60 Funden nachweislich, wobei beide Fundtypen in 19 Funden zusammen vorkamen. Schwere ovale offene und geschlossene Ringe schlossen in der Regel einander aus. Ösenhalsringe und Thüringer Ringe kamen dagegen oft zusammen im gleichen Fund zu tage.
[24] Krause 2003, S. 70 f.
[25] Ders., S. 68, weiter noch: „Sie sind verstärkt auch außerhalb der Siedlungsräume zu finden und streuen weit darüber hinaus bis hin zur Ostseeküste und in die Räume und Landschaften Nordostdeutschlands und Großpolens (Abb. 16), die von der eigentlichen Aunjetitzer-Kultur nicht erreicht worden sind […]“
[26] v. Brunn 1959, S. 28, siehe da Anmk. 1), „Drei der dortigen Funde (Halle-Kanena 2, Halle-Kanena 3, Dieskau 2) wären freilich ohne den Braunkohlenabbau kaum ans Tageslicht gekommen.“
[27] v. Brunn 1959; Meller 2004; Mykene, Nürnberg, Stonehenge S. 119 ff u. Abb. 1.
- Arbeit zitieren
- Silvester Tamas (Autor:in), 2007, Hort- bzw. Depotfunde der Frühbronzezeit in Mitteldeutschland und ihr indikatorischer Wert für den Nachweis sozialer Eliten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72756
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