Gleich zweimal innerhalb der ersten Strophe wird Dionysios I. in Schillers Ballade von der „Bürgschaft“ als Tyrann bezeichnet: Einmal vom Attentäter Damon und einmal vom Erzähler selbst. Für Schiller und seine Zeitgenossen am Ende des 18. Jahrhunderts bestand an der Bewertung des Syrakusaners als Tyrann kein Zweifel, ein Begriff, der damals ebenso pejorativ konnotiert war wie heute. Das Grimmsche Wörterbuch bewertet den Tyrannen ausgesprochen negativ als „allein-,gewaltherrscher“ und genauer „gewalttätiger, despotisch unterjochender Eroberer“.2 Es stellt sich die Frage, wie es zu dieser Einschätzung des Herrschers von Syrakus kam und ob sie mit heutigem Kenntnisstand weiterhin aufrechtzuerhalten ist. Dafür ist eine Bewertung der Quellen, auf denen diese Einschätzung beruht, unerläßlich. Dionysios I. wurde in der griechisch-römischen Historiographie von vielen Autoren geradezu zum Prototyp des Tyrannen stilisiert. Aristoteles beispielsweise benutzt ihn immer wieder als Beispiel für das entartete Gegenstück zur Monarchie.3 Ziel dieser Arbeit soll es sein, der Frage nachzugehen, wie Dionysios I. diese Stellung in der Geschichtsschreibung einnehmen konnte und ob sie gerechtfertigt ist. Dafür ist zuerst eine Definition des Tyrannenbegriffs unerläßlich. Anschließend erfolgt eine Prüfung der Quellen und der Umstände ihrer Entstehung sowie der Versuch der Rekonstruktion gesicherter Fakten über Dionysios und einer darauf fundierten Bewertung.
[...]
2 Deutsches Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm (Erstbearbeitung auf CD-ROM), 2001, Bd. 22, Sp. 1967, 18, Stichwort:„Tyrann“.
3 Vgl. Aristot. pol. III 5. 3ff, Dionysios I. als Beispiel für Tyrannen vgl. V 8, 4.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fragestellung
- Definition des Tyrannen
- Quellenlage
- Dionysios I. – Herrscher von Syrakus
- Machtergreifung
- Innenpolitik und Machtsicherung
- Expansion und Ausbau der Macht – Außenpolitik
- Unter dem Schwert des Damokles - Dionysios' Charakter
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung Dionysios I. von Syrakus als Tyrann in der Geschichtsschreibung und hinterfragt die Berechtigung dieser Einstufung. Es wird geprüft, wie Dionysios I. diese negative Bewertung in der antiken Geschichtsschreibung erlangt hat und ob diese im Lichte heutiger Erkenntnisse gerechtfertigt ist.
- Definition des Tyrannenbegriffs in der Antike
- Analyse der Quellenlage und der Entstehung der Überlieferungen
- Rekonstruktion der Herrschaft Dionysios I. auf Basis gesicherter Fakten
- Bewertung der historischen Darstellung Dionysios' als Tyrann
- Die Rolle von Platon und Aristoteles in der Gestaltung des Tyrannenbildes
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein, indem sie Schillers Ballade „Die Bürgschaft“ als Ausgangspunkt nimmt, in der Dionysios I. als Tyrann bezeichnet wird. Es wird die Forschungsfrage nach der Berechtigung dieser negativen Bewertung formuliert und der methodische Ansatz der Arbeit skizziert, der die Definition des Tyrannenbegriffs, die Analyse der Quellenlage und die Rekonstruktion der Herrschaft Dionysios' I. umfasst. Die Einleitung betont die Notwendigkeit, die Quellen kritisch zu prüfen und die Entstehung des Tyrannenbildes in der antiken Geschichtsschreibung zu analysieren.
Dionysios I. – Herrscher von Syrakus: Dieses Kapitel behandelt die Herrschaft Dionysios I. von Syrakus, von der Machtergreifung über die Innen- und Außenpolitik bis hin zur Sicherung und dem Ausbau seiner Macht. Es wird eine detaillierte Rekonstruktion seiner politischen Strategien und Maßnahmen unternommen, um sein Herrschaftsmodell zu verstehen und in den Kontext der damaligen politischen Landschaft einzuordnen. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse seiner Regierungsweise und deren Auswirkungen auf Syrakus und die umliegenden Gebiete.
Unter dem Schwert des Damokles - Dionysios' Charakter: Dieses Kapitel befasst sich mit der Persönlichkeit und dem Charakter Dionysios I. Anhand der vorhandenen Quellen wird versucht, ein möglichst umfassendes Bild seines Wesens zu zeichnen und die Aspekte seiner Herrschaft zu beleuchten, die zu seiner negativen Darstellung als Tyrann beitrugen. Hierbei werden sowohl positive als auch negative Aspekte seiner Persönlichkeit und seines Handelns berücksichtigt, um ein differenziertes Bild zu erzeugen und die historische Bewertung zu hinterfragen.
Schlüsselwörter
Dionysios I., Tyrannis, Syrakus, antike Geschichtsschreibung, Platon, Aristoteles, Quellenkritik, Machtergreifung, Innenpolitik, Außenpolitik, Herrschaftsmodell, griechische Geschichte.
Häufig gestellte Fragen zur Arbeit über Dionysios I. von Syrakus
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Darstellung Dionysios I. von Syrakus als Tyrann in der antiken Geschichtsschreibung und hinterfragt die Berechtigung dieser negativen Bewertung. Sie rekonstruiert seine Herrschaft und analysiert die Quellenlage, um ein differenziertes Bild seines Herrschaftsmodells zu zeichnen.
Welche Fragen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit der Definition des Tyrannenbegriffs in der Antike, der Analyse der Quellenlage und der Entstehung der Überlieferungen, der Rekonstruktion der Herrschaft Dionysios I. auf Basis gesicherter Fakten, der Bewertung der historischen Darstellung Dionysios' als Tyrann und der Rolle von Platon und Aristoteles in der Gestaltung des Tyrannenbildes.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über Dionysios I. als Herrscher von Syrakus, ein Kapitel über seinen Charakter ("Unter dem Schwert des Damokles") und ein Fazit. Die Einleitung definiert die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz. Das Kapitel über Dionysios I. beschreibt seine Machtergreifung, Innen- und Außenpolitik. Das Kapitel über seinen Charakter zeichnet ein umfassendes Bild seines Wesens und hinterfragt die negative Darstellung als Tyrann.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit basiert auf der Analyse der antiken Geschichtsschreibung und berücksichtigt die kritische Prüfung der Quellen. Die Rolle von Platon und Aristoteles in der Gestaltung des Tyrannenbildes wird explizit untersucht.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit zielt darauf ab, die historische Bewertung Dionysios I. als Tyrann zu hinterfragen und ein differenziertes Bild seiner Herrschaft und Persönlichkeit zu liefern. Ob die negative Bewertung im Lichte heutiger Erkenntnisse gerechtfertigt ist, wird im Fazit beantwortet.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Dionysios I., Tyrannis, Syrakus, antike Geschichtsschreibung, Platon, Aristoteles, Quellenkritik, Machtergreifung, Innenpolitik, Außenpolitik, Herrschaftsmodell, griechische Geschichte.
Wie ist der methodische Ansatz der Arbeit?
Der methodische Ansatz umfasst die Definition des Tyrannenbegriffs, die Analyse der Quellenlage und die Rekonstruktion der Herrschaft Dionysios' I. Die Quellen werden kritisch geprüft und die Entstehung des Tyrannenbildes in der antiken Geschichtsschreibung analysiert.
- Quote paper
- Johannes Kaufmann (Author), 2006, Dionysios I. - Tyrann von Syrakus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70975