Jedes Ereignis, das sich innerhalb einer Erzählung abspielt, ist für sich eine Handlung. Die Handlung eines Filmes ist somit die Gesamtzahl der Ereignisse, die sich innerhalb der Welt, die der Film abbildet, abspielen.1 Diese Ereignisse, in eine Ursache-Wirkung-Beziehung gebracht sowie zeitlich und räumlich abgegrenzt, ergeben die Story eines Filmes. Die Story ist also keine Reihe zufälliger Ereignisse, sondern eine Kausalkette von Begebenheiten, die sich an bestimmten Schauplätzen zu einer bestimmten Zeit abspielen.2 Die Ereignisse "ein Schlüssel verschwindet", "eine Flasche fällt zum Boden", "eine Frau liegt krank im Bett" sind zwar Handlungen, aber noch keine Story. Eine solche bilden sie erst, wenn sie zueinander in einer Kausalbeziehung stehen.
Beispiele für Kausalbeziehungen in „Notorious“:
Alicia entwendet den Schlüssel, weil sie ihn für den "Schlüssel zum Geheimnis" hält. Die Gefahr des Entdecktwerdens wird für Devlin und Alicia erhöht, weil im Keller Sektflaschen gelagert sind, die für die Party benötigt werden. Die beide fühlen sich unter Zeitdruck gesetzt, weil sie um diese Gefahr wissen. Devlin lässt die Flasche zu Boden fallen, weil er sich unter Zeitdruck gesetzt fühlt (und nervös ist).
Devlin und Alicia entdecken das Geheimnis und werden als Agenten entlarvt, weil er die Flasche vom Regal gestoßen hat.
Alexander und seine Mutter hecken den Plan aus, Alicia zu vergiften, weil er sie als Agentin entlarvt hat. Alicia liegt krank im Bett, weil das Arsen zu wirken beginnt. Genauso wie die Handlung umfasst die Story sämtliche Ereignisse, die innerhalb der Welt, die der Film abbildet, stattfinden. In diesem Punkt unterscheiden sich Handlung und Story vom Plot.3 Der Plot ist das Handlungsgerüst eines Films. In ihm sind nur diejenigen Ereignisse enthalten, die für den Fortgang der Story von zentraler Bedeutung, die Wendepunkte, Scharniere der Erzählung sind. Ereignisse, die eine solche Funktion erfüllen, werden als Plot Points bezeichnet.
Der Aufbau eines Films lässt sich in aller Regel in drei Akte einteilen: Exposition, Konfrontation und Auflösung. Exposition und Auflösung umfassen dabei jeweils etwa ein Viertel der Gesamtlänge des Filmes. Diese Ereignisse besitzen eine Überleitungsfunktion und sind Fixpunkte der Story. Veranschaulichen lässt sich diese Grundstruktur mittels folgenden Paradigma: [...]
Inhalt
1. Begriffe
1.1. Story und Plot
l.2. Diegetische und mimetische Narration
l.3. Erzählhaltung
l.4. Erzählstruktur
2. Der "Notorious"-Plot
2.l. Grundmuster von Erzählungen
2.2. Plotmodelle in "Notorious"
2.2.1. Rätsel
2.2.2. Rivalität
2.2.3. Opfer
2.2.4. Rettung
2.2.5. Versuchung
2.2.6. Rache
2.2.7. Liebe
2.3. Hitchcock über "Notorious"
3. Bibliographie
Hitchcock, Alfred: Notorious (Berüchtigt). USA 1946
1. Begriffe
1.1. Story und Plot
Jedes Ereignis, das sich innerhalb einer Erzählung abspielt, ist für sich eine Handlung. Die Handlung eines Filmes ist somit die Gesamtzahl der Ereignisse, die sich innerhalb der Welt, die der Film abbildet, abspielen.[1] Diese Ereignisse, in eine Ursache-Wirkung-Beziehung gebracht sowie zeitlich und räumlich abgegrenzt, ergeben die Story eines Filmes.
Die Story ist also keine Reihe zufälliger Ereignisse, sondern eine Kausalkette von Begebenheiten, die sich an bestimmten Schauplätzen zu einer bestimmten Zeit abspielen.[2] Die Ereignisse "ein Schlüssel verschwindet", "eine Flasche fällt zum Boden", "eine Frau liegt krank im Bett" sind zwar Handlungen, aber noch keine Story. Eine solche bilden sie erst, wenn sie zueinander in einer Kausalbeziehung stehen.
Beispiele für Kausalbeziehungen in „Notorious“:
- Alicia entwendet den Schlüssel, weil sie ihn für den "Schlüssel zum Geheimnis" hält.
- Die Gefahr des Entdecktwerdens wird für Devlin und Alicia erhöht, weil im Keller Sektflaschen gelagert sind, die für die Party benötigt werden.
- Die beide fühlen sich unter Zeitdruck gesetzt, weil sie um diese Gefahr wissen.
- Devlin lässt die Flasche zu Boden fallen, weil er sich unter Zeitdruck gesetzt fühlt (und nervös ist).
- Devlin und Alicia entdecken das Geheimnis und werden als Agenten entlarvt, weil er die Flasche vom Regal gestoßen hat.
- Alexander und seine Mutter hecken den Plan aus, Alicia zu vergiften, weil er sie als Agentin entlarvt hat. Alicia liegt krank im Bett, weil das Arsen zu wirken beginnt.
Genauso wie die Handlung umfasst die Story sämtliche Ereignisse, die innerhalb der Welt, die der Film abbildet, stattfinden. In diesem Punkt unterscheiden sich Handlung und Story vom Plot.[3] Der Plot ist das Handlungsgerüst eines Films. In ihm sind nur diejenigen Ereignisse enthalten, die für den Fortgang der Story von zentraler Bedeutung, die Wendepunkte, Scharniere der Erzählung sind. Ereignisse, die eine solche Funktion erfüllen, werden als Plot Points bezeichnet.[4]
Der Aufbau eines Films lässt sich in aller Regel in drei Akte einteilen: Exposition, Konfrontation und Auflösung. Exposition und Auflösung umfassen dabei jeweils etwa ein Viertel der Gesamtlänge des Filmes.[5] Diese Ereignisse besitzen eine Überleitungsfunktion und sind Fixpunkte der Story. Veranschaulichen lässt sich diese Grundstruktur mittels folgenden Paradigma:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Plot Point 1 Plot Point 2
Die Beschreibung des Plots kommt einer Inhaltsangabe gleich:
„Notorious“ ist die Liebesgeschichte zwischen Alicia und Devlin, die gemeinsam an einem Auftrag für das FBI arbeiten. Weil Alicia sich Devlins Liebe unsicher ist, nimmt sie die Aufgabe wahr, sich mit dem Gangster Alexander Sebastian zu liieren, um diesen auszuhorchen Als dieser den Schwindel entdeckt, beginnt er Alicia mit der Unterstützung seiner Mutter, einer herrschsüchtigen Furie, zu vergiften. Das Unglück scheint seinen Lauf zu nehmen, bis sich Devlin seiner Liebe zu Alicia besinnt...
Als zentrale Plot Points erkennen wir Alicias Entscheidung, als Agentin zu arbeiten und Devlins Entschluss, Alicias Verschwinden auf den Grund zu gehen. Natürlich gibt es noch weitere Plot Points im Verlauf der einzelnen Abschnitte, so z.B. Alexanders Entdeckung, dass er eine amerikanische Agentin geheiratet hat.
l.2. Diegetische und mimetische Narration
Die Story ist eine Form des Erzählens, die dem Oberbegriff der Narration zuzuordnen ist. Bordwell/Thompson unterscheiden zwei Arten der Narration: Die diegetische (von griech. Diegesis= "wiedergegebene Geschichte") und die mimetische (von griech. Mimesis= "Imitation").[6]
Bei der mimetischen Narration wird dem Zuschauer das erzählte Geschehen direkt vor Augen geführt, bei der diegetischen wird es durch Andeutungen (Bilder, Geräusche, Sprache, Schrift etc.) in die Vorstellung des Zuschauers projiziert.
Die diegetische Narration ist wesentlich für die Spannungsmomente eines Filmes. Das Zurückhalten von Informationen ist das klassische erzählerische Mittel zur Erzeugung von Suspense (="schwebende Ungewissheit").[7] Die Filmzeit entspricht nicht der Realzeit. Der Zuschauer ist auf eigene Mutmaßungen angewiesen, um die fragmentarisch präsentierte Story zu vervollständigen. Er kreiert die Story in seinem Kopf anhand der Hinweise aus dem Plot.
Beispiele für diegetische Narration sind in "Notorious" die Sequenz, in der das Schlüsselbund über Nacht vervollständigt wird, ohne dass wir den Prozess der Vervollständigung mitverfolgen können oder Alicias Auseinandersetzungen mit ihrem Vater, auf die wir lediglich aufgrund ihres Verhaltens und einer Schallplattenaufnahme schließen.
Durch beide Erzählformen, diegetische und mimetische Narration vermittelte Ereignisse sind Bestandteile der Story und theoretisch auch jene Ereignisse, die notwendigerweise in der Welt, die der Film abbildet, vorkommen, ohne dass diese explizit dargestellt oder durch Andeutungen vermittelt würden. So erfahren wir z.B. etwas über das Verhältnis Alicias zu ihrem Vater, aber nicht, welche Rolle ihre Mutter in ihrem Leben spielt oder gespielt hat. Jeder Film ist somit lediglich ein Ausschnitt aus der Story, der er zugrunde liegt.
[...]
[1] Borwell/Thompson: 57
[2] Borwell/Thompson: 55
[3] Bordwell/Thompson: 56
[4] Field: 75
[5] Field: 12
[6] Bordwell/Thompson: 57ff.
[7] Gesing: 157
- Arbeit zitieren
- Clemens Grün (Autor:in), 1995, Story, Plot, Narration - Filmtheoretische Grundbegriffe, veranschaulicht anhand von Hitchcocks "Notorious", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71090
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