Der Soziale Dienst umfasst ein breites Spektrum an Aufgaben. Es werden Hilfen für Kinder, Jugendliche und deren Familien in Konflikt- und Notsituationen angeboten (z.B. § 20 SGB VIII), sowie Hilfen zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII gewährt und begleitet. Weitere Aufgaben sind Beratungstätigkeiten nach § 17 SGB VIII (z.B. Beratung in Partnerschaft, Trennung und Scheidung), Vermittlung, Hilfen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII, Unterstützung von Personensorgeberechtigten bei der Ausübung der Personensorge nach § 18 SGB VIII und hoheitliche Aufgaben. Zu diesen gehören z.B. Inobhutnahme und Herausnahme von Kindern und Jugendlichen nach § 42 SGB VIII, Führung von Amtsvormundschaften nach §§ 1791b, 1791c BGB, Amtshilfeersuchen nach §§ 3, 4 SGB X und der Mitwirkung bei Verfahren des Familien- und Vormundschaftsgerichtes nach § 50 SGB VIII, z.B. in Zusammenhang mit einer Gefährdung des Kindeswohls nach § 1666 BGB. Um den Kontext einer Kindeswohlgefährdung einschätzen zu können, muss man unter anderen wissen, was Kinder und Jugendliche für ihre Entwicklung benötigen und welche Inhalte letztendlich der Begriff Kindeswohl ausfüllt.
In dieser Arbeit möchte ich den unbestimmten Rechtsbegriff des Kindeswohls näher erläutern und Aspekte der Kindeswohlgefährdung am Beispiel der Misshandlung beleuchten, um eine praktische Orientierung und Arbeitshilfe zu schaffen.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Der unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls
2.1 Entstehungsgeschichte
2.2 Der unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls
2.3 Kindeswohl – Suche nach Orientierung
2.3.1 Bedingungen des körperlichen Wohls
2.3.2 Bedingungen für das seelische (sozial, emotionale) Wohl
2.3.3 Bedingungen für das geistige Wohl
2.3.4 Verwaltung des Einkommen und Vermögen
3. Kinder haben Rechte
3.1 (ausgewählte) Rechte von Kindern laut BGB
3.2 UN-Konvention über die Rechte von Kindern
4. Aspekte der Kindeswohlgefährdung
4.1 Am Beispiel der Misshandlung
4.2 Folgen und Auswirkungen von Misshandlungen
4.3 Hinweise auf eine mögliche Misshandlung
5. Resümee
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mein zweites berufspraktische Semester habe ich beim Allgemeinen Sozialen Dienst in XXX absolviert. Der ASD ist in drei Regionalteams aufgeteilt. Die Regionalteams arbeiten in den Stadtgebieten XXX, XXX und XXX. Die personelle Besetzung der Teams ist vom Stadtgebiet und dessen Struktur (z.B. Einwohnerzahl, Fallaufkommen) abhängig. Im XXX, in dem ich mein Praktikum durchlief, sind zwei Sozialarbeiter und zwei Sozialarbeiterinnen tätig.
Der Soziale Dienst umfasst ein breites Spektrum an Aufgaben. Es werden Hilfen für Kinder, Jugendliche und deren Familien in Konflikt- und Notsituationen angeboten (z.B. § 20 SGB VIII), sowie Hilfen zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII gewährt und begleitet. Weitere Aufgaben sind Beratungstätigkeiten nach § 17 SGB VIII (z.B. Beratung in Partnerschaft, Trennung und Scheidung), Vermittlung, Hilfen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII, Unterstützung von Personensorgeberechtigten bei der Ausübung der Personensorge nach § 18 SGB VIII und hoheitliche Aufgaben. Zu diesen gehören z.B. Inobhutnahme und Herausnahme von Kindern und Jugendlichen nach §§ 42, 43 SGB VIII, Führung von Amtsvormundschaften nach §§ 1791b, 1791c BGB, Amtshilfeersuchen nach §§ 3, 4 SGB X und der Mitwirkung bei Verfahren des Familien- und Vormundschaftsgerichtes nach § 50 SGB VIII, z.B. in Zusammenhang mit einer Gefährdung des Kindeswohls nach § 1666 BGB. Um den Kontext einer Kindeswohlgefährdung einschätzen zu können, muss man unter anderen wissen, was Kinder und Jugendliche für ihre Entwicklung benötigen und welche Inhalte letztendlich der Begriff Kindeswohl ausfüllt.
In dieser Arbeit möchte ich den unbestimmten Rechtsbegriff des Kindeswohls näher erläutern und Aspekte der Kindeswohlgefährdung am Beispiel der Misshandlung beleuchten, um eine praktische Orientierung und Arbeitshilfe zu schaffen.
2. Der unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls
2.1 Entstehungsgeschichte
Das Rechtskonzept des Kindeswohls gilt erst seit wenigen Dekaden als das zentrale familienrechtliche Leitprinzip. Nach dem Nationalsozialismus waren die Familienautonomie und damit die Rechte der Eltern deutlich gestärkt worden und das Familienrecht wurde in das Privatrecht eingeordnet, um es vor staatlichen Interventionsversuchen zu schützen. In den Siebziger Jahren kam es zu tief greifenden Veränderungen und neuen Denkmodellen und eigennützige Elternrechte und eine uniforme staatliche Jugenderziehung waren gleichermaßen suspekt geworden. Das Wohl des Kindes trat an ihre Stelle und wurde allmählich zum entscheidenden Maßstab für eine Ordnung der Rechtsbeziehung zwischen Kind, Eltern und Staat. Hatten bisher elterliches Verschulden (Verschuldungsprinzip) staatliche Eingriffe in die Elternrechte legitimiert, rückten nun die Kindesinteressen selbst ins Zentrum und das Wohl des Kindes wurde zum Richtpunkt für das staatliche Wächteramt, um den Schutz der Würde und der Person des Kindes zu gewährleisten.[1]
Es folgten weitere Gesetzesänderungen. Anders als in den 70er und 80er Jahren setzte der Gesetzgeber nunmehr verstärkt auf eine Verwirklichung des Kindeswohls durch die Stärkung der Elternrechte, also auf eine Deregulierung und leitete somit einen tendenziellen Rückzug des staatlichen Wächteramts ein. So wurde 1990 das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) verabschiedet, das vorrangig präventiven Charakter haben soll, und welches die Inanspruchnahme des Jugendamtes nunmehr bis zur Grenze der Kindeswohlgefährdung der Verantwortung der Sorgeberechtigten überlässt.[2]
2.2 Der unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls
Der Rechtsbegriff Kindeswohl kommt im internationalen Recht, im innerstaatlichen Privatrecht und im öffentlichen Jugendhilferecht zur Anwendung. Der Begriff des Kindeswohls basiert auf der Annahme, dass er als Ersatzfunktion für den Willen des Kindes zu werten ist. Weshalb dieser Begriff auch weit und allgemein gehalten werden muss, um für möglichst viele Fälle fungibel zu bleiben. Eine dem britischen Recht vergleichbare „Welfare Checklist“ die eine positive gesetzliche Definition des Kindeswohls vornimmt, um die kindschaftsrechtliche Generalklausel durch Konkretisierungen bestimmter Konfliktsituationen zu entlasten, kennt das deutsche Recht nicht. So das in Deutschland der Begriff des Kindeswohls wegen seiner Ausfüllungsbedürftigkeit bei seinen Kritikern im Ruf steht. Neben der intendierten Orientierung am Einzelfall wird diese fehlende Positionierung, ebenso die Schwierigkeit einer negativen Begrenzung des Kindeswohls im juristischen Schrifttum, auf einen Mangel an erziehungswissenschaftlichen abgesicherten Regeln und übereinstimmenden Wertvorstellungen in der pluralistischen Gesellschaft zurückgeführt.[3]
Der Schutz des Kindes und seiner Rechte ist laut Artikel 6 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz den Eltern vorbehalten. Wenn die Eltern jedoch nicht Willens oder in der Lage dazu sind, ist dies unverkürzt vom Staat zu gewährleisten laut Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG (Wächteramt). Das primäre Recht der Eltern, das Wohl ihres Kindes zu definieren und Gefahren von ihnen abzuwenden, findet hier also seine Grenzen, denn das Kind steht als ein Wesen mit eigener Menschenwürde (Art. 1 GG „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“[4]) und einen eigenen Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit unter dem besonderen Schutz des Staates (Art. 2 Abs. 1 GG „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit…“ und Art. 2 Abs. 2 „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unverzehrtheit…“[5]).
Diesen Verfassungsauftrag konkretisiert der § 1666 BGB und sichert somit dem Kind einen Rechtsschutz als eigenständige Rechtspersönlichkeit zu.[6] Die Grundsätze der Elterlichen Sorge laut § 1626 BGB unterstreichen, dass das Kind als eigenes Individuum zu sehen ist, indem es heißt „Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern…das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbstständigen verantwortungsbewussten Handeln. Sie besprechen mit dem Kind…Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.“[7] Des weiteren heißt es im § 1 Abs. 1 SGB VIII „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“.[8]
Das Wohl des Kindes fungiert als Eingriffslegitimation des Staates und gibt den Entscheidungsmaßstab der Gerichte vor. Zwei zentrale Grundrichtungen gibt das Kindeswohl-Konzept vor: Erstens den Vorrang der Kindesinteressen vor allen anderen Interessen und zweitens den Vorrang einer dem Einzelfall angepassten Gerechtigkeit vor allgemeinen Regeln. Liegt dementsprechend eine Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohles des Kindes vor, muss das Familiengericht unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzip (laut § 1666a) geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Gefahr abzuwenden. Das Wohl des Kindes beinhaltet seine subjektive Sicht, sein Wohlbefinden, seine Zukunftsperspektive und eine allseitige und harmonische Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit. Seitens der wissenschaftlichen Fachöffentlichkeit wurden allgemeine gesetzliche Vorgaben des § 1666 BGB nochmals konkretisiert und in Fallgruppen unterschieden. Dies sind vor allem: Kindesmisshandlung, Vernachlässigung, sexueller Missbrauch, Autonomiekonflikte sowie Beziehungs- und Zuordnungskonflikte. Die Fachliteratur nennt weitere Kriterien, die bei der Bestimmung des Kindeswohls zu beachten sind: im Grundgesetz verankerte Erziehungsziele zur selbstständigen, eigenverantwortlichen und zum sozialen Zusammenleben fähigen Persönlichkeit, der rationale und emotionale Wille des Kindes, die Beachtlichkeit seiner Bindungen, Kontinuität und Stabilität der Betreuungs- und Erziehungsverhältnisse sowie die weitgehende Freiheit von Angst, Belastung und Konflikten. Hinzu kommen Grundbedürfnisse, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt als
[...]
[1] Vgl. Zitelmann, Maud, 2001, Kindeswohl und Kindeswille im Spannungsfeld von Pädagogik und Recht, Münster, S. 113-114
[2] Ebd., S. 115
[3] Ebd., S. 120-121
[4] Gesetze für Sozialberufe, 2004, Baden-Baden, GG S. 1
[5] Ebd., S. 1
[6] Vgl. Zitelmann, Maud, 2001, Kindeswohl und Kindeswille im Spannungsfeld von Pädagogik und Recht, Münster, S. 122
[7] Gesetze für Sozialberufe, 2004, Baden-Baden, BGB S. 187
[8] Gesetze für Sozialberufe, 2004, Baden-Baden, SGB VIII S. 4
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2005, Kindeswohl - ein unbestimmter Rechtsbegriff und Kindeswohlgefährdung am Beispiel der Misshandlung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72034
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