Die Ausrichtung der sozialliberalen Koalition wurde durch den Bundeskanzler Willy Brandt in seiner Regierungserklärung am 28. Oktober 1969 eindeutig festgelegt.
„20 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR müssen wir ein weiteres Auseinanderleben der deutschen Nation verhindern, also versuchen, über ein geregeltes Nebeneinander zu einem Miteinander zu kommen“ . Der Startschuss zu einer „Neuen“ Ost- und Deutschlandpolitik war somit gegeben und parallel kristallisierten sich wesentliche Grundzüge der neuorientierten Ostpolitik heraus. Von der Geburtsstunde an begleitete der Staatssekretär des Bundeskanzleramtes Egon Bahr die Bonner Außenpolitik. Neben Brandt setzte der „spiritus rector“ Bahr die wichtigsten Akzente in der Ostpolitik. Das besondere Augenmerk dieser Darstellung richtet sich daher auf die Person Egon Bahr und die sozialliberale Ostpolitik. Die Inhalte der sozial-liberalen Ost- und Deutschlandpolitik und die Bedeutung Bahrs für die Außenpolitik bilden den hauptsächlichen Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit.
Grundsätzlich ist die Darstellung in zwei Unterpunkte aufgeteilt, zum einen werden die Konzeptionen der Deutschlandpolitik benannt und zum anderen wird die praktische Umsetzung in Form der Ostverträge dargelegt. Dabei werden seine Verdienste in den einzelnen Passagen verdeutlicht, um dann die Rolle Bahrs in der sozialliberalen Ostpolitik endgültig festzustellen. Denn die Kontroversen und tangierenden Ansichten in der Bedeutung Egon Bahrs für die Entspannungspolitik der Regierung Brandt bestehen bis heute. So wurde Bahr erst in den 90er Jahren in das Zentrum der sozialliberalen Außenpolitik gerückt, da die Informationslage über seine Person bis dahin sehr begrenzt war und er selbst seine Person größtenteils aus der politischen Debatte heraushielt . Das Buch „Egon Bahr und die deutsche Frage“ von Andreas Vogtmeier, welches im Jahre 1996 erschien, gestattete erst umfassendere Einblicke in das Leben und das Wirken des Egon Bahrs. Trotz der günstigeren Quellenlage bleibt die genaue Zuordnung der Rolle des Egon Bahrs abzuwarten.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Die „Neue“ Ost- und Deutschlandpolitik der sozialliberalen Koalition
1.1 Historische Hintergründe
1.2 Die Tutzinger Rede
1.3 Grundzüge der „Neuen“ Ost- und Deutschlandpolitik
2 Ostverträge
2.1 Der Moskauer Vertrag
2.2 Der deutsch-deutsche Grundlagen Vertrag
Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellen
Literatur
Einleitung
Die Ausrichtung der sozialliberalen Koalition wurde durch den Bundeskanzler Willy Brandt in seiner Regierungserklärung am 28. Oktober 1969 eindeutig festgelegt.
„20 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR müssen wir ein weiteres Auseinanderleben der deutschen Nation verhindern, also versuchen, über ein geregeltes Nebeneinander zu einem Miteinander zu kommen“[1]. Der Startschuss zu einer „Neuen“ Ost- und Deutschlandpolitik war somit gegeben und parallel kristallisierten sich wesentliche Grundzüge der neuorientierten Ostpolitik heraus. Von der Geburtsstunde an begleitete der Staatssekretär des Bundeskanzleramtes Egon Bahr die Bonner Außenpolitik. Neben Brandt setzte der „spiritus rector “[2] Bahr die wichtigsten Akzente in der Ostpolitik. Das besondere Augenmerk dieser Darstellung richtet sich daher auf die Person Egon Bahr und die sozialliberale Ostpolitik. Die Inhalte der sozialliberalen Ost- und Deutschlandpolitik und die Bedeutung Bahrs für die Außenpolitik bilden den hauptsächlichen Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit.
Grundsätzlich ist die Darstellung in zwei Unterpunkte aufgeteilt, zum einen werden die Konzeptionen der Deutschlandpolitik benannt und zum anderen wird die praktische Umsetzung in Form der Ostverträge dargelegt. Dabei werden seine Verdienste in den einzelnen Passagen verdeutlicht, um dann die Rolle Bahrs in der sozialliberalen Ostpolitik endgültig festzustellen. Denn die Kontroversen und tangierenden Ansichten in der Bedeutung Egon Bahrs für die Entspannungspolitik der Regierung Brandt bestehen bis heute. So wurde Bahr erst in den 90er Jahren in das Zentrum der sozialliberalen Außenpolitik gerückt, da die Informationslage über seine Person bis dahin sehr begrenzt war und er selbst seine Person größtenteils aus der politischen Debatte heraushielt[3]. Das Buch „Egon Bahr und die deutsche Frage“ von Andreas Vogtmeier, welches im Jahre 1996 erschien, gestattete erst umfassendere Einblicke in das Leben und das Wirken des Egon Bahrs. Trotz der günstigeren Quellenlage bleibt die genaue Zuordnung der Rolle des Egon Bahrs abzuwarten.
1. Die „Neue“ Ost- und Deutschlandpolitik der sozialliberalen Koalition
1.1 Historische Hintergründe
Die Rahmenbedingung für die Entwicklung der sozialliberalen Ost- und Deutschlandpolitik war die weltpolitische Gesamtlage in der Epoche des Kalten Krieges. Ausschlaggebend waren die machtpolitischen Auseinandersetzungen der Führungsmächte USA und deren Gegenpol die UDSSR. Es war eine „scheinbare Unmöglichkeit für die antagonistischen Partein ihre ideologischen und machtpolitischen
Spannungen durch Kooperation beizulegen“[4]. Die „Globale Konkurrenz“[5] beider Atomstaaten drohte aus diesem Grund ständig in einer militärischen Eskalation zu enden. Die Doppelkrise in Berlin und die Kuba-Krise im Herbst 1962 verdeutlichten die ständig ausbrechende Kriegsgefahr und führten zu einem Umdenken der Führungsmächte. Der Kurswechsel gestaltete sich in der Entwicklung einer Sicherheitsbeziehung zwischen den Supermächten. Der Grundgedanke einer Normalisierung und einer allmählichen Entspannung äußerte sich erstmals in der Einrichtung des „Heißen Drahtes“ am 20. 06. 1963 zwischen Washington und Moskau. Darauf folgte der Teststoppvertrag 1963 aufgrund des sich abzeichnenden nuklearen Patts und der Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen im Jahr 1968. Trotz militärischer Zusammenarbeit hielt der Zwiespalt beider Staaten weiterhin an und die Koexistenz war weiterhin geprägt von zwischenstaatlichen Konflikten. Nur durch besondere historische Umstände konnte sich die Entspannungspolitik erst vollständig entfalten. Auf der einen Seite durch den Regierungswechsel in der USA, die unter US-Präsident Nixon auf „Realpolitik“[6] setzte und somit den „traditionsreichen amerikanischen Idealismus“[7] ablöste. Auf der anderen Seite „zielte die sowjetische Politik nun darauf ab, zu einer wirtschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit mit dem Westen zu kommen“[8], denn im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten, Westeuropa und Japan wurden die wirtschaftlichen Unterschiede immer signifikanter[9]. Des weitern zielte der Kreml auf den Status quo in Europa ab, da der sowjetisch-chinesischer Ussuri-Konflikt und die militärische Intervention in der CSSR noch allgegenwärtig war.
1.2 Die Tutzinger Rede
Die weltpolitische Lage hatte sich nun geändert und es wurden erste Grundsteine für den Weg der „Entspannung-Verständigung-Zusammenarbeit-Versöhnung“[10] gelegt. Die Bonner Ostpolitik jedoch verhielt sich anfänglich entgegengesetzt zu dem neuen Kurs der Westmächte. Gelähmt von der Spaltung Deutschlands und dem Mauerbau am 13. 08. 1961 äußerte sich das große Ziel der Wiedervereinigung außenpolitisch in der Hallstein Doktrin, dem Alleinvertretungsanspruch und die darausfolgende Nichtanerkennung der DDR. Die Folge war Isolierung und Erstarrung der Bonner Außenpolitikpolitik. Der Ausweg aus dieser Misere war die Suche nach neuen Lösungsansätzen, um den „Ruf des Entspannungsstörers“[11] endgültig abzulegen. Der Vortrag von Egon Bahr am 15. Juli 1963 in der Evangelischen Akademie Tutzing beinhalteten bereits derartig neue Richtlinien. Er legte offenkundig dar, dass die Nichtanerkennungspolitik das falsche politische Mittel sei, um die Wiedervereinigung herbeizuführen. Der damalige Leiter des Presse- und Informationsamtes Berlin war der Ansicht, „daß die Wiedervereinigung nicht ein einmaliger Akt ist, der durch einen historischen Beschluß an einem historischen Tag auf einer historischen Konferenz ins Werk gesetzt wird, sonder ein Prozeß mit vielen Schritten und vielen Stationen“[12]. Nach seiner Auffassung war die Wiedervereinigung ein außenpolitisches Problem und nur mit Hilfe der Sowjetunion realisierbar gewesen[13]. Die damalige Außenpolitik hatte jedoch den Status quo nicht akzeptieren können, da dies zu gleich bedeutet hätte, die SBZ als eigenständigen Staat zu legitimieren. Bahr hingegen wollte den Status quo überwinden, indem er den Status quo zunächst unangetastet ließ[14]. Die Formel lautete „Wandel durch Annäherung“[15] und stellte für Bahr die Grundessenz für den Erfolg dar, denn „der Osten werde sich nur so weit zum Westen öffnen, wie er sich nicht mehr bedroht fühle, sei es militärisch oder politisch“[16]. Die Konzeption Bahrs zur Neuorientierung der Bonner Ostpolitik war gegeben, doch erst mit dem Regierungswechsel am 28. September 1969 konnten diese Leitlinien praktische Anwendung finden.
[...]
[1] Texte zur Deutschlandpolitik. Band 4, hg. Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen, Bonn 1970, S.12.
[2] Rödder, Andreas: Die Bundesrepublik Deutschland 1969-1990 (OGG 19a), München 2004, S. 36.
[3] Fuchs, Stephan: „Dreiecksverhältnisse sind immer kompliziert“. Kissinger, Bahr und die Ostpolitik, Hamburg 1999, S. 45f.
[4] Heinlein, Stefan A.: Gemeinsame Sicherheit. Egon Bahrs sicherheitspolitische Konzeption und die Kontinuität sozialdemokratischer Entspannungsvorstellungen, Münster 1993, S. 9.
[5] Heinlein: Gemeinsame Sicherheit (wie Anm. 4), S. 10.
[6] Rödder, Andreas: Die Bundesrepublik Deutschland 1969-1990 (wie Anm. 2), S. 35.
[7] Ebd., S. 35.
[8] Potthoff, Heinrich: Im Schatten der Mauer. Deutschlandpolitik 1961 bis 1990, Berlin 1999, S. 76f.
[9] Vgl. Potthoff: Im Schatten der Mauer (wie Anm. 8), S. 76.
[10] Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1966, München 1997, S. 1379.
[11] Bender, Peter: Die „Neue Ostpolitik“ und ihre Folgen. Vom Mauerbau bis zur Vereinigung, München 41996, S. 164.
[12] Dokumente zur Deutschlandpolitik. IV. Reihe, Band 9/ 1963, bearb. Biewer, Gisela/ John, Werner, Frankfurt a. M. 1978, S. 573.
[13] Vgl. Dokumente zur Deutschlandpolitik (wie Anm. 12), S. 572.
[14] Vgl. ebd., S. 572.
[15] Ebd., S. 575.
[16] Bender: Die „Neue Ostpolitik“ und ihre Folgen (wie Anm. 11), S. 165.
- Arbeit zitieren
- Conrad Maul (Autor:in), 2005, Egon Bahr und die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71021
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