Die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland ist bereits seit deren Bestehen immer
wieder Thema zahlreicher Diskussionen und wissenschaftlicher Abhandlungen gewesen. Aber
es ging in ihrer Anfangszeit nicht nur um ein Diskussions- und Forschungsthema. Denn
diesem neu geborenen Staat fehlte bereits zu Anfang seines Bestehens eines der wichtigsten
Dinge im Staatswesen überhaupt, eben die Souveränität.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Alliierten eine Fülle von Vorstellungen, was in der
folgenden Besatzungszeit mit dem deutschen Staat zu geschehen habe. Entmilitarisierung,
Zerstörung der wirtschaftlichen Macht, Entnazifizierung, Demokratisierung, Dezentralisation
und andere Ziele machten die Übernahme der obersten Macht, der „supreme authority“ durch
die Alliierten unumgänglich.1 Nach der Besetzung und Übernahme dieser war von der Souveränität
des deutschen Staates nichts übrig geblieben. Mit der Gründung der Bundesrepublik
Deutschland war schon viel erreicht worden, nicht aber die Souveränität zurückgewonnen
worden. Diese galt es jetzt zurückzugewinnen. Dem ersten Kanzler dieses Staates, Konrad
Adenauer, oblag es, dies möglich zu machen. Dieser schlug von Anfang an den Weg ein, die
Souveränität dieses Staates durch seine konsequente Einbindung in den Westen zu erreichen.2
Adenauer hatte erkannt, dass jetzt klare Entscheidungen und die Berechenbarkeit der Bundesrepublik
gefragt waren.3 Durch seine klaren und konsequenten Ansichten und Handlungen
wurde er zu einem verlässlichen Gegenüber für die drei Westmächte. Der eingeschlagene
Weg zur Erlangung der Souveränität des westdeutschen Staates begann im Mai 1949 und
endete in den Pariser Verträge des Jahres 1954. Diese Wegstrecke verlief jedoch keineswegs
geradlinig und unbeschwerlich.
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1 von Richthofen, 1972, S. 5
2 Hildebrand, 1991, S. 18
3 ebd. S. 27
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Der Begriff der Souveränität
- Die Souveränitätszugewinne vor den Pariser Verträgen
- Deutschland unter alliierter Besatzung
- Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland
- Das Petersberger Abkommen
- Die Kleine Revision des Besatzungsstatuts
- Die Pariser Verträge
- Der Vertrag zwischen Frankreich und Deutschland
- Der Deutschlandvertrag
- Die Vorbehaltsrechte der Alliierten
- Artikel 2 Absatz 1 Generalvertrag
- Deutschland als Ganzes
- Wiedervereinigung und friedensvertragliche Regelungen
- Berlin
- Die Zugangsrechte der Alliierten in Bezug auf Berlin
- Das fortgeltende Besatzungsrecht
- Das versteinerte Besatzungsrecht
- Absolute Versteinerungen
- Relative Versteinerungen
- Sonstige Versteinerungen
- Die Stationierung ausländischer Truppen in der Bundesrepublik
- Die so genannten Notstandsrechte
- Die militärischen Verbindungsmissionen der Sowjetunion
- Die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in der NATO und in der WEU
- Das versteinerte Besatzungsrecht
- Artikel 2 Absatz 1 Generalvertrag
- Die Bundesrepublik Deutschland – ein eingeschränkter, souveräner Staat
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum von 1955 bis 1990. Sie analysiert, inwiefern die Bundesrepublik Deutschland nach Inkrafttreten der Pariser Verträge von 1955 als souverän anzusehen ist und welche Einschränkungen der Souveränität bestehen blieben. Die Arbeit geht von der Prämisse aus, dass die Bundesrepublik nach 1955 souverän war, jedoch gewisse Einschränkungen der Souveränität aufweisen konnte.
- Der Begriff der Souveränität und seine historische Entwicklung
- Die Souveränitätsgewinne der Bundesrepublik Deutschland vor den Pariser Verträgen
- Die Pariser Verträge von 1954 und ihre Auswirkungen auf die Souveränität der Bundesrepublik
- Die alliierten Vorbehaltsrechte und ihre Bedeutung für die Souveränität der Bundesrepublik
- Die Bundesrepublik Deutschland als ein eingeschränkter, souveräner Staat
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung stellt die Problematik der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland im Kontext der Nachkriegszeit dar und skizziert den Weg zur Wiedererlangung der Souveränität durch Adenauers Politik der westlichen Integration. Das zweite Kapitel widmet sich einer Erläuterung des Begriffs der Souveränität, wobei seine historische Entwicklung von der mittelalterlichen Fürstensouveränität bis hin zur Volkssouveränität der französischen Revolution beleuchtet wird. Das dritte Kapitel beschreibt die Ereignisse der Jahre 1949 bis 1954, in denen die Bundesrepublik Deutschland einen gewissen Grad an Souveränität zurückgewinnen konnte. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit den Pariser Verträgen von 1954 und den darin enthaltenen alliierten Vorbehaltsrechten. Die Arbeit analysiert, wie diese Vorbehaltsrechte die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland einschränkten, insbesondere in Bezug auf die Wiedervereinigung, Berlin, die Stationierung ausländischer Truppen und die Notstandsrechte. Abschließend wird die Bundesrepublik Deutschland als ein eingeschränkter, souveräner Staat charakterisiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert sich auf die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland im Kontext der Nachkriegszeit. Wichtige Schlüsselbegriffe sind die Pariser Verträge, die alliierten Vorbehaltsrechte, die Wiedervereinigung, Berlin, die Stationierung ausländischer Truppen, die Notstandsrechte und die Bundesrepublik Deutschland als ein eingeschränkter, souveräner Staat. Die Arbeit befasst sich außerdem mit dem historischen Wandel des Begriffs der Souveränität und analysiert die Rolle von Konrad Adenauer bei der Gestaltung der Souveränitätspolitik der Bundesrepublik Deutschland.
- Quote paper
- Björn Müller (Author), 2006, Umfang und Grenzen der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland 1955, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72043