Seit Beginn der 1990er Jahre ist bei den Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ein kontinuierlicher Rückgang der Mitgliederzahlen zu beobachten. Von ehemals 11.800.412 im Jahr 1991 fiel die Zahl der Mitglieder auf 6.585.774 im Jahr 2006, Tendenz weiter fallend. Zu diesem dramatischen Mitgliederschwund kommt eine Schieflage in der Struktur der Gewerkschaftsmitglieder hinzu: "Während der Anteil der Arbeiter auf dem Arbeitsmarkt nur noch 37 Prozent beträgt, liegt er bei den Gewerkschaftsmitgliedern bei 64 Prozent. Bei den Angestellten ist das Verhältnis mit 57 zu 27 Prozent genau umgekehrt", legt Wolfgang Schroeder, Ressortleiter bei der IG Metall dar.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, festzustellen welche Herausforderungen sich den Gewerkschaften stellen, was die Ursachen für den Mitgliederschwund und die mangelnde Repräsentanz der Mitgliederstruktur der Gewerkschaften sind.
Die Arbeit gliedert sich dabei in einen ökonomisch-politischen und einen soziologischen Teil. Der ökonomisch-politische Teil behandelt die Herausforderungen, die sich durch die deutsche Wieder-vereinigung, den europäischen Einigungsprozess und die Globalisierung ergeben. Der sozioligische Teil beschäftigt sich mit den gesellschaftlichen Entwicklungen Individualisierung, Entgrenzung von Arbeit und dem "Arbeitskraftunternehmer".
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ökonomisch-politische Herausforderungen für die Gewerkschaften
2.1 Die deutsche Wiedervereinigung
2.2 Der europäische Einigungsprozess
2.3 Die Globalisierung und die Dritte Industrielle Revolution durch EDV
2.4 Internationale Gewerkschaften
2.5 Zwischenresümee
3. Soziologische Herausforderungen für die Gewerkschaften
3.1 Individualisierung
3.2 Entgrenzung von Arbeit und der Arbeitskraftunternehmer
4. Fazit
5. Quellennachweis
5.1 Literaturverzeichnis
5.2 Onlinequellen
5.3 Interview
1. Einleitung
Seit Beginn der 1990er Jahre ist bei den Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ein kontinuierlicher Rückgang der Mitglieder- zahlen zu beobachten. Von ehemals 11.800.412 im Jahr 19911 fiel die Zahl der Mitglieder auf 6.585.774 im Jahr 20062, Tendenz weiter fallend. Zu diesem dramatischen Mitgliederschwund kommt eine Schieflage in der Struktur der Gewerkschaftsmitglieder hinzu: "Während der Anteil der Arbeiter auf dem Arbeitsmarkt nur noch 37 Prozent beträgt, liegt er bei den Gewerkschafts- mitgliedern bei 64 Prozent. Bei den Angestellten ist das Verhältnis mit 57 zu 27 Prozent genau umgekehrt."3, legt Wolfgang Schroeder, Ressortleiter bei der IG Metall dar.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, festzustellen welche Herausforderungen sich den Gewerkschaften stellen, was die Ursachen für den Mitgliederschwund und die mangelnde Repräsentanz der Mitgliederstruktur der Gewerkschaften sind.
Im zweiten Kapitel werden zunächst die wichtigsten ökonomischen und politischen Herausforderungen am Ende des 20. Jahrhunderts behandelt, Thema des darauf folgenden dritten Kapitels sind die soziologischen Entwicklungen Individualisierung und Erosion des Normalarbeitsverhältnisses durch Entgrenzung.
Abgeschlossen wird die Arbeit mit einem zusammenfassenden Fazit.
2. Ökonomisch-politische Herausforderungen für die Gewerkschaften
Die nachfolgend behandelten wirtschaftlichen und politischen Umwälzungen am Ende des 20. Jahrhunderts können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden, vielmehr bedingen sie sich oftmals gegenseitig.
2.1 Die deutsche Wiedervereinigung
Die deutsche Wiedervereinigung barg, nicht nur für die Gewerkschaften, vielfältige Herausforderungen. Da es weit über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen würde, auf alle diese Herausforderungen einzugehen, seien hier nur die wichtigsten genannt, die Währungsunion und die Finanzierung der Einheit.
Zentraler Konfliktpunkt der frühen Phase der Wiedervereinigung war die Währungsunion, deren sofortigen Vollzug der DGB ablehnte1. Insbesondere die Gestaltung des Wechselkurses sorgte für Konflikte. Der innerdeutsche Wechselkurs von 1 DM : 2 Mark der DDR2 stellte eine augenblickliche Kauf- kraftzerstörung für die ostdeutschen Konsumenten dar, da sich Preise und Produkte drastisch verteuerten. Diese Verteuerung der Produkte hatte das Wegbrechen der traditionellen ostdeutschen Absatzmärkte in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und des Warschauer Paktes zur Folge3. Des Weiteren waren viele Produkte der neuen Bundesländer aufgrund des Wechselkurses nicht nur für osteuropäische Länder unerschwinglich geworden, sondern sie waren auch teurer als ein großer Teil westdeutscher Produkte geworden4. Kostete z. B. ein Farbfernseher Ende der 1980er Jahre in der DDR ungefähr 4000,- bis 5000,- Mark der DDR (nach Vollzug der Währungsunion also 2000,- bis 2500,- DM), konnte man in Westdeutschland Farbfernseher bereits für 800,- bis 1000,- DM erwerben1 2. In der Folge brach die Industrieproduktion in den neuen Bundesländern ein. 1994 betrug sie nur noch 40 Prozent des Niveaus von 1990, der Anteil der in der Industrie Beschäftigten sank von 11,9 Prozent (1991) auf 4,4 Prozent (1993), was dem damaligen Stand Spaniens oder Griechenlands entsprach3. Das Resultat waren eine Vielzahl von Insolvenzen und eine steigende Arbeitslosigkeit4.
Da die Finanzierung der Einheit per Wahlversprechen der CDU ohne Steuererhöhungen zu leisten war, wurden die Kassen der Sozialsysteme und Fremdkredite zur Finanzierung verwendet. Daraus ergab sich eine Überschuldung der öffentlichen Haushalte einerseits und eine Einschränkung des (finanz-) politischen Handlungsspielraums andererseits. Ferner zeigte sich schnell, dass das Sozialsystem dieser Belastung nicht gewachsen war. Die Folge waren Beitragserhöhungen und damit Erhöhungen der Lohnnebenkosten5, die später von der Regierung Kohl als Investitions- und Wachstumsbremse ausgemacht und kritisiert wurden6.
Anders als die damalige Bundesregierung schlug der DGB eine Finanzierung der erforderlichen Aufbauprogramme für die neuen Bundesländer über eine Ergänzungsabgabe zur Einkommenssteuer für Höherverdienende vor. Konkret sollte als Orientierungsmaßstab zur Bemessung ein Jahreseinkommen von 60.000 DM pro Person gelten. Mit dieser Forderung konnte sich die Gewerkschaft nicht durchsetzen7.
2.2 Der europäische Einigungsprozess
1990 gewann der europäische Einigungsprozess mit der Entscheidung zur Einführung des Euro wieder deutlich an Dynamik8. Es zeigte sich bald, dass die durch die Wiedervereinigung verursachte Verschuldung der öffentlichen Haushalte (vergleiche 2.1) zu einer hohen Hypothek wurde, mussten doch die im Vertrag von Maastricht 1992 vereinbarten Stabilitätskriterien eingehalten werden. Die Folge waren einschneidende Sparmaßnahmen in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, in Form von Kürzung des Arbeitslosengeldes, Lockerung des Kündigungsschutzes und der Absenkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf 80 Prozent, zur Entlastung der Haushalte1.
Ein weiteres Problem stellte die Osterweiterung der EU dar. Arbeitnehmer aus den Niedriglohnländern Osteuropas boten ihre Arbeit zu untertariflichen Löhnen an und verschärften so die ohnehin schon hohe Arbeitslosigkeit in Branchen wie dem Baugewerbe2. Um diese Entwicklung zu stoppen unterstützten die Gewerkschaften das Entsendegesetz der Bundesregierung, das vorsah, dass auch für ausländische Arbeitnehmer mindestens der niedrigste Tariflohn gezahlt werden musste3.
2.3 Die Globalisierung und die Dritte Industrielle Revolution durch EDV
Nachdem sich im europäischen Einigungsprozess schon die Probleme durch Grenzöffnung und Niedriglohnländer gezeigt hatten, verschärften sich diese im Prozess der Globalisierung noch einmal zusehends. Die Niedriglohnländer nicht nur Osteuropas, sondern der ganzen Welt warben nun, nach dem Fall des "eisernen Vorhangs", mit billigen Konditionen, erreicht durch Dumping in den Bereichen Soziales und Ökologie, um Investitionen. Dieses Werben wurde erleichtert durch die Verbreitung der EDV, die eine schnelle kostengünstige Übermittlung auch komplexer Informationen über weite Strecken ermöglichte, wodurch auch die Verlagerung hochtechnisierter Produktionsprozesse realisierbar wurde. Die Folge war eine Entgrenzung von Handels-, Investitions- und Kapitalströmen, denen ein weitgehend immobiler Faktor Arbeit gegenüberstand. Dies führte zu einem weiteren Arbeitsplatzverlust in Deutschland und anderen Hochlohnländern4.
[...]
1 Vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund. Online in Internet: URL: http://www.dgb.de/dgb- /mitgliederzahlen/popit?dok=gesamt1991.htm&append=auswahlformular [09.12.2006].
2 Vgl. ebd. Online in Internet: URL: http://www.dgb.de/dgb/mitgliederzahlen- /gesamt1950_1993.htm/ [09.12.2006].
3 Schroeder, W., Der neue Arbeitsmarkt und der Wandel der Gewerkschaften, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B47-48 (2003), S. 7.
1 Vgl. Schneider, M., Kleine Geschichte der Gewerkschaften, 2. Aufl., Bonn 2000, S. 417.
2 Vgl. Grosser, D., Geschichte der Deutschen Einheit. Das Wagnis der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Politische Zwänge im Konflikt mit ökonomischen Regeln, 1. Aufl., Stuttgart 1998, S. 447.
3 Vgl. Schneider, M., a.a.O., S. 418.
4 Vgl. Nissen, H.-P., Politische Ökonomie der Währungsunion, in: Studien von Zeitfragen, 1990. Online in Internet: URL: http://www.svz-archiv.net/Deutschland/10_Jahre/Geldunion- /geldunion.html [28.02.2007].
1 Vgl. Grosser, D., a.a.O., S. 452.
2 Vgl. Heinz, H.-J., Kurzinterview.
3 Vgl. Schneider, M., a.a.O., S. 422.
4 Vgl. ebd., S. 418.
5 Vgl. ebd., S. 424.
6 Vgl. ebd., S. 430.
7 Vgl. ebd., S. 429.
8 Vgl. ebd., S. 424.
1 Vgl. Schneider, M., a.a.O., S. 434 - S. 436.
2 Vgl. ebd., S. 424f.
3 Vgl. ebd., S. 453.
4 Vgl. ebd., S. 425.
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