Am 11.August 1919 wurde die erste demokratische Verfassung der deutschen Geschichte unterzeichnet. Sie vertrat verschiedenste politische Gesinnungen und sollte den Verfassungsvätern nach die modernste und freiheitlichste Konstitution ihrer Zeit werden. Auch wenn sie nicht erst nach ihrem offensichtlichen Scheitern mit der Entstehung eines totalitären Deutschland zu einer der umstrittensten Verfassungen wurde, so wäre es doch eine verzerrende Darstellung der realen Entwicklung, die Entstehung der Weimarer Republik allein nach ihrem Ende zu beurteilen. Die Zeit der Weimarer Republik ist geprägt von ökonomischen sowie politischen Krisen und immer währenden Streitigkeiten über das politische System der Republik. Zu leicht wird der Verfassung, als normative Grundlage der Weimarer Republik, die primäre Schuld am Ende der ersten deutschen Demokratie zugeschrieben. Auf welche Weise kann die Verfassung zu ihrem eigenen Ende beigetragen haben und welche Faktoren wirkten außerdem auf die junge Republik ein? Wie sollte es dazu gekommen sein, dass eine Verfassung, welche aus den vermeintlich besten Elementen westlich-demokratischer Vorbilder geschaffen wurde, zur Machtübernahme der Nationalsozialisten und einem totalitären Einparteienstaat führte? Diese Arbeit wird aufzeigen, worin die Besonderheiten dieser Weimarer Verfassung lagen. Sie wird erklären, auf welches Umfeld sie traf und welche politischen Entwicklungen das demokratische Experiment scheitern ließen. Dabei soll weniger die Entwicklung der Grundrechte, welche in den zweiten Teil des Dokumentes einflossen, betrachtet als vielmehr der politische Aufbau und die demokratischen Verfahrensweisen in das Zentrum der Untersuchung gerückt werden Es wird zu diesem Zweck zuerst die Verfassungsnorm dargestellt, um sie anschließend der Verfassungswirklichkeit gegenüber zu stellen. Besondere Aufmerksamkeit kommt hierbei der Frage zu, welche Intentionen die Verfassungsväter leiteten und inwiefern sie in der politischen Realität der Weimarer Republik umgesetzt werden konnten. Anhand der Verfassungswirklichkeit werden schließlich die Schwächen der Verfassungsnorm bewertet werden. Hatten die Deutschen sich eine schlechte Verfassung gegeben oder eine gute Verfassung nicht in die Realität umsetzen können?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Unterscheidung der Norm von der Wirklichkeit
- Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919
- Ein Überblick über ihre Entstehung
- Der Inhalt der Verfassung
- Die Werte der Verfassung
- Die politische Kultur als Fundament des neuen Staates
- Die tönernen Füße der Verfassung
- Von Demokratie und Verfassung bei Carl Schmitt
- Die Verfassungswirklichkeit
- Die inneren Belastung
- Die äußeren Belastung
- Das Ende der demokratischen Verfassung
- Fazit: Der dualistische Geburtsfehler
- Ausblick: Das große Labor der klassischen Moderne
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Weimarer Verfassung, indem sie die verfassungsrechtliche Norm mit der politischen Realität der Weimarer Republik vergleicht. Das Ziel ist es, die Faktoren zu identifizieren, die zum Scheitern der ersten deutschen Demokratie beitrugen, wobei der Fokus weniger auf den Grundrechten als auf dem politischen Aufbau und den demokratischen Verfahren liegt. Die Arbeit beleuchtet die Intentionen der Verfassungsväter und analysiert, inwieweit diese in der politischen Praxis umgesetzt wurden.
- Der Unterschied zwischen Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit
- Der Einfluss der politischen Kultur auf die Umsetzung der Verfassung
- Die inneren und äußeren Belastungen der Weimarer Republik
- Die Rolle der Weimarer Verfassung im Kontext des Aufstiegs des Nationalsozialismus
- Bewertung der Stärken und Schwächen der Weimarer Verfassung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Weimarer Verfassung ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Gründen für das Scheitern der ersten deutschen Demokratie. Sie hebt die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit hervor und benennt wichtige wissenschaftliche Werke zur Weimarer Republik, wie das Standardwerk von Karl Dietrich Bracher. Die Einleitung unterstreicht die Notwendigkeit, sowohl die verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch die politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Zeit zu berücksichtigen, um ein umfassendes Verständnis des Themas zu gewinnen.
1. Die Unterscheidung der Norm von der Wirklichkeit: Dieses Kapitel betont die Notwendigkeit, die Sollens-Ordnung der Verfassungsnorm von der Seins-Ordnung der Verfassungswirklichkeit zu unterscheiden. Es wird argumentiert, dass die unkritische Betrachtung des Verfassungstextes allein nicht ausreicht, um die Geschichte der Weimarer Republik zu verstehen. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der politischen Kultur als einem entscheidenden Faktor, der die Umsetzung der Verfassungsnorm prägt und maßgeblich die Verfassungswirklichkeit beeinflusst. Die politische Kultur wird als komplexes Zusammenspiel von kurzfristigen Meinungen, mittelfristigen Einstellungen und langfristigen Werten beschrieben, welche die Interpretation und Umsetzung der Verfassung maßgeblich beeinflussen.
2. Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Entstehung, den Inhalt und die Werte der Weimarer Verfassung. Es beleuchtet die verschiedenen politischen Strömungen, die in die Ausarbeitung der Verfassung einflossen, insbesondere den Einfluss des linksliberalen Staatsrechtlers Hugo Preuß und westlicher Demokratiemodelle. Der Abschnitt skizziert die zentralen Elemente der Verfassung und ihre ideellen Grundlagen, um einen soliden Hintergrund für die spätere Analyse der Verfassungswirklichkeit zu schaffen. Die Kapitelteile untersuchen detailliert die Entstehung, den Inhalt und die Werte der Verfassung, um das Verständnis für die nachfolgenden Kapitel zu legen.
3. Die politische Kultur als Fundament des neuen Staates: Dieses Kapitel analysiert die politische Kultur als entscheidenden Faktor für das Scheitern der Weimarer Republik. Es untersucht die „tönernen Füße“ der Verfassung, d.h. die Schwächen im Fundament des neuen Staates, und beleuchtet den Einfluss von Denkern wie Carl Schmitt auf das politische Denken der Zeit. Die Analyse fokussiert auf die inkommensurablen Weltbilder und politischen Auffassungen innerhalb der Gesellschaft, die die Umsetzung der demokratischen Prinzipien der Verfassung behindert haben. Die Kapitel unterstreichen, dass die Verfassung allein nicht ausreichte, um eine funktionierende Demokratie zu etablieren.
4. Die Verfassungswirklichkeit: Dieses Kapitel befasst sich mit der tatsächlichen Umsetzung der Weimarer Verfassung und den Belastungen, denen sie ausgesetzt war. Es differenziert zwischen inneren und äußeren Belastungen, analysiert die Herausforderungen, vor denen die junge Republik stand, und untersucht den Prozess, der letztendlich zum Ende der demokratischen Ordnung führte. Die Analyse beinhaltet eine detaillierte Betrachtung der politischen und ökonomischen Krisen, die die Stabilität der Republik untergruben, und wie diese Krisen die Umsetzung der Verfassung beeinflussten und letztlich zum Aufstieg des Nationalsozialismus führten.
Schlüsselwörter
Weimarer Verfassung, Verfassungsnorm, Verfassungswirklichkeit, politische Kultur, Demokratie, Nationalsozialismus, Machtergreifung, Republik, Carl Schmitt, Hugo Preuß, Krisen der Weimarer Republik.
Häufig gestellte Fragen zur Weimarer Verfassung
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Weimarer Verfassung, indem sie die verfassungsrechtliche Norm mit der politischen Realität der Weimarer Republik vergleicht. Das Hauptziel ist es, die Faktoren zu identifizieren, die zum Scheitern der ersten deutschen Demokratie beitrugen, mit einem Fokus auf den politischen Aufbau und die demokratischen Verfahren.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den Unterschied zwischen Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit, den Einfluss der politischen Kultur auf die Umsetzung der Verfassung, die inneren und äußeren Belastungen der Weimarer Republik, die Rolle der Weimarer Verfassung im Kontext des Aufstiegs des Nationalsozialismus und eine Bewertung der Stärken und Schwächen der Weimarer Verfassung. Es werden die Intentionen der Verfassungsväter untersucht und analysiert, inwieweit diese in der politischen Praxis umgesetzt wurden.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Die Unterscheidung der Norm von der Wirklichkeit, Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919, Die politische Kultur als Fundament des neuen Staates, Die Verfassungswirklichkeit, Fazit: Der dualistische Geburtsfehler und Ausblick: Das große Labor der klassischen Moderne. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Analyse der jeweiligen Aspekte.
Wie wird die Unterscheidung zwischen Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit behandelt?
Die Arbeit betont die Notwendigkeit, die Sollens-Ordnung der Verfassungsnorm von der Seins-Ordnung der Verfassungswirklichkeit zu unterscheiden. Sie argumentiert, dass eine unkritische Betrachtung des Verfassungstextes allein nicht ausreicht, um die Geschichte der Weimarer Republik zu verstehen. Die politische Kultur wird als entscheidender Faktor für die Umsetzung der Verfassungsnorm und die Gestaltung der Verfassungswirklichkeit identifiziert.
Welche Rolle spielt die politische Kultur?
Die politische Kultur wird als komplexes Zusammenspiel von Meinungen, Einstellungen und Werten beschrieben, welche die Interpretation und Umsetzung der Verfassung maßgeblich beeinflussen. Die Arbeit analysiert die politische Kultur als entscheidenden Faktor für das Scheitern der Weimarer Republik, unter anderem durch die Betrachtung der „tönernen Füße“ der Verfassung und den Einfluss von Denkern wie Carl Schmitt.
Wie werden die Belastungen der Weimarer Republik analysiert?
Die Arbeit differenziert zwischen inneren und äußeren Belastungen der Weimarer Republik. Sie analysiert die Herausforderungen, vor denen die junge Republik stand, und untersucht den Prozess, der zum Ende der demokratischen Ordnung führte, einschließlich der politischen und ökonomischen Krisen und deren Einfluss auf die Umsetzung der Verfassung und den Aufstieg des Nationalsozialismus.
Wer waren wichtige Persönlichkeiten im Kontext der Weimarer Verfassung?
Die Arbeit erwähnt wichtige Persönlichkeiten wie Hugo Preuß (linksliberaler Staatsrechtler) und Carl Schmitt, deren Ideen und Einflüsse auf die Entstehung und die Wirkungsweise der Weimarer Verfassung untersucht werden.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Weimarer Verfassung, Verfassungsnorm, Verfassungswirklichkeit, politische Kultur, Demokratie, Nationalsozialismus, Machtergreifung, Republik, Carl Schmitt, Hugo Preuß und Krisen der Weimarer Republik.
Welche wissenschaftlichen Werke werden zitiert?
Die Arbeit erwähnt das Standardwerk von Karl Dietrich Bracher als wichtiges wissenschaftliches Werk zur Weimarer Republik.
Was ist das Fazit der Arbeit?
Das Fazit der Arbeit befasst sich mit dem „dualistischen Geburtsfehler“ der Weimarer Verfassung, wobei die Diskrepanz zwischen der verfassungsrechtlichen Norm und der politischen Realität im Mittelpunkt steht. Der Ausblick eröffnet die Perspektive der Weimarer Republik als „großes Labor der klassischen Moderne“.
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- Steve Nowak (Author), 2007, Die Weimarer Verfassung: Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit - Von der Aushöhlung einer gebilligten Verfassung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71905