In seiner "Ars amatoria" verband der römische Dichter Publius Ovidius Naso (43 v. Chr.-17/18 n. Chr.) die traditionellen Elemente der römischen Liebeselegie und des Lehrgedichtes zu etwas völlig Neuem, einem „Erotodidaktikon“, dem ersten umfassenden Flirt-, Sex- und Beziehungsratgeber der Welt. Ovid behandelt sämtliche Stadien, vom Flirt bis zur Aufrechterhaltung der Beziehung, und geht auf alle potenziell dabei auftretenden Probleme ein. Dabei beschreibt er ironisierend und bemerkenswert genau beobachtend die psychologischen Mechanismen von Balzverhalten, Liebe und Beziehung und geht auf psychische Besonderheiten von Frauen und Männern ein.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Strukturen der in der Ars propagierten Beziehungen zu untersuchen. Einen Schwerpunkt bildet dabei die psychologische Betrachtungsweise.
Zuerst wird eine Bestimmung der Interpretationsmöglichkeiten und Handlungsfelder der Ars Amatoria versucht. An die Betrachtung der Beziehungsstrukturen schließt sich die Analyse des damit zusammenhängenden Frauenbildes der Ars Amatoria an, das sich durch Pessimismus und Ironie im Dienste der Desillusionierung liebestoller Jünglinge auszeichnet, diese gleichzeitig jedoch durch konkrete Charakterisierungen des „schwachen Geschlechts“ und lebensnahe Tips zu besseren „Frauenverstehern“ im Interesse einer für beide Seiten befriedigenden Beziehung machen möchte.
Hinsichtlich der in der Ars Amatoria propagierten Beziehungsform erweist es sich, dass Ovid Anleitung gibt zum Führen einer möglichst konfliktfreien, auf oberflächlicher Rücksicht (Verheimlichen von Fremdgehen, Vermeidung von Kränkungen) basierenden, lockeren Beziehung. Ovid wendet sich zum einen gegen die von ihm als emotionslos dargestellte Ehe, nimmt jedoch auch eine objektivierende und ironisierende Position gegenüber den Tradition der Liebeselegien ein, die selbstzerstörerische Liebe und Treue besangen. Furor wird durch ratio ersetzt, Ovid will einen gezähmten Amor, die Leidenschaft soll immer kontrolliert bleiben und wird teilweise zur theatralischen Pose, zur reinen Geste.
Die Tipps der ars amatoria erfüllen eine dreifache Funktion: sie sind zum einen für den Verführer und zugleich als Warnung für die zu Verführenden anwendbar, stellen jedoch andererseits auch eine Hilfe für Probleme in einer „echten“ Liebesbeziehung dar.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung.
- 1. Grundsätzliches zum Verständnis der Ars Amatoria
- 1.1 Interpretationsebenen...
- 1.2 Handlungsfelder........
- 2. Beziehungsstrukturen in der Ars...
- 2.1 Die Liebe - ein strategisches Spiel?.
- 2.2 Furor vs. ratio - elegische und „rationale“ Liebe im Vergleich.........
- 2.3 Ovid als Psychologe..........\li>
- 2.4 Amor Ars für alle? Anwendbarkeit des ovidischen Ansatzes..\li>
- 3. Das Frauenbild der Ars Amatoria.....
- 3.1 Einstellung gegenüber Frauen…………..\li>
- 3.2 Frauen Objekte oder Partnerinnen?.
- 3.3 Sexualität der Frau...\li>
- 3.4 Cui bono? Das dritte Buch der Ars............
- 4. Fazit..
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Strukturen der in Ovids Ars Amatoria propagierten Beziehungen, mit einem Schwerpunkt auf der psychologischen Betrachtungsweise. Die Arbeit beleuchtet die vielschichtigen Interpretationsmöglichkeiten und Handlungsfelder des Werkes, um die Beziehungsstrukturen in der Ars Amatoria besser zu verstehen. Die Analyse umfasst die Betrachtung des Frauenbildes und seiner Relevanz für die Beziehungsstrukturen.
- Interpretationsebenen der Ars Amatoria: Ironie, Parodie oder ernstgemeinte Liebeslehre?
- Psychologische Aspekte von Liebe und Beziehung in der Ars Amatoria.
- Beziehungsstrukturen in der Ars Amatoria: Strategien und Spielregeln.
- Das Frauenbild in der Ars Amatoria: Objekt oder Partnerin?
- Die Rolle der Sexualität im Kontext der Beziehungen in der Ars Amatoria.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Sie stellt Ovids Ars Amatoria als ein „Erotodidaktikon“ vor, das verschiedene Aspekte von Liebe, Flirt und Beziehung behandelt. Kapitel 1 analysiert die Interpretationsebenen des Werkes, um die Bedeutung der dargestellten Beziehungsstrukturen besser zu verstehen. Hier werden verschiedene Ansätze zur Interpretation der Ars Amatoria vorgestellt, die zwischen Ironie, Parodie und ernstgemeinten Ratschlägen schwanken. Kapitel 2 analysiert die Beziehungsstrukturen in der Ars Amatoria, wobei die psychologische Betrachtungsweise im Vordergrund steht. Es wird die Rolle von Strategien und Spielregeln in der Liebe sowie die Unterscheidung zwischen „elegischer“ und „rationaler“ Liebe beleuchtet. Kapitel 3 befasst sich mit dem Frauenbild der Ars Amatoria und analysiert die Darstellung der Frau als Objekt oder Partnerin. Die Sexualität der Frau und ihre Rolle in der Beziehung werden ebenfalls thematisiert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Fokusthemen der Arbeit sind Ovid, Ars Amatoria, Liebeskunst, Beziehungsstrukturen, Geschlechterrollen, Frauenbild, Psychologie, Interpretationsebenen, Ironie, Parodie, Liebeselegie, Didaktik, strategisches Spiel, Furor, ratio, Sexualität, Beziehungsgestaltung.
- Quote paper
- M.A. Marion Näser (Author), 2002, Beziehungen und Geschlechterrollen in Ovids "Ars Amatoria", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7152