November 2005. Die zweite Elefantenhochzeit in der Geschichte der BRD war nach langwierigen Koalitionsverhandlungen in endlosen Sitzungen unter Dach und Fach, verbrieft und besiegelt. Eine Liebeshochzeit sollte es nicht werden, vielmehr eine Ehe aus Vernunft, zudem mit angekündigter Verfallsgarantie. Mit dem Anspruch auf große Taten durch kleine Schritte unterzeichneten die Spitzen von CDU/CSU und SPD den Koalitionsvertrag für die kommende Legislatur. Das gleichsam schlichte wie hehre Motto: „Gemeinsam für Deutschland. Mit Mut und Menschlichkeit“. Als mutig lässt sich schon allein die Entscheidung für eine Große Koalition nennen. Bis dato kam es auf Bundesebene erst ein einziges Mal zu dieser mächtigsten Konstellation im parlamentarischen System der BRD. Auch wenn einige Leitartikler schnell den Vergleich mit 1966-69 als Paradebeispiel heranzogen, um zu erklären wie sehr - oder auch nicht - eine Große Koalition dem Land tatsächlich zum Aufschwung verhelfen könne, erinnerten sich doch nur wenige detaillierter an jene markante Zäsur, welche die Große Koalition zwischen 66 - 69 in der Geschichte der BRD darstellt. Denn selbst in der wissenschaftlichen Rezeption haftet der Großen Koalition von Bonn der Nimbus einer vergessenen Regierung an. Obschon nach Meinung des Politologen Wolfgang Bergsdorf „niemals zuvor und auch nicht danach (...) in so kurzer Zeit so viel bewegt “ wurde. Auch wenn im historischen Rückblick das Bündnis eher positiv bewertet wird, gelten nur wenige Etappen in der Geschichte der BRD als zeitgenössisch so umstritten, wie die Jahre zwischen 66 bis 69. Durchweg wurde das Regierungsbündnis von zum Teil heftigen Reaktionen begleitet. Was aber waren die spezifischen Besonderheiten dieser für manchen so erfolgreich geführten, für andere, wie den streitbaren Schriftsteller Günter Grass durchweg „miesen“ Ehe? Welche ihre bestimmenden Charakteristika im Kontext der damaligen Realitäten und letztendlich ihre bleibenden Leistungen? Lassen sich anhand einer Beurteilung jener drei Jahre unter Kiesinger und Brandt etwaige Analogien zum Bündnis Merkel/Müntefehring ziehen? Zumal angesichts der historisch unterschiedlichen Kontexte: hier die wiedervereinigte, emanzipierte Berliner Nachwenderepublik in Zeiten der Globalisierung und der Bedrohung durch den Terrorismus. Dort die beschauliche, bisweilen biedere Bonner Nachkriegsrepublik, die zwischen abklingendem Wirtschaftswunder und einem aufgeheizten Kalten Krieg sich zu modernisieren versuchte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 2. Die Große Koalition 1966-1969
- 2.1 Auf dem Weg zum Übergang
- 2.2 Das „Überkabinett“
- 2.3 Aus der Krise zum Boom: Aufgaben, Leistungen und Folgen bis heute
- 2.3.1 Stabilitätsgesetz und Konzertierte Aktion
- 2.3.2 Gescheiterte Staatsreform: Das Mehrheitswahlrecht
- 2.4 Die Opposition außerhalb und innerhalb des Parlaments
- 2.4.1 Die Außerparlamentarische Opposition
- 2.4.2 Notstandsgesetze oder Notstand der Demokratie?!
- 2.4.3 Die Opposition im Plenum
- 2.5 Bilanz der Großen Bonner Koalition
- 3. Die Große Koalition von heute
- 3.1 Das Vorspiel
- 3.2 Wieder eine Krise, wieder eine Ehe aus Vernunft
- 3.3 Große Koalition - K(1)eine Opposition
- 3.4 Das Konzept des begrenzten Konflikts
- 3.5 Perspektiven
- 3.5.1 Etablierung und Erosion der zwei Volksparteien
- 3.5.2 Perspektiven für die SPD
- 3.5.3 Perspektiven für die CDU
- 3.6 Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Große Koalition in Deutschland, sowohl die von 1966-1969 als auch die aktuelle. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Koalitionen herauszuarbeiten und deren Auswirkungen auf das politische System und die parlamentarische Opposition zu analysieren. Die Arbeit bewertet die Leistungen und Folgen der jeweiligen Koalitionen und beleuchtet die Perspektiven für die beteiligten Parteien.
- Vergleich der Großen Koalitionen von 1966-1969 und der Gegenwart
- Analyse der Rolle der parlamentarischen Opposition
- Bewertung der Leistungen und Folgen der Großen Koalitionen
- Perspektiven für die beteiligten Parteien (SPD und CDU/CSU)
- Entwicklung der Volksparteien in Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung: Die Einleitung stellt die Bildung der zweiten Großen Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2005 vor und vergleicht sie mit der Großen Koalition von 1966-1969. Sie hebt die kontroversen Reaktionen auf die Große Koalition von 1966-1969 hervor, besonders den Protest der Studentenbewegung und Intellektuellen, und betont die Notwendigkeit eines vergleichenden Rückblicks, um die aktuelle Situation besser zu verstehen. Die Arbeit kündigt eine Analyse der Stärken und Schwächen beider Koalitionen und ihrer Auswirkungen auf das politische System an, mit besonderem Fokus auf die Rolle der Opposition.
2. Die Große Koalition 1966-1969: Dieses Kapitel untersucht die Große Koalition unter Kiesinger und Brandt. Es analysiert den Weg zur Bildung der Koalition, ihre Herausforderungen und Erfolge, inklusive des Stabilitätsgesetzes und der Konzertierten Aktion. Weiterhin werden die Reaktionen der Opposition, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Parlaments (inklusive der Außerparlamentarischen Opposition und der Debatten um die Notstandsgesetze), eingehend betrachtet. Das Kapitel schließt mit einer Bilanz der Koalition und ihrer bleibenden Auswirkungen auf die bundesdeutsche Politik.
3. Die Große Koalition von heute: Dieses Kapitel befasst sich mit der aktuellen Großen Koalition. Es analysiert die Vorbedingungen ihrer Entstehung, die wiederkehrenden Krisen und die Rolle der (fehlenden?) Opposition. Das Konzept des begrenzten Konflikts wird untersucht, und der Text blickt auf die Perspektiven für die SPD und die CDU/CSU nach dem Ende der Koalition, unter Berücksichtigung der Entwicklung und des Status der Volksparteien im modernen Deutschland.
Schlüsselwörter
Große Koalition, Bundesrepublik Deutschland, Parteiensystem, Parlamentarische Opposition, Volksparteien, SPD, CDU/CSU, 1966-1969, Koalitionsvertrag, Politisches System, Demokratie, Notstandsgesetze, Konzertierte Aktion, Stabilitätsgesetz, Globalisierung, Terrorismus.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Analyse der Großen Koalitionen in Deutschland
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Großen Koalitionen in Deutschland, insbesondere die von 1966-1969 und die aktuellere. Der Fokus liegt auf dem Vergleich beider Koalitionen, der Analyse ihrer Auswirkungen auf das politische System und die parlamentarische Opposition sowie der Bewertung ihrer Leistungen und Folgen für die beteiligten Parteien (SPD und CDU/CSU).
Welche Aspekte der Großen Koalitionen werden verglichen?
Der Vergleich umfasst die Entstehung der Koalitionen, ihre Herausforderungen und Erfolge, die Rolle der parlamentarischen Opposition (inklusive außerparlamentarischer Opposition), die politischen Maßnahmen (z.B. Stabilitätsgesetz, Konzertierte Aktion), die Reaktion der Öffentlichkeit und die langfristigen Auswirkungen auf das deutsche Parteiensystem und die beteiligten Parteien.
Wie wird die Rolle der Opposition behandelt?
Die Arbeit untersucht die Rolle der Opposition sowohl innerhalb als auch außerhalb des Parlaments. Im Kontext der Großen Koalition von 1966-1969 wird die Außerparlamentarische Opposition und die Debatte um die Notstandsgesetze detailliert betrachtet. Die aktuelle Situation wird im Hinblick auf das Konzept des "begrenzten Konflikts" analysiert und die Frage nach dem Ausmaß der effektiven Opposition diskutiert.
Welche konkreten politischen Maßnahmen werden analysiert?
Die Analyse umfasst wichtige politische Maßnahmen wie das Stabilitätsgesetz und die Konzertierte Aktion aus der Großen Koalition von 1966-1969. Die Arbeit bewertet deren Erfolg und langfristige Folgen.
Welche Parteien stehen im Mittelpunkt der Analyse?
Die Arbeit konzentriert sich auf die SPD und die CDU/CSU, da diese Parteien in beiden analysierten Großen Koalitionen maßgeblich beteiligt waren. Die Analyse betrachtet die Perspektiven und die Entwicklung dieser Parteien im Kontext der Großen Koalitionen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in drei Kapitel: Kapitel 1 (Einführung) stellt den Kontext und die Forschungsfrage vor und vergleicht die beiden Koalitionen. Kapitel 2 analysiert die Große Koalition von 1966-1969, einschließlich ihrer Entstehung, Herausforderungen, Erfolge und der Rolle der Opposition. Kapitel 3 untersucht die aktuelle Große Koalition, ihre Entstehung, die Rolle der Opposition, das Konzept des begrenzten Konflikts und die Perspektiven für die beteiligten Parteien.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit zieht Schlussfolgerungen über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Großen Koalitionen, die Auswirkungen auf das politische System und die parlamentarische Opposition, die Leistungen und Folgen der jeweiligen Koalitionen sowie die Perspektiven für die beteiligten Parteien. Es wird ein Fazit über die Entwicklung der Volksparteien in Deutschland gezogen.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für die Arbeit?
Schlüsselbegriffe umfassen: Große Koalition, Bundesrepublik Deutschland, Parteiensystem, Parlamentarische Opposition, Volksparteien, SPD, CDU/CSU, 1966-1969, Koalitionsvertrag, Politisches System, Demokratie, Notstandsgesetze, Konzertierte Aktion, Stabilitätsgesetz, Globalisierung, Terrorismus.
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- Daniel Seiffert (Author), 2006, Die Große Koalition heute im Spiegel der Regierung von 1966-69, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71912