In den letzten Jahren vollzog sich eine gravierende Veränderung der geschäftspolitischen Ausrichtung der Kreditinstitute. In besonderer Weise ist davon das Retail-Banking betroffen. Unter Retail-Banking subsumiere ich das Massengeschäft mit Privatkunden, die vor allem Basisleistungen beanspruchen und ein relativ geringes Beratungsbedürfnis haben. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien aber genauso die veränderten Wettbewerbsbedingungen sowie der Wandel im Kundenverhalten fordern von den Banken vor allem eines: neue Vertriebsstrategien!
Es zeigen sich zunehmende Ansprüche der Kunden an die Qualität der Produkte und des Services, aber ebenso an Schnelligkeit und den Umfang der Produkte, welche durch eine durchschnittlich höhere Bildung sowie durch gestiegene Einkommens- und Vermögensverhältnisse ausgelöst wurden.
Die vorliegende Studienarbeit stellt die Betrachtung der Vertriebswege und Vertriebsstrategien in den Mittelpunkt und versucht darzustellen, wie die Implementierung eines Multi-Channel-Vertriebes erfolgreich in der Bank umgesetzt werden kann. Dazu wird zunächst einmal die gegenwärtige Situation der Bankenwelt und der bisherige Strukturwandel analysiert. Anschließend werden die klassischen und neuen medialen Vertriebswege vorgestellt sowie die Chancen und Problemfelder aufgezeigt. Es wird erklärt, welche neuen Vertriebsformen es in der Zukunft geben wird und was aus der klassischen Filiale wird. Weiter werden für eine erfolgreiche Einführung und Umsetzung der verschiedenen Vertriebswege Lösungsansätze und Erfolgspotenziale aufgezeigt. Ferner wird erläutert, warum das Multi-Channel-Banking für die Zukunft der Banken so wichtig ist. Den Abschluss der Studienarbeit bilden ein Fazit und eine Schlussbetrachtung für die Zukunft in der Bankenlandschaft.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Veränderungen in der Bankenwelt
2.1 Aktuelle Situation
2.2 Gründe und Ursachen
3 Vertriebswege im Retail-Banking
3.1 Traditionelle Vertriebswege
3.2 Neue mediale Vertriebswege
3.2.1 Online-Banking und Internet-Brokerage
3.2.2 Telefon-Banking und Call-Center
3.2.3 Finanzportale/ Online-Foren
4 Multi-Channel-Vertrieb
4.1 Definition
4.2 Chancen für die Zukunft
4.3 Probleme bei der Umsetzung
4.4 Lösungsansätze
5 Fazit/ Schlussbetrachtung
6 Anhang
7 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In den letzten Jahren vollzog sich eine gravierende Veränderung der geschäftspolitischen Ausrichtung der Kreditinstitute. In besonderer Weise ist davon das Retail-Banking betroffen. Unter Retail-Banking subsumiere ich das Massengeschäft mit Privatkunden, die vor allem Basisleistungen beanspruchen und ein relativ geringes Beratungsbedürfnis haben. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien aber genauso die veränderten Wettbewerbsbedingungen sowie der Wandel im Kundenverhalten fordern von den Banken vor allem eines: neue Vertriebsstrategien!
Es zeigen sich zunehmende Ansprüche der Kunden an die Qualität der Produkte und des Services, aber ebenso an Schnelligkeit und den Umfang der Produkte, welche durch eine durchschnittlich höhere Bildung sowie durch gestiegene Einkommens- und Vermögensverhältnisse ausgelöst wurden.
Die vorliegende Studienarbeit stellt die Betrachtung der Vertriebswege und Vertriebsstrategien in den Mittelpunkt und versucht darzustellen, wie die Implementierung eines Multi-Channel-Vertriebes erfolgreich in der Bank umgesetzt werden kann. Dazu wird zunächst einmal die gegenwärtige Situation der Bankenwelt und der bisherige Strukturwandel analysiert. Anschließend werden die klassischen und neuen medialen Vertriebswege vorgestellt sowie die Chancen und Problemfelder aufgezeigt. Es wird erklärt, welche neuen Vertriebsformen es in der Zukunft geben wird und was aus der klassischen Filiale wird. Weiter werden für eine erfolgreiche Einführung und Umsetzung der verschiedenen Vertriebswege Lösungsansätze und Erfolgspotenziale aufgezeigt. Ferner wird erläutert, warum das Multi-Channel-Banking für die Zukunft der Banken so wichtig ist. Den Abschluss der Studienarbeit bilden ein Fazit und eine Schlussbetrachtung für die Zukunft in der Bankenlandschaft.
Martin Kohrt, Januar 2007
2 Veränderungen in der Bankenwelt
2.1 Aktuelle Situation
„The world needs banking, not banks“, so hat es Bill Gates einmal formuliert.[1] Und genau dieser Wandel ist in der Bankenwelt seit Ende der neunziger Jahre zu spüren, welcher aber immer noch bis heute anhält. Immer mehr private Finanzdienstleister, Direktbanken und sogenannte Non- und Nearbanks stoßen auf den Markt und wollen ihre Dienstleistungen dem Kunden anbieten. Nearbanks sind Unternehmen, die Leistungen anbieten, welche teilweise klassische Bankdienstleistungen und teilweise Konkurrenzangebote darstellen (zum Beispiel Kreditkartenunternehmen und Versicherungen). Nonbanks sind Unternehmen, deren eigentliches Produktportfolio keine Finanzdienstleitungen sind (z.B. Versandhäuser, Automobilkonzerne). Die Wettbewerbssituation hat sich somit drastisch verändert. Dieser Prozess geschieht, obwohl in Deutschland eines der dichtesten Filialsysteme besteht.[2] Statistisch gesehen, entfallen nur 1.731 Einwohner auf eine Bankfiliale in Deutschland. Im Gegensatz dazu weisen die Niederlande pro Bankfiliale mit 3.952 Einwohnern die geringste Dichte an Bankfilialen im internationalen Vergleich auf (vgl. Tabelle 1). Die traditionelle Filiale ist somit der primäre Vertriebsweg in Deutschland. Und genau darin liegt auch die Problematik.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Bankstellendichte
Quelle: Bundesbank Bankstellenbericht 2006, 14.01.2007
http://www.bundesbank.de/download/bankenaufsicht/pdf/bankstellenbericht06.pdf
2.2 Gründe und Ursachen
Es ist interessant zu hinterfragen, wie es zu diesem Strukturwandel in dem Bereich der Banken gekommen ist und warum dieser Veränderungsprozess bis jetzt anhält. Ein maßgeblicher Grund dieses Prozesses ist der Wertewandel der Gesellschaft in Deutschland. Dieser vollzog sich in fast allen gesellschaftlichen Bereichen. Einer davon war der Bereich des Bankensektors, so dass der einst unkritische und loyale Kunde zu einem informierten und selbstbewussten Kunden geworden ist. Der „moderne“ Kunde von heute ist zunehmend bequemer, preissensibler und möchte seine finanziellen Angelegenheiten individueller dargelegt bekommen. Kundenwünsche waren nie so heterogen wie heute, die Schwankungsbreite der einzelnen Interessen weicht stark von einander ab. Vor einigen Jahren hätten wohl kaum die institutstreusten Kunden die Bank gewechselt. Immer mehr Kunden neigen zu Zweit- oder Drittbankverbindungen aufgrund der besseren Transparenz und Vergleichbarkeit der Konditionen. Der einfache Zugang zu Informationen und die kompetente Beratung stellen für den anspruchsvollen und serviceorientierten Kunden von heute ein Muss dar. Deshalb ist die Klassifizierung der Kunden in einzelne Produktgruppen oder Vertriebssystemen mehr als schwierig. Wo früher auf dem Finanzdienstleistungsmarkt ein Nachfrageüberhang bestand, herrscht heutzutage ein Angebotsüberhang. Der Bankenmarkt hat sich vom Verkäufer- zu einem Käufermarkt entwickelt.[3]
Ein weiterer entscheidender Grund ist die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie im Retail-Banking. Die technologische Entwicklung erfuhr in den letzten Jahren einen Quantensprung. Dieser verstärkte die ungeahnten Möglichkeiten und bot sowohl für den Kunden als auch für die Bank einen erheblichen Komfort.[4] Jenes spiegelt sich u.a. in der Entstehung neuer Vertriebskanäle wider. Bankdienstleistungen können nun bequem und unabhängig von Ort und Zeit genutzt werden. Aber genauso ermöglicht es anderen Finanzdienstleistungsunternehmen und vor allem Direktbanken sich in dieser Nische niederzulassen und traditionelle Kunden abzuwerben.[5]
Durch die Globalisierung, Liberalisierung und zudem die Deregulierung in der Finanzbrache ist der Markteintritt erst ermöglicht worden. Fast jeder kann heute Finanzdienstleistungen anbieten. In der Vergangenheit herrschte eine klare und wenig hinterfragte Arbeitsteilung zwischen Kreditinstituten, Versicherungen und Bausparkassen. Diese ursprüngliche Aufspaltung schwindet immer weiter, so dass nun mehr und mehr Allfinanzunternehmen entstehen.[6]
Weiter ist anzumerken, dass die Selbstbedienung das Selbstbewusstsein des Kunden fördert. Es fällt ihm immer leichter, sich woanders zu bedienen bzw. bedient zu werden. Durch diese Konkurrenzsituation kam es zu einem Absinken der Erlöse und Margen, wobei sich die Konditionen in der aktuellen Niedrigzinsphase schon so oder so auf dem Tiefpunkt befinden. Dabei arbeitet in der heutigen Zeit jeder andere Anbieter innovativer, qualitätsbewusster und kosteneffizienter als die traditionellen Banken. Die Kreditinstitute versuchen mit Einsparmaßnahmen, in denen sie unrentable Filialen schließen und Personal abbauen, dem Kostendruck entgegen zu steuern.[7] Banken fusionieren mit anderen Banken um Synergie- und Skaleneffekte zu erzielen. Im Mittelpunkt solcher Überlegungen stehen die Reduzierung der Fixkosten und die Spezialisierung einzelner Geschäftsfelder auf Kernkompetenzen. Einerseits wird damit eine bessere Risikostreuung erreicht, andererseits können neue Potenziale ausgeschöpft werden. Die Banken beschränken sich stärker auf ihre effizienten Geschäftsfelder und geben unattraktive Geschäftsfelder, wie z.B. den Zahlungsverkehr und die Wertpapierabwicklung, an fremde Unternehmen weiter. Das Outsourcing nimmt eine steigende Tendenz ein, da gerade kleinere Banken nicht kostendeckend arbeiten können. Wie weit sich diese Zergliederung der einzelnen Geschäftsfelder fortführt, bleibt aber in der Zukunft abzuwarten.
[...]
[1] Vgl. Muthers/ Muthers-Haas (2001), S. 22
[2] Vgl. Deutsche Bundesbank (Bankstellenbericht 2006), S. 12
[3] Vgl. Köhler (2004), S. 20
[4] Vgl. Walter (2000), S. 9
[5] Vgl. Brunner/ Lutz (2001), S. 255
[6] Vgl. Swoboda (2004), S. 22
[7] Vgl. Muthers/ Muthers-Haas (2001), S. 21
- Arbeit zitieren
- Martin Kohrt (Autor:in), 2007, Multi-Channel-Vertrieb. Vertriebswege im Retailbanking, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70781
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