In dieser Analyse geht es um die Frage, wie es dem Zuschauer gelingen kann, sich in der Story des Films zu orientieren. Der Schwerpunkt liegt also auf der besonderen Plotstruktur von "21 Gramm".
Die stark verschatelte Story stellt den Zuschauer mehr denn je vor die Aufgabe Leerstellen zu füllen und fehlende Informationen zu ergänzen. Erst ganz am Ende können alle Puzzelteile zusammengefügt werden.
Wie ist die Narration des Films aufgebaut, dass eine minimale Orientierung trotzdem möglich ist und so das Interesse des Zuschauers durchgängig erhalten bleibt?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Analyse des Films 21 GRAMM
2.1 Story, Plot und Dramaturgie
2.1.1. Themen und Konflikte
2.1.2 Figurenkonstellation
2.1.3 Die emotionale Aktivität des Zuschauers
2.1.4 Das Verhältnis von Story und Plot - die Narration
2.2 Filmische Verfahren
2.2.1 Montage
2.2.2 Bild-Ton-Beziehungen
2.2.3 Kameraführung
2.2.4. Das filmische Bild und die Mise en Scène
3. Fazit...
4. Literaturverzeichnis..
5. Anhang...
5.1 Szenenanordnung im Plot..
5.2 Szenenanordnung in der Story...
1. Einleitung
Die signifikante Charakteristik von dem Film 21 GRAMM zeigt sich offensichtlich in seiner speziellen dramaturgischen Struktur - die Narration wird dominiert von der achronologischen Anordnung der einzelnen Szenen und Handlungssequenzen. Die daraus folgende hohe Diskontinuität der Zeitstruktur zeichnet den Plot aus und leitet das Interesse und die Aktivität des Zuschauers. Soweit diese Eigenheit des Films augenscheinlich zu sein scheint, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen der so geartete Plot auf die im Kopf des Zuschauers entstehende Geschichte hat, welche Rolle also die Story des Films einnimmt. Ist die Story von großem Interesse oder dient sie lediglich als Träger der artifiziellen Darstellungsweise? Welche filmischen Verfahren machen das Vorgehen des verschachtelten Erzählens überhaupt erst möglich, wo kann der Rezipienten ansetzen, um die Story zu erschließen? Welche Rolle spielt die Reihenfolge der Szenen innerhalb des Films oder handelt es sich vor allem um Willkür? Die folgende Analyse basiert dementsprechend auf der Fragestellung, wie sich die zeitlich
ungeordnete Abfolge der Ereignisse in Verbindung mit den filmischen Gestaltungsmitteln auf den Verständnisprozess und auf die einhergehende Wahrnehmung des narrativen Zusammenhangs, der Story, auswirkt.
Zu diesem Zweck untersuche ich, welche filmischen Gestaltungsmittel welche Wirkungen verursachen, um bestimmte dramaturgischen Ziele zu erreichen. Auf diese Weise lege ich die Erzählstrategien des Films offen. Hierfür erweist sich die Untersuchung bestimmter filmischer Elemente als besonders hilfreich und Erkenntnis fördernd: die Themen der Story, die Beziehung von Dramaturgie und Plot, die Montage, die Bild-Ton-Beziehungen, die Mise en Scène und die Kameraführung.
Ganz konkret soll die Bedeutungsgenerierung und Korrespondenz von Dramaturgie, Erzählstrategien und Montage beschrieben und untersucht werden, um die kennzeichnende Narration von 21GRAMM und ihre Wirkungsweise zu ergründen.
2. Analyse des Films 21 GRAMM
2.1 Story, Plot und Dramaturgie
Wie in der Einleitung erwähnt, ist die auffälligste Eigenschaft des Films 21 GRAMM der formale Aufbau der Narration - der Plot. Auf den ersten Blick tritt dabei die Story in den Hintergrund und läuft Gefahr weniger Beachtung im Gesamtwerk zu finden. Da jedoch „jede filmische Form auch und zuallererst die Gestaltung eines Gegenstandes ist“ (Wulff 1999: 26), stellt sich die Frage welche handlungsleitenden Themen die Story konstituieren und vorantreiben und auf welche Art und Weise mit ihnen umgegangen wird. Jeder Film erzählt von etwas, artikuliert einen Inhalt, dessen narrativer Zusammenhang schließlich in den Köpfen der Zuschauer hergestellt wird. Der zu Grunde liegende Text kann als eigenständig betrachtet werden und bildet den „stofflichen Bezug“ (vgl. Wulff 1999: 26ff.) des Films. Dieser stoffliche Bezug wird nun durch die Mittel des jeweiligen Mediums geformt: In 21 GRAMM findet der Zuschauer keine sukzessiv fortschreitende Geschichte nach dem kausal-logischen Ursachen-Wirkungsprinzip vor, sondern muss sich mit einem stark erschwerten und verzögerten Verständnisprozess auseinandersetzen, der durch die dramaturgische Struktur und ihre Montage bedingt ist.
2.1.1 Themen und Konflikte
Als Schlüssel zum Verständnis der Geschichte können die handlungsleitenden Themen begriffen werden. Sie bieten als übergreifende und philosophische Grundfragen des Films Orientierung und können leicht in den einzelnen Szenen erkannt werden. In 21 GRAMM werden die erschreckende Nähe zwischen Leben und Tod, die Geburt, das unbarmherzige, aber unausweichliche Schicksal, der Glaube, die menschliche Seele und die Hoffnungslosigkeit thematisiert. Die damit verbundenen Emotionen und Leiden der drei Protagonisten und ihre Reaktionen auf das aus den Fugen geratene Leben in Konfrontation von Liebe, Rache und Buße werden verhandelt. Schließlich gibt der Titel des Films Aufschluss über die Thematisierung und verweist noch einmal auf die Ausrichtung des Inhalts: 21 Gramm sind das Gewicht, was ein Mensch verliert „genau in dem Moment, in dem der Tod eintritt“ (Paul in 21 GRAMM). So viel könnte die Seele eines Menschen wiegen, die nach religiösem Glauben den toten Körper verlässt. Der Titel des Films benennt vor allem eine Grenze zwischen Leben und Tod und dient der Figur Paul die philosophischen
Sinnfragen nach dem menschlichen Leben, dem Sterben und dem, was danach mit uns und unserer Seele passieren wird zu stellen.
Leid und Glück, Tod und Leben lösen sich unwiderruflich ab und letztendlich wird jeder, ob religiöser Fanatiker, Mutter oder Professor, gleich von der Härte des Lebens getroffen. Keiner scheint den richtigen Lebensweg zu gehen, denn es scheint keinen richtigen zu geben. Für die Hauptfiguren gibt es kein Entkommen aus der Opferrolle. Die Textperspektive (vgl. Borstnar/Pabst/Wulff 2002: 166f.) ist eindeutig: Es gibt keine Wahl geschweige denn Schonung; die Ereignisse prallen ungebremst, unabwendbar, ohne Vorwarnung und für uns begreiflichen Plan aufeinander.
So tragisch diese Themen sind, so oft werden sie auch in Filmen behandelt. Trotzdem scheint es, dass 21 GRAMM den Zuschauer erreicht, denn zu brutal wird einem die Nähe von Tod, Leben und die Unausweichlichkeit des Schicksals vor Augen geführt. Paul trägt Michaels Herz in sich und Cristina sucht Schutz an dieser Brust, die das Herz ihres toten Mannes birgt. Die Frage, ob sich Cristina und Paul lieben oder ob sie durch das Leid, die Dankbarkeit und vor allem durch Michaels Herz verbunden sind, lässt sich nicht klären. Und genauso wenig wie Pauls Identitätssuche ein Ziel haben kann, kann die Frage, ob sein neues Herz ihm eine neue Seele verleiht Beantwortung finden. Pauls Leben und Michaels Tod sind zwei verschiedene Seiten des gleichen Ereignisses. Durch Tod beginnt neues Leben und altes wird beendet: Paul bringt Jack, dem er indirekt sein Leben verdankt, fast um und Cristina ist schwanger, birgt wieder ein neues Leben in sich, welches ohne den Tod ihres Mannes nicht möglich wäre. Die Frage nach der Schuld am Tod von Cristinas Familie und nach der Rache am Täter scheint, je mehr die Zusammenhänge der Handlung deutlich werden, paradox - jeder der drei Protagonisten ist nur ein Opfer des Schicksals, wobei die Gründe und Ursachen des Verlaufs unauffindbar sind. Weder die Flucht in Drogen noch in religiösen Fanatismus kann etwas bewenden oder das Leben auf Dauer erträglicher machen. Dem Leid ausgeliefert kämpfen die Figuren in 21 GRAMM gegen Ängste, Emotionen und Hoffnungslosigkeit. Das Leben bar jeder geregelten Ordnung und jedes Optimismus liegt in diesem Film offen vor dem Rezipienten.
Trotz der Tragik zeichnet sich für alle Drei am Ende des Films noch ein etwas zuversichtlicherer Weg ab: Cristina könnte dank ihres neuen Kindes den Schmerz des Verlustes verarbeiten, Paul ist durch den Tod von den Zwiespälten seiner Existenz befreit und Jack kehrt zu seiner Familie zurück.
2.1.2 Figurenkonstellation
Nicht einmal unter den Nebenfigur ist ein Charakter angelegt, der als Gewinner im Leben gelten kann. Am Ende verlieren alle: Mary ihren Traum von einer Familie, Michael und Paul ihr Leben, Jack sein Vertrauen in Jesus und Cristina ihre Familie und Paul. So können die drei Protagonisten, um die sich die Narration formiert, in keiner Weise als Helden bezeichnet werden.
Ihre sozialen Rollen lassen sich in ganz unterschiedlich gesellschaftliche Bereiche einordnen: der einst kleinkriminelle Jack, der sein Leben durch den fanatischen Glauben an Jesus in den Griff bekommen will, die ehemals drogenabhängige Cristina, die ihre Familie über alles liebt und der Mathematikprofessor Paul, der auf ein Herzimplantat wartet. Allen Dreien ist gemein, dass sie mit gewaltigen Rückschlägen im Leben zu kämpfen haben und immer von Neuem großes Leid ertragen müssen. Durch den folgenreichen Unfall sind sie unwiderruflich in ihrem Leid direkt miteinander verbunden. Zwar sind sie aktiv Handelnde, die sich versuchen zu wehren und richtig zu verhalten, dennoch werden sie vom Leben zu passiv Erleidenden degradiert (vgl. Hickethier 2001: 129). Dabei werden sie sympathisch, menschlich und vor allem bemitleidenswert dargestellt.
Die Bedeutung von Jack, Cristina und Paul innerhalb des Films ist gleich gewichtet, so dass möglichst viele Zuschauer mindestens einen von ihnen als Projektionsfläche erkennen: An ihnen wird exemplifiziert, wie gnadenlos und unabänderlich das Leben verläuft, dass jeder dem Schicksal ausgeliefert ist und es vor niemanden Halt macht, egal, wer er ist, noch wie er lebt. Die Figuren dienen der Narration als Handlungsträger und unterstützten ihre Allgemeingültigkeit durch ihre Tendenz zur Eindimensionalität: Eine Charakterisierung erfolgt nur oberflächlich und keiner entwickelt im Laufe des Films neue Eigenschaften oder wandelt sich in seinen Erkenntnissen. Für solche Auseinandersetzungen oder näherer Einblicke in zwischenmenschliche Beziehungen bleibt in der erzählten Zeit kaum Raum, da der Kampf ums Überleben, um Rache und gegen Gefühle die Szenen in Anspruch nimmt, so dass die Figuren statisch und im Charakter auf ihren Umgang mit den Schicksalsschlägen beschränkt bleiben. Der komplexe Plot würde sonst die Konzentration zu sehr auf die Figurenzeichnung verschieben und das Erschließen der kompletten Story erschweren oder in der selben erzählten Zeit sogar unmöglich machen. So stehen allgemein leidende Menschen im Zentrum und der Fokus gilt der Message des Films als grundsätzlicher, philosophischer Diskurs über das Leben.
2.1.3 Die emotionale Aktivität des Zuschauers
Da Story und Plot erst zusammen die Narration konstituieren, sind sie innerhalb eines Films untrennbar miteinander verwoben und bilden eine geschlossene Form, in der Bedeutung entstehen kann. Um die Wechselbeziehungen in diesem kohärenten System genauer zu betrachten, beziehe ich die Erkenntnisse über die Vielschichtigkeit des Inhalts und die Tragweite der Themen auf den Plot und das Vorgehen der Dramaturgie. Die Dramaturgie organisiert die Geschichte mit Hilfe der Montage achronologisch, was zur Folge hat, dass die zeitliche Gestaltung nicht mehr der realen Zeitwahrnehmung des Rezipienten entspricht. Zeit und Kausalität spielen keine Rolle mehr. Die Kette der Erfahrungen, die man als Zuschauer durch diese Verrätselung durchlaufen muss, ist gekennzeichnet durch erhöhte Anspannung und Unsicherheit, welche versucht werden mittels eines bewussten Prozesses der Bedeutungsgenerierung zu kompensieren. Drei Phasen des Erlebens, innerhalb derer der Zuschauer versucht sich die Story zu erschließen, können im Verlauf des Films ausgemacht werden. Die ersten fünfzehn Minuten des Films werden als Irritation und Desorientierung erlebt. Einzelne Szenen, die durch keine offensichtlichen filmischen Verfahren oder inhaltliche Hinweise in einen Zusammenhang gesetzt werden können, prallen aufeinander. Spätestens nach Szene sieben, nach fünf Minuten, wenn Cristina im Bad kokst, erwartet der Zuschauer erste Einblicke in die Beziehungen der Personen, stattdessen wird die Verwirrung durch die Etablierung von Mary, einer weiteren, scheinbar unabhängigen Person, noch erhöht. Es werden fünf verschiedene Figuren - Cristina, Jack, Paul, Michael, Mary - in voneinander unanhängigen Situationen eingeführt und erst in Szene vierzehn, ab elf Minuten, ist es möglich zwei Personen in Beziehung zu setzen: Paul und Mary können als Paar identifiziert werden. Die Annahme, dass alle Szenen für den weiteren Verlauf des Geschehens eine Bedeutung haben, führt zu dem Drang möglichst viele Informationen auf allen Ebenen (Bild, Ton, Montage) aus den einzelnen Szenen herauszulesen und zu verarbeiten. Die Leerstellen, die durch die extreme Verschachtelung der Erzählung erfolgen, können jedoch kaum gefüllt werden, wodurch die Konzentration und die Anstrengung des Rezipienten enorm erhöht wird und zu einer beständigen Anspannung führt. Nach dieser Phase der absoluten Verwirrung durch die hohe Menge an zusammenhangslosen Informationen erfolgt eine langsame Orientierung. Ab Szene 21, nach achtzehn Minuten, wenn Jack während des Essens von seiner Kündigung berichtet, sind allmählich Szenen zu sehen, in denen der Zuschauer die Fortführung vorangegangener Handlungsstränge entdeckt1,und wodurch die Figuren und ihre Handlungen erstmals in einen größeren Zusammenhang gebracht werden können. In Szene 30, nach 28 Minuten, wird ein wichtiger Plotpoint gesetzt: Jack erzählt Marianne von dem Unfall und dem Zuschauer wird schlagartig klar, dass Jack Cristinas Familie überfahren hat. An dieser Stelle offenbart sich der Angelpunkt der Handlung. In Szene 37 und 38, nach 34 Minuten, klärt sich auch der erste Zusammenhang zwischen Cristina und Paul: Die direkte chronologische und kausale Verbindung von Cristinas Konfrontation mit der Möglichkeit einer Organspende findet in der nächsten Szene durch Pauls Vorbereitung auf die Transplantation Beantwortung. Als Prinzip des Films wird der achronologische Ablauf ersichtlich, da einerseits Handlungseinheiten und - zusammenhänge verständlich werden, anderseits einzelne Szenen, wie der blutende Paul im Auto mit Cristina und Jack noch nicht einzuordnen sind. Die Vermutung, dass hier Rückblicke oder Vorgriffe eingeflochten sind, liegt nah. Da aber in diesem Moment noch gar keine Erkenntnisse über die Verhältnisse zwischen den „störenden“ Szenen und der bis zu diesem Zeitpunkt rekonstruierten Story besteht, verharrt der Rezipient weiter in einer Art Spannung, in der man den aktuellen Zustand ständig durch eine unerwartete Entwicklung bedroht sieht. Die Frage nach den wesentlichen Geschehnissen verschiebt sich langsam auf die Frage nach den Ursachen und ihren Ausgangspunkten.
Der Beginn der nächsten und letzten Phase, ab 48 Minuten, ist durch einen Plotpoint gekennzeichnet. Dem Zuschauer wird durch Pauls Treffen mit dem Detektiv, der ihm Informationen über Michael und Cristina liefert, vollständig klar, wie sich Paul in Bezug zu Cristina einordnen lässt und kann die vorangegangenen Szenen in den Kontext einfügen: Paul möchte die Frau kennen lernen, von deren Mann er sein neues Herz bekommen hat. Ab jetzt hat sich dem Zuschauer die Story so weit erschlossen, dass nicht mehr die Frage nach der Kausalität der einzelnen Szenen und Sequenzen dominiert, sondern sich die Gedanken auf die Finalsituation konzentrieren können. Es fehlen nur noch einzelne Steine im Mosaik der Story, um die Ereignisse vollständig nachvollziehen zu können. Die Frage nach dem zugrunde liegenden Sinn der Handlung drängt nun immer mehr in den Vordergrund und lässt eine intensive Anteilnahme an dem Leid der Protagonisten aufkommen.
Ab Szene 82, ab 93 Minuten, werden mehrere schon bekannte Szenenteile eingeflochten, die durch die neue Anordnung einen (anderen) Sinnzusammenhang bekommen: Jack geht an den Motelzimmern vorbei - er ist auf der Suche nach Paul, Cristina nimmt im Bad Kokain - sie befindet sich mit Paul in einem Motel auf Rachefeldzug. Die Szenen können durch ihre exakte Wiedergabe eindeutig identifiziert und neu eingeordnet werden2. Es zeigt sich nun, dass der Anfang schon das Ende enthält: Die erste Szene des Films, in der Paul im Bett auf die nackte Cristina schaut, wird in Szene 82 mit vorangegangenen Einstellungen gezeigt. Pauls Monolog im Krankenhaus ist schon in der sechsten Szene zu hören, wird aber erst am Schluss des Films, in Szene 92, beendet. Trotz bruchstückhaften Vorgehen schließen sich letztendlich alle Leerstellen zu einer vollständigen Geschichte und für den Zuschauer bleiben (begünstigt durch die Wiederholung der Einstellungen) zur Story keine Fragen mehr offen - die Fragen nach dem Leben, dem Tod, der Schuld und dem Schicksal können umso ungehinderter ins Bewusstsein drängen.
2.1.4 Das Verhältnis von Story und Plot - die Narration
Der vorliegende Plot zeigt eine Möglichkeit die Mittel des Mediums Film in Bezug auf diese tiefgründigen Themen zu nutzen. Die Dramaturgie sorgt für eine enorme Anspannung des Rezipienten: Das Spiel mit dem Wissen, den Erwartungen und den Emotionen bewirkt in 21 GRAMM eine besonders intensive Teilnahme des Zuschauers. Er muss mit erhöhter Aufmerksamkeit nach Hinweisen für die Rekonstruktion der Story suchen: neue Szenen vor schon gezeigte einordnen, Szenen als Vor- oder Rückgriffe in der Geschichte erkennen, schließlich Bedeutungen und Wissen durch neue Szenen wieder in Frage gestellt sehen und Vermutungen revidieren.
Diese Vorgehen des Films löst eine zusätzliche Dramatisierung des Inhalts aus. Die in der Story enthaltenen Reaktionen und Emotionen der Protagonisten, deren Darstellung den größten Teil des Films einnimmt3, werden durch die Anordnung im Plot stark hervorgehoben. Da die Ursache oft erst nach der Wirkung gezeigt wird bzw. die Ursache als solche noch nicht ersichtlich ist, können die Gefühle im Verlauf der einzelnen Szenen nur für sich betrachtet werden. Emotionen wie Unsicherheit und Bedrohung sind beim Rezipienten die Folge, da in übermäßigem Maß Befürchtungen über den weiteren Verlauf oder die Gründe des Geschehens in die zahlreichen Leerstellen hineininterpretiert werden können. Die semantische Reduktion durch fehlende Informationen führt also zu einer Pluralisierung des Bedeutungsangebotes, welches den Zuschauer durch seine Ungewissheit verunsichert.
[...]
1z.B. Szene 23: Marys Bericht von ihrem Frauenarztbesuch, Szene 26: Cristina kommt vom Schwimmen nach Hause
2Anders bei Tarantinos PULP FICTION oder JACKIE BROWN, wo Szenen aus verschiedenen Perspektiven gezeigt werden, um die Wahrnehmung vor verschiedenen Beteiligten darzustellen.
3z.B. Cristinas hört mehrmals ihre Mailbox ab, sie geht ins Zimmer ihrer Töchter oder sucht die Orte des Unfalltages auf, Jack betend oder trinkend, Pauls Monolog, seine Annährung an Cristina oder vor dem Motel mit der Pistole usf.
- Arbeit zitieren
- Jennifer Ahl (Autor:in), 2005, Eine Analyse der narrativen Struktur in Alejandro González Iñárritus Film 21 Gramm, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71895
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