Der Europäische Rat hatte auf seiner Tagung am 4./5. Juni 1999 in Köln die Erarbeitung einer
Charta der Grundrechte für notwendig erachtet, um diese Rechte für die Unionsbürger sichtbarer
zu gestalten.1 Er wies in diesem Zusammenhang außerdem darauf hin, dass die Charta
die Freiheits- und Gleichheitsrechte sowie die Verfahrensgrundrechte umfassen soll, wie sie
in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK) gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen
der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben. Die
Charta sollte nach Auffassung des Europäischen Rates ferner jene Grundrechte enthalten, die
lediglich den Unionsbürgern zustehen. Bei der Ausarbeitung der Charta seien zudem wirtschaftliche
und soziale Rechte zu berücksichtigen, wie sie in der Europäischen Sozialcharta
und in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer enthalten sind
(Art. 136 EGV), soweit sie nicht nur Ziele für das Handeln der Union begründen.
Der Europäische Rat setzte am 16. Oktober 1999 ein Gremium aus 62 Mitgliedern ein,
das sich auf seiner konstituierenden Sitzung am 17. Dezember 1999 den Namen „Konvent“
gab, und aus Vertretern verschiedener Legitimationsquellen bestand: ein Mitglied der Kommission,
15 persönliche Beauftragte der Staats- und Regierungschefs, 16 Mitglieder des Europäischen
Parlaments und 30 Mitglieder der nationalen Parlamente. Es sollte innerhalb eines
Jahres einen Entwurf der Charta ausarbeiten. Den Vorsitz übernahm der ehemalige deutsche
Bundespräsident Roman Herzog.
Am 28. September 2000 legte der Konvent seinen Entwurf vor, der vom Europäischen
Rat während des Sondergipfels in Biarritz am 13./14. Oktober 2000 grundsätzlich begrüßt
wurde. Schließlich wurde die Charta der Grundrechte der Europäischen Union am
8. Dezember 2000 von den drei Organen der EU, das heißt dem Europäischen Parlament, dem
Rat und der Kommission, anlässlich des Europäischen Rates in Nizza feierlich proklamiert. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Die Entstehung der Grundrechtscharta
- Die Anerkennung von Grundrechten durch den EuGH
- Gründe für die Schaffung der Grundrechtscharta
- Der Inhalt der Charta
- Grundrechtsträger und Grundrechtsverpflichtete
- Grundrechtsträger
- Grundrechtsverpflichtete
- Zum Status der Charta
- Das Verhältnis der Charta zur EMRK
- Kritische Bemerkungen zur Charta
- Die Charta als Teil einer künftigen Verfassung?
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Abhandlung befasst sich mit der Entstehung, dem Inhalt und dem Status der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Sie beleuchtet die Entwicklung des Grundrechtsschutzes auf europäischer Ebene und die Bedeutung der Charta für die europäische Integration und Identitätsbildung.
- Die Entstehung der Grundrechtscharta und ihre rechtliche Grundlage
- Die Entwicklung des Grundrechtsschutzes durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH)
- Die Bedeutung der Charta für die Stärkung der individuellen und kollektiven Grundrechte in der EU
- Die Rolle der Charta im Prozess der europäischen Konstitutionalisierung
- Das Verhältnis der Charta zu anderen Menschenrechtsinstrumenten, insbesondere der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Entstehung der Grundrechtscharta und die Hintergründe für ihre Ausarbeitung. Es wird der Weg von der ersten Idee bis zur feierlichen Proklamation der Charta im Jahr 2000 dargestellt.
Das zweite Kapitel analysiert die Anerkennung von Grundrechten durch den EuGH. Es zeigt auf, wie der EuGH einen eigenständigen europäischen Grundrechtsschutz richterrechtlich entwickelt hat, indem er sich auf die EMRK und die gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten stützt.
Das dritte Kapitel beleuchtet die Gründe für die Schaffung der Grundrechtscharta. Es werden verschiedene Argumente für eine Kodifizierung der Grundrechte auf europäischer Ebene dargelegt, darunter die Stärkung des Schutzes der Grundrechte, die Erhöhung der Transparenz und die Systematisierung des Grundrechtsschutzes.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Inhalt der Charta. Es werden die sieben Kapitel der Charta und ihre wichtigsten Artikel vorgestellt, die verschiedene Grundrechte wie die Menschenwürde, die Freiheiten, die Gleichheit, die Solidarität, die Bürgerrechte, die justizielle Rechte und die allgemeinen Bestimmungen regeln.
Das fünfte Kapitel analysiert die Grundrechtsträger und Grundrechtsverpflichteten. Es wird zwischen Angehörigen von Mitgliedstaaten und Drittstaaten differenziert und die unterschiedlichen Grundrechtsträger der einzelnen Bestimmungen aufgezeigt. Außerdem wird der Anwendungsbereich der Charta auf die Organe und Einrichtungen der Union sowie die Mitgliedstaaten erläutert.
Das sechste Kapitel befasst sich mit dem Status der Charta. Es werden die verschiedenen Optionen für eine rechtsverbindliche Verankerung der Charta in den Verträgen diskutiert.
Das siebte Kapitel untersucht das Verhältnis der Charta zur EMRK. Es wird die Bedeutung der beiden Menschenrechtskataloge und die Notwendigkeit einer engen Kooperation zwischen dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EMRG) in Straßburg hervorgehoben.
Das achte Kapitel enthält kritische Bemerkungen zur Charta. Es werden verschiedene Punkte angesprochen, die einer weiteren Präzisierung oder Überarbeitung bedürfen, darunter die Formulierung des Rechts auf Leben, die Schrankenbestimmungen und die Berücksichtigung der kulturellen Vielfalt.
Das neunte Kapitel diskutiert die Frage, ob die Charta als Teil einer künftigen Verfassung der EU betrachtet werden kann. Es werden verschiedene Modelle für einen Konstitutionalisierungsprozess der EU vorgestellt und ihre Vor- und Nachteile gewogen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, den Grundrechtsschutz, den Europäischen Gerichtshof (EuGH), die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die europäische Integration, die Konstitutionalisierung Europas, die Menschenwürde, die Freiheiten, die Gleichheit, die Solidarität, die Bürgerrechte, die justizielle Rechte und die allgemeinen Bestimmungen.
- Arbeit zitieren
- Dr. Gerald G. Sander (Autor:in), 2001, Anmerkungen zur Charta der Grundrechte der EU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7275
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