Jede Studie, die Kommunikation in einer Region untersucht, muss grundsätzlich auch die physikalischen, die demographischen und die politischen Charaktere in der Region erforschen und beachten. Die arabische Welt ist von einer Grundeinheit, einer Homogenität geprägt. Sie verfügt über eine gemeinsame Kultur und Sprache. Alle sprachlichen Versionen der anderen arabischen Länder sind als Art Dialekt zu verstehen. Meist Vereinfachungen der original arabischen Sprache. Jedoch gibt es auch Unterschiede innerhalb der arabischen Regionen. Unterschiedliche Landschaftsausstattungen, Bevölkerungen, Lifestyles, unterschiedliche Wirtschaftsbedingungen und natürliche Ressourcen, welche nicht selten auch mit verschiedentlich geschehenen Geschichtsverläufen, wie z.B. dem Imperialismus zu tun haben. Doch die gemeinsame Kultur und Sprache führten zu einer erleichterten kulturellen und sozialen Konvergenz, was den Untersuchungen im Bereich der interkulturellen Kommunikation dieser Region besondere Reize verleiht. Innerhalb der arabischen Welt gibt es keinerlei kommunikative Grenzen. Die Botschaften in den Medien verbreiten sich unabhängig von nationalstaatlichen Grenzen innerhalb der gesamtarabischen Grenzen. Filme, Zeitungen, Magazine, Fernsehen aber auch Radio und Musik übertreten völlig frei alle arabischen Grenzlinien. Regionale Medienanstalten unterscheiden sich lediglich bei der Berichterstattung über politische Konflikte oder religiöse Festivitäten von anderen Regionen des arabischen Raumes. Daher muss bei der Produktion von Medieninhalten auf Rezipienten aus einem überregionalen Raum geachtet werden, ebenso wie bei der personellen Besetzung. Die Kommunikationsproduktion im arabischen Raum ist also keine nationalstaatliche Aufgabe. Politische Beschlüsse vereinten die medialen Gegebenheiten dort weniger als die Tatsache, dass alledem eine einzige gemeinsame Kultur, eine gemeinsame Weltregion und eine gemeinsame Lebensweise zu Grunde liegen. Ob diese Grundvoraussetzungen für Kommunikation die Bevölkerungsgruppen innerhalb der arabischen Welt besonders zusammenschweißen und inwiefern aufgrund dessen die ständigen Konflikte mit den westlich orientierten Nachbarn immer wieder aufflammen und auch welchen Einfluss die Religion auf die Situation und das kulturelle und kommunikative Verhalten der Araber ausübt, soll nach einigen theoretischen Überlegungen im Folgenden geklärt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Hofstedes vier Dimensionen der kulturellen Verschiedenheit
- 2.1. Machtdistanz
- 2.2. Individualistische und kollektivistische Kulturen
- 2.3. Maskuline und feminine Kulturen
- 2.4. Reduktion von Unsicherheit
- 3. Der Encoding/Decoding Prozess nach Stuart Hall
- 4. Theorie der kulturellen Verschiedenheit nach Hall
- 4.1. High and Low Context
- 5. Die versteckte Dimension von Kultur
- 5.1. Zeichen und Symbole
- 5.2. Proxemics
- 5.3. Kinesics
- 5.4. Chronemics
- 5.5. Haptics
- 5.6. Appearance
- 5.7. Olfactics
- 5.8. Oculesics
- 6. Die offene Dimension von Kultur
- 6.1. Verbale Kommunikation
- 6.2. Verbale Kommunikationsstile
- 6.3. Forschungsansätze für verbale interkulturelle Kommunikation
- 6.4. Die Sapir-Whorf Hypothese – Kulturelles Denken und Sprache
- 7. Die Arabische Welt
- 7.1. Charakteristika der Arabischen Welt
- 7.2. Werte und Einstellungen
- 7.3. Frauen im Islam
- 7.4. Nonverbale Kommunikation in der Arabischen Kultur
- 7.5. Fallbeispiel Türkisches Kaffeehaus
- 8. Kulturmerkmal „Zeit“
- 8.1. Zeitbegriff
- 8.2. Der Takt des Lebens
- 8.3. Fünf Grundfaktoren, die das Tempo der Kulturen in der ganzen Welt bestimmen
- 8.4. Vergleich - Uhrzeitkultur und Ereigniszeitkultur
- 8.5. Die Einstellung der Araber zur Zeit
- 8.6. Seelisches Wohlbefinden: Wo sind die Menschen glücklicher?
- 9. Räumliches Verhalten als Signal
- 9.1. Nähe und Distanz
- 9.2. Abstand und Orientierung beim Gespräch
- 10. Der Einfluss der Religion auf das kulturelle Verhalten (Thomas Schmidle)
- 10.1. Religion und Kultur - ein unzertrennliches Band
- 10.2. Der Islam - eine Religion mit großer Wirkung auf das Kommunikationsverhalten
- 10.3. Koran als Quelle arabischer Wertschätzung
- 10.4. Die Rolle der Sprache im Islam
- 10.5. Exkurs: "Griping" - ein sprachliches Ritual im Nahen Osten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die kulturellen Unterschiede zwischen westlichen und arabischen Kulturen, insbesondere im Hinblick auf Kommunikationsverhalten. Ziel ist es, die Ursachen für wiederkehrende Konflikte zwischen diesen Kulturkreisen zu beleuchten. Die Analyse stützt sich auf bestehende Theorien interkultureller Kommunikation.
- Hofstedes und Halls Theorien kultureller Unterschiede
- Die offene und versteckte Dimension von Kultur
- Nonverbale Kommunikation in arabischen Kulturen
- Der Einfluss des Islam auf das Kommunikationsverhalten
- Das Verständnis von Zeit in arabischen Kulturen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und beschreibt die Herausforderungen der interkulturellen Kommunikation im arabischen Raum. Sie hebt die kulturelle und sprachliche Einheitlichkeit der arabischen Welt trotz regionaler Unterschiede hervor und betont die übernationale Natur der Medienproduktion. Die Arbeit untersucht den Einfluss gemeinsamer Kultur und Sprache auf soziale Konvergenz und Konflikte mit westlichen Kulturen, wobei der Einfluss der Religion ein zentraler Aspekt ist. Die Forschungsfragen der Arbeit werden formuliert und eine Hypothese aufgestellt, die auf unterschiedliche Auffassungen der offenen und versteckten Dimension von Kultur verweist.
2. Hofstedes vier Dimensionen der kulturellen Verschiedenheit: Dieses Kapitel präsentiert Hofstedes vier Dimensionen kultureller Unterschiede: Machtdistanz, Individualismus/Kollektivismus, Maskulinität/Femininität und Unsicherheitsvermeidung. Basierend auf einer empirischen Studie, wird erklärt, wie diese Dimensionen nationale Kulturen beschreiben und vergleichen. Die Darstellung legt den Grundstein für das Verständnis kultureller Unterschiede und deren Einfluss auf Kommunikation.
3. Der Encoding/Decoding Prozess nach Stuart Hall: Dieses Kapitel beschreibt Halls Encoding/Decoding-Modell, das die Prozesse der Medienproduktion und -rezeption beleuchtet. Es erklärt, wie Botschaften kodiert und dekodiert werden und wie kulturelle Hintergründe diese Prozesse beeinflussen. Dieses Verständnis ist essenziell, um die interkulturelle Kommunikation effektiv zu analysieren.
4. Theorie der kulturellen Verschiedenheit nach Hall: Halls Theorie von "High-Context" und "Low-Context" Kulturen wird hier vorgestellt. Diese Unterscheidung erklärt, wie viel Information explizit kommuniziert wird und wie viel implizit durch den Kontext vermittelt wird. Dies bietet ein weiteres Werkzeug zum Verständnis kultureller Unterschiede in der Kommunikation.
5. Die versteckte Dimension von Kultur: Dieses Kapitel definiert und erklärt die versteckte Dimension von Kultur, die nonverbalen Kommunikationsaspekte umfasst. Es beschreibt Halls sieben Aspekte nonverbaler Bedeutungsformen: Zeichen und Symbole, Proxemics, Kinesics, Chronemics, Haptics, Appearance und Olfactics, und Oculesics. Diese Aspekte spielen eine entscheidende Rolle im Verständnis kultureller Unterschiede in der Kommunikation, besonders in High-Context-Kulturen.
6. Die offene Dimension von Kultur: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die offene Dimension der Kultur, die verbale Kommunikation beinhaltet. Es präsentiert verschiedene Forschungsansätze für verbale interkulturelle Kommunikation und verschiedene Stile verbaler Kommunikation. Die Sapir-Whorf-Hypothese wird kurz thematisiert, um den Zusammenhang zwischen Sprache und Denken zu beleuchten. Das Kapitel liefert ein Verständnis für die sprachlichen und kommunikativen Besonderheiten unterschiedlicher Kulturen.
7. Die Arabische Welt: Dieses Kapitel charakterisiert die arabische Welt nach dem Zweiten Weltkrieg, konzentriert sich auf kulturelle und soziale Aspekte und vermeidet aktuelle politische Konflikte. Es beleuchtet die Situation der Frauen im Islam und die Bedeutung nonverbaler Kommunikation. Das Fallbeispiel des türkischen Kaffeehauses verdeutlicht die kulturellen Eigenheiten und kommunikativen Praktiken im arabischen Kontext.
8. Kulturmerkmal „Zeit“: Dieses Kapitel analysiert den kulturellen Aspekt der Zeit, insbesondere im Vergleich zwischen westlichen und arabischen Kulturen. Es untersucht den Zeitbegriff, den Takt des Lebens und die Faktoren, die das Tempo von Kulturen beeinflussen. Der Unterschied zwischen Uhrzeitkultur und Ereigniszeitkultur wird erläutert, sowie die Einstellung der Araber zur Zeit und deren Auswirkungen auf das Kommunikationsverhalten.
9. Räumliches Verhalten als Signal: Das Kapitel befasst sich mit der Bedeutung räumlichen Verhaltens in der Kommunikation. Nähe und Distanz sowie die Orientierung beim Gespräch werden als wichtige Signale kultureller Unterschiede analysiert. Der Fokus liegt auf dem Einfluss räumlicher Faktoren auf die Interaktion und das Verständnis zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen.
10. Der Einfluss der Religion auf das kulturelle Verhalten (Thomas Schmidle): Dieses Kapitel untersucht den untrennbaren Zusammenhang zwischen Religion und Kultur, speziell den Einfluss des Islam auf das Kommunikationsverhalten. Es analysiert die Rolle des Korans, die Bedeutung der Sprache im Islam und beleuchtet sprachliche Rituale wie "Griping" im Nahen Osten. Der Fokus liegt auf dem Verständnis, wie religiöse Werte und Praktiken das kulturelle und kommunikative Verhalten prägen.
Schlüsselwörter
Interkulturelle Kommunikation, Arabische Welt, Hofstede, Hall, Nonverbale Kommunikation, Verbale Kommunikation, Kulturdimensionen, Islam, Zeit, Raum, High-Context, Low-Context, Sapir-Whorf-Hypothese.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Interkulturelle Kommunikation im arabischen Raum"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die kulturellen Unterschiede zwischen westlichen und arabischen Kulturen, insbesondere im Hinblick auf das Kommunikationsverhalten. Sie beleuchtet die Ursachen für Konflikte zwischen diesen Kulturkreisen und stützt sich auf Theorien der interkulturellen Kommunikation.
Welche Theorien werden verwendet?
Die Arbeit bezieht sich auf Hofstedes vier Dimensionen kultureller Unterschiede (Machtdistanz, Individualismus/Kollektivismus, Maskulinität/Femininität, Unsicherheitsvermeidung) und Halls Encoding/Decoding-Modell sowie seine Theorie der High-Context und Low-Context Kulturen. Der Einfluss des Islam und die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation werden ebenfalls berücksichtigt.
Welche Aspekte der Kultur werden behandelt?
Die Arbeit behandelt sowohl die offene (verbale Kommunikation, Kommunikationsstile) als auch die versteckte Dimension von Kultur (nonverbale Kommunikation: Proxemics, Kinesics, Chronemics, Haptics, Appearance, Olfactics, Oculesics, Zeichen und Symbole). Der Einfluss von Religion, insbesondere des Islam, und der Umgang mit Zeit und Raum werden detailliert analysiert.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in zehn Kapitel: Einleitung, Hofstedes vier Dimensionen, Encoding/Decoding Prozess nach Hall, Halls Theorie der kulturellen Verschiedenheit, die versteckte und offene Dimension von Kultur, die arabische Welt, das Kulturmerkmal "Zeit", räumliches Verhalten, und der Einfluss der Religion (Islam) auf das kulturelle Verhalten.
Was wird in der Zusammenfassung der Kapitel erläutert?
Die Zusammenfassung der Kapitel bietet einen Überblick über die einzelnen Kapitel, beschreibt die behandelten Konzepte und Theorien und hebt die wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen jedes Kapitels hervor. Sie bietet dem Leser eine schnelle Orientierung über den Inhalt der Arbeit.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Interkulturelle Kommunikation, Arabische Welt, Hofstede, Hall, Nonverbale Kommunikation, Verbale Kommunikation, Kulturdimensionen, Islam, Zeit, Raum, High-Context, Low-Context, Sapir-Whorf-Hypothese.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel ist es, die Ursachen für wiederkehrende Konflikte zwischen westlichen und arabischen Kulturen im Bereich der Kommunikation zu beleuchten und ein besseres Verständnis für die kulturellen Unterschiede zu schaffen.
Wie wird die arabische Welt in der Arbeit dargestellt?
Die Arbeit charakterisiert die arabische Welt nach dem Zweiten Weltkrieg, konzentriert sich auf kulturelle und soziale Aspekte und vermeidet aktuelle politische Konflikte. Sie beleuchtet die Situation der Frauen im Islam und die Bedeutung nonverbaler Kommunikation in diesem Kontext.
Welche Rolle spielt die Religion im Kontext der Arbeit?
Die Arbeit untersucht den untrennbaren Zusammenhang zwischen Religion und Kultur, insbesondere den Einfluss des Islam auf das Kommunikationsverhalten. Die Rolle des Korans, die Bedeutung der Sprache im Islam und sprachliche Rituale werden analysiert.
Wie wird der Umgang mit Zeit in arabischen Kulturen dargestellt?
Die Arbeit analysiert den kulturellen Aspekt der Zeit im Vergleich zwischen westlichen und arabischen Kulturen. Der Unterschied zwischen Uhrzeitkultur und Ereigniszeitkultur wird erläutert, ebenso wie die Einstellung der Araber zur Zeit und deren Auswirkungen auf das Kommunikationsverhalten.
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- Thomas Schmidle (Author), 2003, Kontext und Bedeutung - offene und versteckte Dimension von Kultur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70760