Was verbirgt sich hinter dem Begriff „zornige Bücher“? - diese Frage stand am Anfang des Seminars über „Religiöse Manifeste, politische Pamphlete und literarische Provokationen.“ Die vorliegende Arbeit will das am Thema Vivisektion oder genauer gesagt am Streit um den Tierversuch mit Schwerpunkt auf dem 19. Jahrhundert untersuchen. Wie bereits das Zitat im Titel verrät, bietet er mehr „zornigen“ Stoff, als auf den ersten Blick zu vermuten wäre. Zunächst sind einige Begriffsklärungen, Abgrenzungen und Einschränkungen notwendig, denn eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Begriff Zorn würde ein eigenes Forschungsthema darstellen und kann hier nicht geleistet werden. Der theoretische Hintergrund der Arbeit wird jedoch von den Fragen bestimmt „Was ist Zorn?“ und „Können Bücher/Medien zornig sein?“. Wörterbücher und Lexika liefern keine einheitliche Zorn-Definition , es kristallisieren sich aber zumindest einige Merkmale heraus, die auch dem Verständnis von Zorn in dieser Arbeit zu Grunde liegen: Zorn ist eine heftige und leidenschaftliche Emotion/ein Affekt, der mit Ungerechtigkeitsempfinden - sowohl in Bezug auf die eigene Person als auch in Bezug auf andere - einhergeht und sich (mehr oder weniger aggressiv) gegen einen bestimmten Verursacher oder Anlass richtet. Nach dem Verständnis der Verfasserin unterscheidet sich „Zorn“ von „Ärger“ und „Wut“ durch die „rationale und im weitesten Sinne ethische Komponente“ , d.h. er hat etwas mit Reflexion zu tun, und die Ungerechtigkeit oder Verwerflichkeit wird mit Bezug auf bestimmte Wertvorstellungen und Normen empfunden.
Gliederung
1. Einleitung
2. Begrifflicher und geschichtlicher Hintergrund
2.1. Zum Begriff Vivisektion
2.2. Vivisektion bis ins 19. Jahrhundert: Geschichte, Denkmuster und Debatten
2.3. Rahmenbedingungen und Tendenzen des Vivisektionsstreits im 19.Jahrhundert
3. Zornige Bücher? – Streitschriften zum Thema Vivisektion
3.1. Der Vivisektionsstreit in Deutschland - Ernst von Weber und Rudolf Heidenhain als Protagonisten
3.2. Ernst von Webers „Folterkammern der Wissenschaft“
3.2.1. Inhalt: Argumente und Behauptungen
3.2.2. Form: Techniken der Darstellung
3.3. Rudolf Heidenhains Abhandlung „Auf Veranlassung des Königlich Preußischen Ministers...“
4. Ausblick: Debatten um Tierversuche bis in die Gegenwart
5. Zusammenfassung
Anhang
Literatur- und Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Was verbirgt sich hinter dem Begriff „zornige Bücher“? – diese Frage stand am Anfang des Seminars über „Religiöse Manifeste, politische Pamphlete und literarische Provokationen.“ Die vorliegende Arbeit will das am Thema Vivisektion oder genauer gesagt am Streit um den Tierversuch mit Schwerpunkt auf dem 19. Jahrhundert untersuchen. Wie bereits das Zitat im Titel[1] verrät, bietet er mehr „zornigen“ Stoff, als auf den ersten Blick zu vermuten wäre. Zunächst sind einige Begriffsklärungen, Abgrenzungen und Einschränkungen notwendig, denn eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Begriff Zorn würde ein eigenes Forschungsthema darstellen und kann hier nicht geleistet werden.
Der theoretische Hintergrund der Arbeit wird jedoch von den Fragen bestimmt „Was ist Zorn?“ und „Können Bücher/Medien zornig sein?“. Wörterbücher und Lexika liefern keine einheitliche Zorn-Definition[2], es kristallisieren sich aber zumindest einige Merkmale heraus, die auch dem Verständnis von Zorn in dieser Arbeit zu Grunde liegen: Zorn ist eine heftige und leidenschaftliche Emotion/ein Affekt, der mit Ungerechtigkeitsempfinden – sowohl in Bezug auf die eigene Person als auch in Bezug auf andere – einhergeht und sich (mehr oder weniger aggressiv) gegen einen bestimmten Verursacher oder Anlass richtet. Nach dem Verständnis der Verfasserin unterscheidet sich „Zorn“ von „Ärger“ und „Wut“[3] durch die „rationale und im weitesten Sinne ethische Komponente“[4], d.h. er hat etwas mit Reflexion zu tun, und die Ungerechtigkeit oder Verwerflichkeit wird mit Bezug auf bestimmte Wertvorstellungen und Normen empfunden. Kinder von wenigen Monaten können demnach noch keinen Zorn, wohl aber Ärger empfinden.[5] Wie die seitenlangen Ausführungen zum Begriff Zorn in Zedlers Universallexikon[6] und im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm[7] deutlich machen, kann man ihn aber nicht nur von der Wortbedeutung her, sondern auch von unzähligen weiteren Standpunkten aus betrachten, sei es vom theologischen, vom medizinischen oder vom philosophischen. Für die vorliegende Hausarbeit wird Zorn vor allem unter kommunikationswissenschaftlichen Aspekten betrachtet, was auch deshalb nahe liegt, weil Emotion und Kommunikation eng verbunden sind - „...origins, development, experience, and deployment of emotions are inherently communicative.“[8] Soziale Interaktion und Kommunikation sind demnach zugleich Auslöser/Ursache und Ventil/Wirkung von Zorn.[9]
In dieser Hausarbeit geht es um den Ausdruck von Zorn in der interpersonalen Kommunikation, es werden vor allem Schriften behandelt, die auf verschiedene Weise mit der Emotion Zorn in Zusammenhang stehen. Der Begriff „zorniges Buch bzw. Medium“ umfasst, wie im oben genannten Seminar festgestellt wurde, mehrere Aspekte. Erstens kann Zorn der Auslöser für die Entstehung des Buches sein, zweitens kann Zorn der Inhalt des Buches sein bzw. sich in dem Buch ausdrücken, drittens kann das Buch Zorn beim Leser auslösen und zwar sowohl Zorn über den dargestellten Sachverhalt, als auch Zorn über die Art der Darstellung oder den Autor selbst. Es wird also nach der Kommunikation der Emotion Zorn mit Hilfe des Mediums Buch bzw. Schrift gefragt, zugleich aber auch nach der Wirkung dieser Schriften. Anders gesagt spielen alle Elemente der Lasswell-Formel „Who says what to whom with what effect?“[10] eine Rolle.
Was hat das nun mit dem Thema „Vivisektion“[11] zu tun? Diese Arbeit vertritt die These, dass nicht nur einzelne mehr oder weniger zornige Schriften zum Thema Tierversuch existieren, sondern dass es sich vielmehr um ein ganzes zorniges Thema handelt, das sich spätestens seit dem 19. Jahrhundert auch in Publikationen niederschlägt. Über die Vivisektion gibt es eine Unmenge an Schriften, sowohl historische als auch aktuelle, die das Thema vorwiegend unter ethischen, medizinischen und rechtlichen Gesichtspunkten behandeln. Es sind allerdings kaum Schriften zu finden, die sich wertfrei mit dem Tierversuch auseinandersetzen. Ebenso wie die Quellen des 19.Jahrhunderts[12] nehmen auch die meisten aktuellen Veröffentlichungen mehr oder weniger direkt Stellung. Die Schriften, die diese Arbeit vorstellt, können nicht losgelöst und im luftleeren Raum untersucht werden, sondern nur im Kontext ihrer Entstehung, was eine breitere Betrachtung des Themas „Tierversuch“ notwendig macht.
Kapitel 2 behandelt deshalb zunächst den Begriff „Vivisektion“ sowie die historische Entwicklung des Tierversuchs und der Meinungen dazu, wobei vor allem die Darstellungen von Guerrini und Maehle[13] hilfreich waren. Vorwiegend geht es nicht um eine Ereignis- oder Fakten-Geschichte, sondern um Einstellungen und Meinungen bestimmter Personengruppen .
Im Hauptteil der Arbeit, in Kapitel 3, wird der Vivisektionsstreit im 19. Jahrhundert behandelt, über den Bretschneider einen umfassenden, wenn auch nicht völlig wertfreien Überblick gibt – sein Buch ist die einzige für diese Arbeit zugängliche Publikation, die sich direkt mit dem Streit in Deutschland beschäftigt.[14] Von zahllosen zeitgenössischen Publikationen werden stellvertretend die Schrift eines der prominentesten und einflussreichsten Antivivisektionisten (Ernst von Weber) sowie eine Reaktion von Seiten der Verteidiger (Rudolf Heidenhain) untersucht, wobei die ausgewählten Titel jeweils als typisch für eine ganze Gruppe von Veröffentlichungen betrachtet werden.
Das Ziel kann dabei nicht sein, die Vivisektion in irgendeiner Weise zu bewerten und den Wahrheitsgehalt der einzelnen Schriften zu beurteilen. Es sollen vielmehr Inhalt und Form der Aussagen einzelner Protagonisten untersucht werden - wichtig sind also nicht nur die Behauptungen und Argumente, sondern auch deren Transport über bestimmte Kommunikations-Techniken. Es geht weniger um Tatsachen als um Diskurse[15] und Umgangsweisen mit einem umstrittenen Gegenstand.
Kapitel 4 gibt einen Ausblick auf die Auseinandersetzung mit Vivisektion bis heute und versucht Parallelen und Unterschiede im Vergleich zum 19.Jahrhundert aufzuzeigen. Am Schluss der Arbeit werden die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.
2. Begrifflicher und geschichtlicher Hintergrund
2.1. Zum Begriff Vivisektion
Der Begriff Vivisektion geht auf den lateinischen Ausdruck „sectio corporis vivi“ zurück, bedeutet also wörtlich „Schneiden des lebenden Körpers“ und ist damit vom Begriff „Sektion“ (engl. dissection) abgegrenzt, der sich auf die Untersuchung von Leichen bezieht. Im 19. Jahrhundert wurde er vor allem von den Gegnern des Tierexperimentes verwendet, die Befürworter bevorzugten dagegen die Bezeichnung „medizinischer Tierversuch“. Vivisektion wird auch in Bezug auf Versuche an Menschen verwendet, die aber in dieser Arbeit nicht behandelt werden.[16] Tatsächlich umfasst Vivisektion weit mehr als operative Versuche, etwa toxikologische oder solche, bei denen Tiere abnormen Temperaturen ausgesetzt wurden.[17] Dass der Begriff „Vivisektion“ zu verschiedenen Zeiten sehr unterschiedlich konnotiert war, zeigt der Vergleich verschiedener Lexikonartikel. Meyers Enzyklopädisches Lexikon von 1979 definierte Vivisektion folgendermaßen: „...der zoologischen und medizinischen Forschungszwecken (hauptsächlich zur Erprobung neuer Operationstechniken) dienende Eingriff am lebenden, meist narkotisierten (oder auch örtlich betäubten) Tier. Vivisektionen unterliegen den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes.“[18] Zum Vergleich eine Definition von 1908: „Vivisektion, (lat.) ein mit einer Verwundung oder Verstümmelung verbundener Versuch am lebenden Tier, vorgenommen von Physiologen oder Medizinern zum Studium der Lebenserscheinungen am gesunden Organismus oder zum Zwecke der künstlichen Erregung einer Krankheit...“.[19] Im Jahr 1889, also wenige Jahre nach den heftigen Auseinandersetzungen um das Thema, hatte die Erklärung im gleichen Nachschlagewerk einen ganz anderen Tenor: „Vivisektion (lat.), ein Experiment am lebendigen Tier (Frosch, Kaninchen, Hund, Katze), welches mit einer Verwundung desselben verbunden ist und vom Physiologen zur Erforschung von Lebenserscheinungen vorgenommen wird. Die höchst verwickelten Vorgänge im Organismus können durch bloße Beobachtung nicht verstanden werden, und die Physiologie ist daher zur Erklärung der das Leben bedingenden Prozesse im gesunden und kranken Organismus auf das Experiment angewiesen. Die Bezeichnung des letzteren als V. ist eine wenig glückliche, insofern sie in ferner stehenden Kreisen den Schein erweckt, als gleiche die hier übliche Technik der bei der Sektion der Leiche gebräuchlichen. In der That übt der Physiologe bei seinen sehr subtilen Untersuchungen die größte Schonung, er operiert an normalen Organen, deren Bau er genau kennt, und vermeidet sorgfältig die Verletzung sensibler Nerven, die ja allein Schmerz erzeugt. Außerdem werden, wenn irgend möglich, Chloroform, Chloralhydrat und Äther angewandt, und nach Beendigung des Experiments wird das Tier sanft und schnell getötet...“.[20] Schon diese unterschiedlichen Definitionen machen deutlich, dass der Tierversuch Ende des 19. Jahrhunderts ins öffentliche Interesse gerückt war und selbst Nachschlagewerke Partei ergriffen. Besonders aussagekräftig ist das vor dem Hintergrund, dass ältere Lexika und Wörterbücher, etwa Zedlers Universallexikon (1732-1754) oder die Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste von Ersch und Gruber (1818-1896) das Wort nicht einmal erwähnen. Welche Entwicklung vorausging und wie die Vivisektion zum breit debattierten Thema wurde, wird im Folgenden behandelt.
2.2. Die Vivisektion bis ins 19. Jahrhundert: Geschichte, Denkmuster und Debatten
Die Wurzeln der Auseinandersetzung um die Vivisektion reichen bis in die Antike und sind damit fast ebenso alt wie Versuche, Experimente und Demonstrationen an Tieren, die bereits auf Aristoteles (384-322 v. Chr.) zurückgehen .[21] Seit der Antike finden sich Pro- und Contra-Positionen, die allerdings je nach Epoche und Kontext sehr unterschiedlichen Argumentationslinien folgen.[22] Generell gilt, dass bis ins 20.Jahrhundert der Tierversuch vorwiegend im Hinblick auf seinen Nutzen für den Menschen angewandt wurde, Behandlungsmöglichkeiten für Tiere spielten keine entscheidende Rolle[23]. Dementsprechend basieren sowohl die Argumente der Befürworter als auch die der Gegner oft auf einer anthropozentrischen Sichtweise.[24] In der Antike überwog die Vivisektion zu Demonstrationszwecken, die auf Aristoteles und sein Postulat vom Wert der Sinneswahrnehmung und dem Studium der äußeren Welt zurückgeführt wird. Der Tierversuch als Mittel zur Untersuchung von Struktur und Funktion des Körpers wurde in größerem Maße erstmals von Alexandriner Ärzten um 280 v. Chr. praktiziert. Bereits zu dieser Zeit wurde die Vivisektion diskutiert, allerdings eher auf der intellektuellen als auf der moralischen Ebene. Die Gruppe der Empiriker vertrat die Ansicht, die Vivisektion verändere die natürlichen Funktionen des Körpers so stark, dass sie keine gültigen Schlüsse zuließe. Die Dogmatiker dagegen postulierten, die Erfahrung der Körperfunktionen sei notwendig, um den tierischen Körper zu verstehen und so auch in Bezug auf den Menschen als analog gebautes Wesen Rückschlüsse ziehen zu können. Das Tier war dabei quasi Mittel zum Zweck - es galt als nicht-rational, mit beschränktem Bewusstsein ausgestattet und damit als unfähig, Ungerechtigkeit zu empfinden. Um 160 n. Chr. verwendete der römische Arzt Galen - neben Hippokrates der bedeutendste Mediziner der Antike - den Tierversuch als Standardmethode der Anatomie und machte ihn zugleich zur öffentlichen Demonstration, wobei er seine Schüler anwies, ohne Mitleid vorzugehen.[25]
Auch christliche Denker wie Augustinus (354-430) und später Thomas von Aquin (1225-1274) nahmen keinen Anstoß an solchen Ansichten und vertraten die Meinung, dass das Tier weder Verstand noch eine unsterbliche Seele besitze. Im christlichen Mittelalter mit seinem menschenzentrierten Weltbild und der hierarchischen Sicht auf die Natur wurde das Tier als sinnvoller Teil der Schöpfung betrachtet, der in erster Linie zum Nutzen des Menschen geschaffen sei. Die Praxis der Vivisektion kam jedoch erst in der Renaissance wieder auf, und die Erkenntnisse zahlreicher Ärzte wie Andreas Vesalius (1514-1564), Realdo Colombo (1516-1559) und William Harvey (1578-1657), die sich wiederum auf Galen bezogen, sind mit Versuchen an Tieren verknüpft.[26] Demonstrationen wurden im Laufe im Lauf des 16./17. Jahrhunderts von Experimenten abgelöst, die mit Hypothesenaufstellung, Planung und bewussten Eingriffen in natürliche Prozesse einhergingen und versuchten, durch Wiederholungen die immer gleiche Funktionsweise der Natur zu belegen.[27] Diese Epoche ist durch die heute befremdlich erscheinende Ansicht gekennzeichnet, gerade der Tierversuch enthülle Schönheit, Sinn und Vollkommenheit der Schöpfung und müsse auch beim Publikum Bewunderung hervorrufen.[28] Der veränderte Umgang mit Tierversuchen ging vor allem auf Descartes’ (1596-1650) philosophische Annahme zurück, die Natur funktioniere nach mechanischen Gesetzen und Organismen seien in gewisser Weise analog zu Maschinen.[29] Anders als Descartes gingen die meisten Forscher des 17.Jahrhunderts nicht davon aus, dass das Tier nicht leidensfähig sei – trotzdem wurde der Tierversuch als präzises Erkenntnismittel und damit als notwendig angesehen. Es bildeten sich Forscherzirkel wie die englische „Royal Society“, die zum Teil auch aus experimentierfreudigen Amateuren bestanden.
[...]
[1] „Kenntnisse, welche die heutige Welt als von je gegeben ansieht, sind oft genug unter heftigstem Streite errungen worden. ...-wie viel Controversen, wie viel Aufwand von Gründen und Gegengründen, ja selbst von Zorn und Leidenschaft!“ Vgl. Heidenhain, Rudolf: Die Vivisection. Auf Veranlassung des Königlich Preußischen Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten besprochen. Leipzig 1884. (Im Folgenden zitiert als Heidenhain: Vivisection). S.47.
[2] Als Beispiel seien hier drei Definitionen angeführt. Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Hrsg. v. Ruth Klappenbach u. Wolfgang Steinitz. Berlin 1977: „...heftiger, leidenschaftlicher Unwille. Heftig aufwallender Ärger.“; Meyers Enzyklopädisches Lexikon. 9. Aufl. Mannheim/Berlin/Zürich 1981: „...heftiger, leidenschaftlicher Unwille über etwas, was man als Unrecht empfindet oder was den eigenen Wünschen entgegenläuft...“; Brockhaus. Die Enzyklopädie. 20. Aufl. Leipzig/Mannheim 1999: „...elementarer Affekt mit unterschiedlich starker aggressiver Tendenz, z.T. mit vegetativen Begleiterscheinungen (Erblassen, Erröten u.a.) verknüpft; im Normalfall Reaktion auf Beeinträchtigung durch die Umwelt, v.a. durch fremde Verhaltensweisen, die eine persönlich empfundene oder objektive Sollens- und Rechtsnorm verletzen. Durch den Gehalt an rationalen und im weitesten Sinne ethischen Komponenten unterscheidet sich der Zorn von der Wut; er ist eine spezifisch menschliche Reaktion.“
[3] Die Angrenzung bleibt auch in der Literatur problematisch. Wenn im Handbook of Communication and Emotion von „anger in interpersonal settings“ die Rede ist, wird nicht ganz klar, ob damit nun auch Zorn gemeint ist, vor allem, da verschiedene Übersetzungen möglich sind. Vgl. dazu Handbook of Communication and Emotion. Research Theory, Applications, and Contexts. Hrsg. V. Peter A. Andersen u. Laura K. Guerrero. San Diego 1998. (Im Folgenden zitiert als: Handbook of Communication). S.191-197. Sowohl „anger“ als auch „wrath“ (=Zorn) werden hier unter die Kategorie „rage“ gefasst. Der Begriff bleibt also etwas verschwommen.
[4] Vgl. Brochhaus-Definition aus Fußnote 2.
[5] Vgl. dazu Handbook of Communication. S.191.
[6] Zedler, Johann Heinrich u.a. (Bearb.): Grosses vollständiges Universallexikon aller Wissenschaften und Künste...Halle/Leipzig 1732-1754. Nachdruck. Graz 1993-1999.
[7] Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Bearb. v. Gustav Rosenhagen und der Arbeitsstelle des Deutschen Wörterbuchs zu Berlin. Leipzig 1954. Nachdruck Gütersloh/Wien 1991.
[8] Vgl. Handbook of Communication. S.49. Die Autoren beschäftigen sich aus der sozial- und kommunikationswissenschaftlichen Perspektive heraus mit der Rolle von Emotionen im Kommunikationsprozess.
[9] Zur Emotion „anger“ und ihrer Entstehung im sozialen Kontext vgl. ebd. S.60.
[10] Das Modell des Kommunikationsprozesses von Lasswell wird kurz beschrieben in: Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Hrsg. v. Elisabeth Noelle-Neumann u.a. Frankfurt a.M. 2003. S.157. Ansonsten vgl. Lasswell, Harold D.: The Structure and Function of Communication in Society. In: Lyman Bryson (Hrsg.): The Communication of Ideas. New York 1848. S.37-51.
[11] Der negativ konnotierte Begriff Vivisektion wird in dieser Arbeit wertfrei und synonym zu den Begriffen Tierexperiment und Tierversuch verwendet. Genauere Erläuterung in Kap.2.1.
[12] Aus dem 19. Jahrhundert wurden folgende Quellen genauer untersucht: Grysanowski, Ernst: Gesammelte antivivisektionistische Schriften. Münster i.W. 1897. (Im Folgenden zitiert als Grysanowski: Schriften);Heidenhain: Vivisection; Weber, Ernst von: Die Folterkammern der Wissenschaft. Eine Sammlung von Thatsachen für das Laienpublikum. 7. Auflage. Berlin, Leipzig. 1879. (Im Folgenden zitiert als: Weber: Folterkammern).
[13] Guerrini, Anita: Experimenting with humans and animals. From Galen to Animal Rights. Baltimore 2003. (Im Folgenden zitiert als: Guerrini: Experimenting); Maehle, Andreas Holger: The Etical Discourse on Animal Experimentation, 1650-1900. In: Clio medica. 24. The Wellcome Institute Series in the history of medicine. Amsterdam 1993. S.203-251. (Im Folgenden zitiert als: Maehle: Ethical Discourse).
[14] Bretschneider, Herbert: Der Streit um die Vivisektion im 19.Jahrhundert. Verlauf - Argumente - Ergebnisse. Stuttgart 1962. (Im Folgenden zitiert als: Bretschneider: Streit).
[15] Diskurs wird in dieser Arbeit verstanden als: die Art, sich zu einer bestimmten Zeit vor einem bestimmten Kontext über ein Thema zu äußern bzw. die Art, wie vor einem bestimmten Hintergrund über etwas gesprochen und geschrieben wird. Eine Diskursanalyse im eigentlichen Sinne kann hier nicht vorgenommen werden, weil dazu mehr Quellentexte untersucht werden müssten.
[16] In der Literatur und den Quellen finden sich immer wieder Hinweise auf vereinzelte Versuche an Menschen von der Antike bis ins 19./20.Jahrhundert hinein. Meist handelte es sich bei den Opfern um entmündigte bzw. wenig einflussreiche Personen, an denen ohne Zustimmung und z.T. auch ohne ihr Wissen medizinische Versuche durchgeführt wurden. Ein - besonders schreckliches - Kapitel für sich sind die Experimente während des Dritten Reiches. Vgl. dazu Kogon, Eugen: Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager. Frankfurt a.M. 1946. S.170ff. sowie Poliakov, Leon / Wulf, Josef: Das Dritte Reich und die Juden. Berlin 1955. S.394ff.
[17] Vgl. Bretschneider: Streit. S.1.
[18] Meyers Enzyklopädisches Lexikon . Hrsg. Bibliographisches Institut. Mannheim 1979.
Fast der gleiche Wortlaut findet sich im Brockhaus. Die Enzyklopädie. 1999.
[19] Meyers großes Konversations-Lexikon. 6.Auflage. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Leipzig/Wien 1908.
[20] Meyers Konversationslexikon. Eine Encyclopädie des allgemeinen Wissens. 4.Auflage. Leipzig 1888-1889.
[21] Zur Geschichte der Vivisektion von der Antike bis zu ihrer Wiederbelebung in der Renaissance vgl. Guerrini: Experimenting. S.1-23. Speziell zur Renaissance vgl. French, Roger: Dissection and Vivisection in the European Renaissance. Aldershot u.a. 1999. (Im Folgenden zitiert als: French: Dissection).
[22] Die meisten Argumente und ihre Vertreter sowie Fakten zur Geschichte des Tierversuchs finden sich in mehreren Werken. Wenn nicht anders angegeben stützen sich die folgenden Ausführungen auf Guerrini: Experimenting. French: Dissection. sowie Bretschneider: Streit. S.1-6. Einen Überblick über die ethischen Debatten und die damit verknüpften Denk-Konzepte gibt außerdem Maehle: Ethical Discourse.
[23] Zum Tierversuch im Hinblick auf die Tiermedizin vgl.: Tierversuche in der Forschung. Hrsg.v. Deutsche Forschungsgemeinschaft. Senatskommission für tierexperimentelle Forschung. Denkschrift. Weinheim 1993. (Im Folgenden zitiert als: DFG: Tierversuche). S.51-56.
[24] Vgl. zum Anthropozentrismus Maehle: Ethical Discourse. S.205, 107ff.
[25] Vgl. Guerrini: Experimenting. S.18.
[26] Vgl. Maehle: Ethical Discourse. S.204f. Dort wird auch die oben erwähnte theologische Rechtfertigung des Tierversuchs angesprochen.
[27] Vgl. Guerrini: Experimenting. S.23-33 und S.61.
[28] Besonders Vesalius und Colombo machten die Vivisektion zu einer Art öffentlichen Spektakel und legten offenbar Wert auf gebildetes Publikum. Vgl. French: Dissection. S.204ff. French vertritt in seinem Buch die These, dass bei der Praxis der Vivisektion nicht der reale medizinische Nutzen im Vordergrund gestanden habe, sondern vielmehr der symbolische Wert für den Vivisektor, der sich durch rationales Denken und systematisches Vorgehen Prestige verschaffte. „Dissection, vivisection and anatomical knowledge, especially when displayed in the public anatomies, was good advertising copy fort he anatomical rationality of academic medicine.” S.270.
[29] Vgl. Guerrini: Experimenting. S.33-37.
- Quote paper
- Anne Krenzer (Author), 2005, Der Streit um den Tierversuch und daraus resultierende zornige Schriften Schwerpunkt auf dem 19. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71181
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