Die Europäische Zentralbank betreibt einen großen Aufwand, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Wöchentliche Statements, ein monatliches Bulletin, den Jahresbericht und zusätzlich gelegentliche Berichte, Ansprachen und Arbeitspapiere zeigen, wie wichtig der EZB die externe Kommunikation ist. Doch gleichzeitig findet sie sich immer wieder der Kritik der Politik oder von bestimmten Interessenvertretungen ausgesetzt, beispielsweise weil bestimmte geldpolitische Entscheidungen für falsch gehalten oder nicht verstanden werden. Mit zunehmender Bedeutung der Finanzmärkte nimmt die Zahl so genannter EZB-Watcher zu; Personen, die versuchen, für die unterschiedlichsten Institutionen die Schritte der EZB zu prognostizieren. Ferner verfolgen die Medien die Aktivitäten der EZB genauestens und berichten akribisch über die makroökonomischen Hintergründe. Die Geldpolitik ist für den Euroraum sehr bedeutsam. Selbst kleine Zinsschritte haben auf die Arbeits-, Güter- und Finanzmärkte und die Konjunktur große Auswirkungen. Einem Artikel der Wochenzeitung „Die Zeit“ war im Zusammenhang mit dem Abgang von EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing zu entnehmen, dass es mit den „(...) neu berechneten Inflationsprognosen (...)“ Veränderungen geben wird, „(...) die einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Transparenz der europäischen Geldpolitik bedeuten.“1Wie ist das zu verstehen? Verschleiert oder verheimlicht die EZB etwa Dinge in ihrer Geldpolitik?
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlegung
2.1 Problemstellung
2.2 Gang der Untersuchung
3. Begriffsklärung und Bereiche der Transparenz
3.1 Geldpolitische Strategie
3.2 Instrumente
3.3 Makroökonomische Daten
3.4 Ökonomische Modelle
3.5 Abstimmungsverhalten der Mitglieder des EZB-Rates
4. Transparenz als Element von Zentralbankunabhängigkeit und demokratischer Legitimation
4.1 Ex-post Rechenschaftspflicht
4.2 Ex-ante Rechenschaftspflicht
5. Ruf und Glaubwürdigkeit der EZB
6. Erwartungen der Marktteilnehmer
7. Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Europäische Zentralbank betreibt einen großen Aufwand, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Wöchentliche Statements, ein monatliches Bulletin, den Jahresbericht und zusätzlich gelegentliche Berichte, Ansprachen und Arbeitspapiere zeigen, wie wichtig der EZB die externe Kommunikation ist. Doch gleichzeitig findet sie sich immer wieder der Kritik der Politik oder von bestimmten Interessenvertretungen ausgesetzt, beispielsweise weil bestimmte geldpolitische Entscheidungen für falsch gehalten oder nicht verstanden werden. Mit zunehmender Bedeutung der Finanzmärkte nimmt die Zahl so genannter EZB-Watcher zu; Personen, die versuchen, für die unterschiedlichsten Institutionen die Schritte der EZB zu prognostizieren. Ferner verfolgen die Medien die Aktivitäten der EZB genauestens und berichten akribisch über die makroökonomischen Hintergründe. Die Geldpolitik ist für den Euroraum sehr bedeutsam. Selbst kleine Zinsschritte haben auf die Arbeits-, Güter- und Finanzmärkte und die Konjunktur große Auswirkungen. Einem Artikel der Wochenzeitung „Die Zeit“ war im Zusammenhang mit dem Abgang von EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing zu entnehmen, dass es mit den „(...) neu berechneten Inflationsprognosen (...)“ Veränderungen geben wird, „(...) die einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Transparenz der europäischen Geldpolitik bedeuten.“[1] Wie ist das zu verstehen? Verschleiert oder verheimlicht die EZB etwa Dinge in ihrer Geldpolitik?
2. Grundlegung
2.1 Problemstellung
Diese Arbeit möchte untersuchen, ob die EZB den Grad und die Qualität an Transparenz für ihre Geldpolitik zum Gelingen dieser optimiert hat. Im Vorfeld erscheint diese Annahme besonders in Hinblick auf die für Prognosen verwendeten ökonomischen Modelle und die Geheimhaltung von Abstimmungen des EZB-Rates zweifelhaft. Inwiefern ist es also sinnvoll, bestimmte Dinge zu veröffentlichen, andere jedoch nicht, damit die Geldpolitik erfolgreich ist?
2.2 Gang der Untersuchung
Zunächst soll der Begriff der Transparenz definiert und von anderen Begriffen abgegrenzt werden (3.). Anschließend soll erkundet werden, in welchen Bereichen Transparenz Anwendung finden kann und wie die EZB diese Bereiche mit Transparenz ausfüllt (3.1 bis 3.5). Danach wird herausgearbeitet, warum Transparenz für die demokratische Legitimation und die Unabhängigkeit der EZB notwendig ist (4.) und wie Transparenz und Glaubwürdigkeit (5.) zusammenhängen und warum letztere wichtig ist. Schließlich soll geprüft werden, wie Erwartungen der Marktteilnehmer mittels Transparenz beeinflusst werden können und wie diese auf die Geldpolitik wirken (6.).
3. Begriffsklärung und Bereiche von Transparenz
Oftmals wird der Begriff Transparenz in der Öffentlichkeit oberflächlich oder als Schlagwort benutzt. Politische Forderungen nach einem Maximum an Transparenz beispielsweise beziehen sich deshalb häufig auf quantitative Dimensionen. An dieser Stelle soll jedoch eine Abgrenzung davon vorgenommen werden, indem Transparenz für die Zwecke dieser Arbeit definiert wird. Zunächst muss im Sinne einer Prinzipal-Agenten-Beziehung von einer Informationsasymmetrie zwischen der EZB, als Agenten, und der Öffentlichkeit, als Prinzipal, ausgegangen werden. Vollkommene Transparenz würde in dieser Hinsicht symmetrische Information, aber auch gleiche Unsicherheiten für die Beteiligten bedeuten.[2] Da es zwischen dem Sender und dem Empfänger von Informationen Unterschiede hinsichtlich der Sprache und dem Verständnis gibt, kommt der Kommunikation eine besondere Rolle zu, hauptsächlich vor dem Hintergrund der verschiedenen Kulturen und Sprachen innerhalb der EU. Unter Berücksichtigung solcher kognitiven Limitationen müssen im Sinne einer transparenten Kommunikationspolitik Klarheit, Ehrlichkeit, Effizienz und Effektivität mitunter gegeneinander abgewogen werden. Vielmehr als Quantitäten sind also Qualitäten von Informationen entscheidend. Die Transparenz kann zum einen auf die Märkte gerichtet sein, was für die Geldpolitik primär wichtig ist, zum anderen auf das EU-Parlament als demokratische Kontrollinstanz. Die Literatur unterteilt Transparenz in politische, ökonomische, prozedurale, strategische und operationale Ebenen.[3] Im Folgenden soll eine abweichende Unterteilung vorgenommen werden, da dies für die Lösung der Problemstellung günstiger erscheint. Zunächst soll die geldpolitische Strategie der EZB (3.1), danach ihre Instrumente (3.2), die Verwendung von makroökonomischen Daten (3.3), die verwendeten ökonomischen Modelle (3.4) und schließlich Abstimmungen des EZB-Rates (3.5) auf Transparenz hin untersucht werden.
3.1 Geldpolitische Strategie
Unter einer geldpolitischen Strategie ist ein Handlungs- und Denkrahmen zu verstehen, mit dem die Ziele der Geldpolitik erreicht werden sollen. Die EZB hat ihre Strategie veröffentlicht. Darin ist als Zieldefinition die Preisstabilität vorgegeben. Demnach soll die Inflationsrate mittelfristig unter, aber nahe 2 %, gemessen am HVPI, liegen.[4] Zur Erreichung dieses Ziels dient das Zwei-Säulen-Konzept als analytischer Rahmen. Die erste, eher kurz- und mittelfristig orientierte Säule nimmt die wirtschaftliche Analyse vor. Sie wird deshalb auch Inflationssäule genannt. Hier werden Inflations- und Konjunkturindikatoren, also realwirtschaftliche Größen, wie Konsumenten-, Produzenten-, Rohstoff- und Finanzmarktpreise oder Arbeitsmarktindikatoren verwendet. Beurteilungen im Rahmen der ersten Säule dienen vornehmlich der Beobachtung von kurzfristigen Schwankungen, beispielsweise durch Angebots- und Nachfrageschocks. Die verwendeten Analyseinstrumente sind jedoch nicht von der EZB endgültig festgelegt und können sich bei Bedarf ändern.[5] In der zweiten Säule findet die mittel- und langfristig ausgerichtete monetäre Analyse statt. Den Referenzwert bildet die Wachstumsrate des Geldmengenaggregats M3. Die neoklassische Quantitätstheorie des Geldes bildet die Grundlage dieser Analyse.[6]
Die Formulierung des Inflationsziels von unter, aber nahe 2% ist unpräzise. Ebenso ist die Dauer des mittelfristigen Horizonts nicht spezifiziert.[7] Eine genauere Vorgabe würde zwar einen Flexibilitätsverlust bedeuten, aber den Märkten mehr Sicherheit geben. Das von der EZB entwickelte Zwei-Säulen-Konzept unterscheidet sich von den geldpolitischen Strategien anderer Zentralbanken. Die Zentralbanken von England, Finnland, Neuseeland oder Schweden bedienen sich beispielsweise der Inflationssteuerung, was ansatzweise der ersten Säule entspricht. Dagegen wurde früher von der Deutschen Bundesbank eine Geldmengensteuerung verwendet, was wiederum ansatzweise der zweiten Säule entspricht. Die Vermischung der beiden Strategien zu einem Konzept kann in der Öffentlichkeit zu Verwirrung oder Unverständnis führen. Diese Situation der Undurchsichtigkeit kann, wenn überhaupt, durch die EZB nur mittels erhöhter Erklärungsarbeit im Rahmen der Kommunikation mit der Öffentlichkeit verbessert werden. Darüber hinaus ist unklar, wie die EZB handelt, wenn beide Säulen in der Analyse sich widersprechende Ergebnisse zeigen.[8] Es stellt sich die Frage, nach welchen Regeln die EZB ihre Entscheidungen tatsächlich trifft. Ein Vergleich des EONIA mit dem Niveau der Taylor-Regel vom Zeitpunkt der Amtsaufnahme bis Anfang 2003 zeigt große Übereinstimmungen.[9] Zumindest kann darüber spekuliert werden, ob sich die EZB neben ihrer eigentlichen Strategie aus pragmatischen Motiven nach der Taylor-Regel richtet.
[...]
[1] R. von Heusinger (2006)
[2] Vgl. P. Geraats (2005), S. 2; Der Begriff vollkommene Transparenz wird auch als eine Voraussetzung für den vollkommenen Markt in der Neoklassik verwendet.
[3] Vgl. P. Geraats (2001), S. 8; Vgl. J. De Haan et al. (2005), S. 86-92
[4] Vgl. EZB (2003), S. 79
[5] Vgl. K. Junius et al. (2002), S. 161
[6] Vgl. P. Bofinger (2001), S. 250; Die Quantitätsgleichung lässt sich in Veränderungsraten und nach umgestellt als darstellen. Auf die EZB bezogen ergibt sich unter Verwendung der normativen Inflationsrate, der erwarteten Veränderung der Geldumlaufgeschwindigkeit und der potenziellen Wachstumsrate folgende Gleichung:
[7] Vgl. J. de Haan et al. (2005), S. 36-38
[8] Vgl. P. Bofinger (2001), S. 305
[9] Vgl. S. Sauer und J. Sturm (2003), S. 6; Beim EONIA handelt es sich um den durchschnittlichen, umsatzgewichteten Tagesgeldzinssatz für den Euro, der für unbesicherte Übernachtkontrakte verlangt wird. Die von John Taylor vorgeschlagene Regel soll es Zentralbanken erleichtern, ihr Inflationsziel zu erreichen. Kern dieser Regel sind Abweichungen der Inflationsrate vom Inflationsziel und der tatsächlichen von der natürlichen Arbeitslosenquote.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2007, Transparenz als funktionales Element der Geldpolitik der EZB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71793
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