Jesus und der Sabbat. Diese Exegese bezieht sich auf den Bibeltext aus Markus 2, 23 - 38. Hierbei wird nicht nur auf Jesu Umgang mit dem Sabbatgebot eingegangen, sondern ein weiterer Blick auf seinen Umgang bzw. sein Verhalten mit dem mosaischen Gesetzen gegeben.
Inhaltsangabe
1. Textbegegnung (rev. Luther):
2. Textanalyse:
2.1 Textkritik:
2.1.1 Übersetzungsvergleich:
2.1.2 Synopse:
2.2 Überlieferungs – und Formgeschichte:
2.3 Redaktionsgeschichte:
2.4 Begriffe und Motive:
2.5 Einzelexegese:
3. Textaneignung:
3.1 Wirkungsgeschichte:
3.2 Erfahrungsbezug:
3.3 Botschaft des Textes:
Anlagen:
I Markus 2, 23 – 28 – Elberfelder (rev. 1985):
II Markus 2, 23 – 28 – Luther (rev. 1984):
III Markus 2, 23 – 28 – Gute Nachricht (rev. 1997):
IV Markus 2, 23 – 28 – Einheitsübersetzung (1980):
V Markus 2, 23 – 28 – Griechisch:
VI Synoptischer Text aus Matthäus 12, 1 – 8 (rev. Luther 1984):
VII Synoptischer Text aus Lukas 6, 1 – 5 (rev. Luther 1984):
VIII 1. Samuel 21, 2 – 7 – Luther (rev. 1984):
Literaturverzeichnis:
1. Textbegegnung (rev. Luther)
Der Markustext vom Sabbatverständnis Jesu beginnt recht sonderbar. „Und es begab sich, dass […]“[1] zeigt, dass hier eine neue Erzählung anfängt, welche vielleicht auf andere vorangegangene Berichte aufbaut, aber auf jeden Fall auf etwas neues und wichtiges hinweist. Dieser Anfang erinnert sehr an den Beginn der Weihnachtsgeschichte bei Lukas[2] und auch an die Taufgeschichte Jesu[3]. Hier wurden wichtige Ereignisse in der Biographie Jesu mit ähnlichen Worten eingeleitet.
Wenn man den Vers weiter anschaut, dann kann man in einer prosaähnlichen Erzählung erfahren, dass Jesus mit seinen Jüngern an einem Sabbat durch ein Kornfeld ging und diese anfingen, sich im Vorbeigehen ein paar Ähren zu rupfen. Interessant ist, dass Jesus hier und in den restlichen Versen nicht ausdrücklich genannt wird. Das kleine unpersönliche und unscheinbare „er“ könnte für jeden Mann in der damaligen Zeit stehen. Nur der Zusatz: „und seine Jünger“ und der Umstand, dass vor und nach dieser Geschichte von Jesus erzählt wird, deuten auf einen Rabbi bzw. einen Wanderprediger, wie Jesus einer war, hin.
Da im 24. Vers die Anklage der Pharisäer folgt, kommt die Frage auf, was im Vers 23 das Vergehen ist. Ist es ein Verstoß gegen die Sabbatregeln, also das Arbeitsverbot, das Nichteinhalten des Sabbatweges, Hausfriedensbruch, da sie auf Fremdeigentum unterwegs sind oder der Diebstahl von Korn auf einem fremden Feld? Ein Vergehen ist nicht sofort offensichtlich und wenn es sich nicht um ein Verstoß gegen den Sabbatweg handelt, dann ist Jesus auch nicht schuldig geworden, da er keine Ähren abreißt und auch keine isst. Interessant ist hier der Zusatz, dass die Jünger, „während sie gingen“, Ähren ausrauften, welcher womöglich das Vergehen kennzeichnet, da er sonst nicht von Nöten wäre.
Im Vers 24 kommt es wie schon erwähnt zur Anklage durch die Pharisäer, welche erstaunlicher Weise aus heiterem Himmel auftauchten. Das über ihr Erscheinen kein Wort gesagt wird, lässt den Schluss zu, dass diese Geschichte kein wirklicher Bericht, sondern eher eine Zusammenstellung bzw. eine kurze Erzählung ist. Auffällig ist, dass die Anklage an Jesus gerichtet ist und das Vergehen nicht klar benannt, sonder in einer herausfordernden Frage versteckt wurde. Jesus hat kein Verbrechen begangen, aber soll seine Jünger vor den Pharisäern verteidigen. Dieser Umstand, zeigt, dass hier möglicher Weise die Gesetzesübertretung der Jünger nur als Ansatzpunkt für eine Entlarvung Jesu als Gotteslästerer dienen sollte und auch das: „Sieh doch“ ist ein versteckter Vorwurf, dass Jesus seine Jünger nicht im Auge behalten kann und sie in seiner Gegenwart das Gesetz brechen.
In den Versen 25 und 26 werden diese „Fallen“ der Pharisäer kurz und sicher entschärft. Ohne wirklich auf die Vorwürfe einzugehen, packt Jesus die Pharisäer an ihrer empfindlichsten Stelle. Die Frage, ob sie denn nie gelesen hätten, dass der größte unter den Königen Israels, der von Gott gesegnete David, auch schon mal das Gesetz gebeugt hatte, ist ganz schön hart. Er schlägt sie mit ihren eigenen Waffen. Jesus bringt die Geschichte des Volkes, seinen Vorfahren und die Thora an, um die Handlungen der Jünger zu verteidigen. David war in Not und um nicht zu verhungern, brechen er und seine Mitstreiter das Gesetz[4] in einer ganz groben Weise. Durch die Parallele zwischen der Situation und der Handlung Davids und die der Jünger, ist eine weitere Diskussion eigentlich überflüssig geworden. Jesus will mit diesem Vergleich sicher keinen Freibrief für Gesetztesübertretungen geben, aber er will zeigen, dass eine Beugung zugunsten der Menschen möglich und schon oft geschehen ist. Interessant ist, dass die Pharisäer hier nicht mehr zu Wort kommen bzw. die Reaktion und das weitere Geschehen nicht überliefert ist.
Im Vers 26 wird aus der Verteidigung den Pharisäern gegenüber eine Lehrrede von Jesus zum Thema Sabbat. Was bedeutet: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht“? Heißt das, dass der „Tag des Herrn“ in die Beliebigkeit des Menschen gelegt oder gar der Mensch der Herr über den Sabbat ist? Darf er also den Sabbat umdeuten, nutzen, verachten, abschaffen oder würdigen? Ist der Sabbat so nötig und notwendig, dass er eine Voraussetzung für ein Leben des Menschen ist?[5] Das Jesus diesen Vers sagen muss, setzt wahrscheinlich voraus, dass die Praxis der Sabbatfeierlichkeiten anders aussah.
Der Vers 28 ist schwer verständlich. „So ist der Menschensohn ein Herr auch über den Sabbat.“ Wen oder was meint Jesus hier mit Menschensohn? Es ist einer der Titel, die Jesus führt[6], aber könnte in Verbindung mit Vers 27 nicht auch jedes Kind Adams (hebräisch: Mensch, also jeder Mensch damit gemeint sein?
Auch beim Weiterlesen ist der Vers unverständlich. Dieser Menschensohn soll ein Herr auch über den Sabbat sein. Heißt das, a) dass es noch andere Herren über den Sabbat gibt und b), dass der Menschensohn auch Herr über andere Gesetze ist? Hier ist wahrscheinlich wieder eine Definition von „Menschensohn“ nötig. Jesus als Gottes Sohn ist ein Herr, neben Gott, über den Sabbat und das Gesetz. Er hat alle Rechte, auch die Abschaffung bzw. die Umdeutung. Die Menschen als Kinder Adams sind in gewisser Weise auch Herren, wenn sie eine auf sie angepasste Variante des Rechtes entwickeln und anwenden können. Aber ob sie auch ein Recht auf Abschaffung haben ist fraglich.
2. Textanalyse
Der Textanalyse liegt die rev. Lutherübersetzung von 1984 zu Grunde[7].
2.1 Textkritik:
Für die Textkritik werden die rev. Lutherübersetzung von 1984 (L), die rev. Gute Nachricht Übersetzung von 1997 (GN), die rev. Elberfelder Übersetzung von 1985 (ELB) und die Einheitsübersetzung von 1980 (EIN) verwendet[8].
Bei der Synopse wird wieder auf die rev. Lutherübersetzung von 1984[9] zurückgegriffen.
2.1.1 Übersetzungsvergleich:
Schon der Beginn des Textes ist unterschiedlich gewählt. Während GN und EIN mit: „An einem Sabbat […]“ und somit ohne wirkliche Einleitung beginnen, starten ELB und L mit einem einleitenden, fast schon märchenhaften: „Und es geschah […]“ bzw. „und es begab sich […]“. Trotz des Unterschiedes wird hier deutlich, dass es an jedem beliebigen Sabbat geschehen sein könnte. Das „und“ der zweiten Variante zieht sich durch die gesamten sechs Verse und steht damit in Verbindung zu den vorhergehenden Geschichten in Markus, welche fast alle auch mit einem „und“ eingeleitet werden. Vielleicht soll dadurch gezeigt werden, dass es sich hier um keinen Bericht handelt, sondern wichtige Aspekte in literarischer Form aneinander gereiht wurden. Ein weiterer Unterschied ist die namentliche Nennung Jesu, welche bei L und ELB gar nicht, bei EIN nur am Ende und bei GN immer geschieht. Da im Urtext der Name „Jesus“ nicht auftaucht[10], ist davon auszugehen, dass EIN und vor allem GN mit der Nennung ein besseres Textverständnis und einen genaueren Blick auf Jesus hin schaffen wollten. Auffällig ist weiterhin, dass GN einen Zusatz aufweist. Das die Jünger die Ähren essen kommt nur hier vor. Anscheinend soll hier der Gesetzesbruch klarer dargestellt bzw. eine Verbindung zu den synoptischen Texten hergestellt werden[11].
Die Übersetzungspaare bleiben auch bei der Anklage der Pharisäer gleich. GN und EIN drücken den Vorwurf in einer Aussage bzw. einem Ausruf aus, während L und ELB eine Frageform wählen. Allen gemeinsam ist die indirekte Anklage, da nie ein Straftatbestand genannt wird. Das vorwurfsvolle „Sieh doch“ und die Nichtnennung des Vergehens sind ebenfalls bei allen vier Übersetzungen gleich.
Beim Vers 25 kann man eine Art Steigerung in den Übersetzungen zu erkennen. Beginnend bei GN, wo von „hungrig“ sein geredet wird, über EIN, in der sie schon „nichts zu essen hatten“ und weiter über ELB, bei der ein „Mangel“ da war, bis zu L, wo David und seine Gefährten „in Not“ waren. Auffallend ist der Zeitformenwechsel von Präteritum zu Präsens bei ELB. Jesu Worte werden hier als besonders wichtig herausgestellt.
Im Vers 27 wechselt ELB dann wieder ins Präteritum zurück. In diesem Vers ist wiederum ein Unterschied zwischen den Übersetzungen zu erkennen. In EIN sagt Jesus, dass der Sabbat „für den Menschen da“ ist. Über die Entstehung des Sabbat wird nichts gesagt. L meint, dass der Sabbat für den Menschen „gemacht“ ist, was so klingt, dass auch der Mensch der Urheber des Ruhetages sein könnte. ELB und vor allem GN setzen Gott dagegen als „Erfinder“ des Sabbats ein, da dieser hier für den Menschen „geschaffen“ wurde.
Beim letzten Vers weichen alle vier Übersetzungen etwas von einander ab. Für L „ist der Menschensohn ein Herr auch über den Sabbat“, also nicht alleiniger Herr und nicht ausschließlich für den Sabbat. Bei ELB dagegen, scheint der „Sohn des Menschen“, was wohl nicht nur auf Jesus hindeutet, alleiniger Herr über den Sabbat, aber auch über anderes zu sein. EIN bringt Jesus als alleinigen Herrn über vieles an, wobei auch hier Menschensohn auf jeden anderen Menschen hinweisen kann. Eine Definition des Herr – Seins bringt GN als Zusatz mit. Hier wird auch der Menschensohn als alleiniger Verwalter des Sabbats gesehen.
Das Ende dieser Geschichte ist bei allen vier Übersetzungen gleich: Es ist nicht vorhanden.
[...]
[1] Vers 23
[2] Lukas 2, 1
[3] Markus 1, 9
[4] Levitikus 24, 6 – 9
[5] siehe Freizeittheorie von Opaschowski, 17ff und 92ff
[6] vgl. Apostelgeschichte 7, 55f, Offenbarung 1, 13 und 14, 14
[7] Anlage II
[8] siehe Anlagen I – IV
[9] siehe Anlage II, VI und VII
[10] siehe Anlage V
[11] siehe 2.1.2
- Arbeit zitieren
- Alexander Letzian (Autor:in), 2006, Jesu Umgang mit dem Sabbat (Markus 2, 23 - 28), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71196
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